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Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe

VerlagGeorg Thieme Verlag KG
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl816 Seiten
ISBN9783132411012
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis59,99 EUR
Gynäkologie und Geburtshilfe - dual genial. Anschauliche Darstellung des kompletten Fachgebiets mit vielen exzellenten Grafiken und klinischen Abbildungen. Auch Zusatzgebiete kommen nicht zu kurz: so findest du wissenswerte Fakten zu medizinethischen, psychosomatischen und rechtsmedizinischen Themen. Die gynäkologischen Untersuchungstechniken werden in einem separaten Kapitel mit vielen Abbildungen dargestellt - das erleichtert dir den Einstieg in die Praxis. Praxisbezogenes Lernen garantiert durch viele klinische Fallbeispiele und beeindruckende Geburtsfilme. Die Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe - damit bestehst du jede Prüfung!

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Leseprobe

1 Medizinethische Gesichtspunkte in der Frauenheilkunde


Manfred Stauber

1.1 Allgemeines


Die Frauenheilkunde befasst sich mit zahlreichen Grenzfragen, die mit medizinischem Wissen allein nicht mehr beantwortet werden können.

Spezialgebiete wie

  • Reproduktionsmedizin,

  • pränatale Medizin und

  • Onkologie

konfrontieren den Arzt häufig mit ethischen Konflikten, mit denen er nicht selten überfordert ist.

Zur Vermeidung einseitiger Entscheidungen bietet sich als Lösung eine „Konsensethik“ an. Individualentscheidungen sollten in schwierigen Situationen durch Konsensentscheidungen ersetzt werden.

Konsensentscheidungen entheben den Arzt nicht seiner individuellen Gewissensentscheidung.

Die Frauenheilkunde ist ein besonderer medizinischer Bereich, da die Entstehung des Lebens, die Geburt und der Tod hier eng nebeneinander thematisiert werden. Fortschreitende Entwicklungen neuer Technologien in Diagnostik und Therapie erweitern ständig das „medizinisch Machbare“ und eröffnen zahlreiche Grenzfragen, z. B. in den Spezialgebieten der

  • modernen Reproduktionsmedizin,

  • der pränatalen Medizin und

  • der gynäkologischen Onkologie mit Eingriffen am Ende des Lebens.

Sie erfordern Entscheidungen mit großer Tragweite, die mit medizinischem Wissen alleine nicht mehr getroffen werden können – die medizinische Indikation bedarf der Erweiterung konkurrierender Wertvorstellungen. Ein Arzt alleine ist mit den oft damit verbundenen ethischen Konflikten überfordert – ein mehrheitlicher Konsens ist gefragt, um tragfähige Entscheidungen treffen zu können. In schwierigen Situationen müssen die Vorstellungen, Wünsche und Ziele aller Beteiligten, und vor allem auch der direkt Betroffenen, berücksichtigt werden. Eine solche „Konsensethik“ berührt jedoch nicht die individuelle Gewissensentscheidung eines jeden Arztes, z. B. bei der Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches.

Wenn es um die individuelle Gewissensentscheidung geht, so werden meist der Eid des Hippokrates (ca. 450–370 v. Chr.) sowie die Verpflichtungsformel für deutsche Ärzte (verabschiedet vom 82. Deutschen Ärztetag 1979) zitiert.

▶ Tab. 1.1 bzw. ▶ Tab. 1.2 zeigen die zentralen Aussagen des hippokratischen Eides und der Verpflichtungsformel für deutsche Ärzte.

Die zentralen Aussagen des hippokratischen Eides und der Verpflichtungsformel für deutsche Ärzte sind in ▶ Tab. 1.1 bzw. ▶ Tab. 1.2 zusammengefasst.

Punkt 4 der Verpflichtungsformel entspricht heute nicht mehr der Realität unseres ärztlichen Alltags. Bei der Diskussion über begrenzte Ressourcen und der Forderung einer Wirtschaftlichkeit der medizinischen Behandlung ist es besonders wichtig, diesem Punkt wieder einen höheren Stellenwert einzuräumen.

Punkt 4 der Verpflichtungsformel ( ▶ Tab. 1.2) soll herausgegriffen und problematisiert werden. In der Realität ist oft der Umgang mit den Patienten und teilweise auch die medizinische Behandlung von der Kassenzugehörigkeit und der sozialen Stellung abhängig. Unter dem Blickwinkel der begrenzten Ressourcen wurde ein neues Wirtschaftlichkeitsdenken in die medizinische Behandlung hineingetragen. Bestimmte Leistungen könnten in Zukunft nur noch für sozial besser gestellte Schichten über zusätzliche private Absicherung oder Privatliquidation erreichbar sein. Das Solidarsystem, auf dem unser Gesundheitssystem beruht, würde auf diese Weise definitiv durch eine „Zweiklassenmedizin“ abgelöst. Die nicht zu verleugnende Begrenztheit der Ressourcen erfordert eine hohe ethische Kompetenz bei der Auseinandersetzung mit der Frage, wie und für was und für wen die Mittel innerhalb des Bezahlbaren eingesetzt werden sollen. Es ist auch die Aufgabe der Ärzteschaft, die öffentliche Diskussion in diesem Punkt differenziert und verantwortungsbewusst mitzugestalten, um dem Punkt 4 der unterschiedslosen ärztlichen Behandlung wieder einen höheren Stellenwert einzuräumen. Andernfalls müsste dieser Punkt in Zukunft aus dem Gelöbnis der deutschen Ärzte gestrichen werden.

Tab. 1.1 Zentrale Aussagen des Eides des Hippokrates
  • Das Heil der Kranken fördern,

  • nie Schaden zufügen („nihil nocere“),

  • nie eine Arznei geben, die den Tod herbeiführt,

  • kein Mittel zur Vernichtung keimenden Lebens geben,

  • schweigen über Dinge, die in der Praxis geschehen.

Tab. 1.2 Zentrale Aussagen der Verpflichtungsformel für deutsche Ärzte
  • Das Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen,

  • den ärztlichen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde auszuüben,

  • die dem Arzt anvertrauten Geheimnisse zu wahren,

  • keinen Unterschied in der ärztlichen Behandlung zu machen, weder nach Religion, Nationalität, ethnischer Zugehörigkeit, Parteizugehörigkeit oder sozialer Stellung,

  • dem Menschenleben von der Empfängnis an Ehrfurcht entgegenzubringen,

  • den Lehrern und Kollegen die schuldige Achtung zu erweisen.

Zur Einführung in die Thematik werden einige Kurzfallbeispiele dargestellt.

Im Folgenden führen einige kurze Fallbeispiele zu Themen aus gynäkologischen und geburtshilflichen Bereichen, die besonders an emotionalen, ethischen Brennpunkten arbeiten, in die Thematik ein.

Klinischer Fall

„Ein Kind um jeden Preis“

Die 50-jährige Frau wünscht mit ihrem neuen, 10 Jahre jüngeren Partner eine In-vitro-Fertilisation, da sich spontan keine Schwangerschaft einstellt. Sie drückt sich so aus, dass sie alle Chancen wahrnehmen möchte, um ihren späten Kinderwunsch zu erfüllen. Ihr Partner hat aus früherer Ehe 2 Kinder und ist als fertil anzusehen. Bei der Frau ergeben Anamnese, klinische Untersuchung und endokrinologische Parameter Anzeichen für ein beginnendes klimakterisches Syndrom.

Kommentar: Eine Risiko-Nutzen-Abwägung zeigt, dass die Chancen zur Erfüllung des Kinderwunsches deutlich geringer sind als die damit verbundenen Gefahren. Außerdem gewinnt man bei der psychosomatischen Zusatzuntersuchung den Eindruck, dass das Kind eher Mittel zum Zweck ist und die Patientin eine Scheinlösung ihrer inneren Konflikte mit einer späten Schwangerschaft erzielen will. Der Kinderwunsch ist überwertig. Im Rahmen der Indikationsbesprechung in der Spezialsprechstunde für Kinderwunschpaare wird die Durchführung der In-vitro-Fertilisation abgelehnt. Es handelt sich um eine Konsensentscheidung, wobei der „Kinderwunsch um jeden Preis“ problematisiert wird. Die Entscheidung wird der Patientin mitgeteilt. Die Patientin erkennt die Ablehnung für diesen Eingriff nicht an und wendet sich an ein privates Institut für Reproduktionsmedizin.

In neuester Zeit wird in einigen ausländischen Reproduktionszentren der sehr späte Kinderwunsch (Frauen zwischen 50 und 70 Jahren) mithilfe fremder Eizellen zu erfüllen versucht. Nach dem deutschen...

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