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E-Book

Entwicklungspsychologie – Kindes- und Jugendalter

AutorGudrun Schwarzer, Martin Pinquart, Peter Zimmermann
VerlagHogrefe Verlag Göttingen
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl386 Seiten
ISBN9783840921704
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis30,99 EUR
Der Band beleuchtet die Forschungsfelder, zentralen Theorien und Befunde der Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter. Nach einer Einführung in den Gegenstand und die Grundannahmen der Entwicklungspsychologie wird auf die methodischen Aspekte bei der Durchführung entwicklungspsychologischer Untersuchungen eingegangen. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf der Entwicklung der verschiedenen Funktionsbereiche. Ausführlich werden die basalen Entwicklungen von Wahrnehmung und Psychomotorik, Denken und Informationsverarbeitung erörtert und die wesentlichen Aspekte der moralischen, emotionalen, motivationalen, sozialen und sprachlichen Entwicklung dargestellt. Weitere Themen sind die Entwicklung von Persönlichkeit und Selbstkonzept sowie die Entwicklung der Geschlechtsidentität, von geschlechtstypischen Einstellungen und Verhaltensweisen. Die abschließenden Kapitel behandeln die Thematik der Entwicklungsstörungen und Möglichkeiten zur Förderung der Entwicklung. Der Band liefert in 14 Kapiteln eine für Studierende gut verständliche Darstellung der Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter. Zahlreiche Abbildungen veranschaulichen die Inhalte. Am Ende jedes Kapitels finden sich Verständnisfragen zur optimalen Prüfungsvorbereitung.

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Vorwort
  3. Kapitel 1: Gegenstand und Aufgaben der Entwicklungspsychologie
  4. Kapitel 2: Methoden der Entwicklungspsychologie
  5. Kapitel 3: Entwicklung von Wahrnehmung und Motorik
  6. Kapitel 4: Entwicklung des Denkens
  7. Kapitel 5: Entwicklung der Informationsverarbeitung
  8. Kapitel 6: Entwicklung der Sprache
  9. Kapitel 7: Entwicklung der Motivation und Handlungsregulation
  10. Kapitel 8: Emotionale Entwicklung
  11. Kapitel 9: Soziale Entwicklung
  12. Kapitel 10: Moralische Entwicklung
  13. Kapitel 11: Entwicklung der Persönlichkeit und des Selbstkonzepts
  14. Kapitel 12: Entwicklung der Geschlechtsidentität, geschlechtstypischer Einstellungen und geschlechtstypischer Verhaltensweisen
  15. Kapitel 13: Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter
  16. Kapitel 14: Interventionen zur Beeinflussung von Entwicklungsprozessen
  17. Anhang
Leseprobe
Hier geht es also darum, ob sich verschiedene Personen in der Stärke oder sogar in der Richtung ihrer Veränderungen unterscheiden, also um interindividuelle Unterschiede in den intraindividuellen Veränderungen. Weitgehend universelle Veränderungen werden in Kindheit und Jugend dort gefunden, wo Entwicklungsprozesse stark an biologische Reifungsprozesse gebunden sind (etwa bei der motorischen Entwicklung in den ersten Lebensjahren) oder stark von altersspezifischen Umwelteinflüssen abhängen (z. B. der Erwerb von Leseund Rechenfertigkeiten nach der Einschulung). Das ist häufiger in Kindheit und Jugendalter der Fall, während im jungen und mittleren Erwachsenenalter vor allem differenzielle Entwicklungsprozesse zu beobachten sind, etwa als Ergebnis des Verfolgens persönlicher Entwicklungsziele oder von nicht an ein bestimmtes Alter gebundenen Lebensereignissen (wie Arbeitslosigkeit oder Ehescheidung).

Da die Festlegung auf jeweils einen Pol der obigen drei Gegensatzpaare den Entwicklungsbegriff unnötig einschränken würde, kann auf diese Merkmale zur Definition der Entwicklung verzichtet werden. Man sollte also je nach Thematik fragen, ob der betrachtete Entwicklungsverlauf quantitative oder qualitative, reversible oder irreversible oder aber universelle oder differenzielle Veränderungen beinhaltet. 1.2 Weitere Begriffe

Mit dem Entwicklungsbegriff stehen weitere Begriffe in Zusammenhang, die hier kurz dargestellt werden sollen, und zwar Reifung, Prägung/sensible Phasen, Stabilität und Kontinuität.

Reifung
Während der Entwicklungsbegriff erst einmal offen lässt, welche Faktoren zur Veränderung führen, bezeichnet man als Reifung biologisch (genetisch) bedingte Entwicklungsprozesse. Beispiele für solche reifungsbedingten Entwicklungsprozesse sind das Auftauchen und Verschwinden verschiedener Reflexe nach der Geburt, die frühe Entwicklung der Motorik und die mit fortschreitender Reifung des Gehirns erfolgende Zunahme der Lernfähigkeit. Allerdings können nur sehr wenige Aspekte der Entwicklung als Reifung charakterisiert werden.

Prägung/sensible Phasen
Der Begriff stammt aus der Verhaltensbiologie und beschreibt eine irreversible Form des Lernens. Während eines meist kurzen, genetisch festgelegten Zeitabschnitts (der sogenannten sensiblen Phase) lösen Reize aus der Umwelt so starke Veränderungen des Verhaltens aus, dass diese später nicht mehr durch neue Erfahrungen korrigiert werden können. Hierbei wurde vermutet, dass das Fehlen von für die Entwicklung notwendigen Erfahrungen in diesem Zeitfenster (eine sogenannte Deprivation) besonders ungünstig für die weitere Entwicklung ist. Sensible Phasen werden z. B. für die Entwicklung der Bindung an die Eltern und für die Sprachentwicklung postuliert. Ein experimenteller Nachweis dieser Annahmen ist aus ethischen Gründen in der Regel nicht möglich, aber einige natürliche Experimente lieferten wichtige Befunde:

Eine Forschergruppe um Michael Rutter untersuchte die Entwicklung von rumänischen Kindern, die ihre ersten Lebensmonate bzw. Jahre unter sehr widrigen Umständen in Waisenhäusern zubrachten. Sie hatten dort nicht genug zum Essen, fast keinen Kontakt zu Betreuungspersonen und so gut wie kein Spielzeug. Als ein Teil dieser Kinder nach Großbritannien adoptiert wurde, ergab sich die Möglichkeit, den Einfluss der widrigen frühen Erfahrungen auf die weitere Entwicklung zu untersuchen. Die Auswirkungen des Heimaufenthalts unterschieden sich danach, wie lange sie dort waren und mit welchem Alter sie nach Großbritannien kamen. Bei der Ankunft in Großbritannien waren die Kinder massiv unterernährt, hatten meist deutliche körperliche Entwicklungsverzögerungen und wiesen gehäuft Störungen in der kognitiven und sprachlichen Entwicklung, Hyperaktivität sowie Störungen im Sozialverhalten auf. Viele Kinder holten in den folgenden Jahren ihre Entwicklungsverzögerungen auf und das Ausmaß der Störungen ging zurück. Mit sechs Jahren zeigten allerdings noch etwa 20% der Adoptierten eine Bindungsstörung: Sie suchten z. B. in Stresssituationen nicht die Rückversicherung bei den Adoptiveltern und waren ohne Weiteres bereit, mit Fremden mitzugehen. Diese Störung blieb auch mehrheitlich bis zum 11. Lebensjahr bestehen, dem bisher letzten Messzeitpunkt (Rutter et al., 2007). Leider lagen keine ausreichenden Daten darüber vor, ob bzw. wie sich die sozialen Erfahrungen im Heim der Kinder mit Bindungsstörungen von jenen unterschieden, die später eine normale Bindung an die Adoptiveltern entwickelten.

Ein anderes Beispiel für die Wirkung ausbleibender anfänglicher Erfahrungsmöglichkeiten ist ein Mädchen mit Namen Genie, das von seiner Geburt im Jahr 1957 bis zum Jahr 1970 fast gänzlich ohne soziale Kontakte und unter extremer Bewegungseinschränkung aufwuchs. Nach ihrer Befreiung absolvierte sie ein intensives Sprachtraining. Sie erlernte zwar in den Folgejahren die englische Sprache, blieb jedoch auf dem sprachlichen Niveau eines 3bis 4-jährigen Kindes (Curtiss, 1977). Diese Befunde sprechen dafür, dass in für die Entwicklung besonders bedeutsamen Lebensabschnitten gemachte Lernerfahrungen nicht vollständig durch spätere Erfahrungen kompensiert werden können. Trotzdem zeigte sich auch hier ein gewisses Ausmaß an Plastizität.

Formen der Stabilität Stabilität(en)
Stabilität meint erst einmal, dass Merkmale sich nicht verändert haben. Bei der Untersuchung der Veränderung bzw. Stabilität des Erlebens und Verhaltens über die Zeit muss man aber verschiedene Formen der Stabilität unterscheiden (Kagan, 1980; Mortimer, Finch & Kumka, 1982).
• Niveaustabilität (oder Stabilität des Mittelswerts): Hier ist die mittlere Ausprägung eines Merkmals in einer Gruppe von Personen unverändert.
• Korrelative Stabilität (oder Positionsstabilität): Hier sind die interindividuellen Unterschiede in der Ausprägung eines Merkmals unverändert.
• Absolute Stabilität: Wenn zugleich Niveaustabilität und korrelative Stabilität gegeben sind, spricht man von der absoluten Stabilität eines Merkmals.
• Ipsative Stabilität: Die Rangreihe von Merkmalen innerhalb eines Individuums ist stabil. So könnte man Jugendliche zu zwei Messzeitpunkten bitten, die Wichtigkeit von beruflichen Merkmalen für ihre Berufsentscheidung anzugeben, etwa mit neuer Technik zu arbeiten, im Beruf viel Kontakt zu anderen Menschen zu haben…
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis7
Vorwort13
Kapitel 1: Gegenstand und Aufgaben der Entwicklungspsychologie15
1.1 Der Entwicklungsbegriff16
1.2 Weitere Begriffe20
1.3 Der Gegenstand der Entwicklungspsychologie26
1.4 Einflu?sse auf die Entwicklung27
1.5 Geschichte der Entwicklungspsychologie37
Kapitel 2: Methoden der Entwicklungspsychologie43
2.1 Datengewinnung45
2.2 Zusammenhänge und Ursachen der gewonnenen Daten52
2.3 Methoden zur Untersuchung altersbezogener Veränderungen54
Kapitel 3: Entwicklung von Wahrnehmung und Motorik65
3.1 Wahrnehmung67
3.2 Motorik77
3.3 Intermodale Wahrnehmung82
Kapitel 4: Entwicklung des Denkens85
4.1 Piagets Theorie87
4.2 Domänenspezifische Theorien95
4.3 Wygotskis Theorie104
Kapitel 5: Entwicklung der Informationsverarbeitung111
5.1 Entwicklung des Gedächtnisses113
5.2 Faktoren der Gedächtnisentwicklung118
5.3 Entwicklung des Problemlösens123
Kapitel 6: Entwicklung der Sprache133
6.1 Phonologie135
6.2 Lexikon (Semantik)140
6.3 Grammatik146
6.4 Pragmatik148
6.5 Erklärungen fu?r die Entwicklung von Sprache150
Kapitel 7: Entwicklung der Motivation und Handlungsregulation157
7.1 Entwicklung der Leistungsmotivation159
7.2 Entwicklung der Interessen169
7.3 Entwicklung der Selbststeuerung des Verhaltens171
7.4 Einflu?sse auf die motivationale Entwicklung173
Kapitel 8: Emotionale Entwicklung177
8.1 Entwicklung diskreter Emotionen179
8.2 Wissen u?ber Emotionen: Entwicklung der Emotionserkennung und des Emotionsverständnisses181
8.3 Entwicklung von Emotionsregulation194
Kapitel 9: Soziale Entwicklung199
9.1 Einleitung200
9.2 Bindungsentwicklung200
9.3 Entwicklung der Eltern-Kind-Beziehung212
9.4 Entwicklung von Gleichaltrigenbeziehungen214
9.5 Entwicklung des Konzepts und der Qualität von Freundschaften218
Kapitel 10: Moralische Entwicklung223
10.1 Entwicklung des moralischen Urteilens224
10.2 Die Entwicklung moralischer Motivation und moralischen Verhaltens236
10.3 Ausgewählte Einflu?sse auf die moralische Entwicklung240
10.4 Interventionen zur Förderung der moralischen Entwicklung242
Kapitel 11: Entwicklung der Persönlichkeit und des Selbstkonzepts245
11.1 Einleitung246
11.2 Die Entwicklung der Persönlichkeit246
11.3 Die Entwicklung des Selbstkonzepts256
11.4 Einflu?sse auf die Entwicklung von Persönlichkeit und Selbstkonzept265
Kapitel 12: Entwicklung der Geschlechtsidentität, geschlechtstypischer Einstellungen und geschlechtstypischer Verhaltensweisen269
12.1 Einleitung270
12.2 Die Entwicklung der Geschlechtsidentität270
12.3 Entwicklung von Wissen und Einstellungen u?ber die Geschlechter275
12.4 Entwicklung von Geschlechtsunterschieden in Präferenzen und Verhaltensweisen279
12.5 Zusammenhänge zwischen Geschlechtsidentität, Einstellungen und Verhalten280
12.6 Einflu?sse auf die Entwicklung von Geschlechtsidentität, Einstellungen und Verhalten282
Kapitel 13: Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter289
13.1 Konzepte und Grundannahmen der Entwicklungspsychopathologie290
13.2 Diagnostik psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter296
13.3 Häufigkeit psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter300
13.4 Ausgewählte Störungen302
Kapitel 14: Interventionen zur Beeinflussung von Entwicklungsprozessen313
14.1 Programme zur Förderung einer positiven Entwicklung von Kindern und Jugendlichen316
14.2 Prävention von Entwicklungsproblemen329
14.3 Moderatoreffekte: Wer profitiert stärker von welcher Intervention?334
Anhang337
Literatur339
Glossar371
Sachregister381

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