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E-Book

Wer´s glaubt, wird selig

Ein Glaubensgespräch zwischen Vater und Sohn

AutorHeinrich Bedford-Strohm, Jonas Bedford-Strohm
VerlagKreuz
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783451345876
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Persönlich und ohne sich etwas zu schenken diskutieren Vater und Sohn über die Relevanz des christlichen Glaubens für junge Erwachsene heute, über Glück, Gott, Jesus, Kirche, Religion, Spiritualität und Tod. Der wortgewaltige Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern stellt sich den unbequemen Fragen: Warum ist es eigentlich sinnvoll zu glauben? Was hat das Evangelium mit dem Leben Jugendlicher heute zu tun? Ein spannender und offener Dialog.

Heinrich Bedford-Strohm, geboren 1960, Prof. Dr., ist seit 2011 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Davor hatte er an der Universität Bamberg den Lehrstuhl für Systematische Theologie und theologische Gegenwartsfragen inne. Jonas Bedford-Strohm, geboren 1992, studiert in Heidelberg evangelische Theologie.

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Leseprobe

1. Glück


JONAS BEDFORD-STROHM

Wer glaubt, wird selig. Stimmt das?

HEINRICH BEDFORD-STROHM

Nicht wie bei einem Kochrezept jedenfalls, wo man nur ein paar Zutaten zusammenmischt nach dem Motto: Ein bisschen Lukasevangelium, ein bisschen Paulusbrief, ein bisschen Altes Testament, dann ordentlich schütteln, und es kommt das Glück heraus. So funktioniert’s nicht! Aber ich bin in der Tat der Meinung, dass man anhand von vielen Einzelaspekten zeigen kann, dass Glaube ein erfülltes Leben ermöglicht.

Kann man im Umkehrschluss genauso sagen: Wer nicht glaubt, wird auch nicht selig?

Nein, ich glaube, das kann man nicht im Umkehrschluss so sagen. Ich würde theologisch sagen: Gott hat viele Möglichkeiten, den Menschen ein erfülltes Leben zu schenken. Aber gleichzeitig sage ich, dass der Weg, den ich kenne und der sich für mich bewährt hat, der Weg über den christlichen Glauben ist. Man kann die Kraft dieses Weges anhand von Erkenntnissen der Glücksforscher sehr schön zeigen …

Bevor wir in die Details gehen: Kannst du kurz definieren, was Glück für dich heißt? Wir reden ja jetzt nicht von bloßer Ekstase und Euphorie, weil man gerade im Lotto gewonnen hat.

Glück heißt für mich, dass ich aus der Fülle leben darf und nicht aus der Knappheit leben muss. Glück heißt, dass ich einen inneren Frieden spüren darf und nicht aus der Angst leben muss. Glück heißt, dass ich nicht nur dann eine Basis für mein Leben habe, wenn die Dinge gut für mich laufen, sondern dass ich eine Basis habe, die auch in den schweren Zeiten tragfähig ist, wenn Leid in mein Leben kommt. Glück im umfassenden Sinne heißt eben, sich in guten wie in schweren Tagen getragen und geborgen fühlen zu dürfen.

Glück ist für dich also kein temporärer Zustand, sondern eher ein Gesamtkonzept?

Ja, ich glaube, beides ist ein Aspekt von Glück. Es gibt das Augenblicksglück, es gibt den Genuss, das Hochgefühl, und das ist auch etwas Wunderbares. Aus einer christlichen Perspektive sind das Hochgefühl, der Genuss und auch die Liebe ein Geschenk Gottes.

Gleichzeitig leben wir nicht nur aus dem Augenblicksglück. Genauso wichtig ist, dass dieses Augenblicksglück in einen Lebenshorizont eingebettet ist, der breiter ist als der Augenblick. Deswegen glaube ich, dass es auch ein Glück gibt, das einen ganzen Lebensbogen – gute und schlechte Zeiten – mit einschließen kann.

Wenn man Glück als Gesamtkonzept versteht: Wie erarbeitet man sich dieses Konzept von Glück? Hat der Glaube da eine Anleitung parat?

Vielleicht ist diese Frage in sich schon problematisch: Wie erarbeitet man sich ein Lebensglück? Die Frage setzt ja voraus, dass Glück machbar sei und dass man, um es zu »machen«, nur eine bestimmte To-do-Liste abarbeiten müsse. Der Weg zum Glück ist nicht wie Cola kaufen am Getränkeautomaten, in den man zwei Euro wirft und unten dann das frisch gekühlte Glück in Empfang nimmt.

Glück, wie ich es verstehe, hat sehr viel mit Passivität zu tun. Es hat damit zu tun, dass ich offen durchs Leben gehe und das, was mir widerfährt, in einen bestimmten Verstehenshorizont integriere. Glück heißt eben auch, dass ich in einer bestimmten Weise mit dem umgehen kann, was ich nicht beeinflussen kann, was mir einfach widerfährt. Und genau da kommt für mich die Gottesbeziehung ins Spiel, in die ich das, was mir widerfährt, einordnen kann.

Es gibt dazu noch dieses Zitat aus der Dreigroschenoper: »Ja, renn’ nur nach dem Glück, doch renne nicht zu sehr, denn alle rennen nach dem Glück, das Glück rennt hinterher.« Heißt das, dass man sich, wenn man sich zu sehr anstrengt und kein Vertrauen hat, das Glück kaputt machen kann?

Ich glaube, dass das Zitat eine menschliche Tendenz sehr schön beschreibt: Wir meinen manchmal, dass Glück dadurch entsteht, dass wir uns anstrengen und bestimmte Dinge tun. Wir arbeiten sozusagen verbissen an unserem Glück. Aber auf diese Weise stehen wir dem Glück möglicherweise im Wege. Die christliche Perspektive setzt ganz anders an. Wir wollen natürlich unser Leben gestalten, wir sind natürlich aktiv und wollen etwas für unser Glück tun. Aber gleichzeitig wissen Christen, dass ihr Leben, ja, die ganze Welt in Gottes Hand liegen und nicht in ihrer. Wir Christen sehen uns im Horizont der liebenden Zuwendung Gottes. Das ist ein viel lebensnäherer Zugang, denn jeder Mensch kennt Situationen, in denen wir die Erfahrung machen, dass wir etwas nicht unter Kontrolle haben, dass wir einfach ohnmächtig sind. Krankheiten können zum Beispiel extreme Erfahrungen von Ohnmacht sein. Oder der Tod. Da sind wir völlig am Ende mit unseren Kontrollmöglichkeiten. Wer behauptet, dass der Mensch seines Glückes Schmied ist, muss solche Situationen ausklammern.

Wo liegt denn der Mehrwert der christlichen Perspektive im Vergleich zur Glücksratgeber-Literatur oder der wissenschaftlichen Glücksforschung?

Auch da frage ich zurück: Schon das Wort Mehrwert setzt doch eine Zweckorientierung voraus. Deine Frage folgt dem Motto: Ich lasse mich nur auf etwas ein, wenn man den Wert klar beziffern kann und ich genau weiß, dass es mir was bringt. Wenn ich so ans Leben herangehe, habe ich eigentlich schon verloren.

Wenn die Frage aber meint: Welche Horizonte erschließen sich mir durch den Glauben, die sich ohne Glauben nicht erschließen? – dann kann ich sie, glaube ich, ganz gut beantworten. Es ist nämlich tatsächlich so, dass gerade der Aspekt, den wir nicht kontrollieren können, über die Glücksratgeber hinausreicht.

Die Frage ist: In welche Grundperspektive zeichne ich mein Leben ein? Und da sehe ich in der christlichen Perspektive deswegen Stärken, weil sie eben neben dem Hochgefühl auch das Leiden umfasst. Christen glauben an einen Gott, der selbst die Erfahrung der Ohnmacht am Kreuz gemacht hat. Die christliche Religion geht von der Annahme aus, dass dieser Jesus Christus, der am Kreuz gestorben ist, wieder auferweckt worden ist. In der Situation der totalen Ohnmacht hat am Ende nicht das Nein, sondern das große Ja zum Leben gestanden – Christus ist auferstanden.

Das ist die Grundlage dafür, dass Jesus sagt: »Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.« Das griechische Wort makarios, das im Original für selig steht, kann man auch mit glücklich übersetzen. Deswegen redet einer der wichtigsten Abschnitte der Bibel, die Bergpredigt nämlich, vom Glück. »Glücklich sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden. Glücklich sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. Glücklich sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.«

All diese Seligpreisungen reden also vom Glück, und trotzdem gehört zu diesen Seligpreisungen auch das Leiden: »Glücklich sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn sie werden Gottes Kinder heißen. Glücklich sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden.« Das sind alles Seligpreisungen, die das Leiden, das Unrecht, mit in den Horizont integrieren. Das, glaube ich, ist die große Stärke des christlichen Glücksverständnisses. Es muss das Leiden nicht verdrängen, sondern kann es integrieren.

Über die Auferstehung müssen wir später noch reden. Aber zunächst noch was anderes: Kann es sein, dass für Christen Glück gar nicht als des Menschen höchstes erstrebenswertes Ziel gilt?

In der Perspektive des Christentums ist das höchste Ziel eine erfüllte Gottesbeziehung, die untrennbar verbunden ist mit der Beziehung zu anderen Menschen: Gott lieben und den Nächsten wie sich selbst lieben. Darum geht es für Christen. Deswegen gehört Glück als Selbstzweck in der Tat nicht zur christlichen Grundperspektive. Aber Glück, also die Erfahrung der Fülle des Lebens ist ein Aspekt einer intakten und gelingenden Gottesbeziehung. Das oberste Ziel und das oberste Gut, so hat die theologische Tradition gesagt, ist Gott. Aber in diese Gottesbeziehung wird die Glücksperspektive eingezeichnet.

Stell dir vor, es gäbe einen Glückssimulator, den man an unser Gehirn anschließen könnte und der uns über neuronale Impulse das Gefühl des absoluten Glückes simulieren könnte.

Okay.

Der Mensch kann den Unterschied nicht bemerken, weil er mit Endorphinen bombardiert wird und das für Glück hält. Wäre es legitim, sich lebenslänglich mit diesem Simulator verbinden zu wollen?

Es ist nur ein Gedankenspiel, aber in der simulierten Glückserfahrung könnte ja das Leid durchaus integriert sein. Ein permanentes Hoch würde die Glückserfahrung nur nivellieren, also würden Trauer, Leid und Niedrigphasen mit eingebaut werden. Wäre das nicht ähnlich wie in deinem religiösen Ansatz? Hängen Christen mit ihrem »Gott schenkt Leben die Fülle«-Glauben nicht an einer Art Glückssimulator?

Natürlich sperrt sich in mir alles gegen die Vorstellung eines solchen Simulators. Das ist meine spontane Reaktion. Wenn ich mich an eine solche Maschine anschließe, liefere ich mich einer Sache aus, zu der ich, anders als zu Gott, kein Vertrauen haben kann. Maschinen laufen nach Schemata ab, Maschinen sind von Menschen konstruiert. Maschinen gehen nicht auf mich ein, sondern laufen nach ihrem Algorithmus ab. So »intelligent« und ausgereift ein Algorithmus sein kann, eine Maschine kann deswegen nie etwas sein, an das ich mich anschließen möchte.

Wenn ich dagegen von Gott spreche, dann spreche ich von jemandem, dem ich vertrauen...

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