Erhaltene Antworten bei der Online-Befragung Dammschnitt – Bagatelle oder Körperverletzung

Frauen, die einen Dammschnitt erhielten, nahmen an einer Online-Befragung teil. Die Antworten werden hier kommentarlos abgebildet:

Im Folgenden listen wir die erhaltenen Antworten auf die jeweiligen Fragen wörtlich auf. Zur besseren Übersicht haben wir diese teilweise thematisch geordnet. Die Originalantworten sind jeweils kursiv gehalten. Daran schließen wir jeweils Erläuterungen und/oder Zusammenfassungen an.

1. Wann und wo war die Geburt deines Kindes?

Klinik Ort (freiwillig) Jahr

Niedersachsen 1974 Bayern 2016
Niedersachsen 1981 Niedersachsen 2016
Keine Angabe 1992 Niedersachsen 2016
Thüringen 2011 Niedersachsen 2016
Keine Angabe 2011 Keine Angabe 2016
Keine Angabe 2013 Bayern 2017
Bayern 2014 Bayern 2017
Niedersachsen 2014 Brandenburg 2017
Niedersachsen 2015 Niedersachsen 2017
Bayern 2016 Niedersachsen 2017

 

21 Frauen berichten von ihren Klinikgeburten. Bei einer Teilnehmerin begann die Geburt im Geburtshaus. Der Zeitraum erstreckt sich von 1974 bis 2017.

 

2. Kannst du dich noch erinnern, was du während deiner Schwangerschaft über das Thema Dammschnitt erfahren hast?

Informationen zum Dammschnitt im Geburtsvorbereitungskursus:
– Ja, wurde gut informiert

Im Geburtsvorbereitungskurs:

Wenig oder keine Information:

Sonstige Antworten:

 

Aus den Antworten geht hervor, dass Informationen aus unterschiedlichen Quellen bezogen werden:
Hebammenkursus, Internet, Bücher, Ausbildung, Erfahrung beim ersten Kind. Ein Drittel (7 Frauen) geben an, wenig oder keine Informationen erhalten zu haben. Eine Frau fühlt sich gut informiert.

Zur Häufigkeit des Dammschnitts:
Die Informationen aus Vorbereitungskursen beinhalten mehrheitlich, dass der Dammschnitt selten gemacht werde und eigentlich nicht mehr üblich sei.

Voraussetzungen für die Durchführung eines Dammschnitts:
Nur wenn notwendig; bei Saugglockeneinsatz; als Alternative zum Dammriss, da der Schnitt besser heile.

Bagatellisierende, abwehrende Informationen:
Häufig nicht nötig; könne durch richtige Position und Dammschutz vermieden werden; heutzutage nicht mehr üblich; weh tue es nicht.

Zum Heilungsprozess konträre Informationen:
Eine Frau erfährt, der Dammriss würde schlechter heilen. Die übrigen Aussagen betonen, der Dammriss heile leichter.

Vorstellungen der Frauen:
„Ich habe nicht gedacht, so etwas zu benötigen“; „dachte, ich werde gefragt; habe mich total auf die Hebamme verlassen“; „dachte, der Dammschnitt würde selten gemacht“.

 

3. Wurdest du unter der Geburt auf den bevorstehenden Dammschnitt vorbereitet?
Ergebnis: 17 Frauen: Nein
3 Frauen: Ja
1 Frau: keine Angabe

 

4. Hast du einem Dammschnitt zugestimmt?

Zusammenfassung der Antworten, ob einem Dammschnitt zugestimmt wurde (Mehrfachnennungen):
4 Frauen hatten zugestimmt, jedoch nicht schriftlich.
2 Frauen hatten zugestimmt, weil Dammschnitt Bestandteil eines Klinikformulars war.
1 Frau vermutet, dass bei ihr ein Hinweis im Klinikformular enthalten war.
13 Frauen hatten weder mündlich noch schriftlich zugestimmt.
1 Frau lehnt ausdrücklich einen Dammschnitt ab und beschreibt detailliert die Missachtung ihres Willens durch die Ärztin.
1 Frau äußert, keine Ahnung zu haben.
1 Frau macht keine Angabe.

 

5. Hast du erfahren, warum bei dir ein Dammschnitt durchgeführt wurde?

5.1 Wenn ja, wie lautete die (medizinische) Begründung?

Größe des Kindes:

Unklare Angaben:

Zusammenfassung zu 5.1. zur (medizinischen) Begründung:
12 von 21 Frauen erhielten keine Begründung für einen Dammschnitt.
3 Aussagen: das Kind sei zu groß gewesen.
Bei einer Geburt war mit der Saugglocke interveniert worden.

5.2 Wenn nein, was vermutest du war der Grund für den Dammschnitt? (Mehrfachnennungen)

Vermutete oder tatsächliche Erschwernisse lagen beim Kind:

Unklare/fehlende Vermutungen:
Nein (2 Nennungen)
Fragezeichen (2 Nennungen)
Keine Angabe (8 Nennungen)

Zeitdruck, Beschleunigung der Geburt und andere Vermutungen:

Abschließende Bemerkung:
17 von 21 Frauen sind auf Vermutungen angewiesen, weil sie über die Notwendigkeit eines Dammschnitts nicht sachgerecht informiert wurden und beim Personal keine Handlungsorientierungen erkennbar waren.

5.3 – 5.5 Zur Dammversorgung und 5.6 Wo war dein Baby in dieser Zeit? Wurdest du genäht? Mit örtlicher Betäubung? Mit Narkose? Wo war dein Baby in dieser Zeit?

Ergebnis (Mehrfachnennungen):
Bei 9 Frauen lag das Kind während der Wundversorgung auf der Brust der Mutter. Eine dieser Frauen schreibt, sie habe währenddessen vor Schmerz geschrien, danach sei noch eine OP in Vollnarkose gemacht worden.
Bei 7, evtl. 8 Frauen wurden durch die Dammversorgung Mutter und Kind voneinander getrennt.
6 Frauen haben Erinnerungslücken und können nur unsichere Angaben darüber machen, wo ihr Kind während der Wundversorgung war.
5 Kinder sind während der Wundversorgung auf dem Arm ihres Vaters.
1 Kind war auf dem Arm der Hebamme.

Anmerkungen zur Bedeutung für den Bondingprozess:
Der Dammschnitt hatte für mehr als die Hälfte der Mütter und Kinder Trennungserlebnisse zur Folge. Wegen der erforderlichen Wundversorgung wurde das Bonding zwischen Mutter und Kind gestört. Ein Kind muss auf dem Bauch seiner Mutter aushalten, die „vor Schmerz geschrien“ hat. Das wirft ein Licht auf die für das Kind überfordernde Situation, auf dem Bauch seiner schreienden Mutter liegen zu müssen und danach wegen der OP von ihr getrennt zu werden.

 

6. Welche Gefühle zum Dammschnitt hattest du damals, gleich nach der Geburt und im Wochenbett?

Abschließende Bemerkung:
Die Spannbreite der Gefühle unmittelbar nach der Geburt reicht von Akzeptanz (1 Nennung) bis hin zu Entsetzen, Unverständnis, Wut- und Hassgefühlen. Unbedeckt eine Stunde liegen gelassen zu werden oder Gefühle wie bei einer Vergewaltigung verdeutlichen, dass es hier teilweise um aufwühlende und demütigende Erlebnisse geht, die nicht sofort verkraftet werden können.

 

7. Welche Gefühle hast du heute, wenn du an die Geburt und den Dammschnitt denkst?

Abschließende Bemerkung:
8 Frauen äußern aufgrund des zeitlichen Abstands zum Dammschnitt, dass sie sich damit abgefunden hätten. Sie suchen Erklärungen, wie etwa folgende Aussagen zeigen: „ohne diesen erfahrenen Arzt wäre es in einem Kaiserschnitt geendet“ oder „relativ egal, weil ich dank der ganzen Medikamente nicht mehr so viel weiß“. Beide Aussagen klingen nach Selbstbeschwichtigung. Bei 13 Frauen sind die Eindrücke noch sehr lebendig und es wird deutlich, wie nachhaltig negativ sich diese Intervention auswirkt.

 

8. Was/wer hat dir geholfen, mit der Situation umzugehen?

Abschließende Bemerkung:
Auch bei diesen Antworten zeigt sich eine große Spannbreite. Fünf Frauen finden niemanden, mit offenem Ohr. Eine Frau, die den übrigen Fragebogen sorgsam ausfüllt, lässt diese Antwort aus. 15 Frauen finden Gehör oder suchen aktiv nach einer psychologischen, medizinischen und in einem Fall einer juristischen Aufarbeitung.

 

9. Spürst du bis heute körperliche und seelische Folgen des Dammschnitts? Möchtest du die Folgen hier genauer beschreiben?

Abschließende Bemerkung:
Bei diesen Antworten wird die Nachhaltigkeit des Erlebten besonders deutlich. Thematisch geht es um körperliche Schmerzen, seelisches Leiden, Unglücklichsein, Verletzung der Würde, Berührungsempfindlichkeit, Angst vor Schmerzen beim Intimverkehr, eine Narbe ging wieder auf und entzündete sich, zwei operative Korrekturen waren erforderlich.

 

10. Was würdest Du heute der Ärztin/dem Arzt/der Hebamme, die/der den Dammschnitt durchgeführt hat, sagen?

 

Abschließende Bemerkung:
Die Spannbreite der Antworten reicht von Anerkennung und Dank über Vorschläge für eine Fortbildung, zu heftigen Schuldvorwürfen bis hin zu Rachegefühlen: „…dass jeder hoffentlich irgendwann seine gerechte Strafe bekommt…“. Sehr deutlich wird bei dieser Frage, dass die betroffenen Frauen versucht hatten, eine Beziehung zu den Personen im Kreißsaal aufzubauen. Darin mag auch die überwiegend tiefe Enttäuschung begründet sein, dass sie im Kreißsaal mit Bedingungen konfrontiert worden waren, mit denen sie nicht gerechnet hatten.

11. Zusatzfrage: Ich möchte noch Folgendes loswerden

Abschließende Bemerkung:
Die Zusatzfrage gibt Aufschluss über die Erwartungen der Frauen zur Geburt und zur Klinik. Ärzte und Hebammen werden nur von zwei Frauen als kompetent beschrieben, alle andern Frauen fühlten sich nicht genug respektiert, nicht gut betreut oder sogar ausgeliefert.

 

 

weiterlesen:

Online-Befragung: Dammschnitt – Auswertung unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Studien

Online-Befragung: Dammschnitt – Zusammenfassung – Forderungen

zuvor: Online-Befragung: Dammschnitt – Bagatelle oder Körperverletzung

ergänzend: Online-Befragung: Dammschnitt – Bagatelle oder Körperverletzung: Erläuterungen

 

Irene Behrmann (1. Vorsitzende), Anna Groß-Alpers (2. Vorsitzende)

Geschäftsstelle
Altenceller Weg 58, 29331 Lachendorf
Telefon 05145-284289
E-Mail: info@greenbirth.de

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