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E-Book

Aufstieg und Fall der Zentralbanken

Und was das für uns alle bedeutet

AutorMohamed El-Erian
VerlagFinanzBuch Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl304 Seiten
ISBN9783862486885
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Gerade einmal 10 Jahre ist es her, dass Zentralbanker kaum etwas falsch machen konnten. Die großen Krisen galten als überwunden - Zentralbankchef Ben Bernanke sprach 2004 gar über das Ende der großen Wirtschaftskrisen. Gerade einmal vier Jahre später stürzte die Weltwirtschaft in die mit Abstand schwerste Krise seit Jahrzehnten. Seitdem agieren die großen Zentralbanken im permanenten Rettungsmodus. Die Märkte ertrinken in Ozeanen aus Liquidität und doch gibt es keine historischen oder bewährten Modelle, die in dieser Ausnahmesituation helfen könnten. Noch dazu zeigen sich immer stärker Erschöpfungserscheinungen. Wer darauf achtet, dem werden die Anzeichen kaum entgehen. Wahrscheinlich ist, dass der Weg, auf dem sich die Weltwirtschaft derzeit befindet, bald enden dürfte - vielleicht sogar recht plötzlich. Wie also navigieren Staaten, Unternehmen und der Einzelne durch diesen andauernden Krisenzustand? Mohamed El-Erian, einer der renommiertesten Ökonomen der Welt, zeigt ... - wie das weltweite Finanzsystem immer stärker seine Fähigkeit verliert, die legitimen Wünsche von Milliarden von Menschen zu erfüllen, vor allem, wenn es um wirtschaftlichen Aufstieg, lohnende Beschäftigung und finanzielle Sicherheit geht; - warum die Welt derartige Wachstumsschwierigkeiten hat, warum Länder immer ungleicher werden und warum so viele Menschen mit dem nicht enden wollenden Gefühl von finanzieller Instabilität leben müssen; - warum so viele politische Systeme derart massive Schwierigkeiten damit haben, die schnell veränderlichen Realitäten vor Ort zu verstehen und zu ihnen aufzuschließen.

Mohamed El-Erian ist Vorstandsvorsitzender von Pimco, einer der weltweit größten Investmentgesellschaften. Zuvor war er jahrelang Aufsichtsratsvorsitzender der Harvard Management Company, die das 35 Milliarden US-Dollar umfassende Vermögen der Universität Harvard verwaltet. El-Erian ist in den USA einem breiten Publikum bekannt, vor allem durch seine zahlreichen Auftritte bei den Wirtschaftnachrichtensendern Bloomberg und CNBC sowie wegen der Berichterstattung zu seiner Person in der New York Times und im Wall Street Journal.

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Leseprobe

Vorwort


»Was wir brauchen, ist nicht ein größeres Finanzwesen, sondern ein besseres.«

– MARTIN WOLF

»Das Potenzial für eine Wachstumsstrategie auf der Grundlage von Improvisation durch die Zentralbanken ist weitgehend ausgeschöpft.«

– LARRY SUMMERS

In den vergangenen Jahren hat sich die Weltwirtschaft auf eine Art und Weise weiterentwickelt, die früher als unwahrscheinlich oder sogar unmöglich gegolten hätte. Dieses Phänomen hält bis heute an, und wie dieses Buch erklären wird, wird es in der vor uns liegenden Zeit noch an Bedeutung gewinnen.

Die weltweite Finanzkrise, die in den Jahren 2008 und 2009 fast jedes Land, jede Regierung und jeden Haushalt weltweit getroffen hat, ist einer frustrierenden »neuen Normalität« gewichen, geprägt von geringem Wachstum, zunehmender Ungleichheit, politischem Versagen und in manchen Fällen gesellschaftlichen Spannungen – und all das trotz massiver Interventionen durch Zentralbanken und transformativer technologischer Innovationen.

Mittlerweile zeigt diese neue Normalität immer stärker Anzeichen von Erschöpfung. Wer darauf achtet, dem werden die Anzeichen für zunehmende Belastungen kaum entgehen. Tatsächlich ist es so, dass der Weg, auf dem sich die Weltwirtschaft derzeit befindet, bald enden dürfte – vielleicht sogar recht plötzlich.

Je näher wir diesem historischen Wendepunkt kommen, desto denkbarer wird früher Undenkbares werden und desto ausgeprägter die Unsicherheit. Das gilt umso mehr, als zunehmend klar wird, dass der anstehende Übergang sich keineswegs glatt und von selbst abspielen wird, sondern auf eine Entscheidung zwischen zwei sehr unterschiedlichen neuen Wegen hinausläuft. Der erste verspricht mehr Wachstum für alle und echte Finanzstabilität. Der zweite würde ganz im Gegenteil zu noch weniger Wachstum, immer wieder auftretenden Rezessionen und zur Rückkehr der finanziellen Instabilität führen.

Zum Glück ist nichts von dem, was nach dem Ende der neuen Normalität kommen wird, vom Schicksal vorgezeichnet. Welchen Weg wir nach der kommenden »T-Kreuzung« einschlagen, können wir durchaus noch beeinflussen, indem wir als Haushalte, Unternehmen oder Regierungen die richtigen Entscheidungen treffen. Doch um besser entscheiden zu können, müssen wir zunächst einmal verstehen, welche Kräfte hier wirken und wie sie sich weiterentwickeln dürften. Und dafür gibt es keine bessere Möglichkeit, als sich mit den wichtigsten Zentralbanken der Welt zu beschäftigen – mit ihrer Vergangenheit, ihrer Gegenwart und ihrer Zukunft.

Denn diese ehemals behäbigen, langweiligen Institutionen haben sich zu den wichtigsten und häufig einzigen politischen Entscheidungsträgern entwickelt. Als das unverantwortliche Eingehen von Finanzrisiken außer Kontrolle geriet, waren sie am Steuer eingeschlafen. Während der weltweiten Finanzkrise aber schalteten sie auf einen aggressiven Interventionsmodus um. Dadurch haben sie die Welt vor einer mehrjährigen Depression bewahrt, die viele Leben zerstört und soziale Unruhen angeheizt hätte.

Als die Zentralbanken bemerkten, dass andere politische Akteure durch Dysfunktionalitäten gelähmt waren, fanden sie experimentelle Möglichkeiten, um die Weltwirtschaft auf einem Wachstumspfad zu halten, wenn auch einem etwas künstlichen. Und das gelang ihnen, obwohl die eigentlichen Motoren des wirtschaftlichen Wohlstands noch nicht wieder startklar gemacht worden waren.

Jetzt wird von diesen geldpolitischen Institutionen erwartet, dass sie weiterhin Wunder bewirken. Doch ihre Fähigkeit, immer wieder neue Kaninchen aus ihren politischen Hüten zu zaubern, wurde bereits massiv ausgereizt und hat ein kaum noch durchhaltbares Ausmaß angenommen.

Die zentrale Rolle in der Politik ist für die Zentralbanken neu und ungewohnt. Jahrzehntelang haben sie außerhalb des Scheinwerferlichts gearbeitet. Lange Zeit machte sich nur ein eher kleiner Kreis von Experten für Währungen und Geldpolitik die Mühe, sich überhaupt mit diesen traditionsbewussten und stolzen Institutionen zu beschäftigen. Die Mehrheit dieser wenigen Beobachter ging dabei davon aus, dass die Zentralbanken mit hochgradig konventionellen Technokraten besetzt sind, die hinter den Kulissen in aller Stille ihre komplexen technischen Instrumente einsetzen.

Die Einrichtung der ersten Zentralbank lässt sich bis ins Schweden des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen; im selben Jahrhundert, im Jahr 1694, wurde auch die Bank of England gegründet, die weithin als die Mutter des modernen Zentralbankwesens angesehen wird. Trotz des Niedergangs des britischen Empire gehört die »Alte Lady von der Threadneedle Street«, wie sie liebevoll genannt wird, immer noch zu den einflussreichsten Mitgliedern dieses sehr exklusiven und geheimnisvollen Klubs. Schließlich hat sie die Ausrichtung der meisten anderen Zentralbanken weltweit beeinflusst.

Doch selbst die Macht und die Reichweite der Bank of England verblassen im Vergleich zu zwei anderen Institutionen, die in diesem Buch eine prominente Rolle spielen: die amerikanische Federal Reserve, kurz Fed, als die mächtigste Zentralbank der Welt, und die Europäische Zentralbank (EZB) als die Zentralbank hinter dem Euro – der europäischen Gemeinschaftswährung für derzeit neunzehn Mitgliedsstaaten, bei der es sich um die am weitesten fortgeschrittene Komponente des historischen Integrationsprojekts für die Region handelt.

Diese beiden Institutionen sind viel, viel jünger als die Bank of England.

Die Fed wurde erst 1913 ins Leben gerufen, als Reaktion auf Finanzturbulenzen. Heute ist sie die Zentralbank der 50 amerikanischen Bundesstaaten und der US-Außengebiete und operiert mit Vollmachten des US-Kongresses. Ihr Auftrag ist, »ein sicheres, flexibles und stabiles Währungs- und Finanzsystem für die Nation bereitzustellen«.

Die EZB nahm ihren Betrieb im Jahr 1999 auf. In Zusammenarbeit mit nationalen Zentralbanken, die ebenfalls zum Eurosystem gehören, besteht ihr Ziel darin, Preisstabilität zu gewährleisten, die gemeinsame Währung zu sichern und Kreditinstitute (vor allem Banken) zu überwachen.

Bei der Verfolgung ihrer Ziele haben alle Zentralbanken die Befugnis, die Währung und die Geldmenge ihres Gebiets zu steuern, um konkrete makroökonomische Vorgaben zu erreichen – im Allgemeinen handelt es sich dabei um niedrige und stabile Inflation sowie in manchen Fällen auch hohe Beschäftigung und Wirtschaftswachstum. In den vergangenen Jahren hat eine wachsende Zahl von Zentralbanken zudem die Aufgabe bekommen, Teile des Finanzsystems zu überwachen und die Gesamtstabilität des Finanzwesens zu gewährleisten.

Die grundlegendste Aufgabe von Zentralbanken besteht darin, den Preis und die Menge des umlaufenden Geldes zu steuern, entweder direkt (durch Veränderungen des Zinssatzes, den sie von Banken verlangen, und des Kreditvolumens, das die Banken vergeben dürfen) oder indirekt (indem sie Einfluss auf die Risikoneigung im System und die finanziellen Gesamtbedingungen nehmen). Für diese Tätigkeit haben sie im Lauf der Zeit mehr operative Autonomie von ihren Herren in der Politik erhalten.

Die Regierungen wiederum handeln direkt oder im Rahmen eines parlamentarischen Prozesses, um makroökonomische Ziele vorzugeben. Die Zentralbanken können diese Ziele in vielen Fällen mit selbst gewählten Instrumenten verfolgen. Dieser Prozess wird allgemein positiv gesehen, weil er die Zentralbanken von kurzfristigen politischen Abenteuern der Regierungen isoliert, deren Augen immer auch auf die Aussichten für ihre Wiederwahl gerichtet sind. Die damit einhergehende Macht und der Einfluss von Zentralbanken haben sich zuletzt sprunghaft vergrößert.

Nehmen wir als Beispiel die Fed. Wie andere Zentralbanken hat sie eine dramatische Erweiterung ihrer Aufgaben, ihrer Werkzeuge und ihrer Möglichkeiten zur Einflussnahme erfahren – sie wurde von etwas so Einfachem wie dem einzigen Emittenten der amerikanischen Währung zu einer Institution mit komplexen Steuerungs- und Regulierungskompetenzen für das Bankensystem. Konkret ist sie, um aus ihrem eigenen Mission Statement auf ihrer Website (http://www.federalreserve.gov/aboutthefed/mission.htm), zu zitieren, heute verantwortlich für:

Gestaltung der nationalen Geldpolitik durch Einflussnahme auf die monetären und Kreditbedingungen in der Wirtschaft mit dem Ziel höchstmöglicher Beschäftigung, stabiler Preise und moderater Langfristzinsen;

Überwachung und Regulierung von Bankinstituten, um die Sicherheit und Robustheit des nationalen Banken- und Finanzsystems zu gewährleisten und um die Kreditrechte von Verbrauchern zu schützen;

Aufrechterhaltung der Stabilität des Finanzsystems und Bekämpfung von systemischen Risiken, die sich auf den Finanzmärkten ergeben könnten;

Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für Einlageninstitute, die US-Regierung und offizielle ausländische Stellen, einschließlich einer bedeutenden Rolle beim Betrieb des nationalen Zahlungssystems.

Ungeachtet dieser bemerkenswerten Ausweitung von Zuständigkeiten, Macht und Einfluss hatte nichts die Zentralbanken auf den dramatischen und beispiellosen Wandel vorbereitet, den sie in den letzten Jahren durchgemacht haben – sowohl während der Finanzkrise als auch in ihrem Nachklang.

Die Zentralbanken wurden aus ihrer geheimnisvollen Anonymität und ihrer hochgradig technischen Ausrichtung herausgerissen und mitten ins Scheinwerferlicht gestellt, denn sie mussten die alleinige Verantwortung für das Schicksal...

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