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Wenn Medien lügen

Ein Blick hinter die Kulissen von manipulierten Medien und gekauften Journalisten

AutorHeiko Haupt
VerlagRedline Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783864147555
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Medienschelte und Journalisten-Bashing - ein Sport, den mittlerweile viele betreiben. Nicht ohne Grund: Immer öfter drängt sich der Verdacht auf, dass die Presse eher verschleiert anstatt aufzuklären und unsere Nachrichten vielfach manipuliert sind. Dass Medien die Wahrheit verzerren und das Berufsethos ihrer Macher in vielen Fällen auf der Strecke geblieben ist, ist leider Fakt. Mancher Reporter ist mehr auf das eigene Ego als auf die reine Wahrheit fixiert, Journalisten lassen sich korrumpieren, Nachrichten werden aufbereitet statt recherchiert, Produkte werden dann gelobt, wenn sie einen möglichst hohen Presserabatt versprechen. Heiko Haupt belegt anschaulich und beispielhaft, warum die Medien in dieser sehr bedenklichen Entwicklung stecken. Der Journalist weiß aus jahrelanger Arbeit in Redaktionen und als unabhängiger Medienexperte, wie mit der Ware »Nachricht« täglich umgegangen wird: unterbesetzte Redaktionen gehen in der Nachrichtenflut unter, fischen das Falsche heraus, oftmals aus dem Internet, klammern sich an fremde Textkonserven. Hinzu kommt Einfluss und Druck von allen Seiten: Hinter den Kulissen ist es längst zum Alltag geworden, dass Werbekunden, Industrie und Politik die Berichterstattung bestimmen. Alle erwarten, »gut bedient« und richtig dargestellt zu werden und dass ihre guten Beziehungen Früchte tragen. Kein Wunder, dass zwischen Presse, Politik, Promotion und Product-Placement kein Blatt mehr passt. Und dass der investigative, seriöse, unabhängige Journalismus nahezu abgedankt hat. Wenn Medien lügen - ein aufklärendes, aufrüttelndes Plädoyer wider den Abgesang auf die Wahrheit.

Heiko Haupt lebt als freier Journalist und Autor in Hamburg. Er hat bereits zu diversen hochaktuellen Themen veröffentlicht und ist für seine journalistische Arbeit mehrfach ausgezeichnet worden - unter anderem mit dem Christophorus-Preis und dem Joseph Ströbl Preis. Haupt war als Redakteur und Ressortleiter außerdem an der Entwicklung des Themendienstes der Deutschen Presse-Agentur (dpa) beteiligt.

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Leseprobe

Warum selber denken, wenn es doch PR gibt?
Wenn Medien nur noch vorgefertigte Meinungen transportieren

Dass sich eine Geschichte wie die Schokoladendiät so schnell und auch weltweit verbreiten konnte, dafür gibt es einen einfachen Grund: Die Macher hatten Pressemitteilungen an die Medien ausgesendet. Zwar sollen Journalisten unabhängig und unvoreingenommen arbeiten, viele von ihnen lieben allerdings solche Pressemitteilungen. Denn Pressemitteilungen beinhalten Informationen zu einem Thema, die also nicht mehr selbst recherchiert werden müssen. Gerade in den Zeiten des Onlinejournalismus, der in kurzen Abständen neue Nachrichten verlangt, lassen sich so schnell und bequem neue Inhalte nachliefern.

Mit einem sehr wichtigen Nachteil allerdings: Pressemitteilungen sind Public Relations, kurz PR. Jeder Redaktion flattern täglich Unmengen solcher Mitteilungen via Mail oder ganz klassisch per Post auf den Tisch. Jede der Mitteilungen stammt von einem Unternehmen oder einer Organisation, die damit über ihre eigenen Leistungen informieren und nicht zuletzt auch Meinungen transportieren will. Nur wird dieser Umstand immer weniger beachtet, weil in den Redaktionen immer größerer Zeitdruck herrscht, und man, wie schon erwähnt, mithilfe solcher Informationen sehr schnell neuen Pseudo-Inhalt generieren kann.

Vor allem im vergangenen Jahrzehnt wurden die PR-Abteilungen in Wirtschaft, Politik und auch Behörden gewaltig aufgestockt, während auf der Seite der Redaktionen das Gegenteil der Fall war. Weil man festgestellt hatte, dass sich via PR die eigenen Anliegen so einfach in die Medien bringen lassen.

Veröffentlicht wird, was wenig Arbeit macht

Nehmen wir einmal einen ganz normalen Arbeitstag in einer Spezialredaktion einer großen Nachrichtenagentur, die wiederum die Themenredaktionen von Medien versorgt. Darunter versteht man diejenigen Teilredaktionen, die sich mit speziellen Interessengebieten beschäftigen – von Gesundheit über Ernährung bis zu Bauen oder Multimedia. Jeder Redakteur hat für sein Fachgebiet an jedem Tag eine möglichst große Zahl an einzelnen Kurzmeldungen und auch längeren Artikeln zu verfassen, die dann von der Agentur an die Medienkunden gesendet werden. In der Regel beginnt so ein Arbeitstag damit, dass der Journalist sich im Schnellverfahren durch besagte Pressemitteilungen wühlt, und schließlich eine auswählt, mit der er seine Arbeit beginnt. Dabei wird er sich üblicherweise nicht ein mehrseitiges und umständlich formuliertes Werk zu einem an sich schon komplizierten Thema aussuchen. Er wird eine nehmen, die ihm möglichst wenig Arbeit bereitet. Eine, die er selbst schnell begreift, die ein Thema möglichst knapp und knackig umreißt, und aus der sich mit wenigen neuen Formulierungen eine scheinbar neue und journalistisch einwandfreie Nachricht fertigen lässt. Was letztlich nichts anderes bedeutet, als dass der Journalist sich zum Erfüllungsgehilfen der PR und der Pressestellen macht.

Genau diese PR-Leute wissen inzwischen sehr genau, wie solche Journalisten ticken. Sie wissen, wie sie ihnen welche Themen verkaufen können, damit diese dann möglichst große Verbreitung finden.

Viele der so entstehenden Nachrichten sind auf den ersten Eindruck banal, oder sie bringen auch ein eigentlich sinnvolles Thema in die Öffentlichkeit – dahinter aber verbergen sich immer Interessen. Und das Erscheinen einer Nachricht bedeutet immer auch, dass da jemand seine Interessen durchgesetzt hat, indem er einen Journalisten in dem Sinne manipuliert hat, dass der diese Interessen stützt.

Qualitätsjournalismus ist vertrauenswürdig – oder?

Ein Beispiel dafür ist eine kleine Meldung, die sich in den Sommerferien 2015 in manchen Medien fand. Eine Meldung, die Eltern interessieren könnte: Es ging darum, dass Eltern die Augen ihrer Kinder vor Schulbeginn überprüfen lassen sollten. Denn bei Kurzsichtigkeit könnte es zu Problemen beim Ablesen der Tafel kommen, Weitsichtige könnten dagegen Schwierigkeiten mit Lese- oder Schreibübungen am eigenen Tisch bekommen. In der Meldung wurde auch darauf hingewiesen, dass sich erste Tests zu etwaigen Sehschwächen ganz einfach zu Hause durchführen ließen. Seien dann tatsächlich Schwächen wahrscheinlich, sollte auf jeden Fall ein Sehtest absolviert werden.

Die Herkunft der kurzen Meldung war mit dem Kürzel dpa/tmn gekennzeichnet. Dahinter verbirgt sich der sogenannte Themendienst der größten deutschen Nachrichtenagentur Deutsche Presse Agentur – dpa. Der Themendienst ist der größte Lieferant für Inhalte der Themenredaktionen in Deutschland und steht als Teil der dpa grundsätzlich für unabhängige Nachrichten und auch eine gewisse Qualität. Nur ist das mit dem Halten eines solchen Niveaus immer so eine Sache.

Die Überschrift der Meldung lautete in den Onlinemedien, die sie übernahmen und veröffentlichten, in der Regel »Vor Schulbeginn – Augen der Kinder prüfen lassen«, was keinerlei Rückschluss auf den Ursprung des guten Rates zuließ. Der wurde nämlich erst im letzten Satz offenbart, in dem es hieß »Darauf weist der Zentralverband der Augenoptiker hin«. Was auch bedeutet, dass die gegebene Empfehlung nicht wirklich uneigennützig war.

Sie beruhte vielmehr auf einer Pressemitteilung dieses Optikerverbandes, der damit natürlich auch Kundschaft in die Geschäfte der Mitgliedsunternehmen bringen wollte. Die Eigenarbeit der Redaktion des Themendienstes beschränkte sich dabei auf ein eher geringes Maß. Einzelne Passagen wurden fast wörtlich übernommen. Hieß es in der Pressemitteilung zum Beispiel »So kann eine Kurzsichtigkeit zu Problemen beim Ablesen der Tafel führen, eine Weitsichtigkeit kann dem Schulkind die Lese- und Schreibübungen am eigenen Tisch erschweren«, so lautete die Passage in der übernommenen Agenturmeldung: »Bei Kurzsichtigkeit kann es Probleme beim Lesen der Tafel geben, Weitsichtigkeit kann Lese- und Schreibübungen am eigenen Tisch erschweren.«

Journalisten als Erfüllungsgehilfen der PR-Maschinerie

Nun kann man natürlich sagen: Was soll’s, solche übernommenen PR-Meldungen sind Nebensächlichkeiten etwa im Vergleich zu den verbreiteten Unwahrheiten, wie sie im Zuge der Ukraine-Krise an die Öffentlichkeit kamen. Nur wäre es vollkommen falsch, gerade solche kleinen Meldungen zu unterschätzen. Denn sie finden in jeder Woche zu Hunderten auf unterschiedlichste Art den Weg in die Medien. Vor allem interessieren sie auch unzählige Menschen.

Und nicht immer kann der Leser erkennen, von welcher Seite da bestimmte Interessen verbreitet werden. Ein weiteres zunächst nebensächliches, am Ende aber gar nicht mehr nebensächliches Thema ist etwa Mineralwasser. Dessen Konsum nimmt seit Jahren zu, und gerade die als besonders edel vermarkteten Wasser sind ein Millionengeschäft. So berichteten Medien auch darüber, dass diese edlen Mineralwasser ein regelrechter Trend seien. Außerdem könne die Auswahl des richtigen Mineralwassers sogar die Wesensart eines Weines besonders gut herausstellen, hieß es dann unter Berufung auf eine Informationszentrale Deutsches Mineralwasser (IDM) in Bonn. Informationszentrale hört sich immer gut an, und hört sich vor allem auch unabhängig und glaubwürdig an. Sogar für manchen Journalisten, der solchen Angaben einfach Glauben schenkt, und gar nicht genauer nachfragt. Doch auch hier ist gekonnte PR das eigentliche Thema. Die großen Unternehmen wissen längst, dass sie nicht die gewünschte Wirkung erzielen, wenn sie in eigenem Namen solche Informationen in die Welt entlassen.

Es ist aber im Grunde gar nicht viel Aufwand notwendig, um derartige Zusammenhänge zu bemerken. Im Impressum der Web-Präsenz besagter Informationszentrale steht bereits sehr deutlich, dass man im Auftrag der Gesellschaft der Freunde und Förderer der deutschen Mineralbrunnenindustrie handele. Darunter wiederum findet sich auch gleich ein Link, der zum Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) führt. Um dem wahren Ziel von Informationen wie dem Trend zum edlen Mineralwasser auf die Spur zu kommen, ist es eigentlich nur notwendig, die Liste der Vorstandsmitglieder aufzurufen. Die setzen sich nämlich aus einer Art Who-is-who der Mineralwasserbranche zusammen.

Fragt man sich nun, wer wirklich gute PR oder Öffentlichkeitsarbeit macht, dann stehen diese Wasserfreunde sicher sehr weit vorne. Dass der Pro-Kopf-Verbrauch an Mineralwasser von 12,5 Litern im Jahr 1970 auf inzwischen 130 Liter jährlich gestiegen ist, hat sicher nicht allein mit einer selbst gewählten Lust der Menschen am Wasser zu tun. Über die Jahre hat man uns immer wieder versichert, wie viel Wasser wir am Tag trinken sollen, und dass dieses Wasser eben vor allem Mineralwasser sein sollte, am besten natürlich besonders hochwertiges und teures. Zahllose Journalisten haben an dieser Entwicklung mitgewirkt, indem sie sich zu treuen Erfüllungsgehilfen der PR-Maschinerie machen ließen.

Die Idylle am Hühnerhof

Inzwischen kommt es aber auch zu Ereignissen, bei denen Verfechter des reinen und unabhängigen Qualitätsjournalismus mit Interessenvertretern und deren PR-Vorhaben quasi auf einer Linie arbeiten. Im Sommer 2012 etwa berichtete das Medienmagazin ZAPP im NDR-Fernsehen über eine recht merkwürdige Veranstaltung. Dabei ging es um das Thema Geflügelhaltung, und zwar die Haltung im industriellen Sinne. Angeboten wurde zu dem Thema ein Journalisten-Workshop – veranstaltet von der Geflügelwirtschaft. Was eigentlich schon klar gemacht hätte, in welche Richtung die gewünschte Meinungsmache gehen würde. Wäre da nicht noch ein anderer Punkt gewesen: Die Geflügelwirtschaft war nicht der alleinige...

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