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E-Book

Zwänge bei Kindern und Jugendlichen

AutorChristoph Wewetzer
VerlagHogrefe Verlag Göttingen
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl144 Seiten
ISBN9783840917394
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR

Das Buch stellt den aktuellen Kenntnisstand zu Zwangserkrankungen mit Beginn im Kindes- und Jugendalter dar. Ausführlich werden die Symptomatik, Genese, Epidemiologie, Therapie und der Verlauf von Zwangsstörungen beschrieben. Dabei wird dem Aspekt der Entwicklung der Störung von frühester Kindheit bis zum jungen Erwachsenenalter besondere Bedeutung beigemessen. Detailliert wird außerdem auf neueste Erkenntnisse zu den Wechselwirkungen zwischen biologischen und psychosozialen Entwicklungsdeterminanten der Zwangsstörung eingegangen.

Der Band bietet Kinder- und Jugendpsychiatern, Pädiatern, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Psychologen und Pädagogen eine Fülle von Informationen zur Diagnosestellung und spezifischen Behandlung von Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendlichen. 

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. 1 Einleitung
  3. 2 Epidemiologie der juvenilen Zwangsstörung
  4. 3 Phänomenologie der juvenilen Zwangsstörung
  5. 4 Ätiologie und Genese
  6. 5 Familiäre und psychosoziale Aspekte der Zwangsstörung im Kindes- und Jugendalter
  7. 6 Verhaltenstherapeutische Interventionen bei Zwangsstörungen im Kindes- und Jugendalter
  8. 7 Pharmakotherapie der Zwangsstörung bei Kindern und Jugendlichen
  9. 8 Verlauf von Zwangsstörungen mit Beginn im Kindes- und Jugendalter
  10. Die Autorinnen und Autoren des Bandes sowie Kontaktadresse
  11. Stichwortregister
Leseprobe

Christoph Wewetzer

2 Epidemiologie der juvenilen Zwangsstörung
2.1 Prävalenz und Inzidenz (S. 22-23)

Anfang der 50er Jahre wurden Zwangsstörungen (OCD) noch als sehr seltene Krankheitsbilder angesehen. So ging Rüdin (1953) von einer Prävalenz in der Bevölkerung von 0,05 % aus. Nach neueren Untersuchungen kann von einer Sechs-Monats-Prävalenzrate um 1% bis 2% (Rasmussen et al. 1992; Nestadt et al. 1994; Weissman et al. 1994) und von Lebenszeitprävalenzraten von 2,5 % (Karno et al. 1988/USA; Robins et al. 1984/ USA) bis 3% (Bland et al. 1988/Kanada, Jenike 2001) ausgegangen werden. Somit gehören Zwänge im Erwachsenenalter zu den häufigsten psychischen Störungen (Eaton et al. 1989).

Auch bei Kindern und Jugendlichen wird die Prävalenz heute höher eingeschätzt als früher. Neuere epidemiologische Studien bei Kindern und Jugendlichen, die sich auf nichtklinische Stichproben begründeten, erfassten Prävalenzraten von 0,35 % bis 3,56 % (Flament et al. 1988; Valleni-Basile et al. 1994; Zohar et al. 1992; Carter & Pollock 2000). Studien mit einer selektiven Stichprobe von älteren Jugendlichen kamen auf Prävalenzraten von 2,1 % (Reinherz et al. 1993) und 2,5% (Douglass et al. 1995). Alle genannten Studien wurden auf der Basis der DSM-III- oder DSM-III-R-Kriterien durchgeführt. In einer klinischen Stichprobe zeigten die Studien von Hollingsworth et al. (1980) und Thomsen et al. (1991) eine Verbreitung der Zwangsstörung bei 1,2 % und 1,33 % der kinder- und jugendpsychiatrischen Patienten. Die offensichtlich höheren Prävalenzraten in neueren Studien stehen im Kontrast zu Ergebnissen früherer Studien. In einer kinder- und jugendpsychiatrischen Stichprobe fand Judd (1965) eine Prävalenzrate von 0,2 %. Die viel höhere Inanspruchnahme-Prävalenz könnte eine höhere Sensibilität und Professionalität in der Diagnostik, eine verbesserte klinische Versorgung oder aber auch eine Zunahme dieses Krankheitsbildes bedeuten.

Grundsätzlich sind epidemiologische Prävalenzuntersuchungen bei Zwangskranken schwierig, da gerade Kinder und Jugendliche, die unter einer Zwangsstörung leiden, aus Scham versuchen, ihre Zwangssymptome zu verheimlichen (Thomsen 1994). Eine neuere epidemiologische Erhebung in Großbritannien fand bei 5- bis 15-Jährigen eine gewichtete Gesamtprävalenz von 0,25 % (Heyman et al. 2001) mit einer Zunahme der Erkrankungsrate in der weiteren Adoleszenz. Die Autoren schlossen aus den vergleichsweise niedrigen Zahlen für das Kindesalter, dass die Mehrheit der kindlichen Fälle unentdeckt und damit auch unbehandelt blieb. Die erste Studie zu der Inzidenzrate aus einer nicht-klinischen Population mit einer Stichprobe von 3.283 Jugendlichen, vorgenommen von Valleni-Basile et al. (1996), konnte eine Ein-Jahres-Inzidenzrate von manifest Zwangserkrankten von 0,7 % aufzeigen und von Jugendlichen mit einer subklinischen Symptomatik von 8,4 %. Allerdings war die Untersuchungsmethodik ursprünglich darauf hin ausgerichtet, depressiv Erkrankte zu „screenen", so dass man, da die Sensitivität des Verfahrens für die Zwangsstörung nicht in vollem Ausmaß gegeben war, von Minimalzahlen ausgehen muss. Die vergleichbaren Prävalenzen bei Kindern und Jugendlichen einerseits und Erwachsenen andererseits, verweisen darauf, dass juvenile Zwangsstörungen nicht immer einen kontinuierlichen Verlauf nehmen müssen, da dies mit über das Alter ansteigenden Prävalenzraten einhergehen müsste. Anderseits geben die eher geringen Unterschiede zwischen Lifetime- und Punktprävalenzen auch Hinweise auf eine hohe Persistenz des Störungsbildes.

2.2 Erkrankungsalter

Wie dargestellt, war die Lehrmeinung lange Zeit so, dass die Zwangsstörung nur sehr selten in der Kindheit oder im Jugendalter ihren Anfang nimmt. Heute weiß man, dass ein Drittel bis weit über die Hälfte aller Erwachsenen als Kinder oder Jugendliche schon unter Zwängen gelitten haben (Karno & Golding 1988; Rasmussen & Eisen 1992; Pauls et al. 1995; Rapoport 2000). Nach Rasmussen und Tsuang (1986) ist von einer zweigipfligen Erkrankungsinzidenz auszugehen. Mit einem ersten Maximum zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr und einem zweiten Maximum um das 20. bis 22. Lebensjahr. Darüber hinaus berichteten die Autoren von einem im Durchschnitt früheren Beginn der Krankheit bei männlichen Kindern, was in späteren Berichten von Swedo et al. (1989) und Hanna (1995) bestätigt wurde. In einer aktuellen prospektiven Untersuchung an 55 Kindern und Jugendlichen mit einer Zwangsstörung von Klampfl und Wewetzer (in Vorbereitung) lag das Alter bei Erkrankungsbeginn bei im Mittel 11,3 Jahren und der Zeitpunkt der Vorstellung in einer Klinik im Mittel bei 12,8 Jahren. Insgesamt wird das Ersterkrankungsalter in Studien an erwachsenen Patienten um das 21. Lebensjahr datiert, Geschlechtsunterschiede lassen sich kaum feststellen (Winkelmann et al. 1994).

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis5
1 Einleitung9
1.1 Einführung in die Thematik9
1.2 Historischer Überblick11
1.3 Definition, Klassifikation, Diagnostik und Differenzialdiagnostik13
1.3.1 Definition des Krankheitsbildes13
1.3.2 Klassifikation nach ICD-10 und DSM-IV14
1.3.3 Diagnose und Differenzialdiagnose17
Literatur20
2 Epidemiologie der juvenilen Zwangsstörung23
2.1 Prävalenz und Inzidenz23
2.2 Erkrankungsalter24
2.3 Geschlechterverteilung24
2.4 Entwicklung kindlicher Rituale und Erkrankungsbeginn25
Literatur26
3 Phänomenologie der juvenilen Zwangsstörung29
3.1 Symptomatik29
3.2 Begleitstörungen/Komorbidität bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen31
3.2.1 Analyse der komorbiden Achse I-Störungsbilder im Einzelnen34
3.2.2 Komorbidität mit Persönlichkeitsstörungen40
3.3 Psychiatrische Störungen bei Eltern und Geschwistern von Zwangskranken42
3.4 Konzept der Störungen des Zwangsspektrums46
Literatur47
4 Ätiologie und Genese54
4.1 Erklärungsansätze und Modellvorstellungen54
4.1.1 Psychoanalytischer Erklärungsansatz54
4.1.2 Lerntheoretischer Erklärungsansatz55
4.1.3 Neurotransmitter-Erklärungsansatz56
4.1.4 Neuroanatomischer Erklärungsansatz57
4.2 Genetische Befunde und weitere neuropsychobiologische Befunde zur Genese der Zwangsstörung64
4.2.1 Genetische Befunde64
4.2.2 Immunologische und endokrinologische Befunde68
4.2.3 Neuropsychologische Befunde70
4.2.4 Neurophysiologische Befunde71
4.2.5 Befunde zu einer abnormen Gewichtsregulation71
Literatur73
5 Familiäre und psychosoziale Aspekte der Zwangsstörung im Kindes- und Jugendalter84
5.1 Sozioökonomische und religiöse Faktoren84
5.2 Die Verstrickung der Familie85
5.3 Familienklima, Erziehung und intrafamiliäre Kommunikation87
Literatur93
6 Verhaltenstherapeutische Interventionen bei Zwangsstörungen im Kindes- und Jugendalter97
6.1 Stationäre versus ambulante Behandlung97
6.2 Altersaspekte bei der Behandlung von Zwängen im Kindes- und Jugendalter99
6.3 Das plausible Modell99
6.4 Therapiemethoden100
6.5 Therapie der Zwangshandlungen100
6.6 Behandlung von Zwangsgedanken102
6.7 Kognitive Therapieverfahren103
6.8 Familienzentrierte Interventionen103
6.9 Fallvignette104
Literatur106
7 Pharmakotherapie der Zwangsstörung bei Kindern und Jugendlichen108
7.1 Welche Wirksubstanzen stehen in Deutschland für die Behandlung von Zwangsstörungen im Kindes- und Jugendalter zur Verfügung?108
7.1.1 Medikamente der 1. Wahl108
7.1.2 Unerwünschte Wirkungen111
7.1.3 Behandlungsstrategien112
7.2 Behandlungsdauer113
7.3 Kontrolluntersuchungen114
7.4 Weitere pharmakotherapeutische Ansätze114
Literatur114
8 Verlauf von Zwangsstörungen mit Beginn im Kindes- und Jugendalter118
8.1 Methodik der Verlaufsstudien118
8.2 Verlauf der Zwangssymptomatik121
8.3 Andere Klinische Störungen im Störungsverlauf124
8.4 Persönlichkeitsstörungen im Störungsverlauf129
8.5 Psychosoziale Anpassung im Störungsverlauf130
8.6 Prädiktoren für den Verlauf der juvenilen Zwangsstörung131
8.7 Diskussion und Ausblick134
Literatur136
Die Autorinnen und Autoren des Bandes140
Kontaktadresse141
Stichwortregister142

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