In der Schule wird den Schülern mit Hilfe der wortartbezogenen Konzeption die Groß- und Kleinschreibung vermittelt. Dadurch treten sehr bald Schwierigkeiten auf, denn das System und die gelehrten Regeln greifen nicht ineinander. Das verwirrt und irritiert die Kinder, denn sie befinden sich in einem Konflikt zwischen der geforderten richtigen Schreibung und dem gelernten Regelwissen. Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnte die syntaktische Konzeption sein, denn sie verhindert das Betrachten isolierter einzelner Wörter. Anstatt der Form werden bei diesem Ansatz die funktionalen Eigenschaften der Wörter untersucht. Es findet also eine syntaktische Analyse statt, die verhindert, dass beispielsweise substantivierte Verben nicht als Kerne von Nominalgruppen erkannt werden. Die empirische Untersuchung mit gymnasialen Sechstklässlern in diesem Buch belegt, welche Schwierigkeiten die Schüler mit der satzinternen Großschreibung haben. Dies ist, wie Interviews mit den an der Untersuchung beteiligten Schülern belegen, auf den einseitig wortartbezogenen Unterricht zurückzuführen. Die schwachen Rechtschreiber gehen nach den gelernten Regeln vor, ohne syntaktische Informationen zu berücksichtigen. Die guten Schreiber hingegen gehen über ihr äußeres Regelwissen hinaus und betrachten den gesamten Satz. Sie sind in der Lage zwischen Form und Funktion von Wörtern zu unterscheiden und so erkennen sie die Kerne von Nominalgruppen unabhängig davon, ob die Form des Wortes ein Verb oder Adjektiv ist. Als wichtigste Konsequenz lässt sich sagen, dass ein alternativer Ansatz zur Groß- und Kleinschreibung Einzug in den Unterricht finden sollte, wobei sich sowohl der wortartbezogene Ansatz, als auch der syntaktische nicht gegenseitig ausschließen. Den Kindern sollten verschiedene Konzepte zur Groß- und Kleinschreibung bereit stehen, denn so sind die Lerner in ihrer Schreibentscheidung nicht auf Substantive festgelegt.
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