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Wenn der, den du liebst, dir wehtut

Hilfe bei seelischer und körperlicher Gewalt in der Beziehung

AutorJill Cory, Karen McAndless-Davis
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783641211936
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Dieses Buch hilft, Gewalt in der Partnerschaft zu erkennen und sich davor zu schützen. Wenn der Partner manchmal sehr liebevoll ist, dann wieder wütend, verbal verletzend oder sogar übergriffig, kann diese Widersprüchlichkeit verwirren und zutiefst verunsichern. Und sie hält Frauen oft davon ab, sich Hilfe zu suchen.

Dieser Ratgeber ist ein erster Anlaufpunkt für Leserinnen, die von Misshandlung betroffen sind - oder den Verdacht haben, es zu sein. Er gibt Antworten auf schwierige Fragen, hilft, sich und seine Situation klarer zu sehen und wieder Selbstvertrauen und Zuversicht zu schöpfen. Mit vielen Fallbeispielen, Übungen, Checklisten und Fragebögen.


  • Tabuthema: Gewalt in der Beziehung
  • Lernen, sich selbst zu schützen


Jill Cory ist seit fast zwanzig Jahren im British Columbia Women's Hospital & Health Centre tätig und bietet Workshops und Seminare zum Thema »Gewalt gegen Frauen« an. Sie hat Therapiegruppen für betroffene Frauen entwickelt und geleitet.

Karen McAndless-Davis hat selbst Gewalt in ihrer Ehe erlebt. Die Unterstützung in einer Selbsthilfegruppe inspirierte sie dazu, ihre Erfahrung an andere Frauen weiterzugeben. Seit 18 Jahren bietet sie Beratung für Frauen an.

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Leseprobe

Allisons Geschichte

Diese Geschichte einer Frau bildet den Auftakt des Buches. Allison ist nicht ihr richtiger Name, aber ihre Erfahrungen sind real. Vielleicht spiegeln sie auch Aspekte Ihres eigenen Lebens wider. Gleichzeitig wissen wir natürlich, dass jede Frau einzigartig ist, genau wie die Situation, in der sie sich befindet; daher müssen nicht alle Teile der Geschichte auf Sie zutreffen. Es ist auch möglich, dass Allisons Entscheidungen für Sie nicht nachvollziehbar sind. Doch jede Frau findet ihre eigenen Problemlösungen, und es handelt sich hier um Allisons Weg und ihre Geschichte. Sie sollten das tun, was sich für Sie richtig anfühlt, selbst wenn Sie noch nicht genau wissen, was es ist.

Ich habe Paul während eines Fluges kennengelernt. Wir kamen ins Gespräch und er meinte: »Wie wäre es mit einem gemeinsamen Dinner und einem Film?« Das bedeutete, dass wir uns in der Mitte des Flugzeugs einen Platz suchten, um miteinander zu essen und den Film anzuschauen. Ich fand das Ganze sehr schmeichelhaft. Ich dachte: »So ein attraktiver, charmanter Mann, und er hat mich angesprochen. Wie großartig!«

Wir unterhielten uns lange und sehr angeregt, aber ich war sicher, dass wir nach dem Flug getrennte Wege gehen würden, da wir in verschiedenen Städten lebten. Zu meiner Überraschung eröffnete er mir nach der Landung, dass er sich noch ein paar Tage in der Stadt aufhalten würde und ob wir uns nicht am folgenden Abend treffen wollten. Wir gingen zum Essen und sahen uns ein Theaterstück an. In der Nacht blieb ich bei ihm im Hotel, was sehr romantisch war. Und aufregend. Rückblickend wird mir jedoch klar, dass alles viel zu schnell passierte.

Von da an trafen wir uns öfter. Er rief mich ständig an, machte mir kleine Geschenke, schrieb Karten. Kein Mann hatte mich jemals so verwöhnt und ich war hingerissen. Doch nach ein paar Monaten erhielt ich mitten in der Nacht einen befremdlichen Anruf von ihm. Er war betrunken und nahm mich regelrecht ins Kreuzverhör, warum ich nicht ans Telefon gegangen sei, er hätte mich tagsüber mehrmals zu erreichen versucht. Das war das erste Anzeichen, dass es ein Problem gab. Doch so etwas war bisher nie vorgekommen, deshalb wollte ich die Sache nicht unnötig aufbauschen.

Wir unternahmen viel miteinander, aber unterschwellig hatte ich immer ein ungutes Gefühl. Sein Interesse an mir war zu intensiv und ich hatte Zweifel bezüglich der Beziehung. Als ich meine Bedenken äußerte, beruhigte er mich mit den Worten: »Keine Sorge, ich habe mir fest vorgenommen, dir zu beweisen, dass ich der Richtige für dich bin.«

Paul setzte mich massiv unter Druck, mit ihm zusammenzuziehen, und er machte mir relativ früh einen Heiratsantrag. Es war ziemlich verwirrend – er schien Feuer und Flamme zu sein, aber es behagte mir nicht, dass er mir so zusetzte; ich wollte nichts übereilen. Er erklärte, er könne sich gut vorstellen, Kinder mit mir zu haben. Das wiederum gefiel mir; ich war neunundzwanzig Jahre alt, liebte Kinder und fand, es sei der richtige Zeitpunkt, eine Familie zu gründen.

Dennoch war ich oft frustriert, schon am Anfang unserer Beziehung. Paul schien mich nie richtig zu verstehen; selbst wenn ich ihm die Situation in allen Einzelheiten erläuterte, legte er sie falsch aus. Er wurde wütend und verdrehte mir die Worte im Mund. Ich erinnere mich, dass ich ihm einmal erklärte, es wäre mir lieber, unsere Beziehung langsamer anzugehen; daraufhin warf er mir vor, ich wolle mich mit anderen Männern treffen. Aus heutiger Sicht war das ein Warnsignal, das ich damals jedoch übersah.

Nach solchen Gesprächen zweifelte ich meistens an meiner Kompetenz, meinem gesunden Menschenverstand. Ich gab mir große Mühe, zu kommunizieren und meine Ansichten zu äußern, aber er griff mich ständig verbal an. Es war nervenaufreibend.

Eines Abends, als wir zu einer Party bei Freunden fuhren und ich am Steuer saß, gerieten wir in Streit über meine Kleidung, und plötzlich schlug er mir mit der Faust aufs Bein. Ich hielt sofort an und er fing an herumzubrüllen. Ich hatte wirklich Angst vor ihm. Später entschuldigte er sich und erklärte, er habe befürchtet, dass andere Männer mich attraktiv finden könnten. Er versprach, dass so etwas nie wieder vorkommen würde. Aber es war nicht das letzte Mal. Er ohrfeigte oder boxte mich noch öfter und manchmal schlug ich zurück. Niemand hatte mich jemals verprügelt und ich war auch noch nie handgreiflich geworden! Heute ist mit klar, dass ich versucht habe, mich zu verteidigen, aber damals hatte ich das Gefühl, ich sei keinen Deut besser als er.

Wir waren etwa zehn Monate zusammen, als ich an einer schweren Grippe erkrankte, so dachte ich zumindest. Ich hatte Gliederschmerzen und fühlte mich ständig erschöpft. Ich schleppte mich zur Arbeit, funktionierte, keine Ahnung, wie. Und ich brach beim kleinsten Anlass in Tränen aus. Ich erinnere mich, dass mein Chef mich eines Tages bat, einen Fehler in einem Bericht zu korrigieren, den ich verfasst hatte, und als ich in mein Büro zurückkehrte, war ich am Boden zerstört. Schließlich ging ich zu meiner Hausärztin, die eine schwere Depression feststellte. Sie meinte, das sei auch die Ursache für meine Gewichtszunahme in jüngster Zeit – auf die Paul mit harscher Kritik reagiert hatte. Meine Hausärztin verschrieb mir Antidepressiva und erkundigte sich nach besonderen Vorkommnissen in meinem Leben – am Arbeitsplatz und in meiner Beziehung. Ich erklärte ihr, alles sei in bester Ordnung. Obwohl ich genau wusste, dass dem nicht so war. Rückblickend ist mir bewusst, dass meine Depression weitgehend mit Paul in Zusammenhang stand.

Ungefähr zu dieser Zeit begannen Paul und ich eine Paartherapie. Ich dachte, wir hätten ein Kommunikationsproblem und ein Fachmann könne uns helfen. Als ich ihm eröffnete, dass Paul mich schlug, erklärte der Therapeut, dass er nicht mit Paaren arbeiten würde, in deren Beziehung es Gewalt gäbe. Er empfahl mir, Paul nicht länger zu provozieren, und Paul solle aufhören, handgreiflich zu werden. Da der Therapeut ein Fachmann war, war ich bereit, seinen Rat zu befolgen. Ich bemühte mich, mehr auf Paul einzugehen, aber es änderte nicht das Geringste. (Selbst nach unserer Trennung verwendete Paul die Worte des Therapeuten gegen mich, um mir vorzuhalten, dass ich ihn ständig »provoziert« und die Probleme in unserer Beziehung verursacht hätte.)

Trotzdem hielten wir Ausschau nach einem Haus, das wir gemeinsam kaufen und beziehen wollten. Ich hatte meine Zweifel, aber Paul war sehr überzeugend. An dem Tag, als der Kaufvertrag geschlossen wurde, stellte ich fest, dass ich schwanger war. Die Schwangerschaft war nicht geplant, aber wir freuten uns beide. Damit wurde es noch schwieriger, Nein zu allem zu sagen – zum gemeinsamen Hausstand, dem Baby, dem Partner. Ich wusste, dass es ja eigentlich genau das war, was ich in meinem Leben haben wollte, und deshalb bemühte ich mich, die Bedenken auszublenden. Ich dachte: »Ich bin ein Mensch, der sich ständig verunsichert fühlt; daran muss ich arbeiten.«

Sobald wir das Haus bezogen hatten, eskalierten die Auseinandersetzungen. Eines Abends schlug Paul während eines Streits mit einem schweren Kristallglas auf mich ein, wobei er mich mehrmals am Kopf traf. Es war das erste Mal, dass ich sichtbare Verletzungen hatte. Die Platzwunden hätten eigentlich genäht werden müssen, aber ich fuhr nicht ins Krankenhaus. Ich war in der fünfzehnten Woche schwanger und fühlte mich emotional und körperlich ausgelaugt. Eine Fahrt in die Notaufnahme hätte die häusliche Situation nur verschlimmert. Ich erzählte niemandem davon, weil ich wusste, dass man mich gedrängt hätte, Paul zu verlassen, und ich wusste, dass ich das nicht konnte. Da ich schwanger war, dachte ich: »Ich muss dafür sorgen, dass die Beziehung funktioniert.«

Bei Alex’ Geburt war Paul hilfsbereiter, als ich mir jemals erhofft hätte: Er blieb die ganze Zeit an meiner Seite; er versuchte, es mir während der Wehen so bequem wie möglich zu machen, und beruhigte mich, wenn ich einer Panik nahe war. Am Tag danach rief er mich am späten Abend in der Klinik ein. Er brüllte mich an, weil ich während der Entbindung ständig mit der Hebamme geredet und mit dem Arzt »geflirtet« hätte. Am Telefon machte er mir eine schreckliche Szene, aber wenn er mich besuchte, verwöhnte er mich, brachte mir Blumen und meine Lieblingspralinen. Ich war völlig durcheinander.

Sobald wir mit dem Baby zu Hause waren, blieb die ganze Arbeit an mir hängen. Paul dachte nicht im Traum daran, Alex anzuziehen, zu baden, zu füttern oder die Windeln zu wechseln. Ich hatte angenommen, dass wir das gemeinsam tun würden, und war enttäuscht über seinen Egoismus.

Selbst zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch gute Zeiten miteinander, aber stets im Wechsel mit schlechten Phasen. Wir machten lange Spaziergänge mit dem Baby, staunten, wie schnell es sich zu einer kleinen Persönlichkeit entwickelte, aber immer öfter bemängelte er meine Fähigkeiten, ein Kind großzuziehen. Wir gingen gern...

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