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Zulässigkeitsgrenzen der Überwachung der Internetnutzung von Arbeitnehmern

AutorNicolas Maekeler
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl79 Seiten
ISBN9783640774128
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Jura - Zivilrecht / Arbeitsrecht, Note: 12 Punkte, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover (IRI - Institut für Rechtsinformatik), Veranstaltung: IT-Recht, Sprache: Deutsch, Abstract: Auszug aus der Einleitung: Die Evolution der Informationstechnologie führt zu einer rasanten und kontinuierlichen Weiterentwicklung der digitalisierten Arbeitswelt. Um die Konkurrenzfähigkeit eines Betriebes zu sichern, kann es sich längst kein Unternehmen mehr erlauben, auf moderne Kommunikationsmittel zu verzichten. Telekommunikationsmedien wie das Internet steigern in einem immensen Maße die Effektivität des Arbeitseinsatzes von Angestellten, weswegen jeder Arbeitgeber bemüht sein wird, die wirtschaftlichen Ergebnisse durch die Bereitstellung eines weitgehend digitalisierten Arbeitsumfeldes wirtschaftlich zu optimieren. Doch die Investition für ein fortschrittliches Firmennetzwerk können noch so hoch sein, letztlich ist es der persönliche Einsatz eines jeden Angestellten, der die Funktionsfähigkeit der betrieblichen Organisation gewährleistet. So liegt es im natürlichen Interesse des Arbeitgebers, die qualitativen und quantitativen Arbeitsergebnisse seiner Angestellten zu kontrollieren. Einhergehend mit der Weiterentwicklung von IuK-Technologien eröffnen sich dem Arbeitgeber völlig neuartige Überwachungsmöglichkeiten, die ihm zur Leistungskontrolle zur Verfügung stehen; denn jeder Umgang mit Kommunikationsmedien hinterlässt eine Vielzahl von Informationsspuren, welche ohne großen technischen Aufwand zur Kenntnis genommen und ausgewertet werden können. Gleichwohl besteht aber eine große Unsicherheit bzgl. des Umgangs mit derartigen Daten, hauptsächlich bedingt durch die unbestimmte Rechtslage. In wieweit diese erhoben, kontrolliert oder in irgendeiner Form verwendet werden dürfen, wird den meisten Arbeitgebern nicht bekannt sein. Ziel der folgenden Untersuchung ist es deswegen, einen Teilbereich der Arbeitnehmerüberwachung rechtlich zu durchleuchten. Der Fokus wird dabei auf die Überwachung des bedeutendsten Kommunikationsmediums gerichtet, dem Internet. Primär sollen dabei die arbeitgeberseitigen Zulässigkeitsgrenzen von Kontrollmaßnahmen aufgezeigt werden, welche in Bezug auf die Internetnutzung durch Arbeitnehmer einzuhalten sind. Um ein Verständnis dafür zu bekommen, in welchem Umfang sich die Internetnutzung eines Unternehmens bewegt, werden zunächst die relevanten Internetanwendungen skizziert. Grundlegend für eine Beurteilung der Internetüberwachung sind vor allen Dingen die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten; eine Abwägung der widerstreitenden Interessen scheint für eine Lösung der Problemstellung unablässig zu sein.....

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Leseprobe

D. Gesetzliche Vorgaben für die Arbeitnehmerüberwachung


 

Wie dargestellt gibt es potenziell viele verschiedene Möglichkeiten, die dem Unternehmer für die Mitarbeiterüberwachung zur Verfügung stehen. Doch viel wichtiger zu klären gilt es, unter Anwendung welcher Methoden und in welchem Umfang eine Überwachung der Arbeitnehmer, bezogen auf die Internetnutzung,  überhaupt zulässig ist, um einhergehend damit auch die Grenzen der Kontrolle aufzuzeigen. Maßgeblich werden hier die rechtlichen Rahmenbedingungen sein, welche das Ob und Wie festlegen.

 

Doch zunächst müssen die in Betracht zu ziehenden Regelungen bestimmt werden, was in Anbetracht der Tatsache, dass zwar neben dem BDSG spezialgesetzliche Regelungen existieren – namentlich das TKG und TDDSG –, deren Hauptanwendungsbereich aber augenscheinlich außerhalb der hier interessierenden arbeitsrechtlichen Sphäre liegt, zu Verunsicherungen führt.[61] Es gilt somit festzustellen, inwiefern diese Normen auch innerhalb des Arbeitsverhältnisses ihren Geltungsbereich entfalten.

 

I. Telekommunikationsrechtliche Vorgaben


 

Das Gesetz bietet uns seit einigen Jahren ein ausdifferenziertes Telekommunikationsrecht, wobei die Adressaten der einschlägigen Normen, nach Auflösung des Postmonopols, nicht mehr nur Telekommunikations- oder Multimediaunternehmen sind.[62] Die folgende Untersuchung beschäftigt sich mit der Frage, ob heutzutage jeder Chef eines noch so kleinen Betriebes zum Telekommunikations-Diensteanbieter i. S. d. TKG avancieren kann und ob dies Folgen für Überwachungs-maßnahmen hat.

 

1. Anwendbarkeit des TKG im Arbeitsverhältnis


 

Grundlegend ist zunächst zu klären, inwieweit betriebsinterne Telekommunikationsanlagen überhaupt in den Anwendungsbereich des TKG fallen. Festzuhalten ist, dass Art. 5 Abs. 1 der EU-Datenschutzrichtlinie[63] nur öffentliche Kommunikationsnetze erwähnt, was gegen eine Einbeziehung betrieblicher Anlagen spricht. Andererseits wird in § 109 Abs. 1 u. 2 TKG, der unter anderem Ausfluss der Umsetzung der EU-Richtlinie ist,  zwischen „Diensteanbieter“ und dem „Erbringen von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit“ differenziert, somit ist auch derjenige, der Kommunikationsdienstleistungen nicht öffentlich anbietet, vom Wirkungsbereich des TKG betroffen. Widmet man sich nun hingegen dem in § 1 TKG normierten Gesetzeszweck, überwiegen wieder die Zweifel einer Einbeziehung betrieblicher TK-Anlagen. Hier heißt es, dass  das Gesetz die Regulierung im Bereich der Telekommunikation den Wettbewerb fördern und flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen gewährleisten soll. Ein Arbeitgeber der lediglich seinen Mitarbeitern die Nutzung der TK-Dienste gewährt, tritt im Wettbewerb jedoch überhaupt nicht zu Tage.

 

Wenn man jedoch von den datenschutzrechtlichen Vorschriften des TKG ausgeht, kommt man zu einer sinnvollen Lösung der Problematik. Große Bedeutung hat hier nämlich die sich in den § 88 ff. TKG manifestierende einfachgesetzliche Konkretisierung des grundrechtlichen Fernmelde-geheimnisses, die mitunter dazu dient, ein einheitliches Datenschutzniveau für alle Kommunikationsmittler zu schaffen;[64] also auch für „private“ Anbieter. Dies scheint auch im Willen des Gesetzgebers zu sein, wonach sich das Fernmeldegeheimnis auch auf private Corporate Networks – also auf geschlossene Benutzergruppen – erstrecken soll.[65]

 

Im Ergebnis fallen somit auch Betriebsnetzwerke in den Anwendungsbereich des TKG.  Das Resultat scheint zeckgemäß zu sein, warum auch sollten weniger umfangreiche Datenschutzbedingungen für derartige TK-Systeme gelten?

 

2. Arbeitgeber als Diensteanbieter und Normadressat der §§ 88 ff. TKG?


 

Um schließlich das Fernmeldegeheimnis innerhalb des Unternehmens achten zu müssen,  müsste der Arbeitgeber Diensteanbieter i. S. v. § 3 Nr. 6 TKG sein. Diese sind nämlich nach § 88 Abs. 2 TKG der Achtung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet.

 

Dazu müsste der Arbeitgeber Dritten Telekommunikationsdienste mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht nachhaltig anbieten (§ 3 Nr. 6 u. 10 TKG). Nach § 3 Nr. 24 TKG zeichnen sich Telekommunikationsdienste dadurch aus, dass sie  „ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen“, sie bilden auf Grundlage der Transportebene von Daten die technische Basis der Internetnutzung[66]

 

In Praxi stellt der Arbeitgeber seinen Angestellten Internetanwendungen zum dienstlichen Gebrauch zur Verfügung und kann ihnen zusätzlich offerieren, diese auch für private Zwecke zu verwenden.

 

Hier liegt ein für die weitere Untersuchung maßgeblicher Unterschied; die oben dargestellte Unterscheidung von dienstlicher und privater Internetnutzung[67] erlangt an dieser Stelle eine große Bedeutung. Verbietet der Arbeitgeber nämlich die Privatnutzung, so stellt er seine Informationstechnik im Rahmen der „Eigennutzung“ nur sich selbst, bzw. seinen Angestellten als Erfüllungsgehilfen zur betrieblichen Nutzung zur Verfügung.[68] Darin kann jedoch kein „Angebot an Dritte“ bestehen. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall keine Wahlmöglichkeit, ob er das Angebot annimmt oder ignoriert, vielmehr ist es seine arbeitsbedingte Verpflichtung, die ihm eröffneten Möglichkeiten zu nutzen.[69] Hier liegt lediglich eine hierarchische Beziehung vor.

 

Wird hingegen zusätzlich zum dienstlichen Gebrauch die Privatnutzung des Internets zugelassen, so ist darin ein Angebot einer Leistung zu verstehen, da der Arbeitnehmer frei über dessen Annahme disponieren kann. Durch Inanspruchnahme des Angebots entsteht ein Anbieter-Nutzer-Verhältnis i. S. d. TKG[70], dabei ist der Mitarbeiter dann nicht mehr als Teil des Unternehmens anzusehen und so dem Betreiber der Anlage zuzuordnen, sondern als „Dritter“ i. S. d. TKG zu klassifizieren.[71]

 

Die Vorraussetzung des „Anbietens an Dritte“ nach § 3 Nr. 10 TKG  ist im Ergebnis somit nur gegeben, wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung des Internets gestattet. E contrario scheidet eine Anwendung der Vorschriften des TKG bei ausschließlich dienstlicher Nutzung aus.

 

Davon ausgehend, dass der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die private Nutzung des Internet gestattet hat, sind die übrigen Tatbestandsmerkmale, die ihn zu einem „Diensteanbieter“ machen, vergleichsweise einfach zu begründen. Da es nach § 3 Nr. 10 TKG für das Angebot von Telekommunikationsdiensten irrelevant ist, ob es mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgt,[72] ist es folglich auch irrelevant, ob der Arbeitgeber eine Kostenerstattung der Privatnutzung mit dem Arbeitnehmer vereinbart hat. Das Merkmal des „nachhaltigen Anbietens“ liegt immer dann vor, wenn dem Arbeitnehmer eine individuelle und regelmäßige Nutzungsmöglichkeit[73] von Internetdiensten angeboten wird, die über die Geringfügigkeitsschwelle hinaus genutzt wird.[74]

 

Sind alle Vorrausetzungen erfüllt, ist der Arbeitgeber „Dienstanbieter“ i.S.d. § 3 Nr. 6 TKG und dadurch der Einhaltung des in Art. 10 Abs. 1 GG niedergelegten und in § 88 Abs. 2 TKG einfach gesetzlich ausgeprägten Fernmeldegeheimnisses verpflichtet.

 

3. Das Fernmeldegeheimnis gem. § 88 TKG


 

Für den Arbeitgeber als Diensteanbieter bedeutet die Beachtung des Fernmeldegeheimnisses gem. § 88 Abs. 3 TKG, dass er sich oder anderen nicht „über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste [...] erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation“ verschaffen darf. Diese Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist, § 88 Abs. 2 S. 2 TKG.

 

Was hier in Form einer Generalklausel vorgeschrieben wird, bedeutet für den Diensteanbieter ein Verbot des Einsatzes technischer oder sonstiger Mittel, die geeignet sind Telekommunikation zu entschlüsseln, abzuhören, Verkehrsdaten zu erheben oder in sonstiger Weise zu überwachen.[75] Geschützt werden soll dadurch der private, vor den Augen der Öffentlichkeit verborgene Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen.[76] Betroffen sind der Inhalt und die näheren Umstände der Telekommunikation. Nach § 3 Nr. 22 TKG ist unter Telekommunikation „der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Signalen“ zu verstehen, weswegen alle Internetanwendungen darunter fallen.

 

Im Folgenden werden die im Arbeitverhältnis in Betracht kommenden Erlaubnistatbestände aufgezeigt werden, welche einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis legitimieren können.

 

4. Erlaubnistatbestände des TKG


 

Nach § 88 Abs. 3 S. 3 TKG ist eine Durchbrechung der genannten Bedingungen nur zulässig, soweit das TKG oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Telekommunikationsvorgänge...

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