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Cybermobbing unter Jugendlichen. Eine neue Form der Gewalt?

Cybermobbing unter Jugendlichen, als neue Form der Gewalt?

AutorDorothee Aksi
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl109 Seiten
ISBN9783656641223
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,0, Hochschule Ludwigshafen am Rhein, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Begriffe 'Cybermobbing' und 'Cyberbullying' findet in den Medien mittlerweile häufig Verwendung, dennoch sind sich viele der genauen Signifikanz der Begriffe nicht bewusst. Gerade die älteren Generationen, welche nicht mit Computern und Internet aufgewachsen sind, die also keine s.g. 'Digitalnatives' sind, können mit der Flut von neuen Begriffen, welche aus dem 'Web 2.0' stammen, oft überfordert sein. Somit wird ihnen eine realistische Einschätzung der damit verbundenen Gefahren, welche von den Medien gerne thematisiert werden, erheblich erschwert. Daher ist es wichtig, sich mit diesen, als Gefahren bezeichneten Phänomenen genauer und auch für die Allgemeinheit verständlich auseinanderzusetzen. Mit einem dieser Phänomene, nämlich dem Cybermobbing, beschäftigt sich die vorliegende Arbeit. Da Cybermobbing ebenso wie das traditionelle Mobbing ein sehr breit gefächertes Themengebiete darstellt, ist es unumgänglich das Thema einzugrenzen. Weil das Leben im Web 2.0 gerade für junge Menschen eine erhebliche Bedeutung hat, konzentriert sich diese Arbeit auf eine Altersgruppe zwischen 10 bis 21 Jahren - wobei dies als eine grobe Orientierung dienen soll und nicht als exakte Altersabgrenzung zu verstehen ist. Natürlich kommen Mobbing und Cybermobbing auch unter Erwachsenen vor. Wie Studien zeigen stellt Mobbing gerade am Arbeitsplatz ein ernstzunehmendes Problem dar. Doch kann dies hier nicht weiter berücksichtigt werden, da es den Rahmen dieser Arbeit übersteigen würde. Ziel dieser Arbeit ist es, anhand von Fachliteratur und verschiedenen Studien die aktuellen Entwicklungen zu diesem Phänomen in der Bundesrepublik Deutschland zu untersuchen. Es wird herausgearbeitet, ob Cybermobbing tatsächlich eine Form der Gewalt darstellt oder nur durch die aktuelle mediale Aufarbeitung als solche stilisiert wird.[...]

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Leseprobe

3. Rollen im Mobbingprozess


 

Gemäß der Expertenmeinung handelt es sich bei Mobbing bzw. Gewalttätigkeit nicht nur um ein Einzel-, sondern auch um ein Gruppenphänomen. Dies gilt ebenso für das Cybermobbing. Das bedeutet, dass nicht, wie in der Vorstellung weit verbreitet, nur ein Täter und ein Opfer am Mobbingprozess beteiligt sind, sondern auch das Publikum den Prozess beeinflusst. Daher werden in diesem Kapitel die Rollen, die im traditionellen sowie im virtuellen Mobbingprozess wirken, genauer beleuchtet.

 

3.1 Das Opfer (Victim)


 

Mobbing und Cybermobbing sind eng miteinander verbunden. Häufig werden die Opfer von traditionellem Mobbing im Internet weiter gemobbt. Auch kann ein Mobbing-Prozess, der virtuell begann, in der Offline-Welt fortgesetzt werden oder die Opfer von traditionellem Mobbing versuchen, sich an ihren Peinigern über die Möglichkeiten im Cyberspace zu rächen

 

- so gehören auch Täter wiederum zu den Opfern. Der Zusammenhang von traditionellem Mobbing und Cybermobbing lässt sich anhand einiger Studien belegen. Beispielhaft hierfür sind die Studien von Kowalski et al.[46], deren Ergebnisse im Folgenden näher vorgestellt werden, und die von Riebel aus dem Jahr 2008, laut denen 78% der Cybermobbing-Opfer auch Opfer von traditionellen Mobbing sind[47], sowie die Studie von Wachs aus dem Jahr 2009, die besagt, dass 69,2 % der Cybermobbing-Opfern auch von traditionellem Mobbing betroffen sind.[48] Bei der Studie von Kowalski, Limber und Agatston wurde speziell der Zusammenhang zwischen traditionellem Mobbing und Cybermobbing bei Jugendlichen untersucht. Hierbei zeigte sich, dass Opfer sowie auch Täter von traditionellem Mobbing in Cybermobbing involviert sind. Wie in Abbildung 5 dargestellt sind 23% der Jugendlichen, die Opfer von traditionellem Mobbing sind, auch Opfer von Cybermobbing und 9% der Opfer im realen Leben werden im Cyberspace selbst zu Tätern. Interessant ist im Vergleich hierzu, dass aber 19% der Offline-Täter zu Online-Opfer werden. 20% der Online-Täter mobben auch auf traditionelle Weise. Jugendliche, die sowohl Opfer als auch Täter von

traditionellem Mobbing sind, sind laut Kowalski zu 36% Opfer von Cybermobbing. Lediglich 9% der Online-Opfer sind nicht in traditionelles Mobbing involviert.

 

 

Abbildung 5: Zusammenhang zwischen traditionellem Mobbing und Cybermobbing[49]

 

In deutschen Untersuchungen finden sich vergleichbare Ergebnisse. So wurden im Rahmen der Studie von Jäger, Fischer, Riebel, & Fluck aus dem Jahr 2007 eine Gruppe von knapp 2000 Schülern befragt, wie oft diese in den letzten zwei Monaten Opfer von direktem Mobbing und von Cybermobbing geworden sind. Von den knapp 2000 Schülern gaben 54,3% an, Opfer von direkten Mobbing und 19,9% Opfer von Cybermobbing gewesen zu sein. Wie häufig es laut den Opfern zu Vorfällen kam, geht aus den Abbildungen 6 und 7 hervor.[50]

 

 

Abbildung 6: Traditionelles, direktes Mobbing: alle Opfer[51]

 

 

Abbildung 7: Cybermobbing: alle Opfer[52]

 

Nachdem nun die Zusammenhänge zwischen dem traditionellen Mobbing und dem Cybermobbing dargelegt wurden, setzen wir uns nun mit den Opfern des traditionellen Mobbings und im Anschluss daran mit den Opfern von Cybermobbing auseinander.

 

In der Fachliteratur wird beim traditionellen Mobbing zwischen zwei Typen von Mobbingopfern unterschieden. Dem passiven oder auch ergebenen Opfer und dem provozierenden Opfer. Diese Typisierung wurde von dem Psychologe und Mobbingforscher Olweus bereits in den 70ziger Jahren festgelegt. Diese These stützt er auf Interviews, die er mit den Eltern von gemobbten Jungen geführt hat, in denen die Eltern ihre Söhne seit frühester Kindheit als überdurchschnittlich vorsichtig und empfindsam beschrieben. Diese These kann durch eine Vielzahl weiterer Forschung als bestätigt angesehen werden.[53] Daher geht der überwiegende Teil der Experten davon aus, dass es eine typische Opferpersönlichkeit gibt, welche Opfer von Nicht-Opfern unterscheidet bzw. dass es spezifische Persönlichkeitsmerkmale gibt, die dazu führen, dass Träger dieser Merkmale mit einer größeren Wahrscheinlichkeit zu einem Opfer von Mobbing oder Gewalttaten werden. Dies würde bedeuten, dass die Opferwahl keineswegs willkürlich vonstattengeht.

 

Jedoch gibt es auch Experten, so z.B. der Mobbingforscher Heinz Leymann, die die Persönlichkeitstheorie überaus kritisch betrachten und anzweifeln, dass die Entstehung von Mobbing durch bestimmte Täter- oder Opferpersönlichkeiten zu erklären sei[54], sondern sich vielmehr auf das vorherrschende Schul- bzw. Arbeitsklima sowie auf organisatorische Faktoren zurückführen lässt. Da berücksichtigt werden muss, dass es sich bei den bisherigen Untersuchungen hauptsächlich um Querschnittsuntersuchungen handelt, kann trotz der geführten Interviews, auf die Olweus seine These stützt, nicht genau differenziert werden, ob die von ihm genannten spezifischen Merkmale, wie Unsicherheit, Empfindsamkeit, Ängstlichkeit und ein schwaches Selbstwertgefühl, in der Persönlichkeit von Mobbingopfern als die Ursache von Mobbing anzusehen sind oder doch vielmehr die Folge solcher Mobbingattacken ist.[55]

 

Welche dieser Auffassungen nun auf die Realität zutreffen oder ob es sich eher um eine Kombination aus beidem handelt, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Zwar belegen die meisten repräsentativen Studien zu diesem Thema, dass die Opfer von Mobbing, die von Olweus beschriebenen Persönlichkeitsmerkmale besitzen, aber auch wenn man die Frage, ob es möglich sein könnte, dass sich diese Eigenschaften erst nach dem Mobbing gebildet haben, außer Betracht lässt, ist keine Studie zu diesem Thema aussagekräftig bezüglich der Tatsache, wie viele Kinder und Jugendliche noch dieselben Persönlichkeitsmerkmale besitzen und trotzdem keine Opfer von Mobbing geworden sind.

 

Die am häufigsten vertretene Ansicht ist eine Kombination, welche die verschiedenen Thesen gelungen vereint. Demzufolge besitzen die Opfer diese Eigenschaften bzw. die Disposition zu diesen zwar bereits vor dem Mobbing, doch diese werden durch das Mobbing zusätzlich verstärkt. [56] Ob ein Merkmalsträger zum Opfer wird, hängt weiterhin sowohl mit dem Schulklima, den vorherrschenden Sozialstrukturen sowie von einer Vielzahl anderer psychosozialen und organisatorischen Faktoren zusammen und ist meist ebenfalls situationsgebunden. Zum einen kann es Bewältigungshindernisse und Situationsfaktoren geben, welche das Opfer abhalten, Einfluss auf den Mobbingprozess zu nehmen, um sich letztendlich aus diesem zu lösen, zum anderen gibt es psychosoziale Effekte.[57] Somit ist die Persönlichkeit eines Opfers nie allein ausschlaggebend für den Mobbingprozess.

 

3.1.1 Opfertypus im traditionellen Mobbingprozess


 

Trotz der oben beschriebenen Unsicherheiten und Uneinigkeiten, werden im Folgenden die zwei Opfertypen vorgestellt:

 

Der am weitesten verbreitete Opfertyp ist der passive oder ergebene Opfertyp. Seine Persönlichkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass er ängstlicher, unsicherer, empfindsamer, stiller, schüchterner und vorsichtiger ist als andere im jeweils selben Alter. Handelt es sich dabei um Jungs, sind diese vorwiegend körperlich schwächer als ihre Altersgenossen. Des Weiteren geht man davon aus, dass die typische Opfer unter einem mangelnden Selbstbewusstsein und unter einer negativ geprägten Einstellung zu sich selbst und zu ihrer Situation leiden. Diese Opfer haben meist auch eine negative Einstellung gegenüber Gewalt bzw. Gewalttätigkeiten. Sie sind selbst weder aggressiv noch aufdringlich. Ihr Verhalten lässt sich eher als zurückhaltend und unauffällig beschreiben.[58]

 

„Insgesamt scheint es, dass das Verhalten und die Einstellung des passiven Opfertyps den

 

anderen zu erkennen geben, dass er sich unsicher und wertlos fühlt und nicht zurückschlagen wird, wenn er angegriffen oder beleidigt wird.“[59]

 

Tatsächlich zeichnet sich das Reaktionsmuster des beschriebenen Opfertypus durch Rückzug und einer gewissen Lethargie auf Angriff, teils auch durch Weinen - überwiegend in niedrigeren Klassenstufen - aus.[60]

 

Olweus geht davon aus, dass es diese Eigenschaften sind, die es den Opfern erschweren, sich in einer Gruppe Gleichaltriger zu behaupten. Ein anderer Aspekt, der Olweus bei seinen Forschungen auffiel, ist das - im Vergleich zu anderen Gleichaltrigen - meist positive und enge Verhältnis der Mobbing-Opfer zu ihren Eltern, besonders zu den Müttern. Gern wird in diesem Zusammenhang daher von einer „Überbehütung“ gesprochen. Allerdings gibt es keine empirischen Belege dafür, dass dieses enge Verhältnis oder eine Überbehütung eine mögliche Ursache für Mobbing ist. Ebenso könnte es sich dabei auch um eine Folge des Mobbings handeln. [61]

 

Bei dem zweiten Opfertypus handelt es sich um den provozierenden Opfertyp. Dieser ist in den Persönlichkeitsmerkmalen dem ersten Typus sehr ähnlich. Er weist unter anderem ebenfalls Eigenschaften wie Ängstlichkeit und Unsicherheit auf, jedoch reagiert er keinesfalls mit Rückzug, sondern...

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