Anfang 2016 wird Adolf Hitlers Mein Kampf im Rahmen einer wissenschaftlich kommentierten Edition zum ersten Mal seit Kriegsende wieder in Deutschland zu kaufen sein. Die Veröffentlichung bietet Anlass, aufs Neue den furchtbaren Erfolg der ?Bibel der Nazis? zu ergründen. Es ist nämlich keinesfalls klar, warum das politisch wirre, peinlich geifernde und eigentlich nicht ernstzunehmende Machwerk eine solche Wirkung erzielen konnte. Angesichts offensichtlicher inhaltlicher Absurditäten, die auch schon zu Zeiten der Originalveröffentlichung bemerkt wurden, nähert sich Albrecht Koschorke dem Buch mit literaturwissenschaftlichem Instrumentarium. Welche Erzählstrategien hat Hitler benutzt, welche Lesepraxis hat er angeregt? Und was hat es damit auf sich, dass das Buch trotz enormer Verbreitung, kaum gelesen wurde? Der literaturwissenschaftliche Blick enthüllt, dass es Hitler entgegen allem Anschein nicht in erster Linie um die fanatische Verbreitung einer Wahrheit ging, sondern darum, Anhänger wie Gegner zu einer Reaktion zu zwingen.
Albrecht Koschorke, geboren 1958 in Kastellaum / Hunsrück, studierte Neue Deutsche Literaturwissenschaft, Philosophie, Kunstgeschichte, Kommunikationswissenschaft und Ethnologie in München und Paris. Seit 2001 hält er einen Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaften an der Universität Konstanz und ist zudem Sprecher des kulturwissenschaftlichen Graduiertenkollegs. Er erhielt den Preis der Berlin-Brandenburgischen-Akademie und den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis. 2013 wurde er in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften gewählt.
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