Nora, Schauspiel-Studentin, 24
Ich heiße Nora, bin 24, seit 4 Jahren Single und Schauspiel-Studentin. Ich glaube, dass es eher ungewöhnlich ist, in meinem Alter Single zu sein oder dass es wenig so junge Singles gibt, weil sich die dauernd in Beziehungen stürzen und nicht so genau wissen, was sie wollen. Ich glaube, Frauen, die älter sind, wissen schon mehr, was sie wollen, sind anspruchsvoller, vielleicht auch unflexibler, sind kompromissloser, glaube ich, denn je länger man alleine lebt, desto schwerer fällt es einem, sich auf jemand anderen einzustellen. Ich glaube, es gibt mehr ältere Singles, außer ganz junge Frauen, die schüchtern sind und noch nie jemand gehabt haben.
Erzählst du mir bitte von deinen Beziehungserfahrungen?
Meine erste große Liebe war, als ich sechzehn war. Von sechzehn bis achtzehn war ich mit dem zusammen. Ich war total verliebt, das war symbiotisch das Ganze, das heißt, ich habe nichts anderes im Kopf gehabt als ihn von früh bis spät, habe auch keinen Freundeskreis gehabt, war völlig auf den fixiert und allein nicht mehr lebensfähig. Als das dann vorbei war, er hat ein Jahr lang versucht, sich von mir zu trennen, ich habe das aber nicht wahrhaben wollen oder können, das war, als wenn ich sterben müsste. Eine Welt ist zusammengebrochen, ich war nicht mehr fähig, alleine etwas zu tun. Ich hab nicht mal ein Buch lesen können, ich war nur am Heulen. In dieser Zeit meines Lebens habe ich am meisten geheult, war völlig abhängig von dem, konnte mir kein Leben ohne ihn vorstellen. Im Endeffekt habe ich drei Jahre gebraucht, um emotional von ihm wegzukommen. Habe immer noch von ihm geträumt, obwohl ich schon mit anderen Männern zusammen war.
In die Beziehungen danach habe ich mich hineingestürzt, um nicht allein zu sein und aus Angst vorm Alleinsein. Das hat aber nie gepasst. Nach der Geschichte mit ihm habe ich mich nie wieder so richtig öffnen oder richtig geborgen fühlen können, so dass das gepasst hätte.
Danach habe ich ein halbes Jahr lang eine Beziehung gehabt, das war so ein gegenseitiges Trösten und Nicht-allein-sein-Wollen. Das hat aber nicht geklappt, weil wir nicht zusammengepasst haben. In dem ganzen Gefühlschaos bin ich dann auch noch schwanger geworden, und dann war das Ganze sowieso aus und vorbei, weil er überhaupt keine Hilfe war und nicht zu mir gestanden ist. Er hat gesagt, es sei ihm egal, was ich mache. Nach dieser Abtreibung war dann überhaupt alles tot in mir. Und nachdem er sich ziemlich beschissen benommen hat, war das dann auch vorbei.
Ich bin gleich in die nächste Beziehung geflüchtet, für ein Jahr, das war aber ein Typ, der ein völliger Waschlappen war, ich hab ihn nur provoziert und fertig gemacht. Ich war gefühlsmäßig so gestört und verwirrt, habe aber Angst gehabt vor dem Alleinsein und habe mich deshalb auch nicht richtig öffnen können. Das hat also auch nicht gepasst, es war nur eine Flucht. Das klingt so dumm, wenn ich das erzähle, aber von dem bin ich ein halbes Jahr nach der Abtreibung noch einmal schwanger geworden, dann hat sich die ganze Geschichte wiederholt, dass der auch ein Trottel war und ein Waschlappen und nicht mal bereit war, zu der Abtreibung mitzugehen oder mich abzuholen.
So habe ich also ziemlich jung schon ziemlich viel Scheiße mit Männern erfahren.
Danach war ich dann in Graz, war ein Jahr allein, habe aber mit einer Freundin von mir ziemlich viel Zeit verbracht und teilweise auch mit ihr zusammengewohnt. Da hab ich mir, weg von Wien, ganz allein in einer anderen Stadt bewiesen, dass ich in einer Stadt, wo ich keinen Menschen kenne, überleben kann und niemanden brauche. Dort habe ich eine Freundin wiedergetroffen, die ich aus Wien kannte, wir haben beide nur wenig Leute in Graz gekannt Wir haben ein total schönes Jahr miteinander verbracht. Da habe ich mich dann von den Geschichten in Wien erholt, Misstrauen abgebaut.
Ein Jahr später habe ich dann den O. kennengelernt, da war ich übers Wochenende auf Besuch in Wien bei meinem Vater. Mit meinem Vater bin ich zum Heurigen gegangen, und da hat der O. gekellnert. Er hat Schmäh geführt und mich angeflirtet über meinen Hund, wir haben geblödelt und uns kennengelernt.
Überhaupt ist das immer viel zu schnell gegangen mit dem Kennenlernen, ich war drei, vier Tage in Wien, und zwei Tage, nachdem ich ihn kennengelernt habe, bin ich schon mit ihm im Bett gelandet.
Dann war ich wieder in Graz, wir haben telefoniert. Ich war damals mit meiner Ausbildung an der Pädagogischen Akademie nicht besonders glücklich, ich wusste zwar nicht, was ich wirklich machen will, aber damit musste ich aufhören. O. hat mich in Graz besucht, das war sehr romantisch. Dann habe ich mal mit ihm telefoniert und ihm erzählt, dass ich mit meiner Ausbildung nicht zufrieden bin, das war um zehn Uhr abends, und er sagte: Pack deine Sachen zusammen, ich hole dich ab, wir ziehen nach Wien. Das habe ich dann auch gemacht. Mein Mitbewohner hat nur den Kopf geschüttelt und mich gefragt: „Was machst du denn jetzt?“ Ich habe gesagt:“Ich ziehe nach Wien.“ Dann hat er gesagt:“So blöd kann man auch nur mit zwanzig sein.“ Womit er ja recht gehabt hat.
Ja, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, ich habe einfach alles in Graz abgebrochen. Aber das war nur ein Vorwand für mich, denn ich habe nicht gewusst, was ich wollte, ich wusste nur, ich wollte nicht mehr in Graz bleiben, denn das war mir zu langweilig. Also bin ich zum O. gezogen, wodurch ich mich ihm total ausgeliefert habe. Das Ganze ist dann ziemlich bald in eine Hassliebe übergegangen - wir waren ungefähr ein Jahr zusammen, und das Jahr war ziemlich intensiv, aber nicht besonders glücklich - so eine komische Abhängigkeitsgeschichte mit Psychoterror, wir haben uns gegenseitig geschlagen, es war ziemlich irr, aber wir sind nicht voneinander los gekommen. Nach einem Jahr habe ich einen Schlussstrich gezogen - ich sagte mir, da bin ich lieber allein als unglücklich. Aber es hat sich noch weitere drei Jahre dahingezogen - so ein Nicht-zusammen-Können aber auch nicht Voneinander-lassen-Können.
Wie hast du dich dann endgültig von ihm gelöst?
Endgültig aus ist es noch nicht so lange. Ich bin seit vier Jahren von ihm getrennt, obwohl es ewig noch so weitergegangen ist, dass wir uns wiedergesehen, wieder geküsst haben und so, aber es war nach jedem Treffen so, dass ich mir dachte, ich brauche eine ganze Woche, um wieder zu mir selber zu finden. Endgültig war das vor einem halben Jahr, als ich dachte: Mir reicht das jetzt wirklich, als er wieder mal bei mir übernachtet hat und das ganz grauslich ausgeartet ist. Es waren immer lange Pausen zwischen unseren Treffen, ein halbes Jahr oder länger... Als ich mir dachte, mir reicht es, ich will das nicht mehr, dachte ich mir, ich muss ein Ritual machen, um ihn aus mir rauszukriegen und ihn loszuwerden. Ich dachte mir, ich gehe in den Prater, kaufe mir einen Luftballon, schreibe O. drauf und lasse ihn fliegen. Nur - das Problem war, dass es im ganzen Prater keine Luftballonverkäufer mehr gibt, das ist eine Marktlücke! Auf jeden Fall habe ich das dann mental gemacht, und das hat offenbar geklappt. Ich weiß, ich darf ihn nicht mehr sehen und hören, aber ich habe auch nicht das Bedürfnis danach, das ist offenbar so ein Suchtfaktor, aber jetzt ist es vorbei.
Nachdem ich mich offiziell von O. getrennt habe, war mal lange nichts, fast ein Jahr lang überhaupt keine Männer, kein Sex, ich war auch mit meiner Ausbildung sehr beschäftigt und habe überhaupt wenig Privatleben gehabt. Ja, dann gab es einige Affären, wobei ich mich da gefühlsmäßig von vornherein ziemlich abgekapselt habe, oder es waren Männer, die mich nicht wirklich interessiert haben, obwohl das natürlich blöd ist, dann mit solchen Affären zu haben. Das waren meistens keine One-, sondern mindestens Two-Night-Stands.
Im letzten Jahr hat sich da einiges getan. Ich merke, ich verliebe mich leicht, vor allem in Männer, die fix liiert sind, wobei mir das mittlerweile ziemlich egal geworden ist und ich mir denke, das ist vielleicht ganz gut oder genau das, was ich brauche, weil die können dann keine Ansprüche stellen an mich. Oder ich finde es ganz angenehm, wenn sie mitten in der Nacht wieder heimgehen, weil meistens wache ich auf in der Früh, da liegt dann einer neben mir, und ich denke mir: Um Gottes willen, wann geht der endlich!
Ich habe das Gefühl, diese Männer bringen meinen Tagesplan völlig durcheinander, es ist ganz eigenartig, denn nach der zweiten Nacht habe ich meistens das Gefühl, das ist schon so eine Pseudo-Routine, das ist jetzt genauso abgelaufen wie in der ersten Nacht, es interessiert mich nicht mehr. Es ist so öd, so austauschbar, es könnte jeder andere sein. Und dann glaube ich, dass ich zwar ziemlich gute Schutzmechanismen habe, aber je öfter ich mit einem Mann schlafe, desto lieber mag ich ihn, oder ich mag ihn gar nicht mehr.
Die letzte...