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E-Book

Der CO2-Emissionshandel. Funktionsweise und aktuelle Probleme

AutorAytekin Sesli
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl85 Seiten
ISBN9783656673958
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Energiewissenschaften, Note: 1,3, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Veranstaltung: Energy Economics, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) publizierte im diesjährigen Sachbestandsbericht über den Klimawandel und die dazugehörigen Einflussfaktoren die Ergebnisse seiner fünften Analyse. Sie verweisen auf unterschiedliche Veränderungen der Atmosphäre, die mit hoher Gewissheit durch anthropogene Bestimmungsfaktoren verursacht werden. Seit dem 20. Jahrhundert verschlechtert sich bis zum heutigen Zeitpunkt die Klimasituation. Diese fortschreitende Wandlung führt in der Folge zu einer Erhöhung der Meeresspiegel, Erwärmung der Weltmeere und weiteren divergenten Klimaereignissen. Ausschlaggebend für die Klimaänderung ist der Ausstoß von Treibhausgasen (THG). Vor allem das THG Kohlendioxid (CO2) sorgt in der Atmosphäre für ausgeprägte Schäden. Die CO2-Konzentration erreichte in der Umgebungsluft im Jahre 2013 Höchstwerte und befindet sich in einer Langzeitbetrachtung der letzten 800.000 Jahre auf einem Höhepunkt. Eine unveränderte Schadstoffemission von CO2 würde bis zum Jahr 2050 zu einer Konzentration führen, die eine Überschreitung der weltweiten Temperatur im arithmetischen Mittel von 2 Grad nach sich zieht. Die weltweite Temperaturerhöhung als Implikation hoher Emissionen wird als Klimaintensität bezeichnet und beschreibt eine nachhaltige Erwärmung bei einer Verdopplung der CO2-Emissionen in der Atmosphäre. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts führte der anthropogene Einsatz fossiler Energieträger zu einer Kohlenstoff-Emission von 545 Gigatonnen. 45 % dieser Schadstoffmenge wirken sich negativ auf die Atmosphäre aus. Der restlichen Anteile wurden in der Natur von Meeren und Wäldern absorbiert. Gegenwärtig existiert für das THG CO2 keine weitreichende Absorptionstechnik auf Basis wettbewerbsfähiger Investitionskosten. Kostenwirksame Rückhaltetechniken befinden sich derzeit im Entwicklungsprozess und werden vor dem Jahre 2020 für die Nutzung durch schadstoffintensive Branchen keine Marktreife erlangen. Für die Zielsetzung einer Stabilisierung der weltweiten Klimaerwärmung ist eine weitgehende THG-Reduktion unumgänglich. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ermittelt, welche Klimaintensität auf der Grundlage ehrgeiziger Reduktionsverpflichtungen die Marke von 2 Grad nicht überschreitet. Der Vergleichsmaßstab der Klimaintensität ist der Emissionsausstoß vor Beginn der Industrialisierung. Der fünfte Sachstandsbericht der Vereinten Nationen bezifferte zum ersten Mal einen Schwellenwert der Schädigungsmenge von CO2 für die Umgebung [...]

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Leseprobe

3 Funktionsweise des CO2-Emissionshandels


 

3.1 Das Kyoto-Protokoll


 

3.1.1 Kernpunkte und Zielsetzung


 

Nach Modellberechnungen von Klimaforschern sind bei einer unveränderten Entwicklung des Schadstoffausstoßes über das Jahr 2100 hinaus schwerwiegende Folgen der globalen Klimaerwärmung zu erwarten. Von daher ist eine weltweite Kooperation zwischen Ländern, die das Ziel verfolgen, weltumspannend Emissionen zu reduzieren, unverzichtbar.[60] Die Basis für eine allgemein gültige Klimaschutzpolitik bildet die Klimarahmenkonvention (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC), die am 09.05.1992 in New York verabschiedet wurde und für die Unterzeichnung der in Anhang I des Vertrags aufgeführten Länder zur nächsten Klimarahmenkonvention (KRK) in Rio de Janeiro bereitlag.[61] „Das Endziel dieses Übereinkommens und aller damit zusammenhängenden Rechtsinstrumente, welche die Konferenz der Vertragsparteien beschließt, ist es, in Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird.“[62] Das Abkommen beinhaltet in Artikel 3 einen Grundsatz der Vorsorgeinitiative, nach der die Länder Auslösern der Klimaschäden vermeidend entgegenzuwirken haben. Bei abzusehenden irreversiblen Schäden der Umwelt soll das Fehlen bewiesener Modellberechnungen der Klimatologen kein Anlass sein, um die Vorsorgeschritte auszusetzen.[63]

 

Die Weltklimakonferenz in Rio de Janeiro diente zur Unterzeichnung des Abkommens. Darüber hinaus wurde an die im Anhang I aufgeführten Länder appelliert, den Schadstoffausstoß zu reduzieren. In Bezug auf die Emissionsziele gab es in dem Abkommen keine festgelegten Vorgaben. Erste definierte Reduktionsverpflichtungen beinhaltete schließlich das Kyoto-Protokoll im Jahre 1997, das auf der Conference of Parties 3 (COP) in Japan verabschiedet wurde.[64] In Anlage B oder auch “Annex B“ des Kyoto-Protokolls sind die teilnehmenden Länder aufgeführt. Im “Annex A“ des Abkommens hingegen sind die einzudämmenden THG aufgelistet.[65] Die teilnehmenden Annex-B-Länder sind im Anhang I dieser Arbeit mit der dazugehörigen Emissionsreduktionsverpflichtung zum Basisjahr 1990 aufgelistet.

 

In der nachfolgenden Tabelle sind die im Annex A beinhalteten THG des Kyoto-Protokolls aufgeführt.

 

Tabelle 3: THG des Annex A im Kyoto-Protokoll

 

 

Quelle: Entnommen aus: Kyoto-Protokoll (1998), Annex A.

 

Die im Annex B gelisteten Kontraktländer haben das Ziel, die THG des Annex A, gemessen in Äquivalenten von CO2 als Einheitsbasis, ihre vorgeschriebenen Emissionszielwerte in der Periode 2008-2013 nicht zu verletzen. Die Schadstoffe sollen in dieser Zeitspanne um wenigstens 5 % unter den Stand vom Jahre 1990, das als Basisjahr fungiert, reduziert werden.[66] Die Länder des Annex B haben für das gemeinsame Erreichen des Emissionsziels verschiedenen Reduktionszielverpflichtungen zugestimmt. Aus einer aggregierten Betrachtungsweise resultiert aus den divergenten Regressionszielen der Industrieländer ein Minderungsziel der Schadstoffemissionen von 5,2 %. Die Einführung des Kyoto-Protokolls erforderte die Erfüllung von zwei Voraussetzungen. Zum einen musste das Abkommen von mehr als 55 Nationen unterschrieben werden. Zum anderen waren diese Länder zeitgleich verpflichtet, eine aggregierte Emissionssumme von wenigstens 55 % des CO2-Ausstoßes gegenüber dem Ausgangsjahr von 1990 zu erreichen. Die Grundlage für diese Emissionsreduktion bildeten die Nationen im Annex I der KRK im Jahre 1992. Die Erreichung der geforderten Emissionssumme von 55 % wurde erst mit der Ratifizierung von Russland erreicht, so dass das Kyoto-Abkommen am 16.02.05 aktiviert wurde.[67] Aus einer geographischen Perspektive gliedert sich die Welt in zwei Teile. Die Annex-B-Nationen unterliegen Emissionsobergrenzen, für Nicht-Annex-B-Nationen bestehen keine Restriktionen.[68]

 

Eine Vorreiterrolle übernahm im Kyoto-Protokoll die Europäische Union (EU). Sie visierte eine Reduzierung der Schadstoffe in der Handelsperiode von 2008 bis 2012 an. Die Emissionsminderungen sollten danach durch sämtliche EU-Mitgliedstaaten getragen werden. Der Reduktionszielwert lag im arithmetischen Mittel um 8 % niedriger als im Bezugsjahr 1990. Entwicklungsländer wehrten sich gegen sämtliche Restriktionen, begründeten dies mit der schwachen Wirtschaftsleistung ihrer Länder und machten die Industrieländer für das Umweltproblem verantwortlich.[69]

 

Mit der Entwicklung der Industrie und dem Effekt der erzeugten THG im 19. Jahrhundert generierten die Industrieländer das Klimaproblem eigenhändig. Aus diesem Grund wurde in den Sondierungsgesprächen zum Kyoto-Protokoll die Folgerung abgeleitet, nur Industrieländer in der ersten Emissionsperiode mit Restriktionen zu belasten, die im Folgenden die Bedingungen im Abkommen definierten. Die Vorreiterrolle der EU-Mitgliedstaaten sollte zusätzlich aus einer anderen Perspektive betrachtet werden. Zur durchschnittlichen Reduktionsverpflichtung von 8 % steuert Deutschland einen Anteil von 21 % bei. Dies erscheint im ersten Augenblick zukunftsgerichtet. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die BRD im Jahr 2010 mit einer Pro-Kopf-Emission 20 % über dem arithmetischen Mittel der EU lag. Die EU wiederum befand sich 77 % oberhalb des globalen Mittelwerts. Dieser Umstand wurde von den Industriestaaten nicht erwähnt und relativiert die Vorreiterrolle der EU.[70]

 

Das kollektive Einhalten von Emissionszielen wie im Beispiel der EU wird als „Blasenkonzept“ bezeichnet und ist im Artikel 4 des Kyoto-Protokolls niedergeschrieben. Das Modell genehmigt Annex-B-Staaten, ihre Emissionsziele im Verbund zu erreichen. Der auf diese Weise entstandene Verbund der Länder wird „Blase“ genannt. Der positive Aspekt des Blasenkonzepts ist, dass Mitgliedstaaten, die ihren Emissionsverpflichtungen auf Basis des Kyoto-Protokolls nicht nachkommen, von anderen Ländern innerhalb der EU aufgefangen werden und folglich die EU-Reduktionsverpflichtung dennoch erreicht wird. Die Disposition der Emissionsvorgaben ist zum Zeitpunkt der Sondierungsgespräche des Kyoto-Protokolls noch nicht bindend. Die Emissionsziele können zwischen den EU-Ländern auch im Anschluss zwischenstaatlich geregelt werden. Dies führt in der Folge zur Emissionsabschöpfung seitens starker Staaten. Nicht genutzte Kapazitäten bei einigen THG können von anderen Mitgliedstaaten abgeschöpft werden.[71]

 

Eine zentrale Annex-B-Nation, die dem Kyoto-Abkommen nicht beigetreten ist, sind die USA. Das Repräsentantenhaus stimmte darüber mit dem Ergebnis ab, das Abkommen nicht zu ratifizieren. Australien unterschrieb das Abkommen erst zu einem späteren Zeitpunkt, nahm am Anfang jedoch eine ablehnende Haltung ein. Kanada, das das Kyoto-Protokoll zu Beginn ratifiziert hatte, gab nach der Weltklimakonferenz COP-17, die in Südafrika stattfand, seinen Ausstieg bekannt. Die Schädigungsmenge an THG war zuletzt wieder angestiegen und das Land wollte mit dieser Maßnahme Geldbußen entkommen.

 

Um die Klimaziele kostengünstig zu erreichen, wurden im Kyoto-Protokoll Hilfsinstrumente verankert. Neben dem Emissionstrading (ET), das einen Emissionszertifikatehandel zwischen Mitgliedsländern ermöglicht, existieren noch projektbasierte Instrumente, der Joint Implementation (JI) und der Clean Development Mechanism (CDM).[72] Die Kyoto-Instrumente werden hier nicht näher erläutert, da sie im nächsten Abschnitt eine genauere Darstellung erfahren werden.

 

Das Kyoto-Abkommen ist eine Konzeption, die in der weltweiten Klimaschutzpolitik lediglich als Schadensbegrenzung fungiert. Auch für den Fall, dass die Emissionen nach der ersten Kyoto-Periode auf einem Stand der erreichten Reduktionsverpflichtung verharren, ist nach Modellberechnungen der Klimatologen mit einer Zunahme der CO2-Schädigung bis zu 50 % in einem Zeitraum von 2008 bis 2030 zu rechnen. Die Ursache für den prognostizierten Anstieg der Schädigung ist das Nutzen fossiler Brennstoffe durch die aufstrebenden Dritte-Welt-Staaten und die Schwellenländer. Eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes wird in Zeiten desAufschwungs als Störfaktor gewertet und wird von diesen Ländern nicht akzeptiert.[73] In der Vertragsstaatenkonferenz COP-18 in Doha wurde „Kyoto II“ als Nachfolgeregelung zur ersten Kyoto-Periode verabschiedet, die an einer weiteren weltweiten Reduktion von THG festhält. Die Laufzeit des Abkommens wurde auf 2013-2020 festgeschrieben. Länder, die ihre Teilnahme bekräftigten, waren die Schweiz, Norwegen, Australien und die EU. Russland und Japan mit einer hohen CO2-Emission haben ihren Austritt bekanntgegeben.[74] Die teilnehmenden Staaten kamen aggregiert nicht über 15 % der weltweiten Schadstoffsumme hinaus. Grund hierfür waren die Nichtteilnahme großer Industriestaaten und die niedrigen Reduktionsverpflichtungen der unterzeichnenden Nationen. Die Zukunft für eine funktionierende globale...

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