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E-Book

Neues Kraftpaket für Lehrer/-innen

Noch mehr Wellness für den Lehr-Körper (Alle Klassenstufen)

AutorChristine Born
Verlagscolix
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783403785675
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Tanken Sie Energie für den Schulbetrieb!
Endlich ist er da: der Nachfolgeband zum Bestseller 'Kleines Kraftpaket für Lehrer/-innen'. Ob Gruppendynamik im Lehrerzimmer oder der Umgang mit typischen Schulkonflikten, Qualitätsmanagement im Bildungswesen oder der geheime Lehrplan - die Autorin Christine Born versteht es, unterhaltsam, erfrischend und informativ hinter die Kulissen des Schulalltags zu schauen. Die beiden Bände sind genau das Richtige für gestresste Lehrer und das ideale Geschenk für nette Kollegen!

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Leseprobe

TQM – Totale QualitätsMisere


 

Etwa um das Jahr 2000 fing das Qualitätsmanagement (QM) an, sich in Deutschlands Schulen auszubreiten. Sicher hat Qualitätsmanagement Vorteile, wenn man bedenkt, dass man auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, etwas Nettes machen kann. Ein Spruch, der nicht umsonst gerade Hochkonjunktur hat. Dabei muss man übrigens auch sehen, dass es schon immer Formen der Qualitätskontrolle in der Schule gegeben hat, wie etwa Lehrpläne, Stoffverteilungspläne, Tagebücher, Unterrichtsbesuche, Konferenzen, Gespräche.

Die aktuellen betriebswirtschaftlichen Managementstrukturen, kurz QM, erhöhen diesen allen bereits bekannten Aufwand jedoch um einiges. Gespräche, Konferenzen und „Kooperationstermine“ müssen abgehalten werden, auch wenn inhaltlich dazu keine Notwendigkeit besteht. Es geht nur darum, „präsent“ zu sein. Die wertvolle Zeit wird mit Kinkerlitzchen vertan. Die vertrauten Abläufe im Schulalltag müssen jetzt dokumentiert werden, was einen erheblichen Zeitaufwand und eine Zunahme an Datenmaterial bedeutet. Gleichzeitig werden neue Abläufe künstlich erzeugt. Fragebögen sind beliebt und dienen der Abarbeitung vorgegebener Programme, die sich die Schulen kaufen müssen. Dazu gehört automatisch die zunehmende Computerisierung der Schule. Auch im Zusammenhang mit dem zentralen Testen von Schülern tauchen spätestens jetzt beunruhigende Fragen zum Datenschutz, zur Überwachung und Weitergabe der Daten von Schülern und Lehrern auf.

Ferner muss das Profil der Schule diskutiert werden, weil Schulen zueinander in Konkurrenz gesetzt werden. Schulen müssen sich also nach außen profilieren und PR betreiben, um zur kargen finanziellen Grundausstattung zusätzliche Gelder einzutreiben. Rektoren müssen mit dem Budget „eigenverantwortlich“ – ein Wort, das einem förmlich eingehämmert wird – umgehen (Als hätten Rektoren bisher nicht verantwortlich gehandelt!) und dürfen bei der Einstellung neuer Lehrer bestimmen, bis das Schulamt ihnen dann doch wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Ähnlich läuft es bei den weiteren Flexibilisierungen, mit denen man vorgeblich den Entscheidungsspielraum der Rektoren erhöhen wollte, z. B. was Unterrichtszeiten und Klasseneinteilung usw. betrifft.

Selbst wenn die eine oder andere Maßnahme den Lehrern ganz hilfreich erscheint, der Lehreralltag wird durch viele Termine zerfleddert und es bleibt kaum noch Muße und Ruhe für Reflexion und Vorbereitung des Unterrichts. Das „Kerngeschäft“ leidet unter dem aktionistischen, zersplitterten Arbeitstag.

Was man am QM bewundern kann, ist die groß angelegte Geschäftsstrategie, die dahintersteckt. Das muss man sich erst einmal ausdenken und dann umsetzen. Mit PISA ging der Plan los, PISA war der Türöffner. PISA (Programme for International Student Assessment) wurde von vier großen transnationalen Privatunternehmen (ACER = Australian Council for Educational Service Ltd., ETS = Educational Testing Service und WESTAT Inc. aus den USA sowie der CITO-Gruppe aus den Niederlanden) und dem öffentlichen japanischen Institut für bildungspolitische Forschung NIER, vergleichbar mit dem Deutschen Jugendinstitut, entwickelt (vgl. Flitner in: Oelkers et al., S. 247).

Das Bildungsprodukt PISA wurde von der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit Sitz in Paris) in Auftrag gegeben und staatlichen Schulverwaltungen rund um den Globus angeboten. Das Projekt läuft erfolgreich. Die Staaten kaufen fleißig ein. Man hat die internationale Studie so konzipiert, dass ein Gewöhnungseffekt eintritt. So können die vier Multimillionen-Bildungsanbieter immer wieder erneut abkassieren.

Heute befassen sich die für die ökonomische Liberalisierung zuständigen Organisationen, wie die OECD und die Welthandelsorganisation (WTO), eindringlich mit den Bildungssystemen aller Staaten.

„Unter der Schirmherrschaft der WTO, vorbei an der Kontrolle nationaler Parlamente, schafft GATS (das 1995 beschlossene internationale Handelsabkommen, General Agreement of Trade in Services) die Möglichkeit, weite Teile des öffentlichen Dienstes zu privatisieren. Darunter die Gesundheitsdienste, die Wasserversorgung, Museen, Bibliotheken, Kindergärten und andere bislang öffentliche oder gemeinnützige Einrichtungen.

Eine Rückführung in staatliche Hände ist, sind bestimmte Bereiche erst einmal für die Privatwirtschaft freigegeben, laut GATS-Vertrag praktisch unmöglich. Selbst wenn die überwältigende Mehrheit eines Landes inklusive Parlament und Regierung sich dafür ausspräche. ... Was zuvor noch als öffentliches Gut betrachtet wurde, nämlich die Bildung, wird nun zum ‚privaten’ Renditeobjekt. Dabei ist die weltanschauliche Ausrichtung aufgrund der eingebauten Sach- und Betriebslogik durch die ausschließliche Ausrichtung am Markt gleich mitgeliefert. Zwar wird behauptet, solcherlei Maßnahmen erhöhten die Chancengleichheit. Die empirische Realität der Märkte zeigt aber deutlich, dass Märkte eher ungleich organisieren.“ (Waldrich in Jahnke, S. 141 ff.)

Diese Hintergründe wurden den deutschen Lehrern natürlich nicht mitgeliefert. Sie erfuhren über die Medien, dass Deutschland plötzlich (!) schulmäßig das Schlusslicht war, erlebten die dramatischen Zeiten der künstlich erzeugten PISA-Panik und wurden im Zuge dieser Kampagne gerne erneut zum Angriffsziel gemacht und verunsichert. Die Nation wurde auf allen Kanälen überschwemmt mit Horrornachrichten über die angebliche Bildungskatastrophe in ihrem üblen Schulsystem. Es wurde auf sämtliche soziale Tränendrüsen gedrückt. Dabei ist den Beteiligten im Bildungssystem schon jahrzehntelang klar, und man hat es außerdem seit mehr als 50 Jahren durch empirische Bildungsforschung immer wieder belegt, dass Schule – übrigens nicht nur in Deutschland – ungerecht ist und sozial sehr fragwürdig aussortiert. Trotzdem ging ein Aufschrei durch Deutschland, als hätten verantwortliche Politiker und weitere Teilnehmer der Reformdiskussion aus heiterem Himmel etwas völlig Neues erfahren.

Und an Deutschlands Schulen musste jetzt das Qualitätsmanagement, das eine grundlegende Voraussetzung für die Privatisierungspolitik ist, eingeführt werden. Die Medizin kam wie gerufen. Sie lag ja schon fertig zubereitet im Vorratsschränkchen. QM wurde als probates Mittel auf dem Bildungsmarkt verkauft, um die selbst erzeugte und nach allen Seiten kräftig kommunizierte Misere im Bildungssystem zu beheben. QM erschien als Innovation pur! Mit ein bisschen pädagogischem Tuning und dem Vorgaukeln sozialer Verantwortlichkeit konnte die bittere Pille, die jetzt den Menschen im Bildungswesen verabreicht wurde, gut versüßt werden. Jetzt sollten Schüler also mal richtig lernen und die Lehrer mal richtig arbeiten! Aha!

Die Schüler hatten schnell begriffen, was das für sie bedeutet und wehrten sich in Schülerstreiks oder riefen wie etwa in Österreich im April 2009 zum PISA-Boykott auf.

Auf den neuen Expertisen, Untersuchungen, Zielvereinbarungen, Gutachten, Tests, Ausdrucken, Empfehlungen, Broschüren, Statistiken, Computerprogrammen etc. sollte stehen: „Mit besten Empfehlungen – Ihre globalen Player!“ Aber so sichtbar soll der Einfluss der Wirtschaftsmacht dann doch nicht sein! Ein bisschen pädagogische Verbrämung zieht besser!

Eine großartige Geschäftsidee also – das muss man neidlos anerkennen. Wären wir nur darauf gekommen! Wenn man allein die Computerisierung der Schulen bedenkt, die dadurch vorangetrieben wird, kann man sich auch vorstellen, welche Wirtschaftsbereiche ein besonderes Interesse an QM im Bildungsbereich haben. Abgesehen davon wird QM ja auch in anderen sozialen Bereichen, wie etwa im Gesundheitswesen, eingesetzt.

Zieht man diese Parallele in Betracht, wird dem kritischen Beobachter klar, dass QM auch im Bildungsbereich kein Instrument sein kann, das aus lauter Menschenliebe – zur Bildung und zum Wohle aller, insbesondere der benachteiligten Migrantenkinder – eingesetzt wird, wie immer lauthals beteuert wird.

 

?„Von Qualität ist seit einigen Jahren unaufhörlich die Rede. Es wird gemanagt, was das Zeug hält. Paradoxerweise sinkt jedoch seitdem Lebens- und Bildungsqualität für die Bevölkerung.“

 

So rechnet die OECD damit, dass die Absenkung der Qualität in den Bildungsinstitutionen von der Bevölkerung ohne Reaktionen hingenommen wird. Vermutlich, weil dieser Vorgang ebenso wie im Gesundheitsbereich von Einzelnen nicht ohne weiteres zu benennen und zu beweisen ist, zumal ja durch QM eine angebliche Qualität eingefordert, dokumentiert und vor allem den uninformierten Eltern, Lehrern und Schülern vorgespiegelt wird.

Dr. Ingrid Lohmann, Professorin für Ideen- und Sozialgeschichte der Erziehung und historische Bildungsforschung in Hamburg, zitiert einen Ausschnitt aus einem Schreiben der OECD aus dem Jahr 1996: „... Beispielsweise lassen sich Haushaltsmittel für Schule und Universitäten kürzen, aber es wäre gefährlich, die Zahl der Studierenden zu beschränken. Familien reagieren gewaltsam, wenn ihren Kindern der Zugang verweigert wird, aber nicht auf eine allmähliche Absenkung der Qualität der dargebotenen Bildung, und so kann die Schule immer mehr dazu übergehen, für bestimmte Zwecke von den Familien Eigenbeiträge zu verlangen oder bestimmte Tätigkeiten ganz einzustellen. Dabei sollte nur nach und nach so vorgegangen werden, z. B. in einer Schule, aber nicht in der benachbarten Einrichtung, um jede allgemeine Unzufriedenheit der Bevölkerung zu vermeiden.“ (www.erzwiss.uni-hamburg.de/Personal/LohmannLohmann.htm, „Das Zitat”)

Von Qualität ist also seit einigen Jahren unaufhörlich die...

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