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Feldforschung. Über die Entstehung, die Nutzung und die räumliche Transformation des Tempelhofer Feldes im städtischen Wandel Berlins

AutorSarah Kästner
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl48 Seiten
ISBN9783668075542
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Raumwissenschaften, Stadt- und Raumplanung, Note: 1,0, Universität der Künste Berlin (Institut für transmediale Gestaltung), Veranstaltung: Visuelle Kommunikation Entwerfen raumbezogener Systeme/Ausstellungsgestaltung, Sprache: Deutsch, Abstract: '739.124' Berliner haben vor etwa einem Jahr über den Erhalt einer leeren Fläche abgestimmt. Schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts war über diesen Boden so heftig spekuliert worden, dass Teile davon für 72 Millionen Goldmark verkauft wurden, das damals größte Grundstücksgeschäft der Welt. Worum geht es also bei diesem Gebiet, liegen darunter Ressourcen- Gold, Erdöl ? Nein, hier geht es um einen Bodenschatz im übertragenen Sinne. Dabei ist es zunächst leichter über diese 385 ha zu sagen was sie waren, nämlich ein Verkehrsflughafen mit Rollfeld, als was sie heute sind. Es ist ein Nichts, eine Leere inmitten Berlins. Die Motivation dieser Arbeit besteht darin, aufzuzeigen, was dieser Nicht-Raum sein kann und auch sein muss. Weltweit bekannt geworden ist er seit Schließung des oben gennannten Flughafens als Tempelhofer Feld. Welchen Symbolcharakter kann dieses Tempelhofer Feld haben, das als Wahrzeichen auf keiner Postkarte zu finden ist und in Berliner Reiseführern, wenn überhaupt, erst weit hinter den Sehenswürdigkeiten Berliner Mauer, Brandenburger Tor, Weltzeituhr und Potsdamer Platz erwähnt wird? Welche Anziehungskraft kann ein ehemaliges Flughafengelände ausüben, wenn von dort kein Flieger mehr zu Urlaubszielen abhebt? Welchen Mehrwert soll ein riesiges innerstädtisches Feld generieren, wenn es nicht einmal landwirtschaftlich zur regionalen Versorgung genutzt wird? Was also macht den Reiz einer anscheinend öd wirkenden Freifläche aus, dessen Zugang und Nutzung zudem stark reglementiert ist? Das unbebaute und damit unbestimmte Tempelhofer Feld wurde von Kritikern als unlogisch, als Fehler im städtischen Entwicklungsplan, als Leerstelle bezeichnet. '[...] Dort [könnten] jetzt widerstandslos errichtete Hochhäuser stehen.' , heißt es beispielsweise seitens Malte Lehming. Der Fehler bestünde darin, zu lange gewartet, die innige Vertrautmachung mit der neuen Fläche zugelassen zu haben. Damit ist die Öffnung dieser ehemaligen Verkehrsfläche gemeint, die 2010 als öffentlicher Ort für die Berliner (beschränkt) zugänglich gemacht wurde. Warum ich diese regelmäßige Nutzung des Tempelhofer Feldes, seine Aneignung und Eingemeindung in den Alltag nicht als Fehler interpretiere, sondern darin die Chance einer Veränderung zu einer dynamischen, sozialen Raum- und Stadtentwicklung erkenne, soll nach dem eindeutigen Volksentscheid des vergangenen Jahres auch durch diese Masterarbeit verteidigt werden. [...]

IKEA Deutschland GmbH & Co. KG NL Halle/Leipzig Gestalterin für visuelles Marketing IHK Akademie Mode&Design Hamburg Raumkonzept und Design B.A. Universität der Künste Berlin Visuelle Kommunikation Entwerfen raumbezogener Systeme/ Schwerpunkt Ausstellungsgestaltung M.A.

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Leseprobe

2. Raum


 

2.1 Raumbegriff und Raumverständnis


 

 Always spatialise![5] fordert Ende der 1980er Jahre der US-amerikanische Kulturwissenschaftler Frederic Jameson.

Dieser Appell ist am ehesten zu verstehen, wenn man das raumgeprägte Selbstverständnis der Postmoderne[6] im Folgenden genauer betrachtet.

 

Man kann verschiedene Perspektiven einnehmen um einen bzw. den Raum zu begreifen, zu betrachten und wahrzunehmen.

 

Vier Wände.- gehört dabei sicher zu einer der naheliegendsten Vorstellungen von Raum. Gleichzeitig existieren aber weit mehr Räume, durch die wir uns alltäglich bewegen. Im realen Kontext zählen Wohnraum, Arbeitsraum, Stadtraum etc. dazu. Diesen Räumen, die maßgeblich durch ihre Funktion bestimmt sind, stehen sogenannte Sinnesräume bzw. atmosphärische Räume, wie beispielsweise der Klangraum, gegenüber. Hinzu kommt, etwa seit den 1980er Jahren, mit der Verbreitung des Internets und den neuen computergestützten Technologien, eine Verlagerung von Beschäftigungen, Wissen und sozialen Kontakten in den virtuellen Raum.

Ein Raum muss also nicht zwangsläufig sichtbar sein um wahrgenommen bzw. erlebt zu werden. Was ist also diesen Räume immanent um als solche bezeichnet zu werden? Ausgehend von diesen Überlegungen, zu der veränderten Wahrnehmung von Räumen stellt sich für Teil II dieser Arbeit die Frage, um welche Art Raum es sich beim Tempelhofe Feld handelt.

 

Raumbegriffe finden sich sowohl in der Ästhetik, in sozialwissenschaftlichen bzw. politischen Theorien zu Raum und Fläche (beispielsweise bei dem Stadtsoziologen Andrej Holm), in der Philosophie sowie in der Architektur und in deren angrenzenden Disziplinen u.a.

 

Innerhalb der verschiedenen Raumkonzeptionen kann man zunächst vereinheitlichend feststellen, dass mit dem Raumbegriff eine Organisationsform gemeint ist, die ein Nebeneinander beschreibt,[7] Räume bezeichnen somit eine Relation zwischen gleichzeitigen Platzierungen.[8]

 

Dabei müssen diese Platzierungen immer gemehrt auftreten, um als Raum wahrgenommen zu werden.[9] Raum entsteht nicht durch ein singuläres Objekt sondern erst zwischen den Objekten bzw. zwischen Platziertem.

 

Saskia Hebert nimmt in ihrer 2012 vorgelegten Dissertation Gebaute Welt l Gelebter Raum. Vom möglichen Nutzen einer phänomenologischen Raumtheorie für die städtebauliche Praxis zwei sehr spezifische Perspektiven auf den Raum ein. Auch sie findet zunächst keine allgemein gültige Definition des Raums und beschreibt eine Einordnung aufgrund des spatial turns[10] als immer komplizierter[11].

 

Aus der architektonischen Praxis kommend, wählt sie die Begriffe der gebauten Welt für die, meist durch Architekten und Stadtplaner gestaltete, baulich-räumliche Umgebung und den gelebten Raum. Damit bezeichnet sie, was die subjektiven Erfahrungen und Beziehungen jedes Einzelnen in seinem Raum sind.

Durch die Gegenüberstellung der beiden Wahrnehmungsformen gebaut und gelebt des umgebenden (städtischen) Raumes können somit sehr heterogene Bilder desselben Ortes entstehen.

 

Auch die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Doris Bachmann-Medick stellt fest, dass der Raumbegriff hierzulande stark phänomenologisch geprägt sei[12].

Aktuell wird Raum daher nicht mehr als physisch-territorial[13] umschrieben, sondern vor allem aus raumsoziologischer Sicht mit relationalen Konzepten erklärt.

Es wird also untersucht, in welche Beziehung der jeweilige Raum gesetzt wird. Der Frage folgend, wie Raum hergestellt wird, nämlich in Wahrnehmungs-, Erinnerungs- oder Vorstellungsprozessen[14], zeigt sich erst die Relevanz und die gesellschaftliche Struktur des Raums.

 

Durch den Wegfall des Denkens, in absoluten oder abgeschlossenen Räumen (in vier Wänden), wissenschaftlich als statischer Raumbehälter bzw. Raumcontainer[15] bezeichnet, ist die Vorstellung verschiedenster Räume erst möglich geworden.

 

Zusammenfassend kann man also sagen: Raum konstituiert sich als bauliche und soziale Konstruktion.

 

Bachmann-Medick schreibt dazu:

 

 Raum meint soziale Produktion von Raum als einem vielschichtigen und oft widersprüchlichen gesellschaftlichen Prozess, eine spezifische Verortung kultureller Praktiken, eine Dynamik sozialer Beziehungen, die auf die Veränderbarkeit von Raum hindeuten.[16]

 

Dieses Raumverständnis existiert neben einer Vielzahl anderer, oft auch diffuser Raumbegriffe, soll aber hier als Ausgangspunkt dienen, den theoretischen Zugang zu meinem praxisorientierten Masterprojekt im öffentlichen Raum der Stadt Berlin als auch auf dem Tempelhofer Feld zu ermöglichen.

 

Trotz der verschiedenen Ausdifferenzierungen und disziplinübergreifenden Perspektiven auf den Raum stellen sowohl Bachmann-Medick als auch Löw, Steets und Stoetzer fest, dass sich der marxistisch geprägte Raumbegriff von Henri Lefebvre als transkultureller und zentraler Ansatz herauskristallisiert hat.

 

Daher fokussiere ich in meinen folgenden Ausführungen auf diese expliziten, strukturalistischen, raumtheoretischen Überlegungen.

 

2.2 Raumtheorie nach Henri Lefebvre


 

 „(Social) space is a (social) product.“[17]

 

1974 erscheint Production de lespace (The production of space, engl. Ausgabe) mit der Henri Lefebvre eine umfassende Analyse der Problematik des Raumes vorlegt, die das Urbane und Alltägliche einschließt.[18]

 

So stößt er bereits Mitte der 1970er Jahre den Diskurs über den bereits erwähnten...

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