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Gefährlichkeitsprognosen

Eine empirische Untersuchung über Patienten des psychiatrischen Maßregelvollzugs

AutorD. Seifert
VerlagSteinkopff
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl188 Seiten
ISBN9783798517561
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis56,99 EUR

Die bislang einzige prospektive Prognosestudie: Die Gefährlichkeit von Patienten des Maßregelvollzugs einzuschätzen, ist eine der verantwortungsvollsten Aufgaben der forensischen Psychiatrie. Bei einer anstehenden Entlassung ist diese Aufgabe besonders brisant. Die Entscheidung berührt die persönliche Freiheit des Einzelnen und gleichermaßen den Schutz der Öffentlichkeit vor weiteren Straftaten. Der Autor stellt hier die Ergebnisse der Studie vor.

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Leseprobe

3. Ergebnisse (S. 35-36)

3.1. Beschreibung der Gesamtstichprobe

3.1.1 Allgemeine Angaben

In dem Erhebungszeitraum vom 01.10.1997 bis 31.03.2003 wurden insgesamt 333 Probanden aus 23 forensischen Kliniken/Abteilungen bzw. den allgemeinpsychiatrischen Krankenhäusern aus sieben Bundesländern rekrutiert. Ein Vergleich der Entlassungshäufigkeit forensischer Patienten mit der Situation früherer Jahre ist allein deswegen erschwert, da bislang detaillierte Berechnungen weder durch das Statistische Bundesamt noch durch andere offizielle Institutionen durchgeführt bzw. veröffentlicht wurden.

Erst eine kürzlich erschienene „Ergebnisübersicht" der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden gewährt diesbezüglich Einblick (Kröniger, 2004). Bei dieser annähernd bundesweiten Erhebung (14 von 16 Bundesländern) verließen im Jahre 2002 insgesamt 494 Patienten die forensischen Einrichtungen (§ 63 StGB). Bei 259 Patienten handelte es sich um Verlegungen in andere Maßregelkliniken oder eine JVA (durch Änderung der Strafvollstreckungsreihenfolge bzw. Umwandlung in eine andere Maßregel) und um abgeschobene oder im Verlauf der Unterbringung verstorbene Patienten. In Freiheit gelangte weniger als die Hälfte der Patienten (235).

Von diesen erfolgte bei 166 eine (übliche) Entlassung gemäß § 67 d Abs. 2 StGB. Bei den restlichen 69 Patienten wurde die Maßregel gemäß § 67 c Abs. 2 StGB für erledigt erklärt. Eine differenzierte Betrachtung der Entlassungspraxis je nach Bundesland zeigt, dass von den insgesamt 67 Entlassungen in Nordrhein-Westfalen lediglich bei etwa der Hälfte (35) eine Aussetzung der Maßregel nach § 67 d Abs. 2 StGB erfolgte. Noch eklatanter stellt sich die Situation in den neuen Bundesländern dar. So wurde aus sämtlichen forensischen Kliniken Thüringens im Jahr 2002 lediglich ein Patient entlassen. Von den im Bundesland Sachsen insgesamt 21 entlassenen Patienten war von Seiten der Kliniken scheinbar lediglich bei einem Patienten ein derartiger Therapieerfolg erkennbar geworden, dass eine reguläre Entlassung gemäß § 67 d Abs. 2 StGB befürwortet werden konnte.

Im Bundesland Sachsen- Anhalt beruhte indes keine der insgesamt 18 Entlassungen auf dieser juristischen Grundlage. Im selben Jahr lag die Einweisungszahl gemäß § 63 StGB mit 864 erheblich über der Anzahl von den Patienten, die die forensischen Kliniken – aus welchen Gründen auch immer - wieder verließen. Die Zahl der tatsächlich in Freiheit gelangten Patienten beträgt somit weniger als 30% der Einweisungsrate. Diese seit Mitte der 90er Jahre zu beobachtende restriktive Entlassungspraxis war nicht ohne Einfluss auf die Probandenrekrutierung der hiesigen Stichprobe. In den 23 beteiligten Kliniken befinden sich in etwa ein Drittel der Gesamtzahl gemäß § 63 StGB in Deutschland untergebrachter Patienten. Die pro Jahr gemäß § 67 d Abs. 2 StGB entlassene Patientenzahl müsste sich unter Bezugnahme der oben angeführten Zahlen der Kriminologischen Zentralstelle aus dem Jahr 2002 demnach zwischen 60 und 80 Patienten bewegen. In unserer etwa 5½ Jahren andauernden Erhebungsphase wären somit zwischen 330 und 440 entlassene Patienten zu erwarten.

Die rekrutierte Probandenzahl von 333 Probanden entspricht demnach dem Erwartungswert. Unsere Stichprobe ist folglich als repräsentativ für die Gesamtgruppe der in den letzten Jahren aus forensischen Einrichtungen Deutschlands (§ 63 StGB) entlassenen Patienten anzusehen. Ebenso scheint die nach der ersten Erhebungsphase dieser Studie getroffene Einschätzung, dass sich „die Entlassungszahl in etwa halbiert" hat (Seifert u.a., 2001b), unverändert auf die derzeitige Entlassungspraxis übertragbar zu sein. Hieraus erklärt sich, warum die Erhebungsphase dieser Studie wesentlich länger als ursprünglich während der Planungsphase gedacht andauerte.

Inhaltsverzeichnis
Danksagung7
Inhaltsverzeichnis8
1. Einführung in das Thema Gefährlichkeitsprognosen10
1.1 Problematik der Prognosestellung12
1.2 Bisheriger Forschungsstand15
1.2.1 Historischer Überblick15
1.2.2 Neurobiologische Aspekte17
1.2.3 Aktuarische Prognoseinstrumente19
1.2.4 Prognosen im Maßregelvollzug26
2. Die Essener Prognosestudie33
2.1. Studiendesign33
2.1.1 Entwicklung des Erhebungsbogens34
2.1.2 Beteiligte Kliniken37
2.1.3 Datenerhebung37
2.2 Erfassung der Zielvariable „Rückfall“ bzw. „gescheiterte Wiedereingliederung“38
2.3 Analyse der Rückfallkriterien40
2.4 Statistische Auswertung40
3. Ergebnisse44
3.1. Beschreibung der Gesamtstichprobe44
3.1.1 Allgemeine Angaben44
3.1.2 Rechtsgrundlage46
3.1.3 Krankheitsformen46
3.1.4 Unterbringungsdelikte48
3.1.5 Unterbringungsdauer52
3.2 Probanden mit gescheiterter Wiedereingliederung54
3.2.1 Häufigkeit54
3.2.2 Grund des Scheiterns bzw. Art der Rückfalldelinquenz58
3.2.3 Juristische Konsequenzen59
3.2.4 Krankheitsformen62
3.2.5 Unterbringungsdelikte64
3.2.6 Entlassungsziel und Nachsorgesituation65
3.3. Anamnestische Risikomerkmale (Erhebungsbogenteil A)69
3.3.1 Soziodemografische Daten und Verweildauer69
3.3.2 Probanden mit schwerwiegenden Rückfalldelikten (R3 n=19)70
3.3.3 Probanden mit einer Schizophrenie (n=14)71
3.3.4 Probanden mit einer Persönlichkeitsstörung (n=31)71
3.3.5 Probanden mit Sexualstraftaten (n=9)71
3.3.6 Probanden mit Tötungsstraftaten (n=10)72
3.3.7 Probanden mit einer Suchtproblematik (n=47)72
3.3.8 Fazit72
3.4 Analyse der apparativen, testpsychologischen und neurologischen Untersuchungen (Erhebungsbogenteil B)75
3.4.1 Analyse psychometrischer und apparativer Daten75
3.4.2 Neurological Soft Signs (NSS)76
3.4.3 Fazit80
3.5 Analyse klinischer Risikomerkmale (Erhebungsbogenteil C)81
3.5.1 Vergleich der Rückfälligen mit gematchter Nicht-Rückfälligen-Gruppe (n=110)82
3.5.2 Gesamtgruppe (N=249)94
3.5.3 Analyse klinisch relevanter Subgruppen98
3.5.4 Vergleich der Ergebnisse mit anderen Prognosestudien106
3.5.5 Einzelitems ohne prognostische Relevanz108
3.5.6 „Forensische Sonntagsfragen“108
3.6 Die Berichte der Bewährungshelfer111
3.6.1 Fachliche Nachsorgesituation114
3.6.2 Wohnsituation115
3.6.3 Arbeitssituation116
3.6.4 Familie und Partnerschaft117
3.6.5 Medikation117
3.6.6 Alkohol- und Drogenkonsum118
3.6.7 Psychisches Befinden und Alltagsbewältigung120
3.6.8 Zusammenarbeit mit anderen Institutionen („Helferrunden“)120
3.6.9 Warnungen121
3.6.10 Globale Einschätzung der Berichte durch die Untersucher123
3.6.11 Berichte über Sexualstraftäter124
3.6.12 Berichte über die Probanden mit schwerwiegenden Rückfall delikten126
3.6.13 Fazit127
4. Diskussion129
5. Zusammenfassung160
6. Literatur163
7. Anhang173
7.1 Erhebungsbogenteil A Historisch-anamnestische Daten174
7.2 Erhebungsbogenteil B Biologische, testpsychologische und neurologische Daten175
7.3 Erhebungsbogenteil C Klinische Einschätzung176
7.4 Tabellen zur Stichprobenbeschreibung185
7.5 Tabellen mit Auflistung der statistischen Werte (Erhebungsbogenteil C)187
7.6 Glossar196

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