Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Geschichte Europas - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1.3, FernUniversität Hagen, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit behandelt das Gauner- und Räuberwesen im Deutschen Reich im 18. Jahrhundert. Charakteristisch an diesem erscheint, dass es sich aus einem weiterverbreitenden Marodenwesen entwickelte, welches wiederum Folge von Kriegen, Hungersnöten, religiösen Auseinandersetzungen und einer anhaltenden wirtschaftlichen Rezession im 16. bis 18. Jahrhundert war.
Zwei Kennzeichen prägen das Gauner- und Räuberwesen im Sinne der vorliegenden Arbeit: Zum einen handelt es sich, allerdings mit gewisser Relativierung, primär um ein ländliches Kriminalitätsphänomen und zum anderen steht dieses in unmittelbarem Bezug zur damaligen verbreiteten Armut und nichtsesshaften Lebensweise, dem Vagantenwesen. Verdeutlicht wird letzteres bereits an der zeitgenössisch synonymen Wortverwendung vom Gauner und Vaganten, weshalb das Gauner- und Räuberwesen des 18. Jahrhunderts nicht losgelöst vom Vagantenwesen betrachtet werden kann. Eine dementsprechende begriffliche Verquickung findet sich daher auch in sämtlicher Forschungsliteratur vor.
Die Arbeit orientiert sich an einer sozialhistorischen Ausrichtung. Durch Auswertung einschlägiger Forschungsliteratur soll hierbei unter bewusster Vernachlässigung von bandenbezogener oder territorial bedingter Spezifika die Thematik der Reaktionsmechanismen und des Reaktionsvermögens des absolutistischen, frühneuzeitlichen Staates gegenüber dem Gauner- und Räuberwesen in genereller Weise erschlossen werden.
Die nachfolgenden Betrachtungen knüpfen dementsprechend an die bisherige Forschung zur Unterschichtenproblematik, deren Lebensweise und Verhältnis zur ständischen Gesellschaft sowie zur Kriminalitätsgeschichte, insbesondere dessen Funktionalität, Ausprägungen, Hintergründe und Kontext zu den bestehenden Herrschaftsstrukturen, bspw. dem Verhältnis der Untertanen zur Obrigkeit, an.
In der vorliegenden Arbeit sollen durch die Betrachtung der Erscheinungsformen und des tatsächlichen Wirkens der Gauner und Räuber als Kollektivphänomen einer diskriminierten und stigmatisierten Unterschicht ? Akteursperspektive ? sowie deren Einbettung im gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Kontext als ländliches Kriminalitätsphänomen ? Strukturperspektive ? zum einen das Forschungswissen über die staatlichen Reaktionsmechanismen gegenüber den Gaunern und Räubern zusammengeführt und das Reaktionsvermögen des frühneuzeitlichen Staates im zeithistorischen Kontext diskutiert werden.
Die Arbeit konzentriert damit ihre Perspektive in Erweiterung zur bestehenden Forschung auf den Akteur des frühneuzeitlichen Staates und dessen Instrumentarien der Reaktion.
Um die Reaktion des frühneuzeitlichen Staates auf das Gauner- und Räuberwesen verstehen zu können, muss zunächst einmal aufgezeigt werden, wie der Gauner und Räuber sich, im Gegensatz zu dem durch die Rezeption geprägten und bis in die heutigen Tage wirkenden Bild vom edlen Räuber sowie dem zeitgenössisch negativ konnotierten Bild eines mordenden Banditen, tatsächlich im 18. Jahrhundert dargestellt hat, was im Kapitel II erfolgen wird. Des Weiteren bedarf es hiernach in Kapitel III den sozialen, ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Hintergrund des Phänomens in Kernzügen aufzuzeigen. Auf diesem Fundament können dann in Kapitel IV die verschiedenen Formen und Ebenen der staatlichen Reaktion aufgezeigt und erläutert werden, um abschließend in einem Resümee die Ausgangsfragen reflektieren und die These nach Anspruch und Wirklichkeit der staatlichen Reaktion diskutieren zu können
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