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Zu Tempeln und Pyramiden

Vollständige Ausgabe

AutorRudolf von Österrreich
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl322 Seiten
ISBN9783849634315
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Dieser Bericht erzählt von der Reise, die der österreichische Kronprinz und Sohn der Kaiserin Sissi im Jahr 1881 nach Ägypten unternahm.

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Leseprobe

2. Kapitel


 


Am 23. Februar frühmorgens versammelte sich die ganze Reisegesellschaft am Bahnhofe jenes südlichen Schienenstranges, der sowohl bis Siut, als auch in die Provinz Fajum eine Verbindung findet. Außer uns allen waren noch die beiden Brüder Saurma erschienen.

 

Herr Zimmermann hatte abermals die Güte, unseren Zug zu führen und uns bis zu der letzten Station Abuksar zu begleiten. Prinz Taxis war mit einem Dragoman schon tags vorher nach dem See von Birket-el-Karun vorausgeeilt, um das Zeltlager aufzuschlagen und die Jagdtage vorzubereiten.

 

Anfänglich führte die Bahn durch jenes schmale Band kultivierten Landes, das sich besonders am westlichen Ufer zwischen dem Nil und der Wüste dahinzieht. Der volle Typus des ägyptischen Kulturlandes war auch hier vertreten, intensiver Bodenbau auf engem Raum zusammengedrängt; echte Fellachen-Dörfer wechselten mit Palmenwäldern, größer als jene Unterägyptens; ganze Städte von runden, im wahren arabischen Stile erbauten Taubenschlägen fielen uns auf. Tausenden von Felsentauben wird hier Schutz und Wohnung gewährt, nur um des edlen Guanos willen; hie und da nimmt man auch die Eier und die Daunen hinweg. Diese Vögel gewöhnen sich nie an den vollen Haustier-Charakter, sie bleiben in Farbe und Größe echte Felsentauben und benehmen sich in halbwilden Manieren.

 

Öfters zieht die Bahn nahe vom Nil, immer am linken Ufer; in östlicher Richtung sieht man die bis an den Strom herantretenden Wüstengebirge, in westlicher hingegen die hier nur wellenförmig bewegte, fast flache libysche Wüste. An allen Pyramiden passiert der Eisenbahnzug, und zwar nahe genug, um dieselben gut betrachten zu können; anfänglich erscheinen die greisen Häupter von Gizéh, die stolzesten ihres Geschlechtes; bald darauf folgen die kleineren Verwandten von Sakkára. Die weit ausgebreiteten Palmenwälder von Bedraschên und Memphis erhöhen den echt afrikanischen Typus der Landschaft. Wir Europäer sind gewohnt, einzeln stehende Palmen in Treibhäusern oder an den südlichen Küsten unseres stiefmütterlich ausgestatteten Erdteiles mit Bewunderung zu betrachten. Erst der rauschende, weit ausgedehnte Palmenwald verleiht diesem Baume seine volle Kraft als Wahrzeichen des sonnendurchglühten Afrika.

 

Um 10 Uhr vormittags beiläufig bog unser Schienenstrang von der Hauptlinie der nach Siut längs des Nils ziehenden Bahn ab und führte uns in einer gerade westlichen Richtung in die öde, kahle Wüste. Befremdend und merkwürdig erscheint eine Eisenbahnfahrt in jenen Gegenden, in jenen herrlichen, so großartig öden Regionen. Wie mit einem Schlage hat man die Überschwemmungsgrenzen des Nils überschritten, und aus der üppigsten, von Segen spendender Feuchtigkeit strotzenden Vegetation, wie sie nur der schwarze Erdteil schöpfen kann, sind wir plötzlich in die totenstille, leblose Wüste versetzt.

 

Wer sich die Wüste flach, vollkommen eben, wie manche ungarische Puszta oder norddeutsche Marsch vorstellt, irrt sich sehr. Sie ist immer wellenförmig bewegt, oft tief eingeschnitten, von Tälern durchzogen und von Hügeln gekrönt; doch stets einsam, ohne die geringste Spur von Pflanzenwelt, und bloß an den Rändern bewohnt von ganz eigentümlichen, ihr angepaßten Tierformen. Aber schön und großartig tritt die Wüste dem Fremden entgegen, ein Bild ewiger Ruhe, dabei farbenprächtig, von der sengenden Sonne Afrikas durchglüht, farbig nach den verschiedenen Gesteinen, oft hellgelb, dann wieder dunkel, manchmal sogar scheckig; ganz eigentümliche Farbenzusammenstellungen zaubern die vielartigen Steine hervor.

 

Nichts Lebendes sahen wir und rasch brauste der Zug durch die Einöde. Einige Beduinen in weißen Burnusen und mit langen Gewehren tauchten hinter einem Hügel hervor; echte Berber hausen in diesen Teilen der Wüste; freie Söhne der Erde, in ihrer Art die glücklichsten Menschen, mutig und räuberisch, ungezwungen und unbotmäßig bis in das äußerste Maß. Die einzelnen Stämme unterscheiden sich sehr in Typus und Kleidung sowie auch in Charaktereigenschaften und Bewaffnung; doch steht Ägypten, was die Schönheit und das malerische Wesen seiner freien Stämme betrifft, einesteils Marokko, andernteils Asien, insoweit dieser Weltteil in seinem Südwesten semitisch-arabisches Land ist, weit zurück. Gegen Mittag erscheint wieder Kulturland, man könnte sagen ein saftig grüner Fleck inmitten der gelblichen Wüste vor unseren Augen. Es ist die große Oase von El-Fajum, ein wahres, gut kultiviertes Land in kreisrunder Form, nach allen Seiten von Wüste umgeben. Die westlichste Grenze und Trennung vom bebauten Boden zur Einöde bildet der große See von Birket-el-Karun. Ein kurzes Stück der wohlgepflegten, üppig, besonders mit Zuckerrohrfeldern bebauten Oase wird durchfahren und wir gelangen zur Station von Abuksar. Das äußerste Ende dieser Bahnlinie hatten wir somit erreicht. Ein innerafrikanischer, ruinenartiger Bahnhof und einige dazugehörige Gebäude bilden nebst der Zuckerfabrik eine kleine Kolonie. Man stelle sich ja kein Etablissement nach europäischem Muster, keine böhmische Rübenzuckerfabrik vor, sondern nur ein recht einfaches und verwahrlostes Gebäude, in welchem man die vielen Zuckerrohrfelder verwertet; einige niedere Schlote wahren den Fabrik-Charakter.

 

Im mehr als primitiv eingerichteten Wartsalon des Stationsgebäudes nahmen wir rasch ein Frühstück ein und eilten nach demselben unsere Karawane zusammenzustellen. Das ist im Orient keine leichte Aufgabe, denn jeder will auf das Stürmischste seine Dienste, sein Pferd, seinen Esel anbieten, einer stößt den anderen hinweg und alle schreien und gestikulieren, bis der arme Fremdling, vollkommen betäubt, sich dem nächstbesten in die Arme wirft. Mit Hilfe einiger Gendarmen und dank unseren wehrhaften Stöcken gelangt es bald, Ordnung in das wilde Chaos zu bringen. Jeder der Herren erhielt sein Pferd, desgleichen die Diener, auch mußten Leute aufgenommen werden, welche unsere in diesem Lande so notwendigen Dachshunde trugen. Eine ganze Meute war diesmal vereinigt. Baron Saurma hatte zehn und wir vier Dackel, brave, kampfeskühne Tiere mitgebracht. Nach einigen Anstrengungen wurden die massenweise herbeigeeilten, neugierig gaffenden Leute zurückgedrängt und an weiterem Nachlaufen verhindert.

 

Unsere Jagd-Beduinen, die wir in der Tat benötigten, ritten und gingen voraus, ein kleiner Stamm für sich; alle in weißen oder besser gesagt schmutzig gelben Burnusen, mit langen Gewehren und krummen Messern, den primitiven Tabakbeutel neben einem Sack voll Pulver und gehacktem Blei umgehängt; die mageren langen Beine entblößt, die Füße in roten Pantoffeln. Es waren hier in dieser Gegend, wie eigentlich allenthalben in Nordafrika, arme Teufel; nichts Farbiges, keine schönen Stoffe, nicht einmal Turbane am Kopfe; stets nur die braune, eng anliegende Fellachen-Mütze, die jüngeren sogar ganz entblößten Hauptes.

 

Interessant war der Typus dieser Leute; echte Berber aus der libyschen Wüste, dunkelbraun, viel intensiver gefärbt als jene Unterägyptens, meistens hohe, schlanke Gestalten, die Gesichtszüge nicht so edel und schön als die nördlicheren Beduinen-Stämme; südliches, selbst viel Neger-Blut macht sich fühlbar; einzelne ganz schwarze Gesellen mit gekraustem Haar, echte Mohren waren auch anwesend; es sind dies aus dem Inneren Afrikas als Kinder geraubte Sklaven, die dann bei den Stämmen frei werden, Sprache, Kleidung, Lebensweise der Beduinen annehmen und ihre ganze frühere Abkunft, selbst das Land, aus dem sie stammen, vergessen; ich fand deren solche bei allen Tribus, die ich Gelegenheit hatte kennen zu lernen, sogar regelmäßig in Asien. Selbst das arbeitende Landvolk bei Abuksar fiel mir durch den von jenem der im unteren Niltal lebenden Fellachen abweichenden Typus auf. Es waren größere und durchwegs dunklere Leute, den Beduinen-Stämmen, die hier in der von Wüsten eingeschlossenen Oase unbehindert ihr Unwesen treiben können, ähnlicher, mehr Mischrasse, auch bemerkenswert viele Mohren unter ihnen.

 

Kaum war unsere Karawane zusammengestellt, als auch das Jagen schon begann. Im Garten neben der Fabrik fanden wir die auffallenden, echt afrikanischen Blauwangenspinte, ein reizender grüner Vogel mit langem Stoß und blauem Wangenstreif; ein ganzer Zug derselben wurde mit Erfolg beschossen. Diese Tiere gehören dem Inneren Afrikas an, in Oberägypten sind sie sehr häufig, bis Kairo gelangen sie niemals, das erscheint ihnen schon zu nördlich. Auf den Feldern liefen Spornkiebitze, jene reizenden, echt ägyptischen Vögel umher, dann Scharen von Kuhreihern; wie überall in Afrika ist auch hier reiches Tierleben in erstaunlicher Menge in den vegetations- und wasserreichen Strecken zusammengedrängt. Der erste Blick konnte uns gute Jagdtage versprechen. Bald krachten die Schüsse und manches befiederte Wild wurde von unseren Arabern mit großer Pünktlichkeit aus den nassen Feldern apportiert. Nur selten gelangen Jäger in diese Gegend und so genossen wir das Vergnügen, ein noch nicht im Mindesten vorsichtig gewordenes Wild über die Tücke der Europäer zu belehren. Die Karawane schritt mit Pferden, Dienern und Bagage auf ihrem Wege, doch die Herren waren schon alle jagend verteilt; da rief uns Baron Saurma zu sich. Er hatte ein großes Zuckerrohrfeld entdeckt und beschloß, dasselbe mit den Hunden durchzujagen; nur mit Mühe konnten die vielen arbeitenden Landleute hinweggeschickt werden, um einen freien Ausschuß zu erlangen. Die Herren sollten sich um das Feld postieren und Saurma beabsichtigte, mit meinem Jäger und der Meute von vierzehn Dackeln in den...

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