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Zurück zum Start

Was die frühen Christen uns zu sagen hätten

AutorAlexander Basnar, David W. Bercot
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783738672855
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR
"Unser Jahrhundert ist das erste Jahrhundert seit dem ersten Jahrhundert, das so ist wie das erste Jahrhundert." Wer immer dies sagte, traf den Nagel auf den Kopf. Kaum ein Buch kann dies besser illustrieren als David Bercot's bahnbrechendes Werk Zurück zum Start (Engl. Will the Real Heretics Please Stand Up). Bercot stellt uns darin den Glauben und die Lebenskraft der Christen in der Zeit vor dem Konzil von Nizäa vor, welche sich in einer Umwelt bewähren mussten, die der unseren frappierend ähnelt. Wie aber steht es dabei um uns? Um unseren Glauben und unsere Kraft? Wir lernen in diesem Buch nicht nur die frühen Christen kennen, berühmte Leiter wie Polykarp, Klemens von Rom oder Irenäus, sondern vor allem uns selbst. Dabei werden uns so spannende Fragen gestellt wie: · Ist Richtig und Falsch nur eine Frage der Kultur? · Warum hatten sie Erfolg, wo wir oft versagen? · Ist Wohlstand ein Segen oder ein Fallstrick? · Was glaubten die frühen Christen über die Errettung? · Wie lebt man als Bürger des Reiches Gottes in dieser Welt?

Alexander Basnar, geboren 1969 ist Lehrer in Wien, Mitarbeiter im Hutterischen Geschichtsverein zur Erforschung der Täuferbewegung in Österreich, christlicher Liedermacher und hält auf Anfragen Vorträge zur Kirchengeschichte (Schwerpunkt frühe Patristik und Reformation).

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Leseprobe

2. Wer waren die frühen Christen?


Ich erinnere mich noch gut an meinen Englischprofessor am College, der mir einschärfen wollte, wie wichtig es sei, dass ich die Begriffe in meinen Aufsätzen definiere. Obwohl ich seine Worte damals nur wenig beachtete, erkannte ich die Bedeutung seiner Ermahnungen, als ich begann, in verschiedenen Gruppen über die frühen Christen zu diskutieren. Eine der ersten Fragen war jedes Mal: „Wen meinst du eigentlich genau mit ‚den frühen Christen’?“

Lassen Sie mich also ein paar Begriffe definieren. Mit „frühe Christen“ beziehe ich mich hauptsächlich auf jene Christen, die zwischen 90 und 199 n. Chr. lebten. Zu Beginn dieser Periode lebte noch der Apostel Johannes. Unter der ersten Generation der frühen Christen waren Männer wie Polykarp, die noch persönlich von einem oder mehreren Aposteln unterwiesen wurden. Die Ära endet mit einem Mann, der nur eine Generation von Johannes entfernt war: Irenäus, der ein Schüler Polykarps war.

Mit „frühes Christentum“ meine ich den Glauben und die Praxis der weltweiten Gemeinschaft der frühen Christen, die untereinander eng verbunden waren und Austausch pflegten. Ich meine damit nicht den Glauben oder die Praxis von solchen, die von der Kirche als Irrlehrer bezeichnet wurden. So beschreibe ich also nicht das gesamte Feld, in dem Weizen und Spreu vermischt sind, sondern nur den Weizen (Matthäus 13,24–30).2

Obwohl sich dieses Buch auf die Christen, die zwischen 90 und 199 lebten, konzentriert, wurden die Überzeugungen und die Praktiken dieser frühen Christen auch von den Christen des nächsten Jahrhunderts generell beibehalten. Deshalb werden in der folgenden Diskussion auch Zitate von Autoren enthalten sein, die zwischen 200 und 313 lebten, sofern ihre Lehren mit denen jener übereinstimmen, die unmittelbar nach den Aposteln lebten.

Waren das die „frühen Kirchenväter“?

Wenn ich beginne, über die frühchristlichen Autoren zu erzählen, antworten die Zuhörer gewöhnlich: „Ah, du meinst die frühen Kirchenväter!“ Doch diese Männer waren keine Kirchenväter! Die meisten von ihnen waren ziemlich normale, hart arbeitende christliche Leiter mit überdurchschnittlicher Ausbildung. Sie wären höchst entrüstet gewesen, hätte man sie „Kirchenväter“ genannt, denn die einzigen Kirchenväter, die sie anerkannten, waren die Apostel.

Eigentlich ist es genau die Tatsache, dass diese Autoren keine Kirchenväter sind, die sie so wertvoll macht. Wären diese Männer die Urheber großer Theologie gewesen, hätten ihre Schriften für uns nur einen begrenzten Wert. Sie würden uns dann nur dokumentieren, welche Lehren diese „Ur-Theologen“ entwickelt hätten. Doch diese Männer schrieben keine theologischen Aufsätze. Tatsächlich kann niemand im zweiten Jahrhundert als Theologe in unserem modernen Sinn bezeichnet werden. In der ganzen vorkonstantinischen Kirche (die Kirche vor dem Konzil von Nizäa und der Verschmelzung mit dem Staat unter Kaiser Konstantin – Anm.d.Ü.) gab es auch keine wirkliche systematische Theologie.

Stattdessen setzten sich die frühchristlichen Schriften hauptsächlich aus folgenden Gattungen zusammen:

  1. Apologetische Werke, die Römern und Juden erklärten, was die allgemein anerkannten Lehren der Christen waren
  2. Werke, die das apostolische Christentum gegen Irrlehren verteidigten
  3. Briefwechsel zwischen einzelnen Gemeinden

Diese Schriften sind ein Zeugnis für die allgemein anerkannten Glaubenssätze und Praktiken der Kirche in der Zeit kurz nach dem Tod der Apostel. Deshalb sind sie so wertvoll.

Die einzige Person in der ganzen Periode von 90 bis 313, die wirklich als Theologe bezeichnet werden kann, ist Origenes. Doch Origenes hat seine Einsichten den anderen Christen nicht aufgezwungen; er war im Gegenteil einer der undogmatischsten Schreiber der frühchristlichen Zeit. Generell war das eine Ära, in der niemand besonders dogmatisch war in den Dingen, die über die wenigen grundlegenden Lehren des christlichen Glaubens hinausgingen.

Was bei den frühen Christen wirklich auffällt, ist der verhältnismäßige Mangel an eng definierten theologischen Dogmen. Je weiter man in ihrer Geschichte zurückgeht, desto weniger davon wird man finden. Nichtsdestotrotz gab es einige grundlegende Lehren und Praktiken, an die sich alle rechtgläubigen Christen hielten. Dieses Buch konzentriert sich auf diese gemeinsamen oder allgemein anerkannten Lehren und Praktiken.

Um dieses Ziel zu erreichen, stelle ich keine Lehren oder Praktiken als allgemein frühchristlich dar, wenn sie nicht folgenden Kriterien entsprechen:

  • Alle frühchristlichen Autoren, die dieses Thema erwähnen, haben dieselbe Meinung dazu; und
  • Zumindest fünf frühchristliche Autoren aus unterschiedlichen Regionen und zu unterschiedlichen Zeiten behandeln dieses Thema.

Die meisten der behandelten Themen in diesem Buch werden eigentlich durch das Zeugnis von mehr als fünf Autoren unterstützt.

Eine kurze Vorstellung acht wichtiger Autoren

Bevor wir die frühchristlichen Lehren betrachten, möchte ich Ihnen noch einige der Schreiber vorstellen, aus deren Werken ich hauptsächlich zitieren werde:

Polykarp – ein Jünger des Apostels Johannes

Polykarp, dessen Tod ich zu Beginn des Buches beschrieben habe, war den Gemeinden in Asien ein Vorbild im Glauben und in der Hingabe. Er war ein persönlicher Begleiter und Schüler des Apostels Johannes, der ihn offenbar als Aufseher oder Bischof in der Gemeinde von Smyrna eingesetzt hatte.3 Wenn die „Engel“ der sieben Gemeinden in der Offenbarung sich auf die Aufseher dieser Gemeinden beziehen, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass der „Engel“ der Gemeinde in Smyrna kein anderer als Polykarp war. Wenn das stimmt, dann ist es besonders bemerkenswert, denn Smyrna ist eine der zwei Gemeinden in der Offenbarung, an denen Jesus nichts auszusetzen hatte.

Polykarp erreichte ein Alter von wenigstens 87 Jahren und erlitt sein Martyrium um das Jahr 155 n. Chr.

Irenäus – das entscheidende menschliche Verbindungsglied zu den Aposteln

Einer von Polykarps persönlichen Schülern war Irenäus, der als Missionar nach Gallien ging. Als der Aufseher der Gemeinde in Lyon, Frankreich, in einer Verfolgung getötet wurde, wurde Irenäus zu seinem Nachfolger ernannt. Irenäus hatte in der ganzen Kirche einen guten Ruf, und er lebte bis über das Jahr 200 n. Chr. hinaus. Als Schüler von Polykarp, der ein Begleiter des Apostels Johannes war, dient uns Irenäus als ein wertvolles menschliches Verbindungsglied zur Zeit der Apostel.

Justinus – der Philosoph, der zum Evangelisten wurde

Zu Polykarps Lebzeiten begab sich ein junger Philosoph mit Namen Justinus auf eine geistliche Suche nach der Wahrheit. Eines Tages war er auf dem Weg zu seinem gewohnten Meditationsort, einem abgeschiedenen Feld mit Blick auf das Mittelmeer. Plötzlich bemerkte er einen alten Mann, der mit etwas Abstand hinter ihm her ging. Da er alleine sein wollte, wandte er sich um und blickte den älteren Mann unwillig an. Es stellte sich nun heraus, dass dieser alte Mann ein Christ war. Er begann ein Gespräch mit Justinus und fand heraus, dass dieser ein Philosoph war. Der alte Mann begann nun seelenforschende Fragen zu stellen, um Justinus zu helfen, die Unzulänglichkeit der menschlichen Philosophie zu erkennen. Als Justinus später daran zurück dachte, schrieb er: „Nachdem der Greis dies und noch vieles andere, was zu erzählen jetzt nicht Zeit ist, gesagt hatte, ging er fort mit der Bitte, ich möchte seine Worte befolgen. Ich habe ihn nicht mehr gesehen. In meiner Seele aber fing es sofort an zu brennen, und es erfasste mich die Liebe zu den Propheten und jenen Männern, welche die Freunde Christi sind. Ich dachte bei mir über die Lehren des Mannes nach und fand darin die allein verlässliche und nutzenbringende Philosophie.“4

Nachdem er ein Christ geworden war, trug Justinus weiterhin die typische Robe eines Philosophen, um damit zu zeigen, dass er die eine wahre Philosophie gefunden hatte. Er wurde nun zu einem Evangelisten für heidnische Philosophen und widmete sein Leben dem Ziel, gebildeten Römern zu helfen, die Bedeutung des Christentums zu verstehen. Seine Verteidigungsschriften sind die ältesten vollständigen christlichen Apologien, die erhalten sind. Justinus erwies sich als ein begabter Evangelist, der viele Römer bekehrte – gebildete und ungebildete gleichermaßen. Zuletzt plante eine Gruppe von Philosophen einen Anschlag gegen ihn, und er wurde verhaftet. Da er lieber sterben wollte, als Christus abzuschwören, wurde Justinus um 165 n. Chr. hingerichtet. Nach seinem Tod wurde er als „Justinus der Märtyrer“ bekannt.

Clemens von Alexandria – der Lehrer der Neubekehrten

Ein anderer Philosoph, der auf seiner geistlichen Suche nach der Wahrheit das Christentum fand, war Clemens. Nachdem er die Unzulänglichkeit der menschlichen Philosophie erkannte, wandte er sich dem Christentum zu. Nach seiner Bekehrung reiste er durch das ganze Römische Reich, um die Grundsätze des Christentums aus...

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