Wer alte (aber auch zeitgenössische) Schriften verstehen will, sollte sich nach zwei Seiten hin Klarheit verschaffen: Welche Art von Literatur liegt vor? Wie kann sie entstanden und gebraucht worden sein? Und: Von welchem Standort aus lesen wir den Text? Welche Lebensumstände, Denkmuster und gesellschaftlichen Konditionen bestimmen unsere Interpretation?
Der erste Fragenkomplex kommt unten in Kap. I zur Sprache. Punkt zwei, die eigene Positionsbestimmung, fehlt fast vollständig in der deutschen (europäischen) Bibelauslegung. Dahinter steht möglicherweise unbewusst der Anspruch, allgemein verbindliche Exegese liefern zu können. In der Tat wurde die protestantische wissenschaftliche Bibelinterpretation im 19. und 20. Jh. international oft als Norm angesehen. Weil diese Ansicht überholt und die kontextuelle Einfärbung jeder Auslegung anerkannt ist, müsste auch eine selbstkritische Besinnung auf die Besonderheiten des eigenen Standorts stattfinden, idealerweise vor Beginn der Textarbeit (wie das in Lateinamerika oft der Fall ist). Eine Studiengruppe sollte also fragen: Wo stehen wir in Bezug auf Auslegung und Umsetzung der biblischen Botschaften?
Eine zweite Diskussionsrunde könnte den konfessionellen Horizont der SeminarteilnehmerInnen sichtbar machen. Lohnt eine Vorstellung verschiedener kirchlicher Gesangbücher?
Neben der eigenen Erfahrung und dem Grundwissen, das jeder und jede mitbringen, stehen Hilfsmittel in großer Zahl zur Verfügung (theologische Bibliotheken!). Die mit * bezeichneten Werke setzen keine bzw. wenig Kenntnis antiker Sprachen voraus. Vollständige Angaben über Internet-Suchmaschinen (s. u.) oder das Portal der Deutschen Nationalbibliothek.
• Hebräische Texte (s. auch Internet, für alle Ausgaben: www.Die-Bibel.de)
Weithin gebraucht werden die Ausgaben der „Deutschen Bibelgesellschaft Stuttgart“ (DBG; zuletzt „Biblia Hebraica Stuttgartensia“, 51997; neue Ausgabe „Biblia Hebraica Quinta“ im Erscheinen begriffen). Die Hebräische Universität in Jerusalem und die Oxforder Universität arbeiten an Neuausgaben.
• Alte Übersetzungen (s. auch Internet)
Das „Göttinger Septuaginta-Unternehmen“ hat seit 1908 die griechischen Versionen des AT in 23 Bänden herausgegeben. Zweibändige Ausgabe bei der DBG. Lateinische Ausgaben, besonders der Vulgata („Allgemeine Bibel“) sind zahlreich vorhanden (auch in DBG). Antike syrische, koptische, äthiopische, armenische, arabische Übersetzungen werden in Westeuropa nur von wenigen Spezialisten herangezogen.
• Grammatiken und Wörterbücher
Sprachkurs Hebräisch von Martina Kepper (CD bei der DBG); Grammatiken: Heinz-Dieter Neef; Jutta Körner; Frank Mattheus; Rüdiger Bartelmus; Wolfgang Schneider. Wörterbücher: Wilhelm Gesenius; Ludwig Köhler. Griechisch: Grammatiken: Jörg Dittmer (im Internet); Friedrich Blass; Wörterbücher: Walter Bauer; Henry George Liddell (und Robert Scott).
*• Moderne Übersetzungen
Deutsch: Luther; Zürcher; Einheitsübersetzung; Gute Nachricht; Bibel in gerechter Sprache; Elberfelder; Menge; Englisch: New Revised Standard Version; Common English Bible; Today’s English Version; Jewish Study Bible (NJPS); Französisch: La Bible (Genf); Traduction Oecumenique; La Bible en Français courant; Italienisch: La Bibbia (Genf); Nueva Riveduta (450 weitere Sprachen). (s. Internet, manche synoptisch angeordnet, DBG).
*• Konkordanzen
Den Lexemen antiker und moderner Bibeltexte kann man in Buchkonkordanzen, besser noch in elektronischen Datenbänken nachspüren, vgl. Gerhard Lisowsky, Konkordanz zum Hebräischen AT; Große Konkordanz zur Lutherbibel (Calwer Verlag, Stuttgart); vgl. DBG.
*• Geschichte und Geographie Israels
Herbert Donner, Geschichte des Volkes Israel und seiner Nachbarn in Grundzügen (GAT 4/1+2), Göttingen, Bd. 1 42007; Bd. 2 42008; Israel Finkelstein, Neil Asher Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, München 2001; Shlomo Sand, Die Erfindung des Volkes Israel, Berlin 2010; Erhard S. Gerstenberger, Israel in der Perserzeit (BiEnz 8), Stuttgart 2005; Siegfried Mittmann, Götz Schmitt, Tübinger Bibelatlas, Wiesbaden 2001; Herder Bibelatlas.
*• Landes-, Sozial- und Sittenkunde
Gustaf Dalman, Arbeit und Sitte in Palästina, 9 Bde., Gütersloh, 1928–1942 (Neudrucke seit 1964); Roland de Vaux, Das Alte Testament und seine Lebensordnungen, 2 Bde., Freiburg 1962; Rainer Kessler, Sozialgeschichte des alten Israel, Darmstadt 22008.
*• Religion, Literatur, Gesellschaft im Alten Orient
Studien zu den Kulturen des Alten Orients und (z. B. sumerisch-akkadisch; hettitisch; westsemitisch; ägyptisch; altpersisch) füllen Bibliotheken. Zugang durch: Enzyklopädien (z. B. Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie, Berlin, seit 1928; bis 2014 sind 13 Bde. erschienen); Textsammlungen (z. B. Otto Kaiser, Bernd Janowski u. a., Hg., Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, TUAT, Gütersloh seit 1982; bis 2014 erschienen 9 Bde.); Bibliographien (z. B. Manfred Krebernik, Götter und Mythen des Alten Orients, München 2012; frei zugänglich: www.chbeck.de/fachbuch/zusatzinfos/Bibliographie_9783406605222.pdf; s. u. „Online-Datenbanken“.
*• Biblische Kommentare
Das Alte Testament Deutsch (ATD), Göttingen seit 1949 (Psalmen, 2 Bde., von Artur Weiser); Echter Bibel, Würzburg seit 1947 (Psalmen, Neubearbeitung in 3 Bden, von Erich Zenger und Frank L. Hossfeld); Zürcher Bibelkommentare, Zürich seit 1976 (Psalmen noch nicht erschienen). Mehr wissenschaftlich: z. B. Biblischer Kommentar Altes Testament (BKAT), Neukirchen-Vluyn seit 1956 (Psalmen, 3 Bde., von Hans-Joachim Kraus; Neubearbeitung durch Friedhelm Hartenstein und Bernd Janowski); Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament, Freiburg seit 1998 (Psalmen, 3 Bde., Erich Zenger†, Frank L. Hossfeld).
*• Bibellexika
NBL = Neues Bibel-Lexikon, hg. von Bernhard Lang und Manfred Görg, 3 Bde., Zürich 1991–2001; ThWAT = Theologisches Wörterbuch zum AT, hg. von G. Johannes Botterweck, Heinz-Josef Fabry und Helmer Ringgren, Stuttgart 1973–1995; www.wibilex.de, DBG Stuttgart.
*• Fachzeitschriften und Monographienreihen
Bibel und Kirche (Stuttgart); Welt und Umwelt der Bibel (Stuttgart); Zeitschrift für Alttestamentliche Wissenschaft (mit „Beiheften“, Berlin); Vetus Testamentum (mit Supplements,...