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E-Book

Wie würde Johnny Depp präsentieren?

Was Sie von Schauspielern für Ihren Vortrag lernen können

AutorPeter Lüder
VerlagRedline Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783864146237
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Im Leben übernehmen wir ständig Rollen. Und wie auf der Bühne füllen wir auch die eigene Rolle als Chefeinkäufer oder Teammitglied sehr individuell aus. Genauso ist es, wenn wir uns vor eine Gruppe stellen und etwas präsentieren. Doch es ist im Leben wie auf der Bühne oder im Film: Manche Interpretation kommt gut an, manche weniger. Mit diesem Buch wird der Leser Schritt für Schritt herausfinden, wie er seinen individuellen Weg findet, um souverän und überzeugend aufzutreten. Er wird herausfinden, wie er den Inhalt dramaturgisch mitreißend aufbauen kann und welche Mittel ihm zur Verfügung stehen, um inhaltlich und persönlich Funken zu schlagen. Viele konkrete Anregungen aus der Schauspielerei sowie aus der Film- und Theaterpraxis helfen, die riesige Chance, die darin liegt, auf eine Bühne zu treten und zu reden und zu präsentieren, für sich gewinnbringend zu nutzen.

PETER LÜDER ist Regisseur an verschiedenen Stadt- und Staatstheatern in Deutschland mit über 40 Inszenierungen. Vorher arbeitete er 10 Jahre lang als Schauspieler in Deutschland und der Schweiz. Nach einer Trainerausbildung wurde er zum gefragten Rhetoriktrainer, u. a. bei der Daimler AG. Als Speaker hält er deutschlandweit Vorträge zu den Themen »Rhetorik« und »SelbstMotivation«. Er ist Gründer der »Berliner Redekurse« (www.berlinerredekurse.de) und Initiator der Berliner Speakers Corner. Er lehrt als Hochschuldozent an verschiedenen Hochschulen und unterstützt als Coach in der Wirtschaft Führungskräfte bei Präsentationen und öffentlichen Auftritten. Mehr Informationen unter www.peterlüder.de

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Leseprobe

2. Johnny Depp: »… sonst ist alles Lüge« – Die Arbeit an der Rolle des Präsentierenden


»In jeder Rolle, die man spielt, erkennt man sich zu einem gewissen Grad wieder.«

Johnny Depp

Es war ein ganz normaler Arbeitstag für den Versicherungsmathematiker Holger S. Er berechnete gerade Formeln, mit denen sich die Garantieleistungen eines neuen Fondsprodukts seiner Versicherungsgesellschaft bestimmen ließen, als sich die Tür öffnete. Seine Chefin betrat den Raum. »Holger, du hast mir letzte Woche dein Konzept für den neuen Garantie-Fonds gebracht«, kam sie sofort zur Sache. »Bitte stelle das nächste Woche der Abteilung vor, damit alle auf dem gleichen Stand sind. Herr Schuster wird auch da sein.« Das war der oberste Chef.

Als sie den Raum wieder verlassen hatte, wurde ihm schlecht. Er war ein introvertierter Fachmann ohne jedes schauspielerische Sendungsbewusstsein. Warum sollte ausgerechnet er jetzt das Konzept präsentieren? Es war auch noch gar nicht endgültig durchgerechnet. Er steckte noch mitten in der Entwicklung. »Außerdem ist doch sie für Präsentationen vor der Abteilung zuständig.« Er könnte ihr ja alle Fakten und Zahlen zur Verfügung stellen, die er bisher gesammelt hatte. Er könnte auch alles in Charts packen. Aber sie müsste das doch machen, nicht er. Warum denn er? Er wollte diese Rolle nicht übernehmen. Seine Rolle war es, neue Produkte so lange zu berechnen, bis sie Gewinn sowohl für seine Gesellschaft als auch für den Kunden versprachen. Am Rechner fühlte er sich wohl. Die Rolle des Präsentierenden war etwas völlig anderes. Die lehnte er ab. Es war nicht seine, fand er.

Manchmal übernehmen wir Rollen freiwillig, manchmal werden sie uns zugewiesen. Manchmal übernehmen wir sie freudig, manchmal zähneknirschend. Immer sind mit einer Rolle Konsequenzen verbunden. Doch diese Konsequenzen beinhalten nicht nur Forderungen, sondern auch große Chancen. Wenn wir ein wirkliches Verständnis dafür entwickeln, was eine Rolle ist und wie wir mit ihr umgehen können, dann kann uns eine Rolle sogar enorm befreien. Sie schafft uns Freiraum, den wir nutzen können. Dabei hilft uns der Unterschied zwischen Rolle und Person weiter.

Johnny Depp erscheint auf der Leinwand. Er ist stark geschminkt, bewegt sich merkwürdig, trägt ein Kopftuch und wird Jack Sparrow genannt. Wir sind im Hollywood-Blockbuster »Fluch der Karibik«. Über ihn wird gesagt, er sei »der schlechteste Pirat der Welt«. Bis sich plötzlich herausstellt, dass er vielleicht auch »der beste Pirat der Welt« ist.

Ist das dort nun Johnny Depp auf der Leinwand? Nein, ­natürlich nicht. Es ist Jack Sparrow. Nur Jack kann über 100 Meter eine ­Klippe hinunterstürzen, unten ins Wasser eintauchen, drei Sekunden später wieder auftauchen und unverletzt zum nächsten Schiff schwimmen.

Doch halt, werden manche sagen: Natürlich ist das Johnny Depp. Der Jack Sparrow eines anderen Schauspielers – sagen wir z. B. George Clooney – würde vollständig anders aussehen. Dieser Jack Sparrow wäre von Georg Clooney geprägt. Ein Jack Sparrow von Till Schweiger sähe wieder völlig anders aus. Stellen Sie sich das einmal kurz vor – wäre das nicht ein völlig anderer Film?

Menschen, die auf der Bühne Rollen übernehmen, sind unaustauschbar. Peter Zadek brachte das einmal in seiner unvergleichlichen Weise auf den Punkt. Als Regisseur beeinflusste er das deutsche Theater in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts prägend. Bei einer Veranstaltung wurde er daher von Regiestudenten gefragt, wie er ein Konzept erstellen würde. Sie wünschten sich handwerkliche Ratschläge für den Zugang zu einer Inszenierung. Schließlich hatte Zadek das miterfunden, was heute »Regietheater« heißt. In seiner legendären Inszenierung von Shakespeares »Othello« ließ er beispielsweise Ulrich Wildgruber als Moor mit schwarzer Schuhcreme anmalen. Das führte im Laufe der Aufführung dazu, dass er auf seine gesamte Umwelt abfärbte. Seine Geliebte – gespielt von Eva Mattes – war schließlich von oben bis unten beschmiert.

Doch je älter Peter Zadek wurde, desto mehr standen für ihn die Schauspieler im Mittelpunkt, nicht mehr Ideen. Kein intellektueller Zugang ging für ihn über die Persönlichkeit desjenigen, der auf der Bühne stand. Als er gefragt wurde, was für ihn ein Regiekonzept sei, war er gerade in der Vorbereitung auf seine Inszenierung von »Hamlet«, den bei ihm mit Angela Winkler eine Frau spielte. Also antwortete er den Studenten: »Mein Konzept heißt Angela Winkler.«

Auch Sie sind in Ihrer Präsentation, genau wie Angela Winkler, nicht auszutauschen.

Was ist nun aber eine Rolle, da doch auch eine Angela Winkler offensichtlich Rollen spielt und nicht sich selbst? Und warum sollten Sie sich damit beschäftigen? Was kann Ihnen das für Ihren nächsten Auftritt in Präsentation oder Vortrag nutzen?

Wenn wir eine Rolle übernehmen, sind wir wir selber und gleichzeitig nicht mehr wir selber. Wir können die Rolle benutzen, uns hinter ihr verstecken und alles tun, was notwendig ist, um die Rolle gut auszufüllen. Wir können, wie im letzten Kapitel beschrieben, auf den Brookschen Teppich treten – und wieder hinunter. Niemand wird uns für verrückt erklären, wenn wir etwas Verrücktes machen – denn klar ist, dass wir es in unserer Rolle und damit für unsere Rolle tun.

Michelle Pfeiffer beschreibt das so:

»Wenn du eine Schauspielerin bist, ist es sehr schwer, die Dinge auseinanderzuhalten. Du bist du, du selbst. Und du bist auch ein Produkt. Es kann sehr schwierig sein, das auseinanderzuhalten … und zu wissen, dass das nicht du bist, wenn du eine schlechte Kritik liest. Und ganz genauso, wenn du eine großartige Kritik liest, die besagt, dass du die Rettung des Abendlandes bist oder sowas, auch das bist nicht du.«11

Wir unterscheiden zwischen Person und Rolle.

Die Rolle befreit uns, denn wir als Person stellen uns in den Dienst der Rolle. Es ist dieser Dienst, der uns befreit. Unsere Rolle hat ein Ziel, und wir versuchen, die Rolle darin zu unterstützen, ihr Ziel zu erreichen. Dazu können Mittel notwendig sein, die wir als Privatperson nicht unbedingt einsetzen würden. Wir würden ja wahrscheinlich zur Planung des samstäglichen Familienausflugs in den nahegelegenen Stadtwald nicht unbedingt eine Power-Point-Präsentation in der Wohnküche durchführen.

Wir spielen jeden Tag viele verschiedene Rollen. Um sie zu beherrschen und zu gestalten, kommt es darauf an, wie stark wir uns mit der jeweiligen Rolle identifizieren. Schauspieler steigen in eine Rolle ein und spielen sie – und sind sich doch jederzeit bewusst, dass sie diese Rolle nicht sind, sondern nur spielen. Sie können also auch jederzeit wieder aus ihrer Rolle aussteigen.

Wir übernehmen täglich verschiedene Rollen.

Sicherlich gibt es Rollen, bei denen wir fast überzeugt sind, wir seien sie auch, wie z. B. Vater oder Mutter. Das ist auch gut so, denn wir spielen eine Rolle nur dann gut, wenn wir sie ernst nehmen. Lothar J. Seiwert spricht in diesem Zusammenhang nicht von Rollen, sondern von verschiedenen Lebenshüten12, die wir uns in den verschiedenen beruflichen und privaten Aufgabenbereichen aufsetzen.

Den Hut des oder der Präsentierenden setzen sich viele Menschen nur sehr ungern auf. Sie versuchen, dieser Aufgabe aus dem Weg zu gehen. Sie haben das Gefühl einer fast übergroßen Herausforderung, wenn sie aufgefordert sind, eine Präsentation zu halten. Doch man bekommt dieses Gefühl in den Griff, indem man sich bewusst macht, was Teil der Rolle des Präsentierenden ist und was nicht. Womit soll man sich bei seiner Präsentationsrolle identifizieren und womit nicht?

Für viele Präsentierende ist die Rolle des »Präsentators« mit Lampenfieber, Aufregung und Druck assoziiert. Manchmal sogar mit Angst. Auch Holger S. übernahm seine Präsentatorenrolle nur sehr widerwillig. Obwohl er schließlich anfing, sich auf seine Präsentationsaufgabe vorzubereiten.

Zuerst identifizierte er sich eher mit den negativen Aspekten wie Angst oder Erwartungsdruck statt mit den Chancen und Aufgaben dieser speziellen Rolle. Es schien ihm so, als seien Lampenfieber und Aufregung die entscheidenden Merkmale dieser Rolle. Es fiel ihm schwer, kurz einmal aus dieser Logik auszusteigen und sich einen anderen Lebenshut aufzusetzen.

Dabei gäbe das Gedankenspiel, im Geiste in die Rolle eines Zuschauers der geplanten Präsentation zu schlüpfen, die Möglichkeit, sich imaginär auf einen Stuhl im Zuschauerraum zu setzen und sich selbst klarzumachen: »Ich als Zuschauer würde jetzt eher mit wohlwollendem Interesse auf den Vortragenden sehen. Mich würde interessieren, wie weit sein Konzept schon gediehen ist und was noch entwickelt werden muss.«

Oder in die Rolle des gutmeinenden Erwachsenen zu springen und sich zu fragen: »Was würde ich einem Kind sagen, wenn es Angst davor hätte, ein Referat zu halten?« Dieser gedankliche Schritt kann enorm dabei helfen, auch die eigene Präsentationsaufgabe als Rolle zu sehen, in die man kurzzeitig schlüpft, sie spielt und sie dann wieder verlässt.

Zur Steigerung der Souveränität beschäftigen wir uns mit dem Schritt hinein in die Rolle des Präsentierenden und wieder hinaus. Dabei sind es zwei Aspekte, die den Begriff der Rolle ausmachen. Das ist zum Ersten die Aufgabe, die es zu erfüllen gilt, und zum Zweiten die Erwartung, die einerseits Sie selbst, andererseits Ihre Zuhörer haben. Wie Sie Aufgabe und Erwartung erfüllen – daran misst sich...

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