In diesem Kapitel wird dargestellt, warum eine Energiepolitik auf Basis fossiler Energien nicht mehr zukunftsfähig ist. Zunächst werden die wissenschaftlichen Fakten aufgeführt, die nach einer Zeit des Leugnens und Verharmlosens mittlerweile allgemein anerkannt sind. Die Forderungen und Bemühungen der Vereinten Nationen zur Folgenminderung von Klimawandel und globaler Erwärmung bilden einen weiteren Punkt. Im Nachgang wird untersucht, wie einige, ausgewählte Nationen, diesen Forderungen Rechnung tragen. Da die deutsche Energiepolitik ohne den Konsens mit der Politik der Europäischen Union nicht möglich ist, wird auf deren Vorstellungen eingegangen. Abgerundet wird dieses Kapitel durch eine Betrachtung der Energiepolitik europäischer Nachbarstaaten in der EU.
Die Geschehnisse in der Erdatmosphäre wurden bereits früh erforscht und dargestellt. Allerdings lagen die Schwerpunkte in der Beschreibung der natürlichen Effekte. Der französische Mathematiker und Physiker Jean Baptiste Fourier forschte in den 1820er Jahren zum Treibhauseffekt und der Wirkung von Spurengasen. Der irische Physiker John Tyndall vertiefte in den 1860ern die Erforschung der natürlichen Treibhausgase.
Die ersten, detaillierten Berechnungen zum o.g. Effekt sind dem schwedischen Physiker Svante Arrhenius zu verdanken. Im Jahre 1895 erkannte er als Erster, dass das vom Menschen erzeugte CO2 Wirkungen auf das Weltklima hat. Er berechnete bereits seinerzeit einen Temperaturanstieg durch die menschlich verursachten Emissionen. Er leitete daraus aber rein positive Effekte ab, etwa ein freundlicheres, wärmeres Wetter für künftige Generationen.
Erst 1941 war es der deutsche Meteorologe und Klimatologe Hermann Flohn, der die globalen Folgen der anthropogenen Einflüsse kritisch sah und die Klimaforschung voranbrachte.
Heute steht Folgendes fest:
- der CO2 – Anstieg in den letzten 250 Jahren ist höher als erdgeschichtlich jemals zuvor
- die durchschnittlichen globalen Oberflächentemperaturen (siehe Abbildung) sind seit 1860 deutlich angestiegen.
Abbildung 1: Globale oberflächennahe Durchschnittstemperatur (Quelle: http://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/klimawandel/38444/entdeckung-des-menschlichen-einflusses)
Auch die Symptome sind deutlich erkennbar:
- die arktische Eisabdeckung nimmt immer weiter ab,
- die heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen liegen gehäuft in den letzten 20 Jahren (mit 2014 als dem bisher heißesten Jahr),
- der Meeresspiegel steigt an (bis zu 20 cm im 20. Jahrhundert),
- die Gebirgsgletscher schmelzen ab,
- tropische Stürme nehmen in Häufigkeit und Intensität zu,
- Zunahme von bspw. Starkregen auch in „gemäßigten Breiten“.
Der Einfluss des Menschen auf das Weltklima ist nicht mehr zu leugnen. Allerdings wurden die Intensität und das Ausmaß dieser Beeinflussung lange kontrovers diskutiert. 1995 gelang jedoch der Nachweis mit der „Fingerabdruck-Methode“. In einer Kombination aus Simulationen, Modellen und Messungen wurde dargelegt, dass mit einer 95%igen Wahrscheinlichkeit die Klimaveränderungen vom Menschen verursacht sind. In den folgenden Jahren wurden die Methoden verfeinert, ohne jedoch die Aussage zu verändern. Die Forderung lautet, die globale Klimaerwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, um die Folgen abzumildern und noch beherrschbar zu halten. Wird nicht gehandelt, sind die Wirkungen heute in ihrer Reichweite noch nicht endgültig absehbar, werden aber als „verheerend“ angesehen.[11]
Relativ spät (1972) kam das Thema Umwelt auf einer UN-Konferenz in Stockholm auf die Agenda. Die zunehmende globale Umweltzerstörung führte zur Gründung des UN-Umweltprogramms UNEP[12]. In zahlreichen, folgenden Konferenzen und Gipfeln wurden Ziele formuliert, um die Zerstörungen einzudämmen und zukünftigen Generationen eine lebenswerte Umwelt zu erhalten
Im Brundtland-Report (1987) wird eine nachhaltige Entwicklung gefordert, um die o.g. Ziele zu erreichen. Der Umweltschutz und wirtschaftliches Wachstum werden in einen unmittelbaren Zusammenhang gestellt.
Auf der UN-Konferenz 1992 in Rio de Janeiro wurde bereits festgeschrieben, dass fehlende wissenschaftliche Beweise (s.o.: Fingerabdruck-Methode 1995) nicht dazu führen dürfen, in den Anstrengungen gegen Klimawandel, Ozonabbau und globaler Erwärmung nachzulassen. Somit betonten die Vereinten Nationen zu diesem bereits frühen Zeitpunkt, dass die anthropogenen Folgen vorhanden sind und bekämpft werden müssen[13].
2012 fand die Konferenz „Rio+20“ statt. Zwanzig Jahre nach der ersten Konferenz in Rio de Janeiro wurde erstmals allgemein anerkannt, dass nachhaltige Entwicklung – im Rahmen einer „Green Economy“ – ein wichtiger Faktor für eine bessere Zukunft ist. Da die Entwicklungsländer an dieser neuen Wirtschaftsweise stark interessiert sind, ergeben sich auch positive Aspekte gegen die globale Umweltzerstörung. Die Industrieländer könnten, durch Wissens- und Technologietransfer, die Entwicklungsländer hierbei unterstützen. Denn fest steht: auch diese Länder möchten einen besseren Lebensstandard erreichen. Sollten sie ihre Energieversorgung dann auf fossile Energieträger gründen, wären die Klimabemühungen in den Industrienationen schnell zunichte gemacht. Denn für den Klimawandel ist es unerheblich, ob die Emissionen aus einem deutschen Kraftwerk oder aus einem aus Bangladesch stammen.
Nur eine einheitliche, weltweite „Green Economy“ kann letztendlich reüssieren.
Die Forderung nach einer „Green Economy“ kann aber nur dann zum Erfolg führen, wenn die Nationen diese nicht nur anerkennen, sondern auch konsequent umsetzen. Im Folgenden wird anhand einiger ausgewählter Beispiele untersucht, wie diese Länder ihre Verantwortung wahrnehmen und wie weit sie mit ihren Bemühungen bereits gekommen sind.
Die Betrachtung der Industrienationen erscheint im Rahmen dieser Arbeit unerlässlich, da Deutschland zu den führenden Vertretern dieser Nationen zählt[14] und somit ein Vergleich „unter Gleichen“, analog zu den Anforderungen an ein Benchmark, erfolgen muss. Außerdem kommt den Industrienationen eine Vorbildfunktion in der globalisierten Welt zu. Nur wenn sie bereit sind, große Anstrengungen in Kauf zu nehmen und zusätzlich bspw. Entwicklungsländer zu unterstützen, werden auch die anderen Nationen mitziehen. Da im Rahmen der Betrachtung der Europäischen Union weitere führende Vertreter dieser Gruppe untersucht werden, beschränkt sich auf die USA als amerikanische, und Japan als asiatische Industrienation.
2.3.1.1 Vereinigte Staaten von Amerika
Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt sind die Vereinigten Staaten von Amerika mit weitem Abstand die größte Volkswirtschaft der Welt14. Groß ist aber auch der Energiehunger der USA: im Jahr 2011 lag der Pro-Kopf-Energieverbrauch bei 312,15 Mio. BTU. Zum Vergleich: im gleichen Zeitraum lag der Verbrauch der Bundesbürger bei 160,57 BTU, also etwa der Hälfte[15].
Auch wenn die USA damit nicht an der Spitze liegen, (bspw. sind die Verbräuche in Katar oder Norwegen deutlich höher) muss man hier aber relativieren: die beiden genannten Staaten sind, wenn auch auf gegensätzliche Weise, Witterungsextremen ausgesetzt.
Die USA verfügen zwar auch über Gebiete mit extremeren Witterungsverhältnissen, wie Alaska, New Mexico oder Texas, ein großer Teil hat aber auch kontinentales Klima.
Auch die USA bleiben nicht von den Folgen des Klimawandels verschont: in Kalifornien wurde Wassersparen verordnet, da der Westen der Staaten immer häufiger und länger von Dürren betroffen ist. Aber auch wenn in Kalifornien ein Trockenheitsrekord dem Anderen folgt und Wasserverschwendung hart bestraft wird[16]: ein großer Teil der US-Amerikaner glaubt – nach einer Untersuchung der Universität Yale - nicht, dass der Mensch für den Klimawandel verantwortlich ist. Insbesondere Anhänger der Republikanischen Partei bezweifeln sogar, dass überhaupt ein Klimawandel stattfindet[17].
Das hat schwerwiegende Folgen: wer den Klimawandel leugnet, dem ist kaum nahezubringen, dass er Energie und Wasser sparen und auf erneuerbare Energien setzen soll. Die Klimaziele von Präsident Obama sind daher als positive Zeichen zu sehen. Wie dies nach einem Machtwechsel in Washington aussieht, ist aber bei den Umfrageergebnissen unter Republikanern eher pessimistisch...