Definieren Sie Ihren Anspruch und Ihr Niveau
»Es fängt alles beim Zuhause an.«
Lee Iacocca
Herz und Kopf sind voller Erinnerungen und Gedanken. Und unsere Wohnung? Auch da wimmelt es nur so von allerlei; allerlei Unbrauchbarem, Unnützem, Doppeltem, Kaputtem, Ungeliebtem, Unerwünschtem, aber natürlich auch von Erinnertem, Liebgewordenem, Unverzichtbarem. Und nichts von alldem scheint jemals genug zu sein. Die Vermehrungswelle schwappt über uns hinweg!
Während ich noch meinen Text in die Tastatur tippe, rufe ich eine kleine Umfrage auf, die ich vor kurzer Zeit mit Freunden, Bekannten und auch Fremden durchgeführt habe. Thema: Welche Bedeutung hat ein Zuhause? Hier die Antworten, die in manchen Fällen auch eine Gegenfrage waren:
»Ist ein schönes Zuhause abhängig von Bewohnern oder von Möbeln?«
»Wer zeigt uns, wie man ein Zuhause schafft?«
»Ich bin gern zu Hause, leider sind meine Kinder lieber woanders.«
»Ich brauche Geld, um es mir schön zu machen.«
»Ich kriege nur das, was andere nicht mehr brauchen!«
»Ich bin nicht viel, aber ich habe viel, das ist ein Anfang!«
»Es ist das, was ich zwar sehen, aber einfach nicht fühlen kann!«
»Ich bin so viel gereist, dass ich jetzt endlich mal nicht nur das Zuhause nenne, wo mein Herz gerade schlägt. Ich will endlich mal ankommen, bleiben und mich einrichten.«
»Wenn sich auch meine Freunde bei mir wohlfühlen, ist es ein richtiges Zuhause.«
»Freiheit. Tun zu können, was ich will, ohne beobachtet zu werden. Leider lernte ich nie, Dinge loszulassen, die mich eigentlich stören. Aber muss ich ja auch nicht, ist schließlich mein Zuhause! Kommt eben keiner mehr zu mir, dem die Fülle nicht passt.«
»Zuhause ist, wo ich bin, nicht, wo ich mich aufhalte.«
Und Sie? Wie hätten Sie mir geantwortet? Mit einer Gegenfrage? Spontan? Oder hätten Sie überlegen müssen, weil Sie sich die Frage bislang nie gestellt haben? Möge Ihnen dieses Buch auch ein Weg zu einer Antwort sein!
Selig sind, die ihre Wohnung auch ein Zuhause nennen: Stimmt das? Ja! Denn ein Zuhause ist verknüpft mit Emotionen: mit innerem Wohlfühlen und Ankommen. Ein Zuhause bietet Schutz. Wer viel umzieht, mag die anfängliche Aufregung noch genießen, bis sie am Ende vom Stress verdrängt wird. Körper und Geist sind immer in Aufbruchstimmung, finden selten Ruhe. Und jene, die nicht reisen müssen? Sie leben in ihren eigenen vier Wänden und kommen auch nicht zur Ruhe. Sie kommen nicht einmal gern an. Sie halten ihre Räume nicht in Schuss. Und ein Stück weit auch nicht mal sich selbst. Oder doch, wenn sie ein Doppelleben führen. Diesen Bewohnern in zwei Leben begegne ich nicht selten in der Praxis.
Wir wissen zwar häufig, wonach wir uns sehnen, scheitern aber meist daran, uns das auch ins Leben zu holen. Entweder fehlt es an Muße, Ideen und Geld, oder wir scheitern an der Fülle um uns herum, die einfach nicht weniger wird. Die Dinge dienen uns? Nein, wir dienen den Dingen. Wer viel hat, hat auch viel Arbeit; ja er arbeitet sogar noch für all den Kram, der schließlich geputzt, poliert und repariert sein will. Selbst jene, die sich schick und üppig eingerichtet haben, die der Schuh des Mangels niemals drückt, müssen nicht unweigerlich zu Hause angekommen sein, auch nicht, obwohl Meister XY ihnen doch alles nach bestem Gewissen designt und eingerichtet hat.
Na so was! Zuhause ist ein Gefühl! Und Gefühle wohnen innen. Der schönste Schrank befriedigt das Außen, den optischen Anspruch, kleidet und füllt einen Raum – aber positiv beseelen wird er ihn nicht. Er füllt den Raum, aber füllt nicht unsere innere Leere. Für ein Zuhause braucht es mehr als nur den Tisch, das Sofa, das Bett und den Schrank. Räume lassen sich durch Möbel zwar kleiden, einkleiden und verkleiden, aber an Seele gewinnt ein Raum erst durch den Menschen, der ihn betritt und in ihm lebt und ihn liebt. Ausnahmen sind wohl alte Stücke aus Großmutters Kindheit, die für uns viel mehr sind als ein Möbelstück; sie sind einfach ein Stück alt gewordene Seele. Selbst Musik gibt einem Raum oft mehr als eine Couch, weil schöne Stimmen Energie spenden und Emotionen freisetzen, wodurch sich der Raum ebenfalls beseelen lässt.
Sich mit dem Thema »Wohnen« auseinanderzusetzen, ist nicht jedermanns Leidenschaft. Für die einen ist »Zuhause« eine Ansammlung von Räumen, in denen Möbel abgestellt und die mit scheinbar Brauchbarem befüllt werden, das Akzente setzt. Für die anderen ist es die Basis eines Lebensgefühls, ist es Ausdruck, Persönlichkeit, Lebensqualität. Sie lieben es, optische Wohlfühloasen und einladende Refugien zu schaffen – für sich und auch für andere. Für viele meiner Kunden ist ihr Zuhause kein Zuhause. Schon längst nicht mehr oder im schlimmsten Falle auch nie gewesen. Es gleicht eher einer Abstellkammer, einem Sammelsurium von Geschichten, Accessoires, zusammengewürfelten Erinnerungen und Nippes, mit möglicherweise tollen Einzelstücken, die in der Gesamtheit alles andere als harmonisch wirken. Eine Wohnung im Dornröschenschlaf – unfreiwillig zwar, wenn der Mensch sich entweder nicht kümmern will oder es nicht kann. Umso wertvoller ist es, wenn es Zeitschriften und Wohnsendungen gelingt, uns immer mal wieder wachzuküssen, denn Wohnen ist verdammt noch mal auch Leben!
Der persönlichste Ort, unsere Insel, unsere Oase, unser Spiegel, unsere Visitenkarte – ein Ort, den wir bezogen haben. Für den wir Miete zahlen. Warum dann gedankenlos, sträflich und lieblos mit ihm umgehen? Wie viel Vernachlässigung können Raum und Mensch ertragen?
Wir springen täglich unter die Dusche und putzen uns zweimal am Tag die Zähne. Nicht nur als Vorsorge, sondern auch aus dem Bedürfnis heraus, sich vom Mief der Nacht und vom Belag des Tages zu befreien, etwas loszulassen, mit dem wir uns nicht wohlfühlen. Zu uns gehören weder Dreck noch Schmutz, weder Schimmel noch Staub, kein Mundgeruch und auch kein Ungeziefer. Nichts davon gehört zu einem Körper und auch nicht zu den Räumen, in denen der Körper ja wohnt. Zur innerlichen Säuberung und Reinigung gehört natürlich noch mehr, nämlich schöne, glückliche, positive Gedanken – davon später mehr.
Wir sollten vertraut sein mit unseren Räumen, damit wir in ihnen mit verbundenen Augen zurechtkommen können. Hier sollten wir nichts suchen müssen, hier sollten wir finden. Alles hat sein Plätzchen, alles wurde liebevoll gestellt und arrangiert. Alles hat dort seinen Sinn und seine Aufgabe.
Klingt das bekannt für Sie? – Sehen Sie, und vielleicht halten Sie genau deshalb dieses Buch in Ihren Händen, weil es eben nicht so selbstverständlich für Sie ist. Ich begleite Sie, ich gehe mit Ihnen, den Weg zu einem schönen, aufgeräumten, übersichtlichen und einladenden Zuhause – und gerne noch ein Stückchen darüber hinaus.
Zuhause ist, wo wir uns wohlfühlen. Wo wir abschalten, träumen, lieben, verführen, feiern, einladen, anderen begegnen. Wo wir uns verstecken und gehenlassen und einfach so sein dürfen, wie wir sind. Zuhause setzen wir die Masken ab. Und doch kann auch ein Zuhause maskiert werden, wenn es bestimmte Zwecke erfüllen muss, zum Beispiel als äußeres Statussymbol oder wenn es aus Repräsentationsgründen gefallen soll – mehr Schein als Sein.
Das Außen wird eben schneller gesehen als das Innen. Mit Authentizität hat das nicht immer was zu tun. Da wird für andere und weniger für sich gestaltet und designt. Und es wird immer Menschen geben, die sich lieber einrichten lassen als selbst – oder mit Unterstützung – herauszufinden, was ihrer inneren, persönlichen Sehnsucht entspricht. Natürlich sind Einrichter wertvoll, solange sie die Wünsche ihrer Kunden berücksichtigen und nicht nur die eigenen Ideen verwirklichen und auf den Verdienst schauen, das heißt solange sie gemeinsam mit ihren Kunden Bedürfnisse und Budget im Auge behalten.
Und auch beim Loslassen scheitern viele. Daher ist es sinnvoll, sich jemanden an die Seite zu holen, der mit Herz, Verstand und Empathie unterstützen kann. Doch leider stellen sich oft Scham und Stolz in den Weg, jemand anderen in sein Chaos oder in die Tiefe von Schubladen schauen zu lassen, die man selbst schon nicht mehr öffnen kann. Ein Teufelskreis? Schluss damit!
Ich habe schöne moderne Häuser betreten, in denen es mich fröstelte, obwohl die Heizung auf Hochtouren lief. Und ich stand in kleinen, vollen und eher preiswert eingerichteten Räumen, die Wärme und Geborgenheit ausstrahlten. Es ist wie mit den Menschen: Sie können noch so attraktiv aussehen, ohne Herz und Charakter verliert sich diese Schönheit, gerade für jene, die vorrangig den Blick nach innen richten. Nicht für jene, denen die Oberfläche reicht, weil sie ein Schmuckstück ohne inneren Kern suchen, um daneben selbst ein wenig Glanz abzubekommen. Was bedeutet aber nun Niveau und Anspruch? Das sollte jeder für sich selbst herausfinden, wobei die Antworten viel an Erfahrungen widerspiegeln werden. Doch was gestern war, kann heute und morgen seine Gültigkeit verlieren. Wo wollen wir hin? Was zieht uns an? Was bereichert uns, was macht uns glücklich? Mit zunehmendem Alter wächst auch der Blick, mit der Reife des Alters bekommen wir auch ein feineres Gespür – für Menschen, Situationen und Umgebungen.
5 Säulen, die einen Raum einladend...