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Konzept eines Cyber-Physischen Logistiksystems in einer schlanken Produktion am Beispiel einer Reihenfertigung mit Kanban

AutorDennis Kolberg
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl155 Seiten
ISBN9783656691242
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Ingenieurwissenschaften - Wirtschaftsingenieurwesen, Note: 1,0, Universität Bremen (BIBA - Bremer Institut für Produktion und Logistik), Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Masterarbeit enthält ein Fachkonzept für ein Cyber-Physisches Logistiksys-tem (CPLS) in einer schlanken Produktion. Der Fokus des Fachkonzeptes liegt hierbei auf dem Einsatz des CPLS in einem Kanban-System bei einer Reihenfertigung. Cyber-Physische Systeme (CPS) sind neuartige, vernetzte, eingebettete Computersysteme. Da bis dato keine Definition für ein solches System in der Logistik existiert, wurde zusätzlich eine Definition für ein CPLS erarbeitet. Das Fachkonzept umfasst Anwendungsfälle und Anforderungen an ein CPLS, welche aus den Zielen und Schwachstellen der schlanken Produktion sowie Herausforderungen bei der Gestaltung von CPS hergeleitet wurden. Das anschließend erarbeitete Modell verwendet das für die Entwicklung von selbststeuernden Logistiksystemen entwickelte ALEM-P Vorgehensmodell. In sieben Schritten wird das CPLS aus fünf verschiedenen Sichten mit Hilfe der UML-Notation beschrieben. Die Übertragung auf ein Beispielunternehmen zeigt des Weiteren Herausforderungen bei der technischen Implementierung auf. Wesentliche Erkenntnis der Arbeit ist, dass ein CPLS für ein Kanban-System aus fünf Arten von CPS besteht, welche durch Wahrnehmung der Umgebung und Austausch von digitalen Kanban den Warenfluss steuern. Das verwendete Vorgehensmodell ALEM-P unterstützt durch eine strukturierte, gut dokumentierte Vorgehensweise die Entwicklung, benötigt aber Anpassungen, um die Entwicklungsphase von CPLS zu unterstützen. Des Weiteren zeigte sich, dass die bis dato bekannten Herausforderungen für die Gestaltung von CPS, wie die Komplexität und das zeitliche Verhalten, auch für CPLS gelten. Für die Implementierung eines CPLS in der Praxis sind ferner Anpassungen an die Gegebenheiten notwendig. Das Dokument enthält die Masterarbeit exkl. Anhänge.

Mehr Informationen über den Autor finden Sie unter: https://www.xing.com/profile/Dennis_Kolberg2

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Leseprobe

2 Grundlagen


 

2.1 CPS: Vernetzte, eingebettete Systeme


 

2.1.1 Historische Entwicklung von CPS


 

Bei CPS handelt es sich allgemein um in Objekte eingebettete Computersysteme, welche physische Prozesse steuern und überwachen. Durch diese Computersysteme und die Vernetzung mit der Umwelt werden physische Vorgänge mit digitalen Diensten verknüpft. Die Abläufe und Objekte wirken so für Außenstehende intelligent und als ob sie selbstständig agieren. (vgl. Broy, 2010: S. 25-26; Lee, 2007)

 

Die Wurzeln eines CPS finden sich zum einen in den eingebetteten Systemen, zum anderen in der intelligenten Vernetzung physischer Objekte und Prozesse. Bereits in den 1980er Jahren tauchte in der wissenschaftlichen Literatur der Begriff „Embedded Systems" (ES; dt.: Eingebettete Systeme) auf. Ursprünglich für spezielle militärische Anwendungen verwendet, wurde er schon damals benutzt, um in reale Prozesse integrierte Computersysteme zu beschreiben (vgl. Kündig et al., 1986: S. 1). Heute beschreiben ES Systeme, welche über Sensoren und Aktoren kontinuierlich die Umwelt wahrnehmen, durch analoge und digitale Schaltungen diese Informationen verarbeiten und anhand der Ergebnisse nahezu in Echtzeit Einfluss auf Ihre Umwelt nehmen. Sie zeichnen sich durch einen geringen Stromverbrauch sowie eine geringe Baugröße aus, sodass sie oftmals unsichtbar in Gegenstände integriert sind. Eingebettete Systeme werden dort eingesetzt, wo die technischen Systeme unmittelbar mit ihrer Umwelt interagieren müssen. In der Vergangenheit beschränkte sich dies auf einfache Steuerungs- und Regelungsaufgaben. Aufgrund der gestiegenen Leistungsfähigkeit von Prozessoren und Speichern übernehmen ES heute z. B. Aufgaben in der Klima- und Beleuchtungssteuerung in Gebäuden, als Assistenzsysteme, wie das Antiblockiersystem oder elektronische Stabilitätsprogramm, im PKW oder als Steuerung in CNC-Maschinen in der Fertigung. (vgl. Berns et al., 2007; Marwedel, 2007; Nauth, 2005)

 

Die Idee intelligenter Objekte ist zurückzuführen auf eine Veröffentlichung Weisers in den 1990er Jahren. In seinem Artikel „The Computer for the 21st Century" (1991) beschrieb er seine Vision von Computern, die überall unsichtbar integriert sind. Weisers Vorstellung nach sind diese Systeme in der Lage, die Umwelt wahrzunehmen und über ein Netzwerk miteinander zu interagieren. So könnten sie den Anwender dabei unterstützen, bestehende Aufgaben schneller und mit weniger Aufwand zu bewältigen. (vgl. Weiser, 1991) Diese Verbreitung von Computern stellte seiner Ansicht nach eine neue Stufe der Computerisierung dar, welcher er den Namen „ubiquitous Computing" gab (vgl. Weiser, 1996). Die Wissenschaft entwickelte seitdem die Idee intelligenter, vernetzter Objekte weiter. Unter Bezeichnungen wie „Pervasive Computing", „Ambient Intelligence" oder „Smart Objects" finden sich in der Literatur mehrere Begriffe, welche den gleichen Sachverhalt aus unterschiedlichen Perspektiven beschreiben: Die Gestaltung von intelligenten Objekten durch die Verbindung der virtuellen mit der realen Welt (vgl. Broy, 2010; Marwedel, 2007). Seit 2002 existiert darüber hinaus der vom Auto-ID Center am Massachusetts Institute of Technology geprägte Begriff „Internet of Things". Ursprünglich im Kontext eines Forschungsprojektes für eine berührungslose Identifikations-Infrastruktur entstanden, ist der Begriff des IoT in der Wissenschaft und in der Praxis heute weit verbreitet (vgl. Mattern, Floerkemeier, 2010: S. 2). Unter dem Konzept des IoT wird die nahtlose Verbindung von realer und virtueller Welt verstanden, wobei sich bis heute keine einheitliche Definition durchgesetzt hat und der Begriff als Modewort strapaziert wurde (vgl. Uckelmann et al., 2011: S. 2-4).

 

2.1.2 Definition und Abgrenzung von artverwandten Begriffen


 

Im Jahr 2006 tauchte erstmals der Begriff „Cyber-Physical Systems" in der Wissenschaft auf. Lee, einer der Mitinitiatoren dieses Ausdrucks, lieferte die erste Definition für CPS. Seiner Vorstellung nach sind CPS eingebettete, vernetzte Computersysteme, welche physische Prozesse steuern und überwachen (vgl. Lee, 2007). Im Vergleich zu ES sind CPS ebenfalls in physische Objekte integriert, darüber hinaus aber miteinander vernetzt. Auch wenn hier wie beim IoT wieder die Interaktion zwischen virtueller und physischer Welt im Vordergrund steht, liegt die Betonung bei CPS nicht auf den realen Dingen, sondern auf Prozessen. Broy präzisierte diese Definition, indem er die Bestandteile konkretisierte. CPS sind demnach eine „[...] enge Vernetzung physischer Vorgänge (über Sensoren, Aktuatoren, mobile Geräte) mit digitalen Diensten (über digitale Netze)." (Broy, 2010: S. 26; Lee, 2008: S. 4).

 

Die Abgrenzung zwischen IoT und CPS ist unklar und in der Literatur finden sich hierzu widersprüchliche Aussagen. Broy differenziert beide Begriffe, indem er das IoT auf Gegenstände des Alltags beschränkt und das CPS als allgemeine Bezeichnung ansieht. Zu einer ähnlichen Erkenntnis kommen Koubaa und Andersson, welche das IoT als ein Element von CPS sehen (vgl. Koubaa, Andersson, 2009). Demgegenüber stuft die acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e.V. das IoT als eine übergeordnete Vision ein und sieht CPS als diesem untergeordnet an (vgl. Geisberger et al., 2011: S. 10). Koubaa und Andersson führen diese unklare Differenzierung darauf zurück, dass das IoT im Kontext der drahtlosen Identifikationssysteme und das CPS im Kontext von Sensornetzwerken entstanden ist und somit unterschiedliche Gruppen nahezu unabhängig voneinander unterschiedliche Begriffe für einen ähnlichen Sachverhalt prägten (vgl. Koubaa, Andersson, 2009: S. 1).

 

Im Zusammenhang mit CPS und dem IoT muss auch der seit 2011 in den deutschsprachigen Medien existierende Begriff „Industrie 4.0" erwähnt werden (siehe beispielsweise Bent, 2012; Jasperneite, 2012; o. A., 2012). Er beschreibt die vierte industrielle Revolution, welche nach der Einführung mechanisch angetriebener Produktionsanlagen Ende des 18. Jahrhunderts, der Verbreitung der Massenproduktion zu Beginn des 20. Jahrhunderts und dem Aufkommen von elektronisch- und informationstechnisch unterstützten Anlagen in den 1970er Jahren nun die nächste nachhaltige Veränderung der Produktion durch die Vernetzung von physischer und virtueller Welt prognostiziert (vgl. Kagermann et al., 2013). Dass es sich hierbei nicht nur um ein Modewort handelt, zeigt die Investitionsbereitschaft der Bundesrepublik Deutschland. Im Rahmen der Hightech-Strategie zur Förderung von Schlüsseltechnologien unterstützt sie unter dem Titel „Zukunftsprojekt Industrie 4.0" CPS-bezogene Forschungsaktivitäten (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2013).

 

2.1.3 Definition und Bestandteile eines CPS


 

Da bis dato keine klare Trennung zwischen CPS und IoT existiert und diese im Rahmen der Arbeit sekundär ist, sollen die Begriffe hier als synonym betrachtet werden. Für einen einheitlichen Sprachgebrauch wird durchgängig der Begriff CPS verwendet. Im Folgenden ist hier- runter die von Lee und Broy definierte Verbindung eines ES mit einem Netzwerk zu verstehen. Es sind somit in Gegenstände integrierte, vernetzte Computersysteme, welche physische Prozesse steuern und überwachen. Sie bestehen aus Sensoren, einem Datenverarbeitungsmodul, einem Kommunikationsmodul und Aktoren. (vgl. Broy, 2010; Lee, 2008: S. 21-26)

 

Durch Sensoren, wie beispielsweise Beschleunigungssensoren, Feuchtigkeitssensoren, Drucksensoren oder Bildsensoren, nehmen CPS ihre Umgebung war. Das Datenverarbeitungsmodul, bestehend aus dem Prozessor und dem Speicher, deren Leistungsfähigkeit von einem einfachen Mikroprozessor bis hin zu Mehrkernprozessoren mit hoher Speicherkapazität reichen kann, verarbeitet und speichert anschließend diese Daten. Die für die Verarbeitung benötigten Softwarealgorithmen können im CPS hinterlegt sein oder als Softwaredienst im digitalen Netz zur Verfügung stehen. Für den Datenaustausch mit dem Netzwerk nutzt das CPS die Kommunikationseinheit, welche z. B. über Standards wie das Internet Protocol Version 6 (IPv6) oder ZigBee drahtgebunden oder -los mit anderen CPS, im Netzwerk vorhandenen Softwarediensten oder anderen Objekten kommuniziert. Die Kommunikationseinheit ist darüber hinaus auch Schnittstelle für den Austausch mit dem Menschen. Hierzu kann es beispielsweise über berührungsempfindliche Bildschirme, Schalter, Tastaturen oder analogen und digitalen Anzeigen Informationen mit ihm austauschen. Die Ergebnisse dieser Datenverarbeitung nutzt das CPS nicht nur zur Kommunikation, sondern auch, um via Aktoren die Umwelt zu beeinflussen. Zu diesen Aktoren zählen beispielsweise rotarische Aktoren, um z. B. eine Achse anzutreiben, oder Piezoelemente. Abbildung 3 visualisiert dieses Zusammenspiel der CPS-Ele- mente mit der Umwelt. (vgl. Broy, 2010: S. 21-22)

 

 

Abbildung 3 Schematische Darstellung eines CPS

 

(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Veigt et al., 2013)

 

Obwohl der vorherige Absatz bereits ein recht klares Bild der Bestandteile eines CPS darstellt, handelt es sich um eine Beschreibung auf hoher Abstraktionsebene. CPS, als ein junges Forschungsgebiet, sind weder vollständig beschrieben noch abschließend erforscht (vgl. Hu et al., 2012: S. 29). Die heterogene Zusammensetzung aus physischen Bauteilen und virtuellen Algorithmen sowie deren Integration in...

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