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E-Book

Wie ein leises Berühren

Gottes Spuren im Alltag

AutorBenno Elbs
VerlagTyrolia
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783702233990
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
In der Geschäftigkeit des Alltags ist es schwierig, Gott wahrzunehmen. Wir sind oft Getriebene, die von einem Termin zum anderen hetzen und in unseren Gewohnheiten verstrickt sind. Dieses Jahreslesebuch hilft, den eigenen Horizont zu weiten und dort die Gegenwart Gottes zu erkennen. Benno Elbs, Bischof der Diözese Feldkirch, begibt sich mit seinen Beiträgen auf diese Spurensuche, bringt die Feste des Kirchenjahres und biblische Texte näher und ermutigt durch viele Beispiele aus seiner seelsorglichen und psychotherapeutischen Erfahrung. Ein spiritueller Begleiter mit meditativen Farbbildern, der anregt und bestärkt.

BENNO ELBS, geb. 1960, Studium der Theologie in Innsbruck und Paris, psychotherapeutische Ausbildung, 1986 zum Priester geweiht. Von 1994 bis 2005 als Pastoralamtsleiter, anschließend bis 2011 als Generalvikar der Diözese Feldkirch tätig, seit 2013 Diözesanbischof.

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Leseprobe

FEBRUAR


DIE FREUDE TEILEN


Binde deinen Karren an einen Stern


„Wer einen Karren fährt, muss gut auf den Weg achten“, das wissen die vielen Bergbauern, die in unserem schönen Land leben, sonst stürzt der Karren um. Es besteht sogar die Gefahr, tödlich zu verunglücken. Wir schieben den Karren vor uns her und blicken voraus, damit wir die Hindernisse sehen, die auf dem Weg liegen.

Leonardo da Vinci9, der berühmte Schöpfer der Mona Lisa, gibt uns einen anderen Rat: Binde deinen Karren an einen Stern. Was bedeutet es, das Alltägliche, das wir tun und tun müssen, wenn es die Lebenssituation von uns erfordert, an einen Stern zu binden?

Dieser große Künstler der Renaissance ist überzeugt: Wir müssen uns an den Sternen orientieren, nicht am Boden, sonst werden wir blind. Wer seinen Karren an einen Stern bindet, der sieht über die Hindernisse hinweg und bleibt nicht an ihnen haften. Er kann seinen Karren auch bei Hindernissen mit Gelassenheit und Freiheit weiterziehen, weil er sein Herz an den Stern geheftet hat.

Das kann auch für das Fasten und Verzichten gelten. Fasten bedeutet nicht nur, sich mit kleinen Dingen abzuquälen, weniger Kaffee, weniger Schokolade, mehr Zeit für dieses oder jenes, Fasten heißt, sein Herz an einen Stern zu binden.

Ein Fasten, wie ich es liebe …


„Ist das ein Fasten, wie ich es liebe, ein Tag, an dem man sich der Buße unterzieht: wenn man den Kopf hängen lässt, so wie eine Binse sich neigt, wenn man sich mit Sack und Asche bedeckt? Nennst du das ein Fasten und einen Tag, der dem Herrn gefällt? Nein, das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen. An die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen. Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.“ (Jesaja 58,5–8)

Das Herz an einen Stern hängen


Der Prophet Jesaja zeigt uns den Stern, der unser Leben prägen kann. Wem kann ich durch ein gutes Wort Freiheit verkünden aus der Enge seines Denkens, seiner Angst, seiner Verzweiflung? Wem kann ich durch eine gute Tat helfen aus der Armut, die ihn niederdrückt? Wen kann ich bei der Hand nehmen, um ihm zu zeigen, wofür er blind ist oder was er nicht mehr sehen kann, weil Tränen seine Augen trüben?

Verbringen wir unser Leben nicht mit der Bekämpfung täglicher Hindernisse, sondern hängen wir unser Herz an einen Stern, einen Stern, der uns leuchtet und auf einen anderen Horizont hinweist, auf ein jenseitiges Land.

Ich will es – werde rein!


Aussatz hat in unseren Tagen viele Gesichter: Ich bin alt. Ich bin einsam. Ich bin behindert. Ich habe Aids. Ich bin arbeitslos. Ich bin geschieden. Ich hänge an der Nadel. Ich bin finanziell ruiniert. Ich habe Schuld auf mich geladen. Ich bin Ausländer. Ich habe keinen Gesprächspartner. Und, und, und …

Alle diese Erfahrungen führen oft in die Einsamkeit und die Isolation. Damals wie heute. Wenn keine(r) mehr in der Nähe ist und die Einsamkeit unserer Seele den Atem nimmt, dann stellt sich die Frage, was denn noch Halt gibt. Wenn kein Mensch uns hält, worauf kann man sich dann noch verlassen? Fragen, die am tiefsten bohren, bringen manchmal die wichtigsten Antworten.

Im Evangelium wird erzählt, wie Jesus einen Aussätzigen heilt, wie er diese Mauer der Einsamkeit, die einen Menschen eingeschlossen hat, durchbricht (Markus 1,40–45). Er ignoriert alle Regeln der medizinischen Vernunft von damals, indem er auf Aussätzige zugeht. Aussatz war unheilbar und extrem ansteckend. Betroffene Menschen mussten durch Schreien und Geräusche auf sich aufmerksam machen, damit man ihnen rechtzeitig aus dem Weg gehen konnte. Doch Abstand und Distanz können die Wunden der Einsamkeit nicht heilen.

Körper und Seele werden heil


Die Heilung des Aussätzigen hat mehrere Ebenen. Jesus gibt dem Kranken zunächst seine körperliche Gesundheit wieder. Der Aussatz verschwindet. Aber er geht noch weiter: Er berührt den Aussätzigen.

Mit Bedrückung denke ich an die vielen Tausend Leprakranken unserer Tage: verstümmelte Hände und Füße, entstellte Gesichter. Medikamente können den Zerfall des Körpers stoppen. Aber sie heilen nicht die Wunden der Seele. Keine Berührung aus Angst vor Ansteckung. Kein wertschätzender Blick, weil der Anblick so unerträglich ist. Keine Umarmung, weil Ekel sich breit macht. Diese Verletzungen der Seele sind nur durch Liebe heilbar. Jesus hatte Mitleid. Er streckte die Hand aus. Er berührte den Aussätzigen.

Dem Herzen schenken


Christus handelt nicht nach großen Konzepten und Plänen. Es braucht einfach den Mut zur Begegnung, den Mut, einem Menschen das Gefühl der Nähe, der Achtung, des Vertrauens zu schenken, um die Formen des Aussatzes heute zu heilen.

Der Schriftsteller Rainer Maria Rilke10 erzählt von einer Erfahrung, die er in Paris gemacht hat. Täglich ging er um die Mittagszeit an einer alten Bettlerin vorbei. Wie unzählige andere Menschen in dieser Stadt saß diese Frau da und nahm die Gaben der Vorübergehenden entgegen, ohne jedes Anzeichen der Dankbarkeit. Rilke sagte zu seiner Begleiterin: Man müsste ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand. Eines Tages erschien Rilke mit einer wundervollen Rose und legte sie in die Hand der Bettlerin. Da geschah etwas Merkwürdiges: Die Frau stand auf, griff nach seiner Hand, küsste sie und ging mit der Rose davon. Eine Woche lang blieb sie verschwunden. Dann saß sie wieder auf ihrem Platz, stumm, starr wie zuvor. Wovon hat diese Frau die ganze Woche gelebt? – Sie lebte von dieser Rose, diesem Zeichen herzlicher und menschlicher Begegnung. Überall, wo Christinnen und Christen so leben, ereignet sich, was Jesus wollte: das Reich Gottes.

„Dir wird der Humor wohl auch langsam vergehen?“


So begrüßte mich vor einiger Zeit ein Bekannter und spielte damit auf die damalige Situation der österreichischen Kirche an, die gerade von Skandalen heftig gebeutelt wurde. Ich war im ersten Moment etwas überrascht über diese Form der Begrüßung. Ich stellte fest, dass mir trotz der unerfreulichen Vorkommnisse die Freude an der Kirche nicht abhandengekommen war. Das Thema Humor gehört ja nicht nur in die närrische Zeit des Faschings. Und auch der Fasching ist mit eine Erfindung der Christen, die ein Gegengewicht zur Fastenzeit haben wollten.

Humor ist Medizin


Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz11 hat uns eindrücklich ermahnt, dass wir den Humor noch nicht ernst genug nehmen. Wenn Sie sich an Gespräche mit Menschen erinnern, die Ihnen ein Problem anvertraut haben, dann werden Sie merken, dass das Gespräch oft eine andere, eine gute Richtung nahm, wenn ein Mensch ein wenig über sich und seine Situation lachen konnte. Humor eröffnet neue Möglichkeiten der Wahrnehmung.

Viktor Frankl12 sieht im Humor, in der Heiterkeit eine Eigenschaft, die psychische und physische Gesundheit fördert. Einer seiner heilenden Ratschläge ist die „Paradoxe Intention“: Ich tue mit Humor gerade das, wovor ich mich am meisten fürchte. Hoffnung tritt dann an die Stelle der Angst.

Christen haben allen Grund zur Heiterkeit


„Christen sollte man anmerken, dass sie eine frohe Botschaft zu verkünden haben. Nichts wirkt deprimierender als ein christlicher Sprecher, der jammert und den Hörer ratlos und verängstigt zurücklässt.“ So meinte einmal der deutsche Bundespräsident Karl Carstens.

Eine Anekdote bringt diesen oft gehörten Gedanken auf den Punkt: Der Bischof kommt zu einer Priesterversammlung und ermutigt seine Pfarrer, die Predigten doch mit mehr Mimik und Gestik zu unterstreichen. „Wenn Sie vom Himmel reden“, so sein wohlgemeinter Ratschlag, „dann machen Sie einladende Handbewegungen und ein strahlendes Gesicht.“ „Und wenn wir von der Hölle predigen?“, will einer der Pfarrer wissen. – „Dann können Sie so bleiben, wie Sie sind.“

Es tut gut, Christen mit einer ansteckenden Heiterkeit zu erleben. Heiterkeit und Fröhlichkeit sind Zeichen für eine stimmige Spiritualität. Ein heiterer Mensch verschließt die Augen nicht vor der Situation der Welt oder der Kirche. Er verdrängt das Dunkle nicht. Aber er sieht alles aus einer anderen Perspektive, aus einer Perspektive des Geistes, der auch die Finsternis durchschaut, bis er auf den leuchtenden Grund Gottes darin stößt. Wir Christen können aus der Gewissheit heraus fröhlich sein, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. „Seid...

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