Schöne digitale Welt?

SMS und Social Media aus Sicht des Arbeitsrechts

Die SMS wird 20 Jahre alt. Am 3. Dezember 1992 erblickte die Kurznachricht mit dem Inhalt „Merry Christmas“ das Licht der Welt. Seitdem erobert die „Short Message Service“ die Welt. Nachdem sie anfangs vor allem für private Zwecke genutzt wurde, hält sie seit einigen Jahren auch Einzug in den Geschäftsalltag. Ihre Möglichkeiten hier sind jedoch begrenzt. Professor Dr. Stefan Nägele, Dozent für Arbeitsrecht bei der AKAD Bildungsgruppe und Inhaber einer Kanzlei für Arbeitsrecht in Stuttgart, weiß: „SMS spielen trotz ihrer stetig wachsenden Popularität in der Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur eine untergeordnete Rolle. Interessanter ist da schon das Thema Social Media.“

Im Jahr 2000 gingen in Deutschland rund 11 Milliarden SMS über den Äther, 2011 waren es bereits mehr als viermal so viele, rund 46 Milliarden Kurzmitteilungen. Dennoch sind sie im Arbeitsalltag kein großes Thema. „Kündigungen müssen beispielsweise, ob sie nun vom Arbeitnehmer oder Arbeitgeber getätigt werden, weiterhin entsprechend Paragraph 623 BGB schriftlich und mit Originalunterschrift erfolgen“, erklärt Professor Dr. Stefan Nägele. Ein Fax oder ein eingescanntes PDF würden demnach nicht ausreichen, denn dabei wird nur die Kopie der Unterschrift übermittelt. Allerdings kann der Inhalt einer SMS durchaus zum Kündigungsgrund werden. Professor Nägele weiß von einem Fall, bei dem ein Arbeitgeber per SMS einem Kollegen schriftlich drohte – das Resultat war, unter Berücksichtigung der weiteren bedenklichen Kommunikation, eine Kündigung für den Drohenden. „Solche gravierenden Fälle sind in der Berufspraxis jedoch äußerst selten“, relativiert Professor Nägele.

„Der potenzielle Arbeitgeber darf mich nicht ‚erschnüffeln’.“ Anders dagegen verhält es sich bei den sozialen Netzwerken. Diese sind aus beruflicher Sicht durchaus kritisch zu betrachten. Auf Seiten der Arbeitgeber stellt sich beispielsweise die Frage, ob man einen Bewerber im Netz auskundschaften darf. Professor Nägele: „In der Rechtsprechung lässt sich hier ein Trend erkennen. Nämlich dass Informationen, die jemand auf beruflichen Plattformen wie LinkedIn oder XING hinterlässt, ausgewertet werden dürfen. Der potenzielle Arbeitgeber darf mich aber nicht ‚erschnüffeln’. Wenn er mich zum Beispiel auf den privaten Plattformen durchleuchtet, könnte er sich ja auch vor meine Haustür stellen und schauen, was ich heute auf den Grill lege, ob ich Fleisch oder Fisch esse. Ob ich am Sonntag in die katholische, evangelische oder gar keine Kirche gehe. Da es sich jedoch um mein Privatleben handelt, greift hier das Recht auf Privatsphäre“, weiß Professor Nägele.

Die Loyalitätspflicht muss auch in den privaten, sozialen Netzwerken beachtet werden. Anders sieht es aus, wenn es statt um eine Bewerbungsphase um ein bestehendes Arbeitsverhältnis geht – dann müsse der Arbeitnehmer seine Loyalitätspflicht auch in den privaten, sozialen Netzwerken beachten. „Wenn jemand, wie früher am Stammtisch, mal über seinen Arbeitgeber schimpft, kräht in der Regel kein Hahn danach. Wenn ich den Zuhörerkreis jedoch nicht einschränke, sondern der gesamten Facebook-Community meine Meinung zum eigenen Unternehmen mitteile oder die Geschäftsführung beleidige oder betriebsinterne Geheimnise hinaus posaune, kann es Probleme geben“, erklärt Professor Nägele. Zwar käme es dann in den seltensten Fällen zu einer Kündigung, aber eventuell zu einer Ermahnung, in ernsteren Fällen auch zu einer Abmahnung. Eine allgemeingültige Rechtssprechung gibt es diesbezüglich aber noch nicht. „Wir arbeiten hier mit Gesetzen, die zum Teil hundert Jahre alt sind und versuchen, diese auf die neueren Sachverhalte anzuwenden. Das ist natürlich nicht immer leicht. Viele Unternehmen versuchen dem Ernstfall vorzubeugen, indem sie ihren Mitarbeitern Social Media-Guidelines an die Hand geben“, so Professor Nägele.

Unternehmen haben das Potenzial der Social Media erkannt. Haben sich anfangs viele Firmen gesperrt mit den Social Media zu arbeiten, haben die meisten zumindest ein kurzes Profil ihres Unternehmens auf XING, Facebook und Co eingerichtet. Professor Nägele vermutet, dass die Arbeitgeber langsam erkennen, dass sie das Interesse ihrer Belegschaft sich auf den Social Media Plattformen zu tummeln, nutzen können, um ganz eigene Interessen zu lancieren: „Ich glaube, in den Unternehmen werden zukünftig vermehrt Leute speziell dafür eingestellt, sich in diesen Foren zu bewegen und zu schauen, was über das Unternehmen gesagt wird – und positive Meldungen des Unternehmens zu streuen. Social Media werden damit zu wichtigen Werbeplattformen nach außen, aber auch ins Unternehmen hinein.“

Meine Freunde? Deine Freunde? Mit der Nutzung der Social Media im werblichen Sinne ergeben sich dann auch schon die nächsten Fragestellungen: „Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten im Vertrieb eines großen Unternehmens und posten in den Social Media, dass Sie gerade auf der Messe waren und das Produkt Ihrer Firma super ankam. Das Ganze führen Sie auch noch in einem kleinen Video auf Youtube vor und posten Bilder dazu auf Ihrer Facebook-Seite – und plötzlich kriegen Sie ganz viele Freunde, die das Produkt auch super finden. Nun stellt sich die Frage: Wem gehören diese neuen ‚Freunde’ – dem Unternehmen oder Ihnen? Bei solchen Fragestellungen stecken wir rechtlich gesehen noch in den Kinderschuhen.“

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