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E-Book

Wenn Frösche vom Himmel fallen

AutorRolf Froböse
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl253 Seiten
ISBN9783527641512
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
So unglaublich es klingt: Die Natur ist immer noch unschlagbar und beschert uns die erstaunlichsten Erfindungen und Phänomene, die bisweilen die menschliche Vorstellungskraft sprengen. Bakterien, die Plastik produzieren oder Strom erzeugen, gehören ebenso dazu wie natürliche Raketenantriebe oder Algen, die als Produzenten von Wasserstoff den Energiehunger künftiger Generationen stillen könnten.
Wie kommt es, dass bisweilen Frösche und Fische vom Himmel fallen, wie gelangt der Staub der Sahara bis in die Karibik und was hat es mit den rätselhaften Methanoasen der Tiefsee auf sich? Aber auch moderne Techniken hat die Natur erfunden. So verleiht ein natürliches Solarkraftwerk einem antarktischen See eine angenehme Badewassertemperatur, und - man höre und staune - den ersten funktionierenden Kernreaktor gab es in Afrika bereits vor zwei Milliarden Jahren. Und um noch eins draufzusetzen: Auch den ersten Laser hat die Natur selbst geschaffen.
Forscher rund um den Globus suchen verstärkt nach Möglichkeiten, um die Erfindungen der Natur zur Herstellung neuer Produkte und Konzepte zu nutzen. Ein Beispiel liefern extremophile Bakterien, die sich bei einer backofentauglichen Temperatur von 140 Grad Celsius äußerst wohl fühlen. Die aus ihnen gewonnenen Enzyme dürften die Chemie nachhaltig befruchten. Auch Chemosensoren, die wie Hundenasen funktionieren und kugelsichere Westen auf der Basis von Spinnenfäden sind Visionen, die aus der Schatzkiste der Evolution profitieren dürften.


Dr. Rolf Froböse arbeitete nach dem Studium der Chemie in Göttingen als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Max-Planck-Gesellschaft und war Ressortleiter beim Technologiemagazin highTech und Chefredakteur der Zeitschriften Chemische Industrie und Europa Chemie. Seit 1995 berichtet er als freiberuflicher Wissenschafts- und Wirtschaftsjournalist über Themen aus Forschung und Technik. Aus seiner Feder stammen auch mehrere populäre Sachbücher, darunter das bei Wiley-VCH publizierte 'Lust und Liebe - alles nur Chemie?', das er zusammen mit seiner Frau Gabriele verfasst hat.

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Leseprobe

Rätselhafte Kugelblitze


An einem schwülwarmen Juniabend des Jahres 1841 tobte über Mailand ein kräftiges Wärmegewitter. Lorenzo Butti, der als Marinemaler der Kaiserin von Österreich in Triest ansässig war, gönnte sich in der quirligen Kulturmetropole gerade ein paar Tage Urlaub, als er eine sonderbare Beobachtung machte. Diese protokollierte er später wie folgt:

»Ich wohnte in Mailand im Gasthaus zum Lamm in einem Zimmer des zweiten Stockes mit Aussicht nach der Chiesa dei Servi. Es war nachmittags gegen 6 Uhr, der Regen fiel in Strömen herab und die dunkelsten Zimmer wurden von Blitzen heller erleuchtet, als bei uns durch Gasflammen. Der Donner ertönte von Zeit zu Zeit mit entsetzlichem Krachen. Die Fenster der Häuser waren geschlossen, die Straße verödet, weil der Regen, wie gesagt, in Strömen herabfloss und den Weg in einen Gießbach verwandelt hatte. Ruhig dasitzend, rauchte ich meine Zigarre und betrachtete von fern durch das geöffnete Fenster den Regen, der bisweilen, durch die Sonne erleuchtet, in goldigen Fäden erglänzte, als ich plötzlich auf der Straße mehrere Kinder und Erwachsene rufen hörte: Guarda, guarda! (seht, seht!) und gleichzeitig ein Geräusch wie von einigen mit Nägeln beschlagenen Schuhen vernahm. Seit einer halben Stunde hatte ich keinen Lärm auf der Straße gehört, und so erregte das erwähnte Geräusch meine Aufmerksamkeit; ich eilte ans Fenster und wandte das Gesicht nach der rechten Seite, woher das Geräusch kam. Der erste Gegenstand, den ich erblickte, war eine feurige Kugel, welche sich mitten in der Straße, in der Höhe meines Fensters, nicht in horizontaler, sondern in etwas schiefer Richtung vorwärts bewegte. Acht bis zehn Leute aus dem Volke riefen, noch immer ihre Augen nach dem Meteore gewendet: Guarda, guarda! und begleiteten die Erscheinung, indem sie ihr die Straße entlang folgten, etwa im Geschwindmarsch der Soldaten. Der Meteor zog ruhig an meinem Fenster vorbei und nötigte mich, den Kopf nach links hin zu wenden, um zu beobachten, wie diese sonderbare Erscheinung endigen würde. Weil ich indessen fürchtete, dasselbe hinter den Häusern, welche aus der geraden Front des von mir bewohnten heraustraten, aus dem Gesichte zu verlieren, eilte ich rasch auf die Straße und kam zeitig genug, um es noch zu sehen und mich den Neugierigen, welche ihm folgten, anzuschließen. Der Meteor bewegte sich noch so langsam; es hatte sich aber, weil es, wie schon gesagt, in schiefer Richtung ging, erhoben, sodass er nach weiteren drei Minuten steigender Bewegung das Kreuz des Turmes auf der Kirche bei Servi erreichte und dort verschwand. Sein Verschwinden war von einem dumpfen Krachen begleitet, ähnlich der Entladung eines Sechsunddreißig-Pfünders, wenn diese in einer Entfernung von drei Meilen gehört wird. Soll ich eine vorstellung von der Größe und Farbe dieser feurigen Kugel geben, so kann ich sie nur mit dem Monde vergleichen, wie man ihn in einer heiteren Winternacht aufgehen sieht; wie ich mich z. B. erinnere, ihn zu Innsbruck in Tirol gesehen zu haben, nämlich von einem rötlichen Gelb, mit einigen mehr ins Rote spielenden Flecken. Doch fand darin ein Unterschied statt, dass man in dem Meteor keine bestimmten Umrisse wie beim Mond wahrnahm; er schien vielmehr in eine Licht-Atmosphäre, deren Grenze nicht bestimmt angegeben konnte, eingehüllt zu sein.«

Soweit der umfassende Bericht eines Augenzeugen.

Realität oder Hirngespinst?


Es gibt wohl kaum eine atmosphärische Erscheinung, um die sich so viele Legenden ranken und die so geheimnisvoll ist wie der Kugelblitz. Einige Wissenschaftler halten Kugelblitze für ebenso wenig real wie Ufos. Andere wiederum interpretieren Kugelblitz-Sichtungen als Ergebnis eines »positiven Nachbildes« einer ganz gewöhnlichen Blitzentladung. Ein solches Nachbild entsteht, wenn man eine sehr helle Lichtquelle vor dunklem Hintergrund anschaut—zum Beispiel einen Blitz vor schwarzem Gewitterhimmel.

Die Skepsis rührt auch daher, dass es bisher kaum Fotos von Kugelblitzen gibt. Soweit Bilder vorhanden sind, haben sie nur wenig Aussagekraft. Das liegt daran, dass es sich bei dem Phänomen des Kugelblitzes um ein extrem seltenes und rasch vorübergehendes Ereignis handelt. Allerdings kennen wir auch aus neuerer Zeit eine Reihe absolut glaubwürdiger Augenzeugenberichte. Dazu gehört das im Anschluss zitierte, beispielhaft für viele ähnliche Berichte stehende detaillierte Protokoll eines Diplomingenieurs für Elektrotechnik, des Prokuristen und Direktors der Burgenländischen Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft (BEWAG):

Kugelblitze entstehen normalerweise während eines Gewitters direkt nach einem Blitz. Mit freundlicher Genehmigung von C. Clark, NOAA National Severe Storms Laboratory.

»Es dürfte Mitte August 1968 gewesen sein, als am Nachmittag, etwa 15 Uhr, im Raum Maria Wörth ein schweres Gewitter niederging. Wir befanden uns in der Villa Anna in unmittelbarer Nähe des Seeufers am Wörthersee, Kärnten. Nach einem heftigen Blitz und Donner (gleichzeitig) bewegte sich durch das Zimmer eine hell leuchtende Kugel mit etwa 20 cm Durchmesser und einer Entladungskorona, zischend wie ein Weihnachtssternspritzer, zur offenen Balkontür, dann entlang des hölzernen Balkonpfeilers zum Boden und etwa 300 m auf die Seefläche hinaus, wo es zu einer nochmaligen Entladung mit Donnergeräusch kam. Die Bewegung der Kugel war stetig geradlinig und drehend. Wo die Kugel in das Gebäude eindrang ist mir heute noch rätselhaft, die Fenster waren geschlossen und es gab keinerlei Spuren. Die Kugel bewegte sich etwa in Betthöhe über dem Fußboden. Am genannten Holzbalkonpfeiler gab es Brandspuren, das heißt an mehreren Stellen gloste [glimmte] das Holz und an der Frontseite des Hauses fanden wir anschließend einige zerbrochene Dachziegel. Im Zimmer roch es nach dieser Erscheinung nach >Schwefel<. Meine Frau und ich wurden bei diesem vorfall nicht verletzt, hatten jedoch einen gehörigen Schock. Wir saßen in etwa 1,5 m Entfernung von der Kugelbahn. Nach meiner Erinnerung war die Kugel relativ scharf umrissen. Die Farbe würde ich als weißblau mit leicht rötlichem Stich bezeichnen.«

Der Kugelblitz von Neuruppin


Ebenfalls überzeugend sind diverse Beobachtungen, die Donald Bäcker im Januar 1994 in Neuruppin (Brandenburg/Ostprignitz) gesammelt hat. Wintergewitter sind, nebenbei bemerkt, im norddeutschen Tiefland keineswegs selten. Sie treten häufig dann auf, wenn eiskalte Polarluft über das vergleichsweise warme Wasser der Nord- oder Ostsee geführt wird, wodurch eine labile Schichtung innerhalb der unteren Atmosphäre entsteht. Donald Bäcker war 1994 Leiter der Wetterstation Neuruppin und ist jetzt Mitarbeiter bei der Firma MC-Wetter. Das von ihm verfasste Protokoll, dokumentiert im Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin, basiert auf Berichten von erfahrenen und ausgebildeten Wetterbeobachtern und von Bürgern der Stadt.

 

Hier einige Auszüge:

»Zu diesem Gewitter kam es, da maritime Polarluft von Nordwesten nach Brandenburg geführt wurde. Darin konnten sich zahlreiche Schauer und auch Gewitter entwickeln. Die Zugbahn des Neuruppiner Gewitters kann man auf Grund von vorliegenden Höhenwindmeldungen und Wetterbeobachtungen direkt nachvollziehen. Es kam von West-Nordwest und zog auf seinem Weg über Boizenburg an der Unterelbe und die 30 km westlich von Neuruppin entfernt liegende Stadt Kyritz nach Neuruppin.«

Th. Hinz, Dienst habender Mitarbeiter der Wetterstation, beschreibt die Situation:

»Es wurde ein ungewöhnlich greller Lichtschein in Richtung Nord wahrgenommen, gefolgt von einem überdurchschnittlich lauten Donnerschlag (ca. 10 Sekunden später). Da der Dienstraum nach Norden keine Fenster hat, konnte der Blitz vom Beobachter leider nicht direkt gesehen werden. Danach folgten 3 weitere Entladungen in Form von Linienblitzen.«

Donald Bäcker hielt sich zum Zeitpunkt des Gewitters im Neuruppiner Stadtgebiet in der Friedrich-Engels-Straße auf. Er schreibt:

»Durch ein nach Osten zeigendes Fenster wurde ein sehr greller Lichtfleck wahrgenommen. Es kann mit absoluter Sicherheit gesagt werden, dass es sich um einen Lichtpunkt handelte. Unmittelbar nach dem Verschwinden der Erscheinung (nach ca. 1–2 s) wurde ein explosionsartiger Donnerschlag hörbar.«

Das Protokoll verzeichnet unter anderem folgende Beobachtungen Neuruppiner Bürger.

»Farbe und Erscheinungsbild beschrieben fast alle Zeugen gleich. Es wurde ein äußerst heller Lichtfleck oder auch >Feuerball< beschrieben, dessen Helligkeit dem Blitzlicht eines Fotoapparates oder einer Radarfalle der Polizei entspricht. Teilweise wurde die Helligkeit mit dem Lichtschein, der beim Schweißen auftritt, verglichen. Die Größe der Leuchterscheinung wurde mit der eines Fußballes bis hin zur scheinbaren Größe des vollmondes beschrieben. Die Höhe wurde mit 30 m angegeben. Meist wurde der Kugelblitz direkt über den höchsten Hausdächern gesichtet. Bewegungen des Kugelblitzes wurden kaum wahrgenommen. Für die meisten der Augenzeugen stand das >Objekt< ruhig am Himmel.

Da sich das Gewitter nicht durch fernes Donnergrollen angekündigt hatte, hielten viele Leute die Erscheinung für ein Feuerwerk oder glaubten, sie seien in eine Geschwindigkeitskontrolle der Polizei geraten. Dass es sich um ein Gewitter handelte, wurde den meisten Bürgern erst nach dem Ertönen des Donnerschlages bewusst. Die Lautstärke des Donners wurde übereinstimmend als überdurchschnittlich angegeben. Man meinte, dass selbst ein in...

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