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E-Book

Frühintervention bei Stottern

Behandlungsansätze für Kinder im Vorschulalter

AutorHans-Georg Bosshardt
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl200 Seiten
ISBN9783840920455
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Stottern ist eine entwicklungsbedingte Störung der Sprachproduktion, die einen starken Einfluss auf die weitere soziale Entwicklung der Betroffenen haben kann. Umso sinnvoller ist es daher, frühzeitig die kommunikativen Fähigkeiten zu fördern. Dieses Buch stellt zwei nachweislich wirksame verhaltenstherapeutische Ansätze zur ambulanten Behandlung des Stotterns bei Vorschulkindern vor, bei denen die Eltern intensiv mit einbezogen werden. Das Buch beschreibt die Grundlagen und Entstehungsfaktoren des Störungsbildes und geht ausführlich auf das diagnostische Vorgehen ein. Zusätzliche Materialien hierzu erleichtern die praktische Anwendung. Die konkrete Vorgehensweise bei der Intervention wird zunächst anhand der einzelnen Behandlungsschritte eines Stufenprogrammes anschaulich dargestellt. Wichtige Bestandteile dabei sind eine Sensibilisierung der Eltern für Interaktionssituationen mit ihrem Kind, eine Vereinfachung der Sprechweise und Verstärkung von flüssigem Sprechen. In weiteren Schritten werden Verhaltensänderungen angestrebt, die stotterndes Sprechen reduzieren und flüssiges Sprechen in den Alltag übertragen helfen. Das Lidcombe-Programm legt einen besonderen Schwerpunkt auf operante Techniken, die es zu Hause ermöglichen, das Stottern des Kindes systematisch zu verringern und Erfolge langfristig aufrechtzuerhalten.

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. 1 Beschreibung der Störung
  3. 2 Störungstheorien und -modelle
  4. 3 Diagnostik
  5. 4 Behandlungsalternativen bei stotternden Vorschulkindern
  6. 5 Stufenprogramm zur Behandlung des Stotterns bei Vorschulkindern
  7. 6 Elternprogramm zur operanten Behandlung des Stotterns bei Vorschulkindern: Das Lidcombe-Programm
  8. Literatur
  9. Anhang
  10. Sachregister
Leseprobe
"2 Störungstheorien und -modelle (S. 28-29)

2.1 Genetische Faktoren und Umwelteinflüsse als Ursachen des Stotterns


Familien- und Zwillingsstudien haben gezeigt, dass an der Entstehung des Stotterns genetische Voraussetzungen stark beteiligt sind. Eineiige Zwillinge haben identisches Erbgut, während die Erbanlagen bei zweieiigen Zwillingen nur etwa zur Hälfte identisch sind. Untersuchungen der Stotterraten von eineiigen und zweieiigen Zwillingen haben ergeben, dass es bei eineiigen Zwillingen wesentlich häufiger als bei zweieiigen vorkommt, dass beide Zwillingsgeschwister stottern, d. h. eineiige Zwillinge haben mindestens doppelt so hohe Konkordanzraten wie zweieiige (Dworzynski, Remington, Rijsdijk, Howell & Plomin, 2007).

Aus Familienstudien ergibt sich, dass das Erkrankungsrisiko bei Blutsverwandten ersten Grades von stotternden Personen wesentlich größer ist als in der Gesamtbevölkerung (Yairi, Ambrose & Cox, 1996). Durch molekulare Analyse des Erbmaterials kann in sogenannten „Linkage- Analysen“ eingegrenzt werden, auf welchen Orten der Chromosomen die für Stottern relevante Erbinformation lokalisiert sein könnte. Hierzu werden genetische Informationen von blutsverwandten Mitgliedern einer Familie daraufhin untersucht, in welchen Erbinformationen sich nicht stotternde von stotternden Familienmitgliedern unterscheiden.

Erste Ergebnisse solcher Analysen zeigen, dass es sich beim Stottern um eine polygene Störung handelt, d. h. es sind mehrere Gene an der Entstehung einer Stottersymptomatik beteiligt (Wittke-Thompson et al., 2007). Auch scheinen einige der für Stottern relevanten Regionen auf den Chromosomen zugleich auch an der Entstehung weiterer Störungen beteiligt zu sein (z. B. expressive Kommunikationsstörung, Lese-Rechtschreibstörung und Tourette-Störung).

Es sind also nicht alle für Stottern relevanten Gene auch spezifisch für Stottern. Schließlich wurden Hinweise dafür gefunden, dass an der Entstehung des Stotterns geschlechtsspezifisch unterschiedliche genetische Voraussetzungen beteiligt sind (Suresh et al., 2006). Aus den Korrelationen zwischen ein- und zweieiigen Zwillingen lässt sich schätzen, dass ca. 70 % der phänotypischen Varianz durch genetische Gemeinsamkeiten und 30 % durch Umweltfaktoren zustande kommen (Felsenfeld et al., 2000).

Dieselben Untersuchungen, die die Bedeutsamkeit genetischer Faktoren für das Stottern belegen, liefern zugleich auch Hinweise auf bedeutsame Einflüsse von Umweltfaktoren. Zum einen liegt die Konkordanzrate auch bei eineiigen Zwillingen deutlich unter 100 % (63 % nach Howie, 1981a). Dies beweist, dass auch Umweltfaktoren an der Entstehung des Stotterns beteiligt sind. Zum anderen lässt sich die Schwere des Stotterns mit genetischen Informationen praktisch nicht vorhersagen (Howie, 1981b; Kidd, 1984).

Genetische Informationen sind deshalb lediglich dafür geeignet, die Wahrscheinlichkeit vorherzusagen, ob eine Person irgendwann in ihrem Leben einmal gestottert hat oder als Erwachsener noch immer stottert (Suresh et al., 2006). Die Schwere der Symptomatik scheint dagegen primär durch Umweltfaktoren beeinflusst zu sein. Therapeutische Maßnahmen stellen zielgerichtet eingesetzte Umweltbedingungen dar, die geeignet sind, auch bei genetisch vorbelasteten Personen die Schwere des Stotterns zu modifizieren."
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis6
1 Beschreibung der Störung10
1.1 Ein Fallbeispiel10
1.2 Bezeichnung12
1.3 Definition13
1.4 Epidemiologische Daten14
1.5 Verlauf und Prognose16
1.6 Differenzialdiagnose18
2 Störungstheorien und -modelle29
2.1 Genetische Faktoren und Umwelteinflüsse als Ursachen des Stotterns29
2.2 Diagnosogene Theorie des Stotterns: Antizipierte Sprechschwierigkeiten als Auslöser und Folge von Stottern30
2.3 Kontrolle der Sprechmotorik32
2.4 Neuropsychologische Grundlagen des Stotterns40
2.5 Stottern als Resultat erhöhter Interferenzanfälligkeit des Sprachproduktionssystems47
3 Diagnostik52
3.1 Quantifizierung von Sprechunflüssigkeiten, Äußerungslänge, Artikulationsgeschwindigkeit und Blockdauer55
3.2 Ermittlung des Sprachstands, sozialer und anderer Stärken und Schwächen74
3.3 Anamnese79
3.4 Integration der diagnostischen Informationen81
3.5 Umgehen mit widersprüchlichen Informationen85
4 Behandlungsalternativen bei stotternden Vorschulkindern89
4.1 Behandeln oder nicht behandeln?89
4.2 Stufenbehandlung und operante Behandlung des Stotterns90
4.3 Hinweise auf erhöhte Belastungen93
5 Stufenprogramm zur Behandlung des Stotterns bei Vorschulkindern95
5.1 Elternberatung97
5.2 Reaktionen auf Stottern beeinflussen105
5.3 Sprechflüssigkeit fördernde Umgebung schaffen108
5.4 Einrichtung von Elterngruppen117
5.5 Direkte Modifikation des Sprechens – fluency modification118
5.6 Modifikation des Stotterns – stuttering modification135
5.7 Behandlung von begleitenden Kommunikationsstörungen138
5.8 Nachsorge und Beendigung der Therapie140
5.9 Therapieeffekte141
6 Elternprogramm zur operanten Behandlung des Stotterns bei Vorschulkindern: Das Lidcombe-Programm150
6.1 Stadium I152
6.2 Stadium II159
6.3 Probleme bei der Durchführung des Programms162
6.4 Wirksamkeit des Lidcombe-Programms164
Literatur168
Anhang180
Sachregister200

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