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E-Book

Wetten Spaß

Mein Leben, meine Gäste, meine Shows

AutorFrank Elstner
VerlagVerlag Herder GmbH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl220 Seiten
ISBN9783451346330
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Frank Elstner, der Altmeister der Fernsehunterhaltung, erzählt in großer Offenheit aus seinem Leben. Von seiner Zeit als Kinderstar und als Radiomoderator. Von seiner Karriere als Fernsehmoderator und davon, warum er so berühmt geworden ist. Und selbstverständlich von seinem größten Erfolg, 'Wetten dass...?'. Ein Buch, das den Blick auch in die Zukunft richtet und einen Frank Elstner erleben lässt, wie man ihn bislang noch nicht kannte.

Frank Elstner, geb. 1942 in Linz, kann auf 60 Jahre Rundfunk- und Fernsehgeschichte zurückblicken. Mit 'Wetten, dass ..?' erzielte der TV-Moderator und Formatentwickler seinen größten Erfolg. Er lebt heute in Baden-Baden und moderiert die Sendung 'Menschen der Woche'.

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Leseprobe

2.
Hier Frank, wer da?


Mittlerweile höre ich kaum noch Radio, höchstens während des Autofahrens, und selbst da nehme ich es eigentlich nur als Hintergrundrauschen wahr. Natürlich gibt es Ausnahmen wie manche Radiopersönlichkeit meines Haussenders. Wenn Christian Thees gemeinsam mit Anke Engelke die Woche Revue passieren lässt, höre ich gerne zu, und auch die Morgenpaarungen verstehen ihren Auftrag, ganz zu schweigen vom Stimmimitatoren-Wunder Andreas Müller. Diese Moderatoren erinnern mich daran, dass das Radio tatsächlich einmal sehr populär gewesen ist.

Merkwürdigerweise ist mir die Fremdheit, die sich mit der Zeit zwischen dieses Medium, bei dem meine Karriere ja begann, und mich geschoben hat, nie wirklich aufgefallen. Irgendwann hatte das Radio eben immer weniger mit mir zu tun und ich immer weniger mit ihm. Der Begriff Formatradio ist für das, was die Sender heute spielen, auf beinahe zynische Weise treffend. Man könnte es auch Unverbindlichkeitsradio nennen. Die Sender tun nichts anderes mehr, als Musik und Wortbeiträge in ein bestimmtes Format zu pressen, das jeder Kreativität die Luft raubt. Sie spulen mechanisch ein Programm ab, an dessen Eckpfeilern offenbar niemand mehr zu rütteln wagt. Am Ende hören wir die Pflicht, anstatt die Kür. Wir hören hundert Songs, von denen sich die Sender vorgenommen haben, sie rauf und runter zu spielen: Lady Gaga, Madonna, Rihanna oder einer der anderen Mainstream-Stars ertönen in Endlosschleife, immer dieselben Hits, zu jeder Zeit; dazu die meist vorhersehbaren Gags der Moderatoren, ein paar vorbereitete Einspieler und der Tageskommentar, bei dem man bereits vorher weiß, welche Person des öffentlichen Lebens parodiert werden wird.

Dabei wäre kreatives Radio möglich – man bräuchte dafür allerdings mutige Entscheider, Vorgesetzte, die es wagen, ihr Konzept einfach mal auf den Kopf zu stellen, es komplett neu zu gestalten, ohne ständig einen ängstlichen Blick auf den Hörer zu werfen und sich zu fragen, ob der den eigenen Mut wohl honorieren wird. Man bräuchte Vorbilder, die ihr Publikum nicht einlullen wollen, sondern ihm mehr als nur einen einfältigen Musikgeschmack zutrauen. Natürlich hat der Hörer seine Hörgewohnheiten, und mit Gewohnheiten zu brechen ist immer ein Risiko. Es sieht so aus, als sei Risiko heute nicht mehr vorgesehen. Wenn man Glück hat, spielt der Saarländische Rundfunk mal Patricia Kaas, was zwischen all den anderen gleich klingenden Songs beinahe revolutionär anmutet. Aber was ist mit den französischen Chansons überhaupt, warum sind die französischen Stars, die in den Siebzigerjahren noch einen Anteil von zehn Prozent am Radioprogramm innehatten, verschwunden? Heute atmet man auf, wenn neben den vielen aktuellen englischen Titeln alle zwei Tage ein französischer gespielt wird wie „Je veux“ von der wunderbaren Sängerin Zaz.

Es ist traurig, wirklich traurig. Mein Empfinden hat dabei nicht das Geringste mit Nostalgie zu tun; von dem Satz „Früher war alles besser“ halte ich sowieso nichts. Es ist nur dem Wunsch nach Vielfalt geschuldet, mit der etwas ganz Entscheidendes verlorengeht: nämlich das Bewusstsein, dass sich Qualität nicht nur in Verkaufszahlen messen lässt. Für die Ausbildung eines Musikgeschmacks muss jedes Gehör auch mal irritiert werden. Die Formatradioverteidiger grummeln jetzt wahrscheinlich, weil sie vergessen haben, dass Moderatoren zu den einzelnen Inhalten ihrer Sendungen dem Hörer auch mal eine Erklärung schulden. Ihm zu helfen, das Kommende zu verstehen und einzuordnen, ist eine Tugend, die aus den Servicewellen verschwunden ist – bis auf die Nachrichten und die Durchsagen für Autofahrer, wo sie sich auf einen Stau gefasst machen müssen.

Inzwischen sind die Moderatoren so fest in einen Vorgabenapparat eingezwängt, dass sie gar keine Chance haben, ein eigenes Profil zu entwickeln, was merkwürdig ist, weil gerade Wiedererkennbarkeit in unserer von Unübersichtlichkeit geprägten Medienwelt den höchsten Stellenwert überhaupt hat. Gesichter und Stimmen, an die sich das Publikum gerne erinnert, die es gerne sieht und hört, sind die Zugpferde jedes Senders. Es müsste also genau umgekehrt sein. Früher hatte man zu jedem Sender sofort einen Namen parat, beim NDR war das zum Beispiel Henning Venske, der spätere Chefredakteur der Satirezeitschrift „Pardon“, beim Saarländischen Rundfunk waren es Dieter Thomas Heck und Axel Buchholz, beim Südwestfunk dachte man sofort an Frank Laufenberg.

Neulich entdeckte ich zufällig ein Bild aus meiner Zeit bei Radio Luxemburg. Ich stehe mit Udo Jürgens im legendären Studio 4, in das damals jeder Zuhörer einmal wollte, um ein Foto von diesem Kult-Ort aufzunehmen; dabei gab es außer einem Holztisch und einem Mikrophon wenig zu sehen. Die linke Hand an der Hüfte, das Hemd aufgeknöpft, die Haare zu lang und verschwitzt: Ich sehe aus, als hätte ich gerade für Udo den Umzug erledigt. Ich lächle lässig in die Kamera, mit Brille und ohne Glasauge. Auch deshalb habe ich so gerne im Radio moderiert, man musste sich nicht die Haare waschen, niemand sah die Schweißflecken, und mein Glasauge konnte ich getrost Zuhause lassen.

Udo trägt jedenfalls zum weißen Hemd ein dunkles Jackett und um den Hals ein Seidentuch. Er macht in seiner Adrettheit den Eindruck, als käme er direkt aus der Maske. Es war Udos größte Zeit – Udo 70 –, er war der Popstar. Wir halten eine Schallplatte in der Hand, vor uns liegt ein Haufen Postkarten. Die genaue Geschichte zu diesem Foto ist mir entfallen, aber wahrscheinlich hatten wir ein Hörerrätsel veranstaltet, dessen Lösungswort Udo lautete. Und nun musste Udo den Gewinner ziehen. Es ist eines der wenigen Bilder aus dem Sender, auf dem ich ohne Zigarette zu sehen bin.

Dabei wollte ich eigentlich gar nicht zum Radio. Ich wollte Theaterwissenschaften studieren, was ganz im Sinne meiner Mutter gewesen wäre. Sie hätte mich liebend gern als Regisseur erlebt oder als Schauspieler, sie hielt mich für den Inbegriff des talentierten Theatermenschen. Meine Meinung dazu ist eine andere: Ich wäre nie ein großer Schauspieler geworden, weil ich kein großer Schauspieler bin. Im Karlsruher Kammertheater, mit zwanzig, spielte ich unter dem Pseudonym Christian Korth in dem englischen Stück „Ein Mann wartet“ einen Muttermörder. Ich gehe im zweiten Akt auf die Bühne, vorne sitzen zwei ältere Damen, und ich höre, wie die eine zu der anderen sagt: „Ach Gott ist der süß.“ Das war’s dann für mich.

Da ich durchs Abitur gefallen bin, als Einziger meines Jahrgangs, konnte ich auch nicht studieren. Meine größte Schwäche waren Griechisch und Latein. Klar, ich hätte es noch einmal versuchen können, sah aber keinen Sinn darin, denn der Lehrer wäre derselbe geblieben. Als er nach den Osterferien vor die Klasse trat, sorgte ich wenigstens noch für einen guten Abgang. „Ich glaube nicht, dass Sie mir eine zweite Chance geben. Auf Wiedersehen“, sagte ich, stand auf und verließ das Klassenzimmer als Sieger, ohne mich noch ein letztes Mal umzusehen. Dieser Mann eignete sich nicht dazu, mein Lehrer zu sein, und ich eignete mich nicht als sein Schüler.

Ich war einundzwanzig und absolut orientierungslos. So orientierungslos wie nie vorher und nie nachher in meinem Leben: Es war einer der gefährlichen Augenblicke, in denen es genauso gut hätte schiefgehen können. Ich drohte abzurutschen, den Boden unter den Füßen und meine Zukunft aus den Augen zu verlieren. Wer weiß, was dann aus mir geworden wäre. Ich hatte Glück. Ich hatte häufig Glück.

Es war um die Weihnachtszeit, es war eisig kalt und schneite in dicken Flocken, als Gislind Noebel und ich uns in Baden-Baden zufällig über den Weg liefen. Sie trug wie damals beim SWF eine Bubikopf-Frisur und war jener quirlige Geist geblieben, der schon früher die Menschen in seinen Bann zog. Wir waren zehn, elf, zwölf Jahre alt, als wir den „Club der Wellenreiter“ beim Südwestfunk moderierten, wir spielten auch viele Hörspielrollen gemeinsam. Es verband uns die Erinnerung an eine aufregende Zeit, und vermutlich waren wir aus diesem Grund so froh über unser unverhofftes Wiedersehen. Sie fragte: „Was machst du?“ Ich sagte: „Ich bin gerade durchs Abi gefallen.“ Und sie antwortete: „Komm doch zu Radio Luxemburg, ich moderiere dort, wir suchen Sprecher.“ Da ahnte ich nicht, dass es achtzehn Jahre werden würden, die ich bei Radio Luxemburg verbringen sollte. Und vierzig in einem fremden Land, das eine Heimat wurde und bis heute geblieben ist.

Keine zwei Wochen später rief ich den Programmdirektor von Radio Luxemburg an, Claude Fischer. Dann ging alles schnell. Ich fuhr mit dem Auto über Saarbrücken. Ich hatte keine Ahnung, dass Luxemburg so groß wie das Saarland ist, und wusste nicht im Geringsten, was mich dort erwartete, weshalb ich auch, kaum hatte ich die Moselbrücke überquert, das verträumte Remich für Luxemburg hielt. Ich kurbelte das Fenster herunter und fragte den nächsten Passanten nach dem Radiosender. Er guckte mich etwas mitleidig an und sagte: „Fahren Sie noch zwanzig Kilometer weiter, dann kommt die Stadt.“

Luxemburg also. 13. Januar 1964. In der Stadt ging mir das Herz auf. Ich sah Boulevards wie in Paris, schlossähnliche Gebäude, verschnörkelte Häuser, Avenuen, die mich an Residenzstädte denken ließen. Die Place de Paris trägt nicht grundlos diesen Namen, ich hatte wirklich das Gefühl, in der französischen Hauptstadt zu sein. In der Altstadt empfängt einen dann das Mittelalter und das Regierungsviertel machte auf mich einen so gemütlichen Eindruck, als wäre selbst die politische Welt hier in bester Ordnung. Natürlich gab es damals schon die große rote Brücke, die sich eindrucksvoll...

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