Gefängnisse gab es nicht immer. Im Mittelalter gab es die Körperstrafen in verschiedener Form, die oft grausam waren und in der Öffentlichkeit vollzogen wurden, um das Volk abzuschrecken (Töndury-Wey, 1970, S.23ff). Ab dem 16. Jahrhundert wurde nach und nach die Freiheitsstrafe als häufigste Strafe für schwere Delikte eingeführt, und ab dem 19. Jahrhundert wurde sie allgemein zur wichtigsten Strafe erhoben (Schultz, 1982, S.26).
Foucault schreibt 1977:
„Das Gefängnis kann gar nicht anders, als Delinquenten zu fabrizieren. Es tut das durch die Existenzweise, die es den Häftlingen aufzwingt. Ob man sie in Zellen isoliert oder zu einer unnützen Arbeit anhält, für die sie keine Anstellung bekommen werden- auf jeden Fall wird dabei „nicht an den Menschen in der Gesellschaft gedacht; es wird eine widernatürliche und gefährliche Existenz geschaffen“. Man will, dass das Gefängnis die Häftlinge erzieht; aber kann ein Erziehungssystem, das sich an den Menschen wendet, vernünftigerweise zum Ziel haben, gegen den Wunsch der Natur zu handeln?“(Foucault, Überwachen und Strafen,1977, S.342).
Kritisch stellt Foucault hier die totale Institution Gefängnis dar. Da der Gefangene zusammen mit anderen Inhaftieren innerhalb der Gefängnismauern lernen soll, sich in die Gesellschaft, ohne das Begehen von Straftaten, zu integrieren.
Marie Boehlen (2000, S.19), die sich in ihrem Buch mit Frauen im Gefängnis befasst, behauptet, dass sich frühere wissenschaftliche Forschungen eher mit der Strafrechtsdogmatik (Lehre vom Strafrecht) befassten, jedoch mittlerweile mehr auf dem Gebiet der Kriminologie geforscht wird, die sich u.a. mit den Auswirkungen des Strafvollzuges befasst. Der Täter als Gefangener, sein Werdegang und sein späteres Lebensschicksal blieb lange Zeit unbeleuchtet, da vermehrt auf dem Gebiet der Ursachen und Auswirkungen strafbaren Handelns geforscht wurde. Doch gerade hier sollte das Hauptinteresse liegen, da so die Wirksamkeit und Auswirkungen des Strafvollzuges auf den Gefangenen und auf seine Angehörigen erkannt und präventive Maßnahmen eingeleitet werden können. Die gesammelten Erkenntnisse können dann zu einer erfolgreichen Resozialisierung beitragen, die wiederum auch der Familie des Straftäters zu Gute kommt.
Am 31.3. 2012 waren in Deutschland insgesamt 58073 Personen inhaftiert. Davon 54765 männliche Inhaftierte und 3308 weibliche Inhaftierte (Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 4.1, 2012). Im Strafvollzugsgesetz (StVollzG) heißt es:
„Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten“(§2 Abs.1 StVollzG).
Jedoch wird so das alleinige Resozialisierungsziel vom „Schutzzweck des Vollzugs“ eingeschränkt (Walter, 1999, S.366), so dass in der Praxis oftmals ein Konflikt besteht, zwischen dem gesetzlich verankerten Vollzugsziel, dem Resozialisierungsanspruch und der Vollzugsaufgabe Sicherheit und Ordnung (Heberling, 2012, S.8). Der Gesetzgeber hat zur Ausgestaltung der Haft drei Grundsätze formuliert:
Angleichungsgrundsatz: Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit als möglich angeglichen werden (§3 Abs. 1 StVollzG), d.h., der Strafvollzug sollte bei der Angleichung der Lebensverhältnisse die familiären Interessen fördern (Götte, 2000, S. 216).
Gegenwirkungsgrundsatz: Den schädlichen Folgen der Haft ist entgegenzuwirken (§2 Abs.1 StVollzG).
„Da der Ehe- und Familienschutz die Strafvollzugsbehörden verpflichtet, die Belange aller Familienmitglieder zu berücksichtigen, ist der Gegenwirkungsgrundsatz auch auf die Kinder und Ehepartner der Inhaftierten zu beziehen, deren Belastungen ebenfalls zu den schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges zu zählen sind“ (Ebd.).
Eingliederungsgrundsatz: Dem Gefangenen ist dabei zu helfen, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern (§2 Abs. 2 StVollzG). In §3 Abs. 3 StVollzG ist außerdem die Pflicht zur Förderung der familiären Integration festgelegt, die den Inhaftierten dabei helfen soll, seine familiären Aufgaben sowohl im materiell wirtschaftlichen als auch im immateriell persönlichen Sinn zu erfüllen (Ebd.).
Hier werden Möglichkeiten zur Resozialisierung aufgezeigt, die die Strafe auf den Freiheitsentzug begrenzen. Allerdings tragen die Haftbedingungen eher dazu bei, dass dieses Isolierungsideal kaum erreicht werden kann, sondern eher ein Leben mit der Ausübung von Straftaten begünstigen. Der Gegenwirkungsgrundsatz soll dazu beitragen, ein Minimum an Zielverwirklichung zu erreichen (Walter, 1999, S.366).
Mit Strafantritt wird der Verurteilte aus seinem bisherigen sozialen Umfeld herausgerissen und soll nun in einem künstlichen sozialen Gebilde mit anderen Straftätern zusammen, durch den Entzug der Freiheit lernen, ein verantwortliches Leben in Freiheit ohne weitere deliktische Handlungen (§ 2 S. 1 StVollzG) zu führen. Hier wird das Dilemma des Behandlungsvollzuges sehr deutlich (Laubenthal, 2003, S.504).
Der Inhaftierte lernt die notwendigen Verhaltensweisen, die er für ein verantwortungsvolles Leben in der Gesellschaft braucht, nur durch Kontakte mit Personen außerhalb der Gefängnismauern (Ebd.).
Die Kontakte nach „ draußen“ ergeben sich aus der Grundforderung nach einem humanen und menschenwürdigen Strafvollzug (Müller-Dietz, 1978, S.131). Den sozialen Kontakten kommen folgende Aufgaben zu:
Die sozialen Kontakte dienen einer partiellen Angleichung des Daseins innerhalb der Anstalt an die allgemeinen Lebensverhältnisse. Der auf Kommunikation mit anderen angelegte und angewiesene Mensch erhält so die Möglichkeit, bestehende Beziehungen aufrechtzuerhalten. Dies gilt insbesondere für diejenigen zum (Ehe-) Partner und zu denjenigen Familienangehörigen, die unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) stehen […].
Kommunikation mit der Außenwelt soll schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges entgegenwirken. Dies betrifft nicht nur Gefahren einer Entfremdung von Bezugspersonen und Angehörigen. Der Aufenthalt in der Institution bewirkt auch eine mit der Strafdauer zunehmende Entfremdung vom Leben in Freiheit an sich. [..] Durch Umweltkontakte nimmt der Inhaftierte am sozialen Geschehen teil. Sie bewahren ihn vor einem Verkümmern der Kommunikationsfähigkeit (Baumann/Maetze/Mey, 1983, S.144).
Laubenthal (2003, S. 506ff) erläutert, dass gemäß § 24 Abs. 1 StVollzG Gefangene einen Anspruch auf Besuche (nach Verwaltungsvorschriften [VV] Nr.1 zu § 24) haben, aber keine Pflicht zu entsprechenden Kontakten, wobei das Gesetz den Personenkreis der möglichen Besucher nicht beschränkt. Es sieht nach § 24 Abs. 2 StVollzG eine Mindestbesuchsdauer von einer Stunde im Monat vor. Die Anstaltsleitung soll jedoch auch darüber hinaus Besucher gestatten, wenn dies der Behandlung oder Reintegration des Gefangenen förderlich erscheint. Hierunter fallen vor allem Bezugspersonen des Inhaftierten (Schwind/Böhm, 1999, 3 § 24 Rdn. 14). Persönliche Kontakte bilden gerade für Gefangene im geschlossenen Vollzug[2] die einzige Möglichkeit zu unmittelbarer Kommunikation mit Personen ihres früheren und zukünftigen Lebens (Laubentahl, 2003, S. 507).
Im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG ist es deshalb zulässig, verheiratete Inhaftierte bei der Gewährung von Besuchszeiten zu bevorzugen (OLG Dresden, Neue Zeitschrift für Strafrecht, 1998, S.159).
Durch Art. 2 Abs. 1 GG (Freiheit der Persönlichkeitsentfaltung) benennt das Gesetz folgende Kommunikationsformen:
Empfang von Besuchen (§§ 24ff. StVollzG),
Schriftwechsel (§§ 28ff. StVollzG),
Ferngespräche und Telegramme (§ 32 StVollzG),
Paketempfang (§33 StVollzG).
Einschränkungen ergeben sich möglicherweise durch die Regelungen der Sicherheit und Ordnung einer Anstalt (§§25 Nr. 1, 27 Abs.1, 28 Abs.2 Nr.1, 29 Abs. 3, 31 Abs. 1 Nr.1 StVollzG). Dies gilt auch, wenn durch Kontakte der Erfolg einer Behandlung oder seine Eingliederung gefährdet sein könnte (§§25 Nr. 2, 27 Abs. 1, 28 Abs.2 Nr.2, 29 Abs. 3, 31 Abs. 1 Nr.1 StVollzG) (Laubenthal, 2003, S.486).
Leider sieht die Realität oftmals anders aus, wie Ingrid Frank (2004, S.20) in ihrem Buch „Mitgefangen- Hilfe für Angehörige von Inhaftierten“ berichtet. Zwar steht...