Sobald man selbst Strom produziert und den verkauft, wird man zu einem Unternehmer und braucht eine Rechtsform. Je höher die Produktion, desto rentabler ist die Anlage. Ein Hausbesitzer bekommt für seine kleine Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach weniger Kilowattstunden pro investierten Euro als der Besitzer einer größeren Anlage, etwa auf dem Dach einer Turnhalle. Daher ist es durchaus logisch, dass sich hier Bürger zusammenschließen, um gemeinsam eine höhere Rentabilität zu erreichen und das finanzielle Risiko auf viele Schultern zu verteilen.
Als deutscher Prototyp eines solchen gemeinschaftlichen Finanzierungs- und Betriebsmodells kann das Bürgerwindprojekt Windkraft Wedel gelten, das Ende der 1980er Jahre gegründet wurde. Seine Initiatoren konnten sich an dänischen Vorbildern orientieren, da sich die soziale Erfindung der „Genossenschaftswindmühle" bereits ab Ende der 1970er Jahre im nördlichen Nachbarland verbreitet hatte. „Die Übernahme dieses Konzepts lag auch deshalb nahe, weil es vom Gedanken basisdemokratischen kollektiven Handelns geprägt war, der in der Ökologie- und Alternativbewegung populär war" (Mautz et al. 2008 : 56).
In den 90er Jahren kamen dann die ersten Bürgersolarprojekte, denen der Durchbruch allerdings erst durch das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) zur Jahrtausendwende gelang. Bürgersolaranlagen werden häufig in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, seltener einer KG oder einer Genossenschaft betrieben. Dabei ist meistens ein Verein oder eine Bürgerinitiative der Initiator, der die Beteiligungen organisiert und zusätzlich absichert. In einigen Fällen haben Bürgersolarinitiativen auch eine GmbH als Betreibergesellschaft gegründet, wie zum Beispiel der Greencity e.V. mit seiner Green City Energy GmbH[6] in München oder der Bürgerkraftwerke e.V. im Saarland[7]. Dies ist allerdings die Ausnahme, denn „die Haftungsübernahme durch die GmbH ist mit jährlich mindestens 2500 Euro zu teuer und die nötige notarielle Beurkundung bei Ein- und Austritt aus der Gesellschaft organisatorisch zu schwerfällig" (Kuntze 2011). Eine Bündelung mehrerer Anlagen zu einem Pool zerstöre laut Kuntze den örtlichen Bezug der Geldgeber zur Anlage und damit wäre diese Struktur kontraproduktiv zu der eigentlichen Motivation vieler Teilhaber.
Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GbR) haftet jeder Gesellschafter mit seinem privaten Kapital. Diesen Nachteil umgehen einige Initiativen, indem sie dem angeschlossenen Verein die Rolle einer GmbH übergeben und der für den Bau und Betrieb der Anlage verantwortlich ist. Der Verein schließt dann eine Haftpflichtversicherung ab. „Sollte ein Haftpflichtschaden aus dem Bau und dem Betrieb der Anlage diese Summe überschreiten, so haften die Vereinsmitglieder nicht persönlich, sondern der Verein mit seiner Vereinskasse begrenzten Inhalts" (Kuntze 2011). Die GbR übernimmt die Rolle der Geldgeber. Sie beauftragt den Verein mit dem Bau und Betrieb der Anlage und übernimmt alle daraus entstehenden Kosten. Den Einspeisevertrag mit dem Netzbetreiber schließt die Geschäftsführung der GbR ab. Auch die Versteuerung der Einkünfte aus der Anlage findet bei der GbR statt (vgl. ebd.). Dies muss nicht unbedingt zum Nachteil des Vereins sein, denn solange der Verein nicht überwiegend gewerblich tätig wird, kann er seine Anerkennung als gemeinnütziger Verein beibehalten.
Den Bürgerinitiativen ist das Mitspracherecht meistens ein wichtiges Anliegen. Daher werden sich Solarinitiativen weniger dafür entscheiden, sich mit Darlehen an Kraftwerken zu beteiligen. Als Mitgründer einer GbR hat man als selbständiger Gewerbetreibender zwar einen höheren Aufwand bei der Steuererklärung und man haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, allerdings hat man als Mitbetreiber der Anlage ein Mitspracherecht und das Risiko wird durch Versicherungen gemindert[8].
Die Gesellschafter beteiligen sich üblicher Weise zu Beginn mit einer Geldeinlage an der zu bauenden Anlage. Es gibt aber auch andere Modelle. Die Energiegewinner eG z.B. sucht, diese Lücke zwischen Finanzierung und Bau zu schließen, indem sie das Geld für solche Bürgerprojekte vorschießt. Die Rückzahlung des Beitrags sowie einer Verzinsung erfolgt aufgrund der Gewinne durch den Verkauf des erzeugten Stroms, dessen Preis durch die staatlich festgelegte Einspeisevergütung für 20 Jahre gut kalkulierbar ist. Im Jahr 2011 liegt die Einspeisevergütung für kleine Photovoltaikanlagen (bis 30 kWp) auf Dachflächen noch bei 28,74 Cent pro kWh. Oft kann die Investition durch subventionierte Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau und anderer Banken finanziert werden. Es ergibt sich für die Gesellschafter ein Überschuss, der nach Abzug der Verwaltungsaufwendungen an die Gesellschafter ausgezahlt wird.
Neben den GbRs der Bürgerinitiativen gibt es auch die Form der eingetragenen Genossenschaften (eG) für PV-Anlagen. Holstenkamp und Ulbrich identifizieren hier fünf Gruppen von Initiatoren dieser PV-eGs: Kreditinstitute, Energieversorgungsunternehmen, Kommunen und kommunale Verwaltungen, Unternehmen (nicht Energieversorger)/ Unternehmensverbände oder Angestellte eines Unternehmens und private/ kirchliche (Solar-)Initiativen und Privatpersonen.
In ihrer Untersuchung sind in mehr als zwei Drittel aller Fälle Banken unter den Initiatoren, z. T. allein, oftmals in Kooperationen. „In fast einem Drittel der PV-Genossenschaften geht die Initiative u. a. von Kommunen bzw. kommunalen Verwaltungen aus. Mit ca. 21 % ist der Anteil von Solarinitiativen und Privatpersonen ähnlich hoch" (Holstenkamp/ Ulbrich 2010: 11f.). Untersucht wurden hier allerdings nur Genossenschaften, keine GbRs. Dort wäre der Anteil an privaten Initiativen vermutlich höher. Der mit Abstand häufigste Fall einer PV-Genossenschaft ist die Kooperation von Kreditinstituten und Kommunen. Dies ist nachvollziehbar, da sich hier zwei Seiten mit einem gemeinsamen Interesse gegenseitig ergänzen. Die genutzten Dachflächen stehen oftmals im Besitz von Gebietskörperschaften und das fehlende Kapital für die Anlage kann die Bank stellen.
So kommt es häufig zu dem Klassiker, dass sich in einem kleineren Ort Bürgermeister und Vorsitzender der ortsansässigen Volks- und Raiffeisenbank treffen und ein Solarprojekt planen, wie in einem Experteninterview berichtet wurde. Der Anteil an Bürgern oder Unternehmen, die ihre. Dachflächen zur Verfügung stellen, nimmt allerdings zu[9]. Durch die Bereitstellung der entsprechenden Flächen erhalten die Eigentümer im Gegenzug eine Pacht.
Immer mehr Bürger erkennen eine Notwendigkeit, sich im Solar-Bereich zu engagieren oder auch die wirtschaftlichen Anreize, die sie dazu bringt, ihr Geld zu investieren oder auch ihr Dach gegen eine Pacht zur Verfügung zu stellen. Diese Entwicklung führt zu einer sozialen Öffnung des Produzentenspektrums. Vor allem Landwirte wurden in den letzten Jahren zu Produzenten regenerativen Stroms (Mautz et al. 2008: 64). „Die Diffusionschancen der Solartechnik werden überdies von einem sozialstrukturellen Faktor begrenzt" (ebd.). Das Betreiben einer eigenen Photovoltaikanlage kommt im Allgemeinen nur für Eigenheimbesitzer in Frage, die sich die Investition leisten können (etwa 2400 € pro kWp, Stand August 2011[10]). So kommt es dazu, dass die Zielgrupp hierfür vor allem in der Mittelschicht liegt.
Mit Bürgersolarprojekten wird versucht, einen solchen Bias zu vermeiden, indem die Mindestbeteiligungssumme recht niedrig angesetzt wird. Nach Einschätzung einiger von uns befragter Experten kann es damit in der Tat gelingen, eine sozial „gemischtere" Klientel zu erreichen" (Mautz et al. 2008: 104).
Klassischerweise liegt der Mindestbetrag zur Beteiligung bei 500 €. Sobald dieser Mindestbetrag darunter liegt, kann man erahnen, dass es der Initiative ein großes Anliegen ist, breite Bevölkerungsschichten anzusprechen. Das Mensa-Solarprojekt „Sonnenhungrig"[11] etwa, dass vom Ökostadt e.V. in Hannover betrieben wird hat einen Mindestbeteiligungsbetrag von lediglich 50 €. Auch andere Projekte vom Ökostadt e.V. weisen mit niedrigen Mindestbeteiligungen darauf hin, dass hier die Diffusion der Technik durch eine hohe Anzahl von Beteiligten ein großes Anliegen ist[12].
Durchschnittlich sind es „etwa 24 Personen je Solarinitiative (Dewald 2008: 10). Es ist auffällig, dass viele Mitglieder auch einen beruflichen Hintergrund im Erneuerbaren Energien-Bereich haben (Dewald 2008: 37). Das soziale Spektrum in solch einer Solarinitiative, die ein Bürgersolarprojekt in Angriff nimmt, kann recht breit ausfallen. Es kommt dabei allerdings nicht nur auf die Festlegung der. Mindestbeteiligung an, sondern auch, „wie das soziale Umfeld der Initiatorengruppe beschaffen ist, welche Stoßrichtung die Initiatoren für ihre Werbe- und Kommunikationsstrategien wählen und inwieweit die Multiplikatorenfunktion lokaler Vorreiter zum Tragen kommt" (Mautz et al. 2008 : 94).
Tabelle 1 - Installierte PV-Leistung nach Bundesländern
...