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Finanzinnovationen in der globalen Finanzkrise 2007 - 2009. Risiken der Kreditverbriefung im Fall Lehman Brothers

AutorYannic Grobe
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl86 Seiten
ISBN9783668588578
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2017 im Fachbereich BWL - Bank, Börse, Versicherung, Note: 2,3, FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule, Sprache: Deutsch, Abstract: In dieser Arbeit soll die Hypothese überprüft werden, ob die Verwendung der Kreditverbriefung als Instrument des Kreditrisikotransfers bei Banken zu einer dezimierten Resistenz gegenüber finanzwirtschaftlichen Risiken führt. Die kritische Untersuchung der Hypothese erfolgt mithilfe einer empirischen Analyse der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers, anhand derer die Einflüsse der Nutzung von Kreditverbriefungen auf Finanzrisiken analysiert werden sollen. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase in den Jahren 2000 und 2001 wurde bei Banken die Verbriefung von Krediten immer beliebter. Das ursprüngliche Ziel dieser Finanzinnovation war die Risikodiversifikation durch die Bündelung und den Verkauf der Kredite an den Finanzmärkten. Zusätzlich sollte dadurch die Finanzmarktstabilität gestärkt werden. Zunächst wurden in den 1980er und 1990er Jahren nur Unternehmensanleihen verbrieft. Nachdem jedoch die Leitzinsen gesenkt wurden, um die Wirtschaft nach der Internetblase wieder zu stabilisieren, fingen Banken an, auch Hypothekenkredite zu verbriefen. Das Underlying dieser Kreditverbriefungen war jedoch nur schwer auf Qualität und Ausfallwahrscheinlichkeiten zu überprüfen. In den Folgejahren wurden immer mehr Forderungspools verbrieft, obwohl die Kreditvergabestandards deutlich gesunken sind. Trotz der geringen Transparenz der Papiere verbreiteten sich Kreditverbriefungen, ungeachtet der niedrigen Kreditvergabestandards, weltweit und wurden sowohl an Kleininvestoren, als auch an institutionelle Anleger verkauft. Als schließlich im Jahr 2007 der US-amerikanische Immobilienmarkt kollabierte und die Summe der Ausfälle bei Hypothekenkrediten immer größer wurden, mussten viele Banken hohe Abschreibungen auf Kreditverbriefungen vornehmen. Schließlich kam der Markt für Kreditverbriefungen komplett zum Erliegen. Infolge der hohen Abschreibungen gerieten viele US-amerikanische Banken in Liquiditätskrisen und mussten mit Hilfe des Staates saniert werden. Es lässt sich daher konstatieren, dass die ursprünglichen Ziele der Kreditverbriefung, nämlich eine bessere Risikodiversifikation und eine erhöhte Finanzmarktstabilität, verfehlt wurden. Daraus lässt sich die folgende Problemstellung ableiten. Demnach müssen die Risiken der Kreditverbriefungen von den Finanzinstitutionen falsch eingeschätzt worden sein, sodass die US-amerikanische Immobilienkrise zu einer globalen Finanzkrise wurde.

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Leseprobe

3. Finanzinnovationen in der Finanzkrise


 

3.1 Ursachen der Finanzkrise 2007 bis 2009


 

Um in der vorliegenden Arbeit die Rolle der Kreditverbriefungen und der Investmentbanken kategorisieren zu können, werden im Folgenden die Ursachen bzw. die Vorgeschichte der Finanzkrise 2007 bis 2009 erläutert. Storbeck unterteilt die Ursachen für die globale Finanzkrise in makroökonomische (indirekte) und mikroökonomische (direkte) Ursachen.[41] Die wichtigsten Aspekte dieser Segmentierungen werden nun betrachtet.

 

3.1.1 Makroökonomische Ursachen


 

Putnoki und Storbeck sehen die Hauptursache der globalen Finanzkrise in der Zinspolitik des Federal Reserve Systems (kurz: FED) nach der Jahrtausendwende.[42]

 

Damit ist vorwiegend die Wirtschafts- und Finanzpolitik der USA nach dem Platzen der Dotcom- bzw. Internetspekulationsblase im Jahr 2001 gemeint. Das Platzen der Internetblase führte zu einem globalen Finanz- und Börsencrash, welcher durch die Anschläge vom 11. September 2001 und dem bevorstehenden Krieg der USA in Afghanistan zusätzlich negativ beeinflusst wurde.

 

Durch geldpolitische Maßnahmen versuchte die FED die drohende Rezession in den USA zu verhindern und erweiterte die Geldmenge auf den Kapitalmärkten, um die Wirtschaft zu stabilisieren und zu fördern. Die Ausweitung der Geldmenge wurde durch eine Leitzinssenkung realisiert. So senkte die FED die Leitzinsen in den Jahren 2001 bis 2005 von 6,5% auf einen bis dato historischen Tiefstand von 1,0%.[43]

 

Von dieser Liquiditätsfreisetzung auf den Kapitalmärkten profitierten im Besonderen Unternehmen und Kleininvestoren bzw. Konsumenten, da nun Banken mehr Kredite vergeben konnten. Banken können in Niedrigzinsphasen mehr Kredite vergeben, da sie das Geld zu einem günstigeren Zinssatz von der Zentralbank leihen können. Das von der Zentralbank geliehene Geld wird nun mit geringeren Aufschlägen an Unternehmen und Konsumenten verliehen. In Niedrigzinsphasen werden Kredite also günstiger.

 

Die am häufigsten vergebene Kreditform zwischen 2001 und 2005 war der Hypothekenkredit, welcher meist auf Basis von variablen Zinssätzen ausgegeben wurde.[44]

 

 Nach der Stabilisierung der US-Wirtschaft und der sicheren Abwendung der Rezession leitete die FED ab 2005 eine Anhebung des Leitzinses ein. Von 2005 bis 2007 wurde der Leitzins von 1,0% auf 5,25% angehoben.[45] Die Leitzinsanhebung implizierte, dass die variablen Zinssätze der Hypothekenkredite anstiegen und sich folglich negativ auf die Zahlungsfähigkeit vieler Kreditnehmer auswirken konnte.

 

Folglich kam es ab 2007 zu vermehrten Zahlungsausfällen bei Hypothekenkreditnehmern.[46] Die hohe Anzahl von Zahlungsausfällen führte aufgrund von massenhaften Zwangsversteigerungen und fehlender Nachfrage zum Kollaps des US-amerikanischen Immobilienmarktes. Dieses Ereignis ist laut Untersuchungen Putnokis der Auslöser für die Finanzkrise 2007 bis 2009.[47]

 

3.1.2 Mikroökonomische Ursachen


 

Die vermeintlichen Fehler, welche auf der makroökonomischen Ebene gemacht wurden, erhielten im Ursachenverlauf der Finanzkrise Unterstützung von mikroökonomischen Ursachen. Dabei nehmen die Hypothekenvergabe in den USA, die Entwicklung des US-amerikanischen Immobilienmarktes sowie das Schaffen von Kreditverbriefungen eine signifikante Funktion ein.

 

Wie bereits im vorherigen Kapital erläutert, stieg nach der Leitzinssenkung der FED im Jahr 2001 die Vergabe von Hypothekenkrediten. Viele dieser Kreditnehmer waren sog. Subprime-Kreditnehmer. Nach Beike und Schlütz werden Subprime-Kreditnehmer als bonitätsschwache Kreditnehmer klassifiziert, welche u.a. mehrere Kreditkarten besitzen, die noch nicht beglichen wurden, in den letzten fünf Jahren Privatinsolvenz angemeldet haben, ihre Immobilie zwangsversteigert haben und mehr als 50% ihre Einkommens für die Schuldentilgung nutzen.[48]

 

Bereits im Jahr 2004 bestanden ca. 20% aller Hypothekenkredite aus Subprime-Standard.[49]

 

In Folge der gesteigerten Hypothekenkreditvergabe erlebte der Immobilienmarkt einen Boom, welcher zwischen 2005 und 2006 seinen Höhepunkt mit 7,3 Millionen verkauften, bereits im Bestand erfassten Eigenheimen erreichte.[50] Neben den gestiegenen Verkaufszahlen, potenzierte sich auch der Wert der Immobilien. Laut Putnoki steigerte sich der Wert einer Immobilie zwischen 2001 und 2006 jährlich um bis zu 10%.[51]

 

Nach der stetigen Leitzinserhöhung der FED kam es im Jahr 2007 zu hohen Zahlungsausfällen bei Hypothekenkreditnehmern, insbesondere im Subprime-Sektor. Nach Sinn waren ca. 12 Millionen Hausbesitzer in den USA überschuldet.[52] Ferner gingen die Verkaufszahlen von Immobilien in den USA um bis 76% zurück.[53] Aufgrund der hohen Zahlungsausfälle und der fehlenden Nachfrage kollabierte der US-Immobilienmarkt.

 

Die Wirkung der US-Immobilienkrise wurde durch das Handeln und Schaffen von Kreditverbriefungen auf Hypothekenkredit-Basis verstärkt und sorgte für eine globale Expansion der Finanzkrise. Die Funktionsweisen, der Nutzen und der Verbriefungsprozess von ABSs werden in Kapitel 3.2 erläutert. Kreditverbriefungen galten in Anbetracht der positiven Entwicklung des US-Immobilienmarktes zwischen 2001 und 2006 als populäre Anlagemöglichkeit, sodass diese Wertpapiere weltweit von institutionellen und privaten Anlegern und Investoren gekauft wurden.[54]

 

Nach Beike und Schlütz muss davon ausgegangen werden, dass 2006 hypothekenbesicherte Wertpapiere in Höhe von ca. 3 Billionen US-Dollar auf dem Markt gehandelt wurden.[55] Bloss bemerkt, dass ca. 20% aller hypothekenbesicherten Wertpapiere aus Subprime-Krediten bestanden.[56] Obwohl ABSs auf Subprime-Basis offensichtlich signifikante Risiken aufwiesen, wurden viele dieser Wertpapiere, angesichts ihrer vermeintlich hohen Risikodiversifizierung, von den Ratingagenturen mit den besten Bonitätsnoten ausgestattet. Demnach wurden ca. 60% aller ABSs mit einem „Triple AAA“ bewertet.[57] Das positive Rating unterstütze die globale Verbreitung dieser Wertpapiere, da viele Investoren und Anleger sich auf das Rating verließen bzw. es mit in ihre Anlageentscheidung einbezogen haben.

 

Nach dem Einbruch des US-Immobilienmarktes aufgrund der vielen Zahlungsausfälle konnte kaum noch ein positiver Cash Flow aus den hypothekenbesicherten Wertpapieren gewonnen werden, insbesondere aus denen, welche auf Subprime-Basis verbrieft wurden. Folglich wurden viele ABSs wertlos. Im Hinblick auf die globale Verbreitung und das hohe Marktvolumen von ABSs mussten viele Investoren und Anleger hohe Verluste und Abschreibungen hinnehmen. Schlussendlich mussten viele Staaten Hilfs- und Rettungspakete aus Steuergeldern für sog. systemrelevante Finanzinstitutionen bereitstellen, um einer globalen Rezession vorzubeugen.

 

3.2 Kreditverbriefungen als Finanzinstrument


 

In diesem Kapitel werden dem Leser die theoretischen Grundlagen von Kreditverbriefungen als Finanzinstrument vermittelt. Damit soll die Grundlage für die theoretische und empirische Analyse in Kapitel 4 gelegt werden. Die Kernthematiken dieses Kapitels umfassen die Illustration des Nutzens von Kreditverbriefungen, die Darstellung des Prozesses der Kreditverbriefung, die Präsentation der verschiedenen Kreditverbriefungsarten sowie die Veranschaulichung des Ratings von Kreditverbriefungen.

 

3.2.1 Nutzen von Kreditverbriefungen


 

Zunächst sollen die Anreize für die Zusammenstellung und die Nutzenfunktionen von Kreditverbriefungen dargelegt werden. Diese lassen sich als innovative Formen des kapitalmarktorientierten Kreditrisikotransfers charakterisieren. Eine Übersicht der diversen Möglichkeiten des Kreditrisikotransfers ist in Abbildung 3 abgebildet.

 

 

Quelle: Eigene Abbildung nach: Horsch, A., Fiedler, S. (2015): S. 108 ff.

 

Abbildung 3: Varianten des Kreditrisikotransfers

 

Unter den kapitalmarktorientierten Produkten zum Kreditrisikotransfer sind Kreditverbriefungen und Kreditderivate die Hauptbestandteile. Die hybriden Produkte werden in Kapitel 3.2.3.3 näher betrachtet.

 

Franzen und Schäfer beschreiben Kreditderivate als derivative Finanzinstrumente, mit denen Kreditausfallrisiken handelbar gemacht werden sollen.[58] Dazu erfolgt eine Separierung des Kreditrisikos vom Kredit, d.h. die originäre Kreditposition bleibt Eigentum des Kreditgebers (auch Sicherungsnehmer genannt). Das Kreditrisiko wird im Austausch gegen eine Risikoprämienzahlung für einen vorher definierten Zeitraum auf den...

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