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E-Book

Meerschweinchen

AutorImmanuel Birmelin
VerlagGRÄFE UND UNZER
Erscheinungsjahr2014
ReiheGU Kleintiere 
Seitenanzahl64 Seiten
ISBN9783833843310
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,49 EUR
Wer glaubt, dass Meerschweinchen lieb, aber langweilig sind, hat sich getäuscht. Die kleinen Südamerikaner gehen gern auf Entdeckungsreise und lernen schnell. Sie lieben Gesellschaft und erweisen sich als wahre Plappermäulchen, die quickend und gurrend ständig Kontakt miteinander halten. Der international renommierte Verhaltensforscher Dr. Immanuel Birmelin erklärt im GU Tierratgeber Meerschweinchen, was die possierlichen Nager brauchen, um sich rundum wohlzufühlen. Ob Käfigausstattung, Ernährung, Pflege, Gesundheitsvorsorge oder Beschäftigung - der Autor erklärt anschaulich, was für ein artgerechtes Meerschweinchen-Leben unverzichtbar ist. Dazu gibt es zahlreiche Tipps, wie man die Tiere in einem Freilaufgehege in der Wohnung, auf dem Balkon oder im Garten in Bewegung hält und für reichlich Abwechslung im Meerschweinchen-Alltag sorgt.

Dr. Immanuel Birmelin beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Verhalten von Tieren, unter anderem im Zusammenhang mit Forschungsprojekten am Max-Planck-Institut. Darüber hinaus ist er als freier Journalist für Naturzeitschriften und fürs Fernsehen tätig.

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Leseprobe

MEHR SEIN ALS SCHEIN


Meerschweinchen sind alles andere als langweilig. Die kleinen Nager haben ein spannendes Verhaltensrepertoire, sind neugierig und lernen gern, wenn man ihnen entsprechende Anregungen bietet.

Auf den Spuren der Meerschweinchen


Meerschweinchen gehören zu den ältesten Haustieren Südamerikas. Schon vor 4000 Jahren haben die Indianer sie domestiziert. Die pummeligen dicklichen Gesellen sind heute wie damals ein Lieblingsgericht der Indios. Auf den Märkten jeden kleinen Dorfes werden sie angeboten. Lautstark wird um den Preis gefeilscht, der sich nach dem Gewicht und der Qualität des Fleisches richtet. Der Mensch hat im Laufe der Jahrhunderte das Aussehen der Meerschweinchen verändert, das verrät ein Blick auf die wilden Vorfahren. Das Wildmeerschweinchen (Cavea aprea), der Urahne unserer heutigen Meerschweinchen, hat überlebt und bewohnt die gemäßigten Zonen Südamerikas. Es ist schlanker, kleiner und einfarbig dunkelgraubraun gefärbt. Mit dieser Fellfarbe ist es perfekt getarnt. Tarnung und Schnelligkeit sichern dem Wildmeerschweinchen das Überleben in der rauen Natur. Erst in der Dämmerung wird es aktiv und huscht auf kleinen Trampelpfaden von Bau zu Bau. Wie unser Hausmeerschweinchen lebt es in Kolonien, und meist hat ein Männchen das Sagen. Es ist der Boss über mehrere Weibchen. Aber im Gegensatz zu unseren Heimtieren können Wildmeerschweinchen kräftig zubeißen, wenn sie bedroht werden. Wie kamen die Meerschweinchen von Südamerika nach Europa? Die spanischen Eroberer brachten sie im 16. Jahrhundert nach Europa. Ob sie die Tiere als Fleischreserve während der Überfahrt benutzten, oder ob sie Gefallen an den mümmelnden Kerlchen fanden, weiß man nicht. Sicher ist, dass die Tiere in Europa nicht als Nahrung dienten. Ihren Siegeszug als beliebte Nagetiere verdanken sie ihrem Wesen und Aussehen. Sie sind friedlich, leicht zu zähmen, nehmen gern Kontakt zum Menschen auf und sind in der Haltung, auf den ersten Blick, problemlos.

Das Verhalten der Meerschweinchen


Wer seine Meerschweinchen liebt und artgerecht halten will, muss etwas vom Verhalten seiner Tiere verstehen. Er sollte wissen, wie sie untereinander kommunizieren, und welche Bedeutung die einzelnen Signale haben. Mit ihrer Körpersprache und ihren Lauten teilen sie dem Partner eindeutig mit, was sie wollen. Ihre Botschaft ist für uns Menschen leicht verständlich. Hier ein kleines Wörterbuch der »Meerschweinchensprache«:

Erstarren Das Wort trifft recht genau das Verhalten der Meerschweinchen, wenn sie erschrecken und Angst bekommen. Wie zu Salzsäulen erstarrt, bleiben sie regungslos stehen. Ihre Bewegung ist gleichsam »eingefroren«.

Drohen Bevor die Männchen den Kampf beginnen, wird versucht, den Gegner durch Drohgebärden einzuschüchtern. Vielleicht gibt der Gegner auf, und unnötige Verletzungen werden vermieden. Dieses Verhalten ist biologisch sinnvoll. Die Männchen versuchen sich gegenseitig durch Darbietung ihrer Breitseite und Sträuben des Felles zu beeindrucken. Unterstützt wird dieses Imponieren durch lautes Zähneklappern und Präsentation der Hoden. Sie umkreisen den Gegner und äußern dabei »Purr«- und lang gezogene »Grrrrr«-Laute. Bei Weibchen kann man das Drohen kaum beobachten.

Treteln Diese Verhaltensweise wird oft gemeinsam mit dem Drohen gezeigt. Beim Treteln belastet das Meerschweinchen vermehrt die Vorderbeine und hebt abwechselnd ein Hinterbein hoch. Das Hinterteil gerät in schaukelnde Bewegungen. Treteln beobachtet man vor allem bei rangniederen Tieren.

Gähnen Dies ist eine Unterlegenheitsgeste und bedeutet, dass der Verlierer den Kampf aufgeben möchte. Es hat mit Müdigkeit nichts zu tun.

Rumba Mit diesen tanzähnelnden Bewegungen macht das Männchen dem Weibchen den Hof. Es nähert sich dem Weibchen und umschreitet es in Zeitlupentempo, wobei das Körpergewicht von einem Bein auf das andere verlagert wird. Mit »Purr«-Lauten unterstreicht es seine Absicht.

Alles im Auge. Das Meerschweinchen stellt sich auf, um einen besseren Überblick zu haben. Hier gibt’s doch was Neues.

Harnspritzen Eine ungewöhnliche Methode, den Freier abzuwehren. Ist das Männchen zu aufdringlich, spritzt das Weibchen mit Harn. Es kann dabei fast 30 cm weit spritzen.

Hüpfen Wie ausgelassene Kinder springen meist junge Meerschweinchen aus dem Stand heraus in die Luft. Es ist ein Ausdruck ihrer Spielfreude und steckt die anderen Youngsters an.

Quiecken Bettellaut. Es ist ein langer, durchdringender Pfeifton, mit dem das Tier um Futter bettelt. Nur selten überhört ein »gut erzogener« Meerschweinchenhalter diesen »Hilferuf«.

Quietschen Wenn sie Angst oder Schmerzen haben, quietschen Meerschweinchen. Es hört sich wie ein lang gezogener Schrei an.

Fiepen Das Fiepen ist unverwechselbar. Es ist ein hoher lang gezogener leiser Ton und erweckt Mitleid. Meerschweinchenkinder fiepen, wenn sie alleine sind und sich nicht wohl fühlen. Purren Während der Balz und des Drohens purren die Männchen. Es ist ein tiefer Laut mit Trillern.

Meerschweinchen brauchen Partner


Wie Sie sehen, sind Meerschweinchen spannende Tiere, die über ein reichhaltiges Vokabular und Ausdrucksverhalten verfügen. Dies zu beobachten und zu entdecken ist nur möglich, wenn man mehr als ein Tier hält. Meerschweinchen sind Rudeltiere. Die Geselligkeit ist in ihren Genen festgeschrieben.

Aber wie sie miteinander umgehen, hängt von ihrer persönlichen Erfahrung ab, sprich, wie sie als Meerschweinchenkinder aufwuchsen. Besonders wichtig ist die Kindheit und die Pubertät für die männlichen Tiere. Sie lernen, wie sie später im Rudel mit ihrer Position umgehen. »Sparringspartner« sind die älteren Männchen im Rudel. Männchen, die alleine, ohne den gleichgeschlechtlichen Partner aufwuchsen, haben Schwierigkeiten, sich im Rudel zurechtzufinden. Sie haben die Spielregeln der Kolonie nicht gelernt und werden zu Prügelknaben oder Aufmüpfigen. Die Weibchen haben es leichter, in einem neuen Rudel ihre Position zu gewinnen – unabhängig wie ihre Kindheit verlaufen ist.

Zwei Meerschweinchen, die sich kennen. Doch sicherheitshalber wird sich ausgiebig berochen, ob man wirklich zur selben Familie gehört.

Gemeinsam sind Meerschweinchen stark. Man weiß heute, dass die Tiere Stress viel besser verkraften, wenn sie mit Artgenossen zusammenleben.

Wer passt zu wem?


Obwohl Meerschweinchen Rudeltiere sind und nie alleine gehalten werden sollten, passt nicht jedes Tier in jede Gruppe, denn wie bei uns Menschen gibt es verträgliche oder aggressive Typen. Doch wer verträgt sich mit wem?

Weibchenhaltung Die Meerschweinchen-Damen verstehen sich meist gut. Nur bisweilen haben sie auch Streit untereinander. Diese Kabbeleien legen sich aber in der Regel schnell wieder. Die Aggression in solch einer Gruppe ist allerdings doch etwas höher als in einem Rudel mit einem Männchen und mehreren Weibchen.

Sieben Tage jung ist dieser kleine Racker und frisst schon wie die »Alten«. Meerschweinchen kommen fix und fertig auf die Welt.

Männchenhaltung Von der Haltung mehrerer erwachsener Männchen rate ich ab, weil die Gefahr zu groß ist, dass sich die Tiere untereinander verbeißen. Weniger Probleme gibt es, wenn man nur zwei Männchen hält. Viele Meerschweinchenhalter haben damit gute Erfahrungen gemacht. Voraussetzung ist aber, dass der Käfig groß ist und die Tiere sich aus dem Wege gehen können. Kommt es dennoch zu ständigen Streitereien, sollten Sie die Tiere trennen. Am besten vertragen sich ein älteres Männchen und ein jüngeres, weil der »Alte« der unbestrittene Boss ist.

Gruppenhaltung Die ideale Meerschweinchen-Gruppe besteht aus vielen Männchen und vielen Weibchen. Jeder in der Gruppe kennt die Spielregeln, und dies hält den Aggressionspegel niedrig. In einem Rudel aus nur wenigen Männchen und vielen Weibchen ist der Streit vorprogrammiert, weil die Männchen um die Weibchen kämpfen.

Nur gemeinsam sind sie stark


Meerschweinchen sind sehr Stress anfällig und haben etwas mit uns Menschen gemeinsam: die sogenannten Stresshormone. Stresshormone (z.B. Cortisolhormon) befinden sich im Blut und werden in Drüsen gebildet. Hat das Tier Angst oder fühlt es sich z.B. bedroht, steigen die Stresshormone im Blut an. Der Anstieg ist ein untrügliches Zeichen für Stress. Stress muss nicht schlecht sein, er macht erst krank, wenn er lange anhält und nicht abgebaut werden kann. Wird ein Meerschweinchen alleine aus der vertrauten Umgebung in einen spärlich eingerichteten Käfig gesetzt, steigen die Stresshormone deutlich an. Groß war die Überraschung, als man das gleiche Experiment mit zwei Tieren durchführte. Im spärlich eingerichteten Käfig war der Stresshormonpegel der beiden Tiere deutlich niedriger. Aber auch das 2,1 Gramm...

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