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E-Book

Auswirkungen der Digitalisierung auf das klassische Geschäftsmodell der Banken

Eine Analyse im Kontext veränderter Kundenbedürfnisse

AutorMartin Wuhler
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl87 Seiten
ISBN9783668117280
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 2,0, Leuphana Universität Lüneburg (Institut für Bank und Finanzwirtschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Bereits im Jahr 1994 warnte Bill Gates die Bankenlandschaft vor neuen Konkurrenten, ausgelöst durch den kommenden Strukturwandel auf Basis der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT): 'Banking is essential for a modern economy, banks are not'. Nachdem bereits die Musikindustrie, Printmedien sowie die Telekommunikationsbranche stark von der Digitalisierung betroffen sind, gibt es erste Tendenzen der Veränderung innerhalb des Bankensektors. Die Zahl der Zweigstellen in Deutschland nimmt über alle Institutsgruppen hinweg ab, Direktbanken gewinnen bedeutende Marktanteile im Privatkundengeschäft und alternative Geschäftsmodelle erhöhen das Risiko der Disintermediation. Diese Arbeit widmet sich der Frage, wie stark die Geschäftsmodelle der Kreditinstitute in Deutschland vom digitalen Strukturwandel betroffen sind. Dabei soll geklärt werden ob es sich lediglich um Konsolidierungstendenzen im Retail Banking handelt oder um Veränderungen des gesamten Geschäftsmodells. Die Veränderungen werden hierbei aus dem Blickwinkel des deutschen Bankwesens betrachtet. Da die digitalen Veränderungen derzeit ihre größte Ausprägung im Retail Banking aufweisen, wird das Privatkundengeschäft den Kern dieser Ausarbeitung bilden. Im besonderen Fokus als Untersuchungsobjekt stehen die Kundenbedürfnisse, sodass sich diese durch jedes Kapitel dieser Arbeit ziehen. Ziel dieser Arbeit ist es, wesentliche Treiber des digitalen Wandels sowie die das Geschäftsmodell bedingenden Faktoren herauszuarbeiten. Hierfür ist es essentiell, nach einer Einführung über die theoretischen Grundlagen, einerseits die sich ändernden Rahmenbedingungen für das Geschäftsmodell von Banken, andererseits die Substituierbarkeit eben jener Geschäftsmodelle mittels einer Konkurrenzanalyse der IKT-Branche aufzuzeigen. Die Ergebnisse dieses ersten Teils bilden die Modellannahmen, auf deren Basis ein digitales Geschäftsmodell entworfen wird, mit Hilfe dessen traditionelle Banken bestmöglich für den Wettbewerb im digitalen Zeitalter gerüstet sind. Bei der Ausgestaltung dieses Modells wird neben dem Erfolgsfaktor der Zielgruppenorientierung insbesondere Bezug auf die IT-Infrastruktur und die Innovationsfähigkeit genommen. Die Ausgangshypothese ist, dass die Digitalisierung eine deutliche Anpassung des Geschäftsmodells erfordert, um die eigenen Marktanteile und Erträge in einem hoch kompetitiven Umfeld zu verteidigen.

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Leseprobe

3. Veränderte Rahmenbedingungen für das Geschäftsmodell von Banken


 

Nachdem eine Begriffsbestimmung hinsichtlich der klassischen Geschäftsmodelle von Banken in einer digitalen Gesellschaft vorgenommen wurde, widmet sich Kapitel drei nun den eintretenden Veränderungen im Bankensektor. Im Zentrum der Betrachtung steht dabei eine der wichtigsten Ressourcen eines jeden Unternehmens: der idealtypischen Kunde mit seinen Ansprüchen und Bedürfnissen. Als weiteren Treiber für eine Anpassung des Geschäftsmodells wird die derzeitige Ertragssituation skizziert. Im letzten Abschnitt soll die durch IKT ausgelöste Veränderung der Begebenheiten am Beispiel des Retail Banking veranschaulicht werden, wobei die veränderte Interaktion zwischen Kunde und Bank als Ausganspunkt der Analyse dient.

 

3.1. Veränderungen der Kundenbedürfnisse


 

Dieses Kapitel beschreibt vorwiegend den Wandel des Privatkunden. Andere Kundengruppen, die vor allem im Investmentbanking und dem Business to Business (B2B) Bereich anzutreffen sind, werden in dieser Betrachtung ausgeklammert.

 

Görg ist der folgenden Ansicht: „Kunden informieren sich im Netz, tauschen sich in Foren und sozialen Netzwerken aus und geben Onlinebewertungen ab. Wo früher der persönliche Kontakt vorherrschte, steht heute anonyme Convenience im World Wide Web.“[56] Buhr bestätigt die Veränderungen des typischen Kunden, der nach seiner Ansicht informierter, selbstbewusster und kritischer gegenüber Empfehlungen ist.[57] Wie eingangs erwähnt, hat sich die Verhandlungsposition des Kunden durch die IKT stetig verbessert. Geholfen haben insbesondere die Verbreitung des Internets und der Siegeszug der Suchmaschinen, womit Wissen und Transparenz rapide zunahmen. Die Digitalisierung hat nicht nur zu immer höheren Umsätzen des E-Commerce geführt, sondern auch den Kaufprozess verändert. Dabei ist auffällig, dass sich Kunden heutzutage immer häufiger vorab online informieren, um anschließend eine bewusstere und preissensiblere Entscheidung zu treffen. Dieser sogenannte ROPO-Effekt (Research online, Purchase offline) wird in folgendem Diagramm veranschaulicht:

 

 

Abbildung 6: Form von Kaufabschlüssen[58]

 

Dieser Effekt sollte sich tendenziell durch leistungsfähigere IKT und höhere technologische Affinität des Endverbrauchers noch verstärkt haben.[59] Vor diesem Dilemma stehen die meisten Händler, deren Produkt und Service durch andere Anbieter substituierbar sind. Insbesondere in den Filialbanken müssen Mitarbeiter im Wettbewerb um den Retail Kunden mit einem geringeren Informationsvorsprung und gestiegenen Kundenansprüchen zurechtkommen.[60] Der Wettbewerb ist besonders mit den Direktbanken[61] groß, da das Angebot von Banken größtenteils digitalisierbar ist und aus Informationen besteht. Jedoch muss deutlich angemerkt werden, dass trotz einer sich ändernden Nutzung der Online Kanäle bei der Kaufanbahnung, knapp 86% der Kaufabschlüsse persönlich (offline) erfolgt sind.[62] In diesem Aspekt liegt möglicherweise ein entscheidender Wettbewerbsvorteil der Filialbanken.

 

Obwohl der Digital Native, der nur einen Teil des Kundenspektrums abbildet, für die Ausführungen in diesem Kapitel maßgeblich ist, sollen in der folgenden Darstellung drei geläufige Kundenkategorien vorgestellt werden:

 

 

Abbildung 7: Zunehmende Bedeutung der Digital Natives[63]

 

Zwar wird es immer Kunden geben, welche kategorisch die IKT ablehnen, jedoch ist dieser Anteil rückläufig. Selbst in älteren Bevölkerungsschichten, die zu großen Teilen den Digital Migrants zuzuordnen sind, wird die Technikbegeisterung immer größer.[64] Insgesamt wird sich die Verbreitung der IKT innerhalb der Bankkunden durchsetzen, da die IKT diesen in seinen Transparenz-, Risiko- und Renditewünschen unterstützen.[65] Nach Vogt entfernen sich Kunden und Filialberater voneinander, da die Onlinedienste zu einer Entpersonalisierung der Kommunikation beitragen.[66] Klassische Filialbanken können wegen der hohen Personal- und Betriebsaufwendungen zur Betreibung des Filialnetzes kaum mit den Konditionen der Direktbanken mithalten.[67] Direktbanken sind in diesem Vergleich daher die eindeutigen Preisführer. Aus diesem Grund sollten die Filialbanken den Weg der Differenzierung wählen, um den Kunden trotz höherer Kosten zu behalten. Nach Buhr sind Sympathie, Kompetenz und Vertrauen strategische Erfolgsfaktoren für eine Kundenbindung.[68] Weitere bedeutende Faktoren sind Qualität, Serviceleistung und Individualisierung. Bei all diesen Faktoren kann ein Bezug zur persönlichen Interaktion mit dem Kunden gezogen werden. Das heißt der Kundenberater, der seinen Konsumenten ernst nimmt, ihn bedürfnisgerecht und personalisiert berät, ist der entscheidende Mosaikstein bei dem Aufbau einer echten Kundenbeziehung auf Basis von Vertrauen. Darüber hinaus kann die Bindung durch einen aktiven Einbezug in der Produktgestaltung, der so genannten Customer Co-Creation, weiter gestärkt werden. Letztendlich führt eine gestiegene Kundenzufriedenheit zu einer höheren Loyalität des Kunden. Das heißt, dass Transaktionskosten gesenkt und kostspielige Neukundenakquise vermieden werden. Zudem steigt dadurch die Kooperations- und Weiterempfehlungsbereitschaft des Kunden.[69]

 

3.2. Aktuelle Ertragssituation


 

Wieandt benennt fünf strategische Herausforderungen, vor denen die europäischen Banken derzeit stehen: Regulatorische Verschärfungen, niedriges Zinsniveau, Ressourcenbindung in Non Performing Legacy Assets sowie die Digitalisierung von Bankgeschäften.[70] Problematisch sind hierbei vor allem die vergleichsweise niedrigen Eigenkapitalrenditen der europäischen Banken, vor allem in Deutschland.[71] Im Folgenden sollen die beiden, neben der Digitalisierung, bedeutendsten Treiber hinsichtlich der Ertragssituation der Banken analysiert werden: Regulatorik und Niedrigzins.

 

Nach der Weltwirtschaftskrise 2008, die Länderübergreifend zu einer Bankenrettung durch öffentliche Haushalte führte, war der Gesetzgeber bestrebt neue Aufsichtsregelungen für den Zweck eines stabileren Finanzsystems festzusetzen. Dies ist verstärkt auf europäischer Ebene geschehen mit der Implementierung eines Single-Rule-Book, der zu einer Harmonisierung der Bankenlandschaft in Europa geführt hat und immer noch führt. Um Stabilität zu gewährleisten, wurden verschiedene Regelungen beschlossen. Wesentliche Maßnahmen sind hierbei Basel III mit der Implementierung des Capital Requirements Directive IV Pakets, bestehend aus Capital Requirements Regulation und Capital Requirements Directive vom 01.01.14. Dabei werden eine stärkere Gewichtung des harten Kernkapitals, höhere Mindestkapitalquoten, antizyklische Kapitalpuffer und eine Mindest Leverage Ratio verlangt. Hinzu kommen die Regeln für Liquidity Coverage Ratio und Net Stable Funding Ratio.[72] Trotz Übergangsfrist bis 2018 sind die Kreditinstitute bestrebt die Regeln schnell umzusetzen, stehen jedoch vor Unsicherheiten, da die Regulierungsbehörden interne Risikogewichtungsmodelle laufend überprüfen und weiterhin harmonisieren möchten. [73] Laut einer KPMG-Studie beliefen sich die direkten Kosten für die Umsetzung von regulatorischen Anforderungen in den Jahren 2013-2015 auf 4,8Mrd. Euro, wohingegen Sie zwischen 2010-2012 nur bei 3,8 Mrd. Euro lagen.[74]

 

 

Abbildung 8: Zinszyklus[75]

 

Neben der Regulierung ist vor allem das niedrige Zinsniveau mit einer sich verflachenden Zinskurve ein strategisches Problem von Banken. Durch den gesunkenen Zins erodiert der Bruttodeckungsbeitrag des Einlagengeschäfts. Die Fristentransformation funktioniert nur unzureichend, da die flache Zinsstrukturkurve nur einen geringen Gewinn ermöglicht. Die Folgen dieses Niedrigzinses sind vielfältig. Die Marge auf Sparprodukte geht verloren, Fristentransformationsgewinne werden durch das hohe Marktrisiko beschnitten und die Kreditmarge wird ebenfalls geringer.[76]

 

Alles in allem bleibt die Rendite der Banken aufgrund der schwachen Ertragslage sowie den weiterhin hohen regulatorischen Kosten angespannt. Traditionelle Lösungen, wie Verbriefungen und die stärkere Konzentration auf das Provisionsgeschäft, können das wegbrechende Zinsgeschäft derzeit nur unzureichend substituieren.[77]

 

3.3. Digitaler Strukturwandel am Beispiel des Retail Banking


 

Dapp ist der Meinung, dass Geschäftsmodelle und Wertschöpfung durch die Digitalisierung keine partielle Anpassung erfordern, sondern vielmehr als Ganzes der Architektur des digitalen Zeitalters angepasst werden müssen.[78] Moormann vertritt dieselbe Ansicht und befindet, dass das das bisherige Bankgeschäft in einem durch die IKT ausgelöstem Strukturwandel befindet. Traditionelle Banken agieren in weitgehend verteilten Märkten und bieten in einem Umfeld, welches von hoher Marktdurchdringung gekennzeichnet...

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