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E-Book

CMD in der Osteopathie

Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Kieferorthopädie

AutorDorothea Prodinger-Glöckl
VerlagHaug
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl264 Seiten
ISBN9783830474692
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis99,99 EUR
Hier wird gezeigt, wie Sie mehr Sicherheit in Diagnostik und Therapie einer CMD gewinnen. Profitieren Sie darüber hinaus von der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Kollegen aus anderen Fachbereichen. Dieses praxisorientierte Werk ist aus osteopathischer Sicht geschrieben. Es beschreibt, wie Dysfunktionen im craniomandibulären System die Körperfunktionen beeinfl ussen können. Techniken zu Austestung und Behandlung werden vorgestellt. Im Fokus steht die interdisziplinäre Betrachtung mit der Darstellung von zahnmedizinisch relevanten Aspekten für die osteopathische Praxis sowie von osteopathischen Aspekten für den Zahnmediziner. Das Werk vermittelt die wichtige Bedeutung einer gemeinsamen Sprache im Sinne eines Einblicks in die jeweils andere Fachdisziplin. Ein Screeningbogen für osteopathische und zahnmedizinische Herangehensweise ist enthalten. Interdisziplinäre Behandlung der CMD für bessere Diagnostik und Therapieerfolge!

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Leseprobe

1 Einleitung


Faszination kraniomandibuläre Therapie: Eine Disziplin, die wegen der hohen Komplexität mit eine der größten Herausforderung ist und jegliches wissenschaftliche Herz höher schlagen lässt. Die Komplexität der Symptome bringt immer wieder neue Erkenntnisse und Denkansätze, die oft jegliche aktuelle Vorstellung zu dieser Thematik übertreffen. Nun ist es an der Wissenschaft, hier die Beweisführung zu erarbeiten. Der Praktiker wiederum ist gefordert, zu beobachten, Fakten zusammenzutragen und diese durch Studien zu erhärten. Fangen wir einfach an.

Die CMD ist ein sehr weitreichendes Fachgebiet, das in der heutigen Zeit immer mehr Aufmerksamkeit gewinnt. Veröffentlichungen in der Presse und im Fernsehen haben dies ermöglicht. Viele Symptome, die noch in der Vergangenheit als psychosomatisch eingestuft wurden, werden heute als CMD anerkannt. Das ist ein enormer Fortschritt für die betroffenen Patienten, durch den sich ihr Leidensweg erheblich verkürzen kann. Medikamente sind oft nicht wirksam, da die Problematik in den Strukturen und deren Zusammenhängen zu finden ist und nicht in chemischer Unzulänglichkeit.

CMD-Patienten leiden an dem Unverständnis ihrer Umgebung, fühlen sich missverstanden, nicht ernst genommen, allein gelassen mit ihren Problemen und Schmerzen. Es ist erstaunlich, wie viel Vertrauen von den Patienten aufgebracht wird, wenn man signalisiert, dass man ihre Probleme versteht und im Rahmen der bis jetzt bekannten therapeutischen Möglichkeiten bereit ist, sein Wissen und Handeln einzubringen. Die Patienten akzeptieren gemeinhin, dass keine Wunderheilung möglich ist und sind schon mit der Linderung ihrer Beschwerden zufrieden.

All die Beobachtungen und Erfahrungen, die aufseiten der Zahnmedizin und Osteopathie erworben wurden, müssen und sollen wissenschaftlich untermauert werden, um in der breiten Bevölkerung und den medizinischen Fachbereichen Akzeptanz zu erlangen, zum Wohle der betroffenen Patienten.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit der Zahnmediziner und Osteopathen ist ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung, d. h. dem gemeinsamen Behandeln von CMD-Patienten. Der jeweiligen Fachrichtung stehen alleine geschätzte 50 % (laut Autorin) der Möglichkeiten zur Verfügung, die Dysfunktionen zu entkoppeln, während bei einem gemeinsamen Vorgehen unter Umständen Schmerzfreiheit erreichbar wäre. So wäre es wünschenswert, dass Zahnmediziner osteopathisches komplexes Denken nachempfinden und in ihr Konzept mit einbeziehen und dass Osteopathen das Wissen der Zahnmedizin verstehen und erkennen, wo sich Fehlkontakte befinden, und dieses neu erworbene Wissen in Theorie und Praxis umsetzen. Es wichtig zu verstehen, warum und zu welchem Zweck Schienen verwendet werden und welches Schienendesign was bewirken kann und muss.

Die CMD ist kein spezielles Krankheitsbild, sondern setzt sich aus mehreren Dysfunktionen zusammen. Nur die Dysfunktion der Okklusion (Verzahnung) alleine stellt noch kein CMD dar. Es hängt davon ab, inwieweit Adaption und Kompensation möglich ist. Kommen zu einer okklusalen Dysfunktion noch kraniale Funktionsstörungen, wie z. B. ein HWS-Syndrom (HWS = Halswirbelsäule) und/oder viszerale Störungen und/oder Arhythmien, stehen dem Organismus nicht mehr genügend Kompensationsmöglichkeiten zur Verfügung. Erst jetzt spricht man von einer CMD, und die „Badewanne“ ist bildlich gesprochen am „Überlaufen“ ( ▶ Abb. 1.1).

Abb. 1.1 Mögliche Ursachen einer CMD.

In der heutigen schnelllebigen Zeit, in der Stress an der Tagesordnung und das Burn-out-Syndrom kein Fremdwort mehr ist, ist es erforderlich, Strategien zu entwickeln, um mit diesen vielfältigen Symptombildern umzugehen.

Erschwerend kommt hinzu, dass in der Praxis wenig Zeit für Kommunikation bleibt, die Individualität der Person wenig respektiert werden kann, oft das Anhören der Patienten entfällt, die Entscheidungsfreiheit, welchen Therapieweg der einzelne gehen möchte, immer seltener zur Verfügung steht. Alles soll schnell gehen, ohne Respekt der Situation und Person. So entstehen Frust und Resignation der Patienten. Der Druck verstärkt sich weiter und der „Circulus vitiosus“ beginnt.

Dem Kiefergelenk muss mehr Beachtung zukommen, da Stress- und Druckbewältigung heutzutage nicht durch körperliche Arbeit, sondern durch Pressen und Knirschen abgebaut werden. In folgenden Redewendungen kommt dies sehr schön zum Ausdruck: „Beiß die Zähne zusammen“ – „Schluck den Ärger runter“ – „Der hat Biss“ – „Beiß dich durch“ usw.

Die interdisziplinäre Arbeit versucht hier einen Ausgleich zu schaffen, indem sie dem Kauapparat die Möglichkeit der Kraftumverteilung durch eine Schiene sowie die Elastizität einzelner Strukturen durch Mobilitätstechniken der Osteopathie gibt. So besteht die Möglichkeit, nicht sinnvoll aufgebrachte Kräfte im Sinne eines Tensegrity-Modells weiterzuleiten (S.  ▶ Link). Gute Kommunikation zwischen den Fachdisziplinen sowie mit den Patienten ist hierbei eine wichtige Voraussetzung.

Es liegen bislang wenige konkrete Studien und Untersuchungen vor, die die Wechselbeziehungen von Kiefer und Körper klar darstellen und belegen. Beobachtungen sowie Erfahrungen aus der Praxis zeigen aber, dass der Weg der interdisziplinären Zusammenarbeit zur Behandlung der CMD geeignet und gangbar ist.

In diesem Buch soll aus osteopathischer und zahnmedizinischer Sicht die interdisziplinäre Therapie dargelegt werden, v. a. wann und in welcher Weise diese sinnvoll erscheint.

1.1 Schmerz und CMD


Schmerzen und Dysfunktionen im CMS beeinflussen viele Körperfunktionen. Oft kommt es zu „rätselhaften“ und dauerhaft „chronischen“ Befunden. Obwohl seit geraumer Zeit auf mögliche Zusammenhänge zwischen Schmerz und Dysfunktion hingewiesen wird, ist das medizinische Wissen über die Morphologie und Funktion noch nicht ausreichend gesichert. Das Nichterkennen der Problematik wird meist noch verstärkt, da es keinerlei sichtbare Zusammenhänge zwischen Okklusion und funktionellen Befunden gibt. In den letzten Jahren wurde das Wissen über die CMD in der täglichen Praxis erweitert, die Diagnose „CMD“ immer öfter gestellt. Dieses vermehrte Interesse lässt hoffen, dass mehr Forschung im Bereich des Kraniums, des ZNS, zu verbesserten Diagnosen und Behandlungsmethoden führt.

Der Kauapparat nimmt eine zentrale funktionelle und strategisch äußerst wichtige Stellung ein. Funktionen, wie Kauen und Trinken, sind lebensnotwendig. Der Kauapparat kann extrem hohe Druckkräfte entwickeln. Kraftausdauer, Kraftspitzen sind schon von jeher Voraussetzung zum Überleben gewesen. In unserer heutigen Zeit werden extreme Beiß- und Kaufunktionen weniger gebraucht als vor Tausenden von Jahren. Heute beeindruckt es uns, wenn im Zirkus Akrobaten z. B. Menschen mit den Zähnen halten können und diese hängenden Personen dann auch noch Pirouetten drehen, oder wenn Personen wie Rathakrishnan Velu 300 t schwere Züge 2,8 m mit den Zähnen in einen Bahnhof ziehen ( ▶ AFP 2007). All diese Extreme kann der Kauapparat ausführen. Daran sieht man, welch ungeheure Kraftpotenziale der Kiefer besitzt.

Der Evolutionsmediziner, Daniel Liebermann, der Harvard University Cambridge, USA, untersuchte den Kauapparat unserer Vorfahren und stellte fest, dass diese über eine ebenmäßige Oberkieferzahnreihe verfügten und die Backenzähne eine optimale Okklusion aufwiesen. In der Steinzeit musste bei der Nahrungsaufnahme z. B. rohes Fleisch vom Tier abgerissen und harte Wurzeln so lange zu Brei gekaut werden, bis sie zu schlucken waren. Dadurch war der Kiefer kräftig ausgeprägt, die Zähne hatten Platz ( ▶ Zittlau 2012). In unserer heutigen Zeit ist dies nicht mehr nötig, da uns rund um die Uhr weiche Nahrung zur Verfügung steht.

Dabei braucht der Kiefer Belastung und funktionelle Bewegung. Wird die Funktion verändert, folgt die Struktur dieser Veränderung – der Kiefer wird aufgrund der verringerten Belastung kleiner, die Zähne finden keinen Raum mehr ( ▶ Zittlau2012). Bleibt die Frage, ob dies ebenfalls ein Grund für die Häufung von CMD-Fällen sein kann.

1.1.1 Belastungskräfte des Kauapparats


Belastungskräfte im Kauapparat betragen im Frontbereich im Mittel 250 N, 400 N im prämolaren und 700 N im molaren Bereich ( ▶ Colicchia u. Wiesner 2010). Bei Stress steigen die Werte auf das Doppelte an.

Belastbarkeit ist individuell und abhängig von Alter, Gesundheits- und Gemütszustand. Ein älterer Mensch kann nicht die gleiche Leistung erbringen wie ein junger. Eine chronisch oder akut kranke Person wird nicht die gleiche Leistung zeigen wie ein gesunder Mensch. Noch gravierender wirkt sich der psychische Zustand eines Menschen aus. Um Leistung zu erbringen, bedarf es starker Willenskraft. Solange diese Willenskraft vorhanden ist, ist der Mensch fähig, mit jeder Situation, jeder Krankheit fertig zu werden und jede geforderte Leistung zu erbringen. All dies drückt sich in der Kraft der Zähne aus: „Man beißt sich durch.“ Wie Prof. Dr. S. Kopp es zutreffend in seinen Seminaren sagt: „Was sind die drei wichtigsten Dinge im Leben eines Menschen? Fressen, Saufen, Knutschen! Und das alles findet im Kauapparat statt.“

Unsere heutige Stressbelastung wird nicht mehr durch Holzhacken, durch Schrubben der Fußböden mit der Hand usw. abgebaut, sondern über den Kiefer mit Knirschen und...

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