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E-Book

Umweltchemie

AutorClaus Bliefert
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl487 Seiten
ISBN9783527662999
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis54,99 EUR
Auch in seiner dritten Auflage besticht dieses Lehrbuch durch seine verständliche Darstellung und die einprägsamen Abbildungen, die die komplexe Materie nicht nur dem Studenten nahebringen.
Der Inhalt wurde für die neue Auflage durchgehend aktualisiert und um wichtige neue Aspekte des Umweltrechts ergänzt.
Stimmen zum Buch:
'...ein umfassender, flott zu lesender Einstieg in das weite Feld der Umweltchemie.' (Nachrichten aus der Chemie)
'Zahlreiche Tabellen und Grafiken helfen beim Verstehen der Zusammenhänge.' (Umwelt Magazin)
'Besonders erwähnenswert ist das umfangreiche Register. [Dieses] verleiht dem Buch beinahe einen lexikalen Charakter.' (Advances in Food Sciences)
'Durch seinen durchgängien Praxisbezug ... bietet das Buch auch dem in der Industrie tätigen Praktiker ein umfassendes Nachschlagewerk zu den Fragen des Umweltschutzes.' (Aluminium)

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Leseprobe

2


Entstehung und Aufbau der Erde


2.1 Entstehung der Elemente


Vieles spricht dafür, dass das Universum vor ca. 10 bis 20 Milliarden Jahren aus einer gigantischen dichten Ansammlung von Neutronen entstanden ist. Diese – nicht unumstrittene – Theorie spricht vom „Urknall“ (engl. big bang): Es bildete sich ein Gasgemisch, der „Urnebel“, aus dem sich Sternensysteme mit Sonnen, Planeten und anderen Himmelskörpern gebildet haben. Wahrscheinlich bestand dieser Urnebel, wie unsere Sonne und wie viele Sterne des Kosmos, zu mehr als 99 % aus Wasserstoff und Helium (Tab. 2-1).

Tab. 2-1. Vorkommen der zwölf häufigsten Elemente in der Erdrinde,a) im Erdkörper und im Kosmos (Massenanteile in %).

In der gesamten Erde oder in der Erdkruste kommen Elemente wie Sauerstoff, Silicium und Eisen am häufigsten vor, die jedoch in der Urmaterie nur in Spuren vorlagen; ähnliches gilt umgekehrt für Wasserstoff und Helium auf der Erde (Tab. 2-1). Warum unterscheiden sich Erde und Sonne, die sich aus der gleichen Urmaterie gebildet haben, so sehr in ihrer Zusammensetzung? Die meisten Astrophysiker gehen davon aus, dass sich die schweren Elemente durch Kernreaktionen aus Wasserstoff und Helium in den Sternen gebildet haben. Die Lebensgeschichte eines Sterns muss man sich ungefähr folgendermaßen vorstellen: In einem Bereich des Universums bewirkt die Massenanziehung eine Kontraktion der aus Wasserstoff, Helium und anderen Atomen bestehenden Gaswolke. Dadurch wird die Geschwindigkeit der Atome vergrößert, und die Temperatur erhöht sich zusammen mit der Dichte der Materie. Bei 107…108 K ist die Aktivierungsbarriere für die Fusion von H-Kernen überschritten, und Kernfusion beginnt:

(2-1)

(2-2)

(2-3)

(2-4)

Die Aktivierungsenergie für Kernreaktionen ist extrem hoch, weil zunächst zwei positiv geladene Kerne sehr dicht zusammen kommen müssen, bevor die Anziehungskräfte zwischen den Kernen stark genug werden, um diese Teilchen miteinander zu verschmelzen.

Ähnlich lässt sich die Bildung weiterer Elemente durch Kernreaktionen erklären, z. B.:

(2-5)

(2-6)

(2-7)

(2-8)

(2-9)

In der weiteren Entwicklung des Sterns können auch die schweren Kerne miteinander reagieren, z. B.:

(2-10)

(2-11)

(2-12)

(2-13)

(2-14)

Bei Temperaturen von ungefähr 3 · 109 K haben die Kerne genug kinetische Energie, um die Aktivierungsbarrieren aller Kernreaktionen zu überwinden. Zusätzlich werden große Mengen an Energie frei, die Kernreaktionen einleiten, in denen sich alle Kerne des Periodensystems bilden können. Ihre Häufigkeit nimmt etwa exponentiell mit zunehmender Masse ab; Kerne mit geraden Massenzahlen (Summe der Anzahl der Protonen und Neutronen im Atomkern) sind meistens eine Zehnerpotenz häufiger als Kerne mit ungeraden. Auch mit steigender Ordnungszahl ergibt sich bis Z = 42 in guter Näherung ein exponentieller Abfall (Abb. 2-1); danach verläuft die Abnahme weniger steil. Das besonders stabile Element Eisen kommt um einen Faktor 103häufiger vor, als man aufgrund der allgemeinen Tendenz erwarten würde.

Abb. 2-1. Häufigkeit N der verschiedenen Elemente im Kosmos als Funktion der Ordnungszahl Z (bis Z = 83). – N ist logarithmisch angegeben und bezogen auf die Anzahl „106 Si-Atome“; Elemente mit ungerader Ordnungszahl; ○ Elemente mit gerader Ordnungszahl.

2.2 Entstehung der Atmosphäre


2.2.1 Entwicklung der Atmosphäre


Die Erde ist vor ungefähr 4,6 Milliarden Jahre entstanden. Die Entwicklung der Erdatmosphäre, die eng mit dem Entstehen und der Evolution des Lebens verknüpft ist, lässt sich in vier Zeiträume unterteilen (Abb. 2-2). In der ersten Periode (Dauer: einige hundert Millionen Jahre) fand im wesentlichen die Bildung der Erde aus dem solaren Urnebel statt. Das Plasma kühlte sich ab, und die Bestandteile kondensierten in der Reihenfolge ihrer Siedepunkte aus: zuerst die am wenigsten flüchtigen wie Eisen oder Silicium. Der immer noch heiße Urplanet hatte sicher noch keine Atmosphäre im heutigen Sinn: Flüchtigere Bestandteile wie Stickstoff und Kohlenstoff (z. B. als Methan) blieben entweder weitgehend im solaren Nebel oder wurden – wie die Edelgase und Wasserstoff – in dieser Phase abgereichert, da sie nicht vom Schwerefeld der Erde zurückgehalten werden konnten (auch heute noch gehen sie laufend verloren). Wenn nicht dennoch ausreichend leichtere Gase zurückgehalten worden wären, hätte die Erde heute eine Atmosphäre vorwiegend aus Neon und den schweren Edelgasen sowie Stickstoff mit Drücken um 106 bar.

Uratmosphäre

Hauptbestandteile:

H2O-Dampf (ca. 80 %), CO2 (ca. 10 %)

Spurenbestandteile:

SO2, HCl, HF, H2, CO, Ar, CH4, NH3(kein O2)

Abb. 2-2. Zeitabschnitte von Bedeutung für die Entwicklung der Atmosphäre.

Während dieser Phase ihrer Bildung war die Erde noch weitgehend glutflüssig; Wasserdampf (ca. 80 %) und Kohlendioxid (ca. 10 %) gelangten durch Ausgasen in die Atmosphäre. Andere Bestandteile dieser Uratmosphäre waren, nur in Spuren, vor allem leichtflüchtige Entgasungsprodukte von Erdkruste und -mantel: neben Schwefeldioxid, Chlor- und Fluorwasserstoff, Wasserstoff, Kohlenmonoxid und den Edelgasen – vorwiegend Argon – noch Methan sowie Ammoniak (s. auch Abschn. 2.3).

Freier (molekularer) Sauerstoff hingegen kam, wie auch in heutigen Vulkanausgasungen, (noch) nicht vor. Dies bezeugt auch das Vorkommen in entsprechenden Gesteinsschichten von Mineralen wie Pyrit, FeS2, der von gasförmigem Sauerstoff oxidiert worden wäre.

Freier Sauerstoff konnte nicht aus dem Erdinnern ausgegast sein: Selbst wenn er in der Frühzeit der Erdentwicklung in ausreichender Menge vorhanden gewesen wäre, hätte er vor allem in Form von Silicaten fest gebunden vorgelegen und wäre unter den herrschenden Bedingungen nicht freigesetzt worden. Auch kann sich O2 nur zu einem geringen Anteil unter Einwirkung der Sonnenstrahlung durch Photolyse aus dem Kohlendioxid oder aus dem Wasser der Uratmosphäre gebildet haben. Wäre er gemäß

(2-15)

entstanden, müsste heute der CO-Anteil in der Atmosphäre erheblich höher sein, weil CO zu schwer ist, um dem Schwerefeld der Erde zu entweichen. Und für die Reaktion

(2-16)

wäre kurzwellige UV-Strahlung mit Wellenlängen λ < 210 nm erforderlich. Sauerstoff hätte – wenn er so gebildet worden wäre – bereits bei einem geringen Gehalt diejenige UV-Strahlung absorbiert, die eigentlich zu seiner Bildung erforderlich ist (man nennt diesen Selbstregulierungsmechanismus Urey-Effekt). Es kommen demzufolge für die Bildung des Atmosphärensauerstoffs keine anorganischen, sondern nur biologische photochemische Prozesse in Frage: Fast der gesamte Sauerstoff, der im Laufe der Erdentwicklung freigesetzt wurde, entstand durch Photosynthese von Biomasse – ist also eine Folge des Lebens auf der Erde.

Aus dem Oxidationszustand des Eisens in den ältesten bekannten Sedimentgesteinen (vorwiegend Fe2+) – sie sind rund 3,7 Milliarden Jahre alt – lässt sich ableiten, dass die Atmosphäre in dieser Zeit nur wenig Sauerstoff enthalten haben konnte: Man nimmt höchstens 1/1000 des heutigen O2-Niveaus (PAL, “Present Atmospheric Level“) an, also einen O2-Volumenanteil von weniger als 0,02 %.

In der zweiten Periode (s. Abb. 2-2) entwickelten sich in dieser sauerstoffarmen Atmosphäre die ersten Lebewesen ohne Zellkern. Sie lebten wahrscheinlich in seichtem Wasser oder an den Rändern der Ozeane, wo sie kaum der UV-Strahlung ausgesetzt waren, die zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend ungehindert auf die Erdoberfläche gelangte (wenig Schutz durch Ozon; vgl. Abschn. 13.4). Diese ersten lebenden Organismen – einzellige Lebewesen ohne Zellkern (Prokaryonten) – entwickelten sich mit einem anaeroben Stoffwechsel, also ohne Anwesenheit von molekularem Sauerstoff: Sie bekamen ihre Energie aus Gärungsprozessen (mehr dazu s. Abschn. 2.2.2).

Vor mehr als 3 Milliarden Jahren entstanden primitive Organismen, Blaualgen (Cyanophyta, Cyanobakterien), mit einer anderen Form des Stoffwechsels, bei dem Sauerstoff [nach Gl. (2.17)] entstand. Dieser biologisch erzeugte Sauerstoff wurde während eines langen Zeitraums von Silicium, Eisen, Aluminium, Calcium und anderen Elementen wie Schwefel verbraucht und in der Erdkruste in Form von Oxiden, Sulfaten oder Silicaten gebunden; lösliches Eisen(II) in den Meeren wurde durch den Sauerstoff, den die Ur-Einzeller bei ihrem Stoffwechsel produzierten, in Form unlöslicher Eisen(III)-oxide ausgefällt; dadurch wurden die Einzeller vor dem von ihnen selbst produzierten und für sie giftigen Stoffwechselprodukt, dem...

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