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E-Book

Zurück zur sozialen Marktwirtschaft!

Warum sich Ludwig Erhard im Grabe umdrehen würde

AutorUlrich Horstmann
VerlagFinanzBuch Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783862483969
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Ludwig Erhards Slogan 'Wohlstand für Alle' ist fast 60 Jahre nach der Veröffentlichung nur noch eine leere Phrase. Die Soziale Marktwirtschaft ist gänzlich aus dem Fokus der Politik verschwunden. Stattdessen agierten globale Kartelle, die in der Lage sind, selbst Regierungen gegeneinander auszuspielen. Die neuen 'Masters of the Universe', die Googles, Facebooks und Blackrocks dieser Welt, sind kaum zu fassende, multinationale Gebilde, die sich jedweder Reglementierung entziehen, wenig Steuern zahlen und als 'Dank' mit den Geheimdiensten dieser Welt zusammenarbeiten und mit sensiblen Informationen dealen. Politiker sind bestenfalls Randfiguren in einem Spiel, das sie längst nicht mehr verstehen. Mit hektischen Rettungsmaßnahmen vollauf beschäftigt, lassen sie einem Kasino-Kapitalismus freien Lauf, in dem nicht nur die Mitspieler mit gezinkten Karten spielen, sondern auch noch der Croupier manipuliert. Ulrich Horstmann deckt schonungslos die modernen Machtzirkel auf, nennt die Profiteure beim Namen und zeigt, was der Einzelne tun kann, um sich zu wehren.

Ulrich Horstmann studierte zunächst Betriebswirtschaftslehre in Bochum, danach in Trier mit finanzwirtschaftlichem Schwerpunkt und schloss an der Wirtschaftsuniversität Wien mit Promotion zum Dr. rer. soc. oec. ab. Seit 1989 ist Ulrich Horstmann in mehreren Finanzinstituten im Research tätig. Er blickt damit auf eine über 20-jährige Erfahrung in den Bereichen Volkswirtschaft und Unternehmensanalyse innerhalb von Banken zurück. Darüber hinaus arbeitete er in diesem Themenfeld eng mit den Medien zusammen. Im FinanzBuch Verlag sind bisher von ihm erschienen: Die Währungsreform kommt, Womit wir morgen zahlen werden, Die geheime Macht der Ratingagenturen, Alles, was Sie über Das Kapital im 21. Jahrhundert von Thomas Piketty wissen müssen

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Leseprobe

1. Vermachtete Wirtschaft


Prognosen erzählen mehr über den, der sie aufstellt, als über die Zukunft.

Warren Buffett, US-Großinvestor2

1.1 Vorbemerkungen


Finanzanalysten sind für den Kapitalismus noch gefährlicher als Kommunisten, weil sie nur in Quartalszahlen denken.

Peter Brabeck-Letmathe, Aufsichtsratsvorsitzender der Nestlé AG3

Die Welt ist in Unordnung geraten. Statt der Sozialen Marktwirtschaft leben wir in dem rauen Klima eines Finanzmarktkapitalismus, den die meisten Bürger vermutlich so nie haben wollten. Aber wer klärt hier auf? Die schnelllebige Medienwelt ist an einfachen Storys interessiert, die hohe Auflagen garantieren. Eine tiefer gehende Analyse unserer politischen und wirtschaftlichen Situation fehlt oftmals, ist aber lohnenswert – vielleicht gerade deshalb.

Wir stehen in einem Wettbewerb der Systeme, was nicht losgelöst von den führenden Treibern in der Wirtschaft zu beurteilen ist. Werfen wir einen Blick auf die Vereinigten Staaten, nach wie vor auch wirtschaftlich die globale Führungsmacht. Es fällt nicht schwer, gerade bei Betrachtung der Nachrichten der jüngeren Zeit, ein wirtschaftspolitisches Bild der USA zu entwerfen, das den hierzulange gewachsenen Vorstellungen einer Sozialen Marktwirtschaft klar widerspricht.

So hat sich in den USA ein immer größerer militärisch-finanzieller Komplex herausgebildet. Mit einem Riesenvorsprung gegenüber allen anderen Staaten verfügt das Land über ein Waffenarsenal, das weltweit die »Pax Americana« sichert. In der Regel genügt bereits die bloße Androhung eines Eingreifens: Medienwirksam wird das Bild von einem oder mehreren Flugzeugträgern präsentiert – und ein potenzieller Konflikt ist rasch entschärft. Selbstverständlich geht es nicht allein um die Sicherung der Werte »Freiheit« oder »Demokratie«. Wenn überhaupt. Die USA und ihre engsten Verbündeten verfolgen – ebenso wie auf der Gegenseite beispielsweise China – strategische Interessen, insbesondere die Sicherung der eigenen Rohstoffversorgung. Gleichzeitig verkörpern die Vereinigten Staaten das am höchsten entwickelte Finanzsystem, das hier aufgrund des Eignerverbunds aus Investmentbanken und Ratingagenturen als »vermachtet« bezeichnet wird. Es bildet einen Closed US-Shop. Darauf werde ich später noch eingehen. Dieser Verbund zwischen Industrie und Militär einerseits und der Finanzierung andererseits schafft eine enorme Schlagkraft nach außen. Es ist jedoch eine militärische (und damit politische) Macht auf Pump. Kein Land ist so hoch verschuldet wie die USA. Die monströsen Schulden sind Ausdruck eines (auch ökologisch betrachtet) »American Way of Life«, in dem über die eigenen Verhältnisse gelebt wird. Es wird zu viel konsumiert, vor allem aber wurde eine Militärmaschinerie geschaffen, die längst ihre Finanzierungsgrenzen überschritten hat. Mit dem US-Dollar als global führende Währung, die für wesentliche Güter wie Rohstoffe als Abrechnungseinheit gilt, wird die politische Macht abgerundet, die in der Lage ist, andere Staaten zu erpressen oder, im übertragenen Sinn, tributpflichtig zu machen. Der Wert der Freiheit, des Wettbewerbs (durch die mangelnde Verhinderung von Kartellen, wenn nicht gar die Förderung von Monopolmacht) und die Finanzstabilität kommen so zu kurz: Die amerikanische Notenbank Fed, die überspitzt als ein Joint Venture der Investmentbanken angesehen werden kann, steht u. a. durch die Eignerschaft von Finanzinstituten unter dem Druck finanzieller Interessen vermachteten Kapitals, was sich in ihrer Dauerniedrigzinspolitik zeigt.

Weiterhin stützt sich die amerikanische Dominanz auf die US-Geheimdienste, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 massiv ausgebaut wurden, sowie die Energiemacht und die Vorrangstellung auf dem Gebiet der Massenmedien. Von den ausgedehnten Spionageaktivitäten, insbesondere der NSA, die auch das Feld das Wirtschaftsspionage umfassen und bei der hochtechnologische Sicherheits- und Überwachungssysteme zum Einsatz kommen, sind auch die eigenen Verbündeten nicht ausgenommen, wie die jüngsten Abhörskandale deutlich zeigten.

Die US-amerikanische Energiemacht wird durch das immer öfter eingesetzte Fracking verstärkt; diese Methode der Gasgewinnung sichert die Autarkie bei vergleichsweise niedrigen Kosten. Ebenfalls von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist die amerikanische Medienmacht. Internet, Fernsehen und Kino sind US-dominiert. In ähnlicher Weise ist das weltweite Wissen vor allem US-bestimmt, nicht zuletzt durch die Durchsetzung von Englisch als global wichtigste Sprache, die auch im Wissenschaftsbereich entscheidend ist. Wer nicht auf Englisch publiziert, gehört nicht dazu. In anderen Sprachen veröffentlichte Publikationen fristen in der Regel ein Nischendasein. Die großzügige Hochschulfinanzierung durch Finanzinstitute und Industrie in den USA sorgt dazu für eine Steuerung des Wissens und Denkens (»Mindsetting«). Wer zahlt, gibt den Ton an. So werden US-Kartell- oder Monopolinteressen gestützt. Auch wenn das reichlich plakativ klingt: Die etwas holzschnittartigen Zuordnungen helfen, Unterschiede – hier zur Sozialen Marktwirtschaft (die später noch thematisiert wird) – besser herauszuarbeiten und zumindest die jüngsten Entwicklungen seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 besser zu verstehen.

Wie gesagt, die Welt ist in Unordnung geraten. Dies betrifft insbesondere die Finanzwelt, deren Instabilität nach wie vor besorgniserregend ist. Mit zu wenig Eigenkapital wird ein Kasinokapitalismus zulasten der Gesellschaft forciert. Nach Ausweis der Meldungen über Zins-, Devisen- und Edelmetallpreismanipulation wurde anscheinend sogar mit gezinkten Karten gespielt. Die Interessen der gut verankerten und vernetzten Anleger und Finanzinstitutionen lassen sich bestens durchsetzen. Die der Bürger und insbesondere der Arbeitnehmer dagegen nicht. Durch die hohe Einkommensbesteuerung im Vergleich zum flüchtigen und viel niedriger besteuerten Kapital werden die Bürger notgedrungen zu Dauersubventionierern.

Falls die Regulierungen einzelner Staaten zu scharf werden, siedeln sich Hedgefonds dort an, wo sie ohne die aus ihrer Sicht störenden Restriktionen bzw. unbehelligt ihren Geschäften nachgehen können. Der Geist des fehlgelenkten Kasinokapitalismus ist aus der Flasche und es ist nicht erkennbar, wie der internationale »Laxheitswettbewerb« gestoppt werden kann. Zu viel billiges Geld wurde durch die Notenbanken in die Finanzmärkte gepumpt. Geschwindigkeit ist jetzt Trumpf. Entscheidend ist die schnelle Rendite, die über laufend verbesserte Rechnerleistungen im Bruchteil von Sekunden erzielt wird. Die Automatisierung im Finanzbereich ist der Industrie weit vorausgeeilt.

Doch wie kommt man aus dem Teufelskreis hinaus? Die Gier und die erzielten hohen Kapitalrenditen im Finanzsektor stehen im Kontrast zu den Ertragspotenzialen in der Realwirtschaft, d. h. im Nicht-Finanzsektor. Es ist wie gesagt vor allem zu viel Geld im Umlauf, die entwickelten Staaten haben zu viele Schulden aufgetürmt. Wie löst sich der finanzielle Druck in den nächsten Jahren? Kommt es zu einer finanziellen Repression, d. h. einer langsamen Enteignung der Sparer, zu einer Deflation (wie bereits seit vielen Jahren in Japan) oder zu sanierenden Währungsreformen? Im Prinzip ist alles möglich. Fragen über Fragen.

Welchen Beitrag für sinnvolle Antworten und passende Anlagen kann eine unabhängige Finanzanalyse liefern, die eben nicht Teil des umverteilenden Finanzsystems ist? Oder sind Analysten mangels Reformen dazu verdammt, Handlanger dieses ausbeuterischen Systems zu bleiben, in dem die untere Mittelschicht, die auf ihre Arbeitseinkommen angewiesen ist, nach unten abrutscht, weil der ehrliche Sparer der Dumme ist? Denn dieses nicht geschützte Sparerkapital wird im Notfall enteignet zugunsten des systematisch ­gestützten Kapitals, den Staatsanleihen und den sie ankaufenden Finanzinstituten, die im Gegenzug Freiräume erhalten zum Zocken mit wenig Eigenkapital – und sich, wenn’s schiefläuft, einfach von den Steuerzahlern retten lassen.4

Fazit

Es bleibt vor diesem Hintergrund die Kernfrage, welche Lehren aus der Finanzkrise gezogen wurden. Die bisherigen Regulierungen führten eher zu einer Verrechtlichung, statt den Anlegern bessere Investments zu ermöglichen. Die Finanzbranche schützt sich weiter selbst vor den berechtigten Ansprüchen der Kunden.

1.2 Erste Anfänge


Sie (gemeint ist das Frankfurter Handelsblatt, Anm. des Autors) wird die deutschen Actiengesellschaften besonders ins Auge fassen, den Fortgang ihrer Unternehmungen kritisch beleuchten und so weit als möglich die inneren und äußeren Ursachen würdigen, welche auf deren Werth Einfluß haben.

Zielsetzung des Frankfurter Handelsblatts5

Mit der Industrialisierung, der Ausweitung des internationalen Handels und der damit einhergehenden Börsenexpansion entstanden weltumspannende Konzerne. Ungezügelt durch eine Ordnungspolitik, die die Macht einschränkte, wurden die neuen Großunternehmen zunehmend als Teil einer vermachteten Marktwirtschaft kritisiert:6 »Die sogenannte Freie Wirtschaft war eine vermachtete Wirtschaft. Die Freiheit war in ihr auch dazu gebraucht, Kartelle, Konzerne, Trust und Pools zu bilden, die ihre Märkte beherrschten. So im Kohlenbergbau, in der eisenschaffenden Industrie, in der...

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