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Selektives Lasersintern (SLS) mit Kunststoffen

Technologie, Prozesse und Werkstoffe

AutorManfred Schmid
VerlagCarl Hanser Fachbuchverlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl130 Seiten
ISBN9783446445505
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Das selektive Lasersintern (SLS) mit Kunststoffen wird aktuell als das additive Fertigungsverfahren betrachtet, welches zukünftig am ehesten in der Lage sein wird die Grenze zwischen Prototypenbau und Funktionsbauteilen dauerhaft zu überwinden. Dieser Schritt ist erheblich, denn er bedeutet, dass die Technologie Anforderungen erfüllen muss, welche auch für traditionelle und etablierte Produktionsverfahren gelten. Nur wenn dieser Schritt gelingt, kann zukünftig eine breite Industrieakzeptanz erwartet werden. Dazu müssen alle Ebenen der SLS-Prozesskette betrachtet werden:
- aktuelle Maschinenkonzepte
- wesentliche Prozessabläufe, vor und während des Bauprozesses
- spezifische Anforderungen der Kunststoffe für den SLS-Prozess
- mögliche Herstellungsprozesse für geeignete Kunststoffpulver und deren Eigenschaftsbewertung.
- mechanische Eigenschaften und die Dichte von SLS-Bauteilen
- ausgewählte Bauteilbeispiele, deren konstruktive Besonderheiten und Grenzen beim SLS-Verfahren
- konkrete Vorteile von SLS-Teilen gegenüber Kunststoffbauteilen, welche mit anderen kunststoffverarbeitenden Prozessen (z. B. Spritzguss) hergestellt wurden

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Leseprobe
1Einführung
1.1Fertigungstechnik

Die Produktion bzw. die Fertigung ist ein Prozess, bei dem Produkte (Teile, Güter oder Waren) hergestellt werden. Die Produkte werden innerhalb des Vorgangs aus anderen Teilen (Halbzeug) erhalten oder aus anderen Materialien geschaffen. Die Fertigung kann per Hand oder maschinell erfolgen.

Die verschiedenen Fertigungstechnologien werden im Fachgebiet der Fertigungstechnik behandelt. Gemäß DIN 8580 wird folgende Einteilung von Fertigungsverfahren (Verfahren zur Herstellung geometrisch bestimmter fester Körper) vorgenommen:

  • Urformen: Ein fester Körper entsteht aus formlosen Stoffen (flüssig, pulvrig, plastisch); der Zusammenhalt wird geschaffen z. B. durch Gießen, Sintern, Brennen oder Verbacken.

  • Umformen: Formänderung eines Körpers durch bildsames (plastisches) Ändern, ohne dass die Werkstoffmenge geändert wird (z. B. Biegen, Ziehen, Pressen oder Walzen).

  • Fügen: Zuvor getrennte Werkstücke werden in eine feste Verbindung überführt (z. B. Kleben, Schweißen oder Löten).

  • Trennen: Änderung der Form eines festen Körpers; der Zusammenhalt wird ortsaufgelöst aufgehoben (typischerweise abtragende Verfahren wie Schleifen oder Fräsen).

  • Beschichten: Oberflächenveredelung aller Art (z. B. Lackieren, Verchromen usw.).

  • Stoffeigenschaften ändern: Umwandlung durch Nachbehandlung (z. B. Härten).

Die in den letzten drei Jahrzehnten entstandenen verschiedenen Technologien, die den Additiven Fertigungsverfahren zugerechnet werden (siehe z. B. ISO 17296-2:2015), werden typischerweise den Urform-Verfahren zugeteilt.

Pulver, Schmelze oder Flüssigkeiten werden mittels verschiedener Energiequellen oder durch chemische Reaktionen in neuartige Bauteile umgewandelt. Ein fester Körper entsteht aus zuvor formlosen Stoffen. Die finalen Eigenschaften der Bauteile entstehen also erst während der Herstellung; d. h., die Bauparameter bestimmen über die Endeigenschaften der Bauteile mit.

1.2Additive Fertigung

Prozesse der additiven Fertigung finden immer Schicht für Schicht statt, sodass gelegentlich auch von Schichtbauverfahren gesprochen wird. In der ASTM-Norm F2792 12 a wird die additive Fertigung (engl.: additive manufacturing, AM) folgendermaßen definiert:

Additive manufacturing (AM), n:
Processes of joining materials to make objects from 3D model data, usually layer upon layer, as opposed to subtractive manufacturing fabrication methodologies.

Durch diese ASTM-Definition ist also der schichtweise Aufbau der Objekte (engl.: layer upon layer) festgelegt. Die Form des Bauteils liegt als elektronischer Datensatz im Computer vor, der die Entstehung des Bauteils direkt steuert (engl.: direct digital manufacturing). Eine klare Abgrenzung zu den subtraktiven, zerspanenden Verfahren ist damit definiert.

Den additiven Verfahren ist also gemeinsam, dass zur Erzeugung eines Bauteils schrittweise Material zusammengefügt wird und zwar nur dort, wo ein Bauteil aufgebaut werden soll. Im Gegensatz dazu stehen die klassischen subtraktiven Methoden, bei welchen von einem Halbzeug durch spanabhebenden Techniken wie Fräsen, Bohren und Drehen das Material weggenommen (subtrahiert) wird, um das gewünschte Teil zu erzeugen.

Dadurch dass bei der additiven Fertigung die Bauteile schichtweise, sozusagen zweidimensional, entstehen, spielt die Komplexität der Teile in der dritten Dimension während dem Aufbau eine untergeordnete Rolle. Bauteile mit nahezu beliebiger 3D-Komplexität können so gebaut werden.

Im Grundsatz benutzt der Mensch das Prinzip der additiven Fertigung, also nur dort Material zusammenzufügen, wo es wirklich gebraucht wird, seit der Urzeit. Nahezu jedes Haus entsteht additiv. Bausteine werden schichtweise zu Wänden zusammengefügt. Eine Wand entsteht nur da, wo sie gebraucht wird, und am Ende des Bauprozesses ist zuvor leerer Raum mit festem Material umgeben.

Kaum jemand kommt auf die Idee, aus einem zuvor gefertigten Betonblock mit Hammer und Meißel eine Wohnung herauszuarbeiten. Dennoch gibt es einige Ansätze in der Geschichte Gebäude, mit subtraktiven Technologien zu erstellen. Das Bild 1.1 zeigt einen Versuch dazu (Weltkulturerbe Petra, Jordanien).

Bild 1.1 Erstellung eines Gebäudes mit subtraktiver Technologie [Quelle: A. Strub]

Unter dem Begriff „Rapid Prototyping (RP)“ sind additive Fertigungstechnologien in der Industrie bereits seit langem bekannt. Rapid Prototyping wurde und wird vorwiegend für den Modellbau und in der Produktentwicklung in vielen Industriezweigen breit eingesetzt, um Designmuster zu erhalten und/oder eine Verkürzung der Entwicklungszyklen zu erzielen.

Was den Fachleuten also längst bekannt war, hat unter dem Titel „3D-Drucken“ einen medialen Hype ausgelöst, der die Verfahren nun vermehrt auch in das Licht der öffentlichen Wahrnehmung gerückt hat. Allerdings wird in den Medien kaum eine materielle Differenzierung vorgenommen, und das Herstellen einer Waffe mit additiver Fertigung erscheint im gleichen Kontext wie die Generierung künstlicher Organe. Ob mit Metallen, Kunststoffen oder Keramiken gearbeitet wird, wird ebenso kaum beachtet.

1.2.1Einsatzbereiche/Technologietreiber

Den AM-Verfahren ist als herausragendes Merkmal gemeinsam, dass sie ohne den Einsatz eines Werkzeugs auskommen, welches die Form des gewünschten Bauteils vorgibt. Aus der schichtweisen werkzeuglosen Formgebung ergeben sich viele Vorteile, welche für folgende Einsatzgebiete besonders geeignet sind und als Haupttreiber der AM-Technologie zu betrachten sind:

  • ökonomische Produktion kleiner Bauteilserien (ab Losgröße eins),

  • geometrische Freiheit in der Konstruktion (Freiformflächen, Hinterschnitte, Hohlräume),

  • Bauteile mit Funktionsintegration (Scharniere, Gelenke, flexible Einheiten),

  • Produktpersonalisierung (Medizintechnik, Sport),

  • kurzfristige Produktanpassungen (Verkürzung von Produktzyklen),

  • ökologische Aspekte (Leichtbau, reduzierter Materialverbrauch).

Typische Branchen, in denen die Vorteile der additiven Fertigung sehr gut zum Tragen kommen und gezielt eingesetzt werden können, sind: Luft- und Raumfahrtindustrie, Rüstungsindustrie, Automotiv, Medizintechnik, Elektronik, Möbelindustrie, Schmuckindustrie, Sportgeräteindustrie und Werkzeug- und Formenbau.

Einige bereits etablierte Geschäftsmodelle (personalisierte Bohrschablonen bei Operationen, individuelle Zahnprothetik, komplexe Möbelgleiter, neuartige Filtersysteme, Robotergreifer) belegen schon heute den wirtschaftlichen Einsatz der AM-Technologien. Wo die additive Fertigung aus wirtschaftlicher Sicht traditionelle Produktionsmethoden schlägt, zeigt Bild 1.2 schematisch.

Bild 1.2 Stückkosten im Spannungsfeld der Teilezahl und der Komplexität für traditionelle Fertigungsverfahren (TF) und die additive Fertigung (AM)

Die etablierten Fertigungstechnologien sind häufig dahingehend optimiert, hohe Bauteilstückzahlen zu möglichst geringen Stückkosten zu produzieren. Mit der Anzahl der produzierten Teile nehmen die Stückkosten hier signifikant ab. Gleichzeitig steigen bei den traditionellen Fertigungstechnologien die Stückkosten mit der Bauteilkomplexität aber deutlich an. Es wird in der Regel sogar eine Komplexitätslimit erreicht, das traditionelle Verfahren nicht oder nur unter der Generierung exorbitant hoher Kosten überwinden können.

Hier liegen die Vorteile der additiven Fertigungsverfahren (hervorgehobene Flächen in Bild 1.2). Zu nahezu unveränderten Stückkosten können entweder kleine Bauteilserien oder Bauteile mit erheblicher Komplexität gefertigt werden. Dies erfordert aber auch eine für die additiven Verfahren angepasste Konstruktion der Bauteile. Die Konstruktion wandelt sich von der:

fertigungsgerechten Konstruktion in die funktionsgerechte Konstruktion!

Dieser Paradigmenwechsel in der Bauteilkonstruktion greift in die komplette Prozesskette der Teilefertigung ein. In Produktentwicklungsprojekten muss der geplante Fertigungsprozess bereits zu Beginn des Projektes eingebunden werden, um die Vorteile die die additiven Verfahren zur Teilfertigung bieten voll nutzen zu können.

Die additive Fertigung wird sich in Zukunft in die Reihen der verschiedenen Fertigungstechnologien eingliedern und immer dann zum Einsatz kommen, wenn Kleinserien hochkomplexer Bauteile produziert werden sollen.

Produzierende Unternehmen sollten die Möglichkeiten, welche die additive Fertigung bietet, erkennen und versuchen, für ihre Zwecke einzusetzen. Dies erfordert in den Unternehmen aber ein Umdenken in sehr vielen Bereichen. In der Produktgestaltung und -konstruktion ergeben sich völlig neue Ansätze. „Supply-Chains“ und...

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