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E-Book

Zwölf Jahre Ein Sklave, Band 2

12 Years A Slave

AutorSolomon Northup
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl107 Seiten
ISBN9783849642983
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Dies ist Band 2 der Trilogie 'Zwölf Jahre Ein Sklave', die detailgetreue Übersetzung des Bestsellers '12 Years A Slave', verfilmt 2013, bereits heute ausgezeichnet mit dem Golden Globe als Bester Film und einer der ersten Anwärter auf den Oscar. Neben dem Buch enthält diese Edition auch einen detaillierten Essay über die Geschichte der Sklaverei. 'Zwölf Jahre Ein Sklave' ist die Geschichte des Solomon Northup, der - obwohl als freier Mann geboren - zwölf lange Jahre versklavt wurde. Northups Geschichte war nicht nur eine der ersten ihrer Art, sondern auch eine der prägnantesten, informativsten und unverfälschtesten. Versklavt für Jahre und mehrfach weiterverkauft musste er die Peitsche, Hunger und Beleidigungen ertragen. Umso beeindruckender ist sein Bericht. Northup war ein freier Bürger des Bundesstaats New York, als man ihn kidnappte und am Red River in Louisiana in die Sklaverei verkaufte. Dort wurde er zwölf Jahre getrieben, ausgepeitscht und von brutalen Plantagenbesitzern herumgestoßen bis ihn ein Freund aus dem Norden rettete und mit seiner Familie zusammenführte. Trotz seiner schrecklichen Leidensgeschichte ist es ihm gelungen, sein Unglück so gerecht wie möglich zu beschreiben - eine nicht unbedeutende Leistung, zu der nur wenige in seiner Situation fähig gewesen wären. Die feinsinnigen Beobachtungen und bedächtigen Abschätzungen des hochintelligenten Northup machen 'Zwölf Jahre Ein Sklave' zu einem überragenden Zeitzeugnis der Sklaverei. Als historisches Dokument schlägt es die bezaubernd einfache Geschichte des Vaters Henson um Längen. Geduldig, verlässlich und ohne Bosheit erzählt ist es wertvoller als die Geschichte von Beecher-Stowes Märtyrer 'Onkel Tom' und ein stärkeres Argument gegen die Sklaverei als es die Berge von argumentativen Schriften und ethischen Diskurse jemals sein können.

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Leseprobe

Kapitel 9


 

Als die Sonne an diesem Tag den Zenit erreichte wurde es unerträglich heiß. Ihre heißen Strahlen versengten den Boden. Die Erde verbrannte fast den Fuß, der sich auf ihr bewegte. Ich hatte weder Jacke noch Hut und war der brennenden Glut barhäuptig ausgesetzt. Große Schweißtropfen rollten mein Gesicht hinunter und tränkten die spärliche Kleidung, die ich anhatte. Am Zaun, nicht weit weg, warfen die Pfirsichbäume ihren köstlichen Schatten auf das Gras. Ich hätte nur zu gerne ein langes Jahr meiner Dienste für die Möglichkeit gegeben den Glutofen, in dem ich stand, gegen einen kühlen Stuhl unter ihren Ästen zu tauschen. Aber ich war immer noch gefesselt, hatte den Strick um den Hals und stand exakt da, wo Tibeats und seine Kumpane mich verlassen hatten. Ich konnte mich keinen Zentimeter bewegen, so eng hatte man mich gebunden. Wenn ich mich wenigstens gegen die Weberei hätte lehnen können, wäre das schon ein Luxus gewesen. Aber das Gebäude war weit außerhalb meiner Reichweite und doch nur fünf oder sechs Meter weg. Der Boden war glühend heiß und ausgedörrt und machte meine Lage nicht gerade besser. Wenn ich meine Position nur etwas verändern hätte können, nur ein ganz kleines bisschen, wäre das schon einer unermesslichen Linderung gleich gekommen. Aber die heißen Strahlen der südlichen Sonne, die den ganzen langen Sommertag auf meinen Kopf brannten, waren nicht halb so schlimm wie die Schmerzen in meinen Gliedern. Meine Hand- und Fußgelenke und die Sehnen in meinen Beinen und Armen begannen anzuschwellen und gruben das Seil, das sie einschnürte, immer tiefer ins wunde Fleisch.

 

Chapin lief den ganzen Tag auf der Veranda hin und her, aber kam nicht ein einziges Mal zu mir. Er war die Nervosität in Person und schaute ständig zu mir und dann wieder zur Straße, als ob er jeden Moment jemanden erwarten würde. Er ging nicht wieder auf die Felder, wie er es sonst tat. Sein Gebaren verhieß mir, dass er offensichtlich damit rechnete, dass Tibeats mit mehr und besser bewaffneter Unterstützung zurückkehren und den Kampf wieder aufnehmen würde; genau so klar war, dass er sich dazu entschlossen hatte, mein Leben zu verteidigen, koste es was es wolle. Warum er mich nicht erlöst hat, warum er mich dazu verdammte, den ganzen langen Tag diesen Qualen ausgesetzt zu sein, ich habe es nie erfahren. Sicher ging es ihm nicht um meine Sympathie. Vielleicht wollte er, dass Ford den Strick um meinen Hals und die brutale Art meiner Fesselung sah; vielleicht war die ihm nicht zustehende Einmischung in den Besitz eines anderen eine Gesetzesübertretung, für die er sich vor Gericht würde verantworten müssen. Auch warum Tibeats den Rest des Tages fernblieb war ein Mysterium, das sich mir nie erschlossen hat. Er wusste nur zu gut, dass Chapin ihn nicht verletzen würde, solange er nicht weiter darauf aus wäre, mich fertig zu machen. Lawson hat mir später erzählt, dass er die drei auf der Plantage von John David Cheney gesehen hat und dass sie sich umgedreht haben, als er vorbeigeprescht ist. Ich denke, dass Tibeats der Annahme war, dass Lawson von Aufseher Chapin ausgesandt worden war um die benachbarten Pflanzer zu alarmieren und sie zu bitten, ihm zu Hilfe zu eilen. Daher hat er wohl nach dem Prinzip gehandelt, dass "Umsicht der bessere Teil des Mutes" sei und ist uns ferngeblieben.

 

Aber welche Beweggründe den feigen und böswilligen Tyrannen geleitet haben ist eigentlich ganz egal. Ich stand immer noch in der gleißenden Mittagsonne und stöhnte vor Schmerzen. Meine letzte Brotkrume hatte ich lange vor Tagesanbruch zu mir genommen. Langsam wurde mir schwindlig vor Schmerz, Durst und Hunger. Nur einmal am Tag, während der größten Hitze, wagte Rachel es zu mir zu kommen und hielt mir einen Becher Wasser an die Lippen. Sie hatte wohl zu viel Angst, gegen die Wünsche des Aufsehers zu handeln. Das demütige Geschöpf hat die Segenswünsche, die ich für sie ob dieses Balsamtranks ausgesprochen habe, nie gehört – noch hätte sie sie verstanden. Sie sagte nur "Oh, Platt, du tust mir so leid", dann eilte sie zurück zu ihrer Küchenarbeit.

 

Noch nie hat die Sonne so lange auf ihrem Weg durch den Himmel gebraucht, nie hat sie so glühende und feurige Strahlen auf die Erde geschickt als an diesem Tag. So kam es mir zumindest vor. Ich werde hier nicht versuchen zu beschreiben, worüber ich an diesem Tag sinnierte, was die unzähligen Gedanken, die mein gepeinigtes Hirn durchzogen, mir sagten. Es muss genügen, dass ich an diesem unseligen Tag nicht ein einziges Mal auf den Gedanken gekommen wäre, dass der Sklave des Südens, gefüttert, gekleidet, ausgepeitscht und beschützt von seinem Herrn, ein glücklicheres Leben führt als der freie farbige Bürger des Nordens. Zu diesem Schluss bin ich übrigens nie gelangt. Allerdings gibt es in den Nordstaaten durchaus viele wohlwollende und gut betuchte Bürger, die dies anders sehen und alle möglichen Argumente finden, um diese Vermutung zu unterstützen. Aber wehe ihnen! Sie haben nie aus dem bitteren Becher der Sklaverei getrunken, wie ich das getan habe.

 

Bei Sonnenuntergang machte mein Herz einen Satz vor unbändiger Freude: Ford kam in den Hof geprescht - sein Pferd hatte Schaum an den Lippen. Chapin erwartete ihn an der Tür und nach einer kurzen Unterhaltung kam er rüber zu mir.

 

"Armer Platt, du siehst schrecklich aus", war das einzige, was seinen Lippen entfleuchte.

 

"Gott sei Dank!", sagte ich, "Gott sei Dank, Master Ford, dass sie endlich da sind."

 

Er zog ein Messer aus seiner Tasche und schnitt voller Entrüstung das Seil von meinen Handgelenken, Armen und Knöcheln. Dann zog er die Schlingen von meinem Hals herunter. Ich versuchte zu gehen, schwankte aber wie ein Betrunkener und wäre fast hingefallen.

 

Ford kehrte sofort zum Haus zurück und ließ mich allein. Als er den Vorplatz erreichte, ritten Tibeats und seine beiden Kumpane in den Hof. Es folgte eine lange Konversation. Ich konnte den Klang ihrer Stimmen hören, Fords sanfte Töne und die bellenden Laute von Tibeats – aber ich konnte nicht wahrnehmen, wer was sagte. Dann trennten sich die drei und man sah sofort, dass sie alle nicht erfreut waren.

 

Ich versuchte den Hammer zu heben und wollte Ford damit zeigen, wie willig ich war, weiterzuarbeiten. Aber er fiel aus meiner gefühllosen Hand. Bei Dunkelheit kroch ich in die Hütte und legte mich auf den Boden. Bald waren auch die Helfer von den Feldern zurück. Eliza und Mary brieten mir ein Stück Bacon, aber ich hatte keinen Appetit. Dann mörserten sie etwas Maismehl und setzten Kaffee auf. Alle versammelten sich um mich und stellten viele Fragen über meine Probleme mit Tibeats an diesem Morgen. Sie wollten genauestens wissen, was den Tag über passiert war. Dann kam Rachel herein und erzählte die Geschichte mit ihren einfachen Worten. Sie wiederholte und schwelgte besonders in dem Tritt, der Tibeats zu Boden gehen ließ – woraufhin ein großes Kichern unter den Zuhörern einsetzte. Dann beschrieb sie wie Chapin mit den Pistolen herauskam und mich rettete und wie mir Master Ford voller Wut die Fesseln mit seinem Messer durchschnitt.

 

Zu dieser Zeit war auch Lawson wieder da. Er erzählte begeistert von seinem Ritt nach Pine Woods - wie das braune Maultier ihn so schnell wie ein Blitz getragen hatte – wie erstaunt alle waren, als er vorbeiflog – wie Master Ford sofort aufbrach – wie er sagte, dass Platt ein guter Nigger sei und dass man ihn nicht umbringen dürfe. Er schloss seine Ausführungen mit der Andeutung, dass es wohl außer ihm kein anderes menschliches Wesen auf diesem Planeten geben dürfte, das in der Lage war, so viel Aufsehen auf der Straße zu erregen, wie er an diesem Tag auf seinem braunen Maultier.

 

Die liebevollen Geschöpfe überhäuften mich mit ihren mitfühlenden Worten und sagten, dass Tibeats ein harter, grausamer Mensch sei und dass sie hofften, dass mich "Massa Ford" wieder zurückkaufen könne. So verging die Zeit; immer aufs Neue diskutierte, plauderte oder ereiferte man sich über diesen aufregenden Tag – bis Chapin plötzlich an der Tür stand und mich rief.

 

"Platt", sagte er, "du wirst heute Nacht auf dem Boden im "großen Haus" schlafen; nimm deine Decke mit."

 

Ich stand auf so schnell es ging, nahm meine Decke und folgte ihm. Auf dem Weg meinte er, dass es ihn nicht wundern würde, wenn Tibeats noch vor dem Morgen wiederkäme – dass er mich töten wolle – und dass es ihm egal wäre, ob es Zeugen gab oder nicht. Selbst wenn er mir vor hundert Sklaven mitten ins Herz gestochen hätte, kein einziger der Anwesen hätte ihn gemäß den Gesetzen von Louisiana belasten können.

 

Ich legte mich im "großen Haus" auf den Boden und versuchte zu schlafen. Es war das erste und einzige Mal in meinen zwölf Jahren als Sklave, dass ich einen so prächtigen Schlafplatz hatte. Gegen Mitternacht schlug der Hund an und bellte. Chapin stand auf und schaute durchs Fenster, konnte aber nichts erkennen. Schließlich gab der Hund Ruhe. Als Chapin in sein Schlafzimmer zurückkehrte sagte er:

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