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Wir sind alle verrückt

Denn wir wissen immer/meistens/manchmal nicht, was wir tun

AutorManfred Schnell
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl416 Seiten
ISBN9783741235986
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Sind wir wirklich verrückt? Das kommt darauf an: Wenn wir unter verrückt einen unnormalen, unüblichen, abwegigen Zustand verstehen, dann sind wir nicht verrückt. Normalerweise jedenfalls nicht und vor allem nicht alle. Wenn wir aber als verrückt jemanden ansehen, der seine Gedanken, seine Gefühle und sein Tun nicht auf die Reihe kriegt, der keine Ahnung davon hat, was in ihm selbst los ist - dann sind wir verrückt. Alle. Denn dieser Zustand ist normal. Jeder ist so. Natürlich ist das kein einfacher Geisteszustand. Aber man kann einiges daran ändern.

Manfred Schnell studierte Geschichte, Geographie, deutsche Sprache und Philosophie. Nach dem Staatsexamen arbeitete er als Kraftfahrer, Fremdenführer, Dachdecker etc. Anschließend wurde er Redakteur, u. a. für Hamburger Abendblatt und Bild-Zeitung. Seit über 30 Jahren ist er selbständig.

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Leseprobe

1.


Wunderwerk mit Schaltfehlern


Unser Gehirn

Glück beginnt im Kopf – nämlich mit unseren Vorstellungen davon, was uns glücklich machen kann. An denen orientieren wir uns, ein Leben lang, immer wieder von neuem. Wir haben Gedanken, wir haben Gefühle, und aus denen fabriziert unser Gehirn fortwährend Vorstellungen von allem, was wir gut finden und was nicht. Wir müssen uns also zu allererst darum kümmern, was in unserem Kopf los ist, wenn wir herausfinden wollen, warum uns immer wieder Probleme den Weg zur Zufriedenheit, zu Freude und auch zum Glück versperren.

Grundsätzlich mischt unser Gehirn bei allem, was wir tun, entscheidend mit. Ob wir Musik hören oder den Rasen mähen, ein Buch oder eine Speisekarte lesen, uns einem Menschen, dem Sonnenuntergang oder Gott hingeben – wir machen dies und alles andere mit unserem Gehirn. Es erzeugt oder steuert zumindest jeden unserer Gedanken, jedes unserer Gefühle, jede unserer Handlungen. Auf den ersten Blick erscheint das wie der berüchtigte „Big Brother“ im Kopf, der alles sieht, alles kontrolliert und cool überlegt unsere gesamte Persönlichkeit bis ins kleinste Detail hinein dirigiert. Aber so ist es nicht, es ist ganz anders.

Wir meinen genau zu wissen, wer wir sind: Wir denken, fühlen und handeln so, wie wir das im Laufe unseres Lebens gelernt haben. Jeder Mensch hat seine bestimmten Eigenschaften, die ihn zu dem machen, der er ist. Alle Aspekte unserer Persönlichkeit stecken unter einem (Schädel-) Dach, werden durch ein und dasselbe Gehirn gesteuert. Sie haben dieses Buch gekauft, Sie lesen es, Sie fühlen sich angeregt oder gelangweilt, Sie denken darüber nach, Sie lesen weiter oder klappen das Buch zu (was ich nicht hoffe). Immer nur Sie selbst, kein anderer. Ein Mensch, ein Gehirn, ein ganzes langes Leben.

Cogito, ergo sum, fasste der französische Philosoph René Descartes 1637 Vorstellungen solcher Art zusammen. Ein berühmtes Zitat, aber nicht ganz echt. Denn es stammt erst aus der lateinischen Übersetzung des französischen Originals: Je pense, donc je suis. Ich denke, also bin ich. Denn wäre ich nicht vorhanden, könnte ich gar nicht denken. Denken mithin als Bestätigung der eigenen Existenz. Damit geriet Descartes prompt zum Vater der neueren Philosophie.

Vom Fühlen freilich hielt der Denker Descartes wenig, und noch weniger davon, sich auf etwas wie Intuition oder Empfindungen zu verlassen. Nach seiner Ansicht arbeiten unsere Sinne so unzuverlässig, dass sie uns hinters Licht führen, und deshalb könnten wir uns nur von unserer Vernunft leiten lassen. Klares, vernünftiges Denken, so meinte Descartes, sei die einzig sichere Grundlage aller Erkenntnis. Diese Betonung der Vernunft, lateinisch ratio, brachte ihm und seinen Nach-Denkern die Bezeichnung „Rationalisten“ ein.

Descartes Gedanken mögen vernünftig sein – ein Irrtum sind sie dennoch. Moderne Wissenschaftler wie etwa der amerikanische Neurologe Antonio R. Damasio (*1944) beweisen eindeutig: Unser Leben wird nicht von Vernunft geregelt, sondern von Gefühlen. Und die sind alles andere als vernünftig. Aber sie bestimmen jeden Moment unseres Lebens mit.

Und in unserem Kopf geht es keineswegs geordnet zu, sondern drunter und drüber. Denn der Teil in uns, der überlegt denkt, ist nicht derselbe Teil, der fühlt, und auch nicht derselbe Teil, der handelt. Wir haben nicht nur ein Gehirn mit einem Bewusstsein, sondern wir haben mehrere Gehirne und entsprechend haben wir auch mehrere Bewusstseine; oder besser gesagt: Gehirn-Bereiche, denn sie alle zusammen werden als Gehirn bezeichnet. Entsprechend haben wir deshalb auch mehrere Bewusstseins-Bereiche, und die sind, entgegen der Ansicht von Descartes, eben nicht alle und erst recht nicht immer zur Vernunft fähig.

Die einzelnen Gehirnbereiche sind zwar alle miteinander verbunden, sie sind, mit einem Begriff aus der elektronischen Datenverarbeitung, vernetzt. Aber sie sind unterschiedlich aufgebaut, sie arbeiten unterschiedlich, sind zum Teil sogar unabhängig voneinander und neigen zu unterschiedlichen Ansichten und Entscheidungen. Alles beste Voraussetzungen für ein Chaos im Kopf. Sind wir also wirklich ganz bei uns?

Nein, jedenfalls in der Regel nicht! Wenn wir zum Beispiel entsetzt oder wütend sind, geschieht etwas, worauf wir so gut wie keinen Einfluss haben und was wir nicht mal richtig bemerken: Uns stehen sprichwörtlich die Haare zu Berge, wie einer Katze. Ein Relikt unserer Evolution, dessen wir uns nicht bewusst sind. In solchen und vielen anderen Situationen überlegen wir nicht, sondern wir funktionieren einfach. Aber es fällt uns nicht auf, wir merken es nicht. Von Vernunft keine Spur.

Natürlich haben Wissenschaftler das Wunderwerk in unserem Kopf seit langem ins Visier genommen, um herauszufinden, wie es funktioniert, wo wohl der Verstand sitzt, woher die Moral kommt und sogar, wo das Genie beheimatet ist. Insbesondere durch Forschungen an Hirngeschädigten hat man seit über hundert Jahren verschiedene Gehirnbereiche lokalisiert, die jeweils ganz bestimmte Aufgaben übernehmen. Früher wurde mit operativen Eingriffen oder psychologischen Methoden gearbeitet, heute machen neue Technologien neue Erkenntnisse möglich.

Dazu gehört u. a. die Computer-Tomographie (CT), mit deren Hilfe man tief ins Gehirn schauen kann. „Tomographie“, von griechisch τόμος (tomos), d. h. Schicht, bedeutet Schichtaufnahme. Denn die Organe werden Schicht für Schicht durchleuchtet, und die einzelnen Röntgenaufnahmen werden mittels Computer erfasst und dargestellt. Das Verfahren der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) erlaubt sogar Einblicke in das arbeitende Gehirn. Positronen sind kleinste Teilchen von Atomen, und „Emission“ heißt Ausstrahlung, weil bei der PET schwach radioaktive Substanzen in den Blutkreislauf injiziert werden, deren strahlende Positronen mit Hilfe der Apparatur genau im Körper verfolgt werden können. Dadurch wird deutlich, was wann wo im Gehirn abläuft.

Um zu erkennen, wozu wir überhaupt fähig sind, hier im Folgenden ein praktisches Modell des Gehirns. Wir beschränken uns dabei auf die Unterscheidung von drei großen Gehirnbereichen. Eine Trinität, die von der Wissenschaft im Grundsatz abgesegnet ist. Diese drei Bereiche sind nicht durch eine Art Urknall im menschlichen Kopf entstanden, sondern haben sich im Laufe von Millionen Jahren entwickelt.

Dieses grundlegende Arbeitsmodell verdanken wir dem renommierten amerikanischen Hirnforscher Paul D. MacLean (1913 – 2007). Bereits vor vier Jahrzehnten hatte er die drei Gehirnbereiche anschaulich als Reptilienhirn, Säugetierhirn und menschliches Gehirn bezeichnet. Alle drei sind wie Zwiebelschalen übereinander gelegt und stellen unterschiedliche Entwicklungsstadien in der Entfaltung des menschlichen Gehirns dar.

MacLean fasste verschiedene Teile des Gehirns nach ihren Funktionen und ihrem Alter zusammen und hatte dabei auch einen Blick für Schwachstellen im System. Heute setzen Wissenschaftler die Akzente ihrer Forschung anders, zumeist darauf, was eng umgrenzte Gehirnareale für bestimmte Körperfunktionen leisten. Wir orientieren uns hier an der Darstellung MacLeans, weil sie die Tücken unseres Gehirns am besten deutlich macht. Denn wir wollen uns nicht akademisches Fachwissen einverleiben, sondern herausfinden, warum das Leben uns so viele Probleme und so wenig Glück beschert.

Die drei Entwicklungsstadien des Gehirns sind im Kopf jedes Menschen vorhanden, und sie haben ihre Wirkungen, jedes für sich und auch alle zusammen. Wenn zum Beispiel, um in MacLeans anschaulichem Bild zu bleiben, ein Psychoanalytiker seinen Patienten auf die Couch bittet (eine typisch amerikanische Vorstellung), dürfen wir uns vorstellen, dass er ihn auffordert, sich zusammen mit einem Pferd und einem Krokodil hinzulegen. Also ein seelischer Zoo auf der Couch.

Das Krokodil in MacLeans Trio bezieht sich auf den Hirnstamm, das ist die Verlängerung des Rückenmarks in den Kopf hinein, und auf das Kleinhirn, das darüber sitzt. Dieses „Reptiliengehirn“ ist entwicklungsgeschichtlich gesehen der älteste Teil unseres Gehirns. Es wurde von der Evolution kaum beeinflusst und ist in ähnlicher Form heute noch bei Alligatoren und Eidechsen vorhanden. Daher sein Name. Es kontrolliert die Bewegungen und die Lage des Körpers, regelt automatische Vorgänge wie Blutdruck, Herzschlag, Atmung, Schlucken etc. und ist Schaltstelle für den Informationsaustausch zwischen Gehirn und dem übrigen Körper.

Über Hirnstamm und Kleinhirn liegt das alte „Säugetierhirn“, das limbische System. Lateinisch limbus bedeutet „Rand“, was sich darauf bezieht, dass dieses System das ältere Reptiliengehirn wie eine Schale umgibt. Wir Menschen haben es mit niederen Säugetieren wie Ratten, Pferden, Kängurus etc. gemeinsam. Daher MacLeans Bild vom Pferd auf der Couch. Das limbische System besteht aus mehreren Modulen mit unterschiedlichen Funktionen. Es wird auch als „emotionales“ Gehirn oder Schaltzentrale der Gefühle bezeichnet, denn hier laufen alle Eindrücke unserer Sinne zusammen, woraus unsere Gefühle resultieren. Hier werden Hunger und Durst reguliert,...

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