
Belastend ist jedoch, wenn die Mutter mit den ihr zugefügten Verletzungen hadert, wenn die Mutter-Kind-Bondingphase durch Wundversorgung oder OP gestört wurde, wenn die Mutter sich als Frau beschädigt, verletzt, nicht ernstgenommen, entwürdigt und gedemütigt fühlt und auch der Vater durch eigenes Ohnmachterleben geschockt oder gar sekundär traumatisiert ist.
Kinder sind höchst verletzlich: vorgeburtlich, bei der Geburt und in der Bondingphase. Sie brauchen Schutz durch Sicherheit und Nähe zur Mutter, hilfsweise zum Vater. Die mütterliche Gesundheit während und nach der Geburt ist vom Schutz und großer Umsichtigkeit ihr gegenüber abhängig. Die größte Umwälzung im Leben einer Frau geschieht durch die Geburt ihres ersten Kindes. Dieses Ereignis macht aus der Frau unumkehrbar eine Mutter. Mütter fühlen ihre große Verantwortung, wenn sie ihr Baby im Arm halten. Die hormonelle Ausschüttung von Oxytocin ist in der Stunde der Geburt besonders hoch. Dieses Hormon dient der Bindung und einem liebevollen Fürsorgeverhalten.
Werden Mutter und Kind bei diesem lebensgeschichtlich bedeutsamen Übergang gestört, behindert, durch Zeitdruck und andere klinische Maßnahmen beeinträchtigt, fühlt sich die Mutter im Nachhinein um ein gutes Geburtserlebnis betrogen. Sie spürt Unzufriedenheit, Versagen, Schuldgefühle und Frustration. Das Kind spürt die Missempfindungen der Mutter und reagiert darauf.
Die immense Zahl von unter der Geburt verletzten Frauen (über Dammverletzungen weit hinaus gehend durch Kaiserschnitte, vaginal-operative Eingriffe und Frühgeburten) würde sich verringern durch respektvolle, achtsame, wertschätzende Begleitung in der Schwangerschaft und mit ausreichend Geduld und Zeit für Frauen und Kinder, welche gemeinsam die Geburtsarbeit leisten. Die einseitige Gewichtung der Überlebenssicherheit muss durch Qualitätsstandards ergänzt werden, welche die grundlegenden Bedürfnisse nach Schutz und Unterstützung von Mutter und Kind befriedigen und Sozialerfahrungen ermöglichen, die bei einer Geburt für Mutter und Kind von existentieller Bedeutung sind.
Geburten stellen nur selten ein medizinisches Problem dar, lt. WHO ca. 10-15 %. Die Geburt ist für Mutter Kind und Vater die bedeutende Grundlage für ein langfristiges soziales, achtsames und fürsorgliches Miteinander. Die ganzheitliche Gesundheit der Mutter sollte hohe Priorität haben, sie im Auge zu haben ist für die Zukunft des Kindes eine wichtige Basis und eine gesellschaftlich unverzichtbare Aufgabe. So wie wir als Gesellschaft in die Lebensphase der gealterten Individuen investieren, muss dasselbe auch für die Jüngsten am Lebensanfang gelten.
Forderungen gegenüber Kliniken:
Da der Evidenz-basierte Nachweis geführt wurde,
Schlussfolgerungen für werdende Eltern:
Aus kinderrechtlicher Sicht ist zu fordern:
Frauenperspektive:
Schlussbemerkung
Zwei betroffene Frauen wandten sich hilfesuchend an GreenBirth e.V. Die Abweisungen ihrer Strafanzeigen als nicht im öffentlichen Interesse liegend bedeuten für sie, in ihrem Erleben missachtet zu werden, die Verletzung ihrer Würde und Nichtanerkennung ihres nachfolgenden körperlichen und seelischen Leidens. Sie hätten sich demzufolge mit dem abzufinden, was sie erlebt haben.
Die Aussagen weiterer Frauen, die an der Online-Befragung teilnahmen zeigen, welche Faktoren für die Ausführung eines Dammschnitts ursächlich waren: Zeitdruck, Uhrzeit, Personalmangel, Informationsdefizit, Einschätzung des Personals, Ungeduld, Übergehen des Willens der gebärenden Frau. Eine Frau erlebte eine vaginal-operative Geburt, zwei Frauen gaben an, das Kind sei sehr groß gewesen. Mehrere Erinnerungen waren ungenau oder widersprüchlich. Mit dieser Befragung wollen wir dazu beitragen, das Thema Dammschnitt aus der Tabuzone herauszuholen.
Folgende Schwierigkeiten sind zu überwinden:
Unterschätzung der individuellen Folgen:
Die Familien unterschätzen die individuellen Folgen für die Mutter/die Frau, mögliche Auswirkungen auf den Bondingprozess zum Kind sowie die Partnerschaft. Oft bleiben Frauen unverstanden und mit ihrem Erleben alleine.
Leidensdruck:
Der enorme Leidensdruck dieser Frauen wird nicht wahrgenommen: Mit Aussagen wie „Ich konnte mein Kind nicht lieben“ – „ es gab Zeiten, da wollte ich nicht mehr leben“ -„zwei Korrekturoperationen waren nötig“ – „ich verspüre noch heute Wut und Hass“- „mein Genitalbereich fühlte sich taub an“ – deutet sich an, was einzelne Frauen aushalten und ertragen müssen.
Unsichtbare Wunden:
Seelische Wunden sind unsichtbar. Sie treten nur zutage, wenn die Frauen sich trauen auszusprechen, was sie bewegt: körperliche Beschwerden beim Wasserlassen, Sitzen, Stehen. Berührungsempfindlichkeit und Schmerzen im Intimbereich schränken die Sexualität ein. Das bedeutet Verlust an Lebensqualität. Partnerkonflikte – bis hin zu Trennungen – können die Folge sein.
Unterstützung und Anerkennung beim Tatbestand einer Körperverletzung:
Der Schritt, eine Strafanzeige zu stellen, hängt auch davon ab, ob dafür Unterstützung vom Partner, einer Fachperson, Hebamme oder Ärztin kommt.
weiterlesen:
Online-Befragung: Dammschnitt – Bagatelle oder Körperverletzung: Erläuterungen
zum Anfang der Online-Befragung:
Online-Befragung: Dammschnitt – Bagatelle oder Körperverletzung
Erhaltene Antworten bei der Online-Befragung Dammschnitt – Bagatelle oder Körperverletzung
Online-Befragung: Dammschnitt – Auswertung unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Studien
Irene Behrmann (1. Vorsitzende), Anna Groß-Alpers (2. Vorsitzende)
Geschäftsstelle
Altenceller Weg 58, 29331 Lachendorf
Telefon 05145-284289
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