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Die Rolle sozialer Medien für die Gezi-Proteste in der Türkei

AutorKerstin Kyra Wagner
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl80 Seiten
ISBN9783958504608
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Das Ziel dieser Studie ist es, herauszufinden, welche Rolle soziale Medien für die Gezi-Proteste in der Türkei spielten. Dazu werden unter anderem verschiedene Ansichten über Online-Aktivismus diskutiert und die Ergebnisse einer Online-Umfrage dargestellt, in welcher Protestierende zu der Nutzung sozialer Medien während der Gezi-Proteste befragt wurden. Die Relevanz des Themas ergibt sich in der oft im Zusammenhang mit den Ereignissen um den Gezi-Park erwähnten Nutzung sozialer Medien. Die Proteste um den Gezi-Park in der Türkei begannen am 28. Mai 2013 in Istanbul mit einer gewaltlosen Demonstration von Umweltschützern, die sich gegen ein geplantes Bauprojekt von Ministerpräsident Erdogan richtete. Auf dem Gelände des Gezi-Parks, der direkt an den zentralen Taksim-Platz in Istanbul angrenzt, soll ein Einkaufszentrum gebaut werden, wofür einige Bäume gefällt werden müssen. Die Protestierenden besetzten den Park und übernachteten dort in Zelten. Der Park wird am 31. Mai von der Polizei gewaltsam geräumt. Es kommt zu einem massiven Gebrauch von Tränengas und Wasserwerfern gegen die sich im Park befindenden Menschen. Die Zelte der Demonstranten werden in Brand gesetzt. Nach diesem Einsatz extremer Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten breiten sich Demonstrationen in mehreren türkischen Großstädten aus, die sich zu einem landesweiten Protest entwickeln. Es geht nun nicht mehr ausschließlich um den Erhalt des Parks, sondern es wird gegen die autoritäre Politik der Regierungspartei AKP protestiert. Da die Berichterstattung der offiziellen Medien während der Gezi- Proteste größtenteils der staatlichen Zensur unterlag, vertrauten die Demonstranten dieser nicht mehr. Aus diesem Grund nutzten Protestierende Facebook, Twitter, Youtube und andere soziale Medien.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.3, Menschenrechtsverletzungen während der Proteste: Während der Gezi-Proteste fanden eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen statt, die von Amnesty International in einem Bericht von Oktober 2013 kritisiert wurden. In diesem Bericht nennt Amnesty International unter anderem folgendes: Die Verweigerung des Rechts auf friedliche Versammlung, exzessive Polizeigewalt durch Wasserwerfer, Tränengas und Pfefferspray, Plastikgeschosse und scharfe Munition, inoffizielle Verhaftungen, sexuelle Belästigung und Schläge. Zudem die fehlenden Verhandlungen gegen den Missbrauch von Polizeigewalt, Hindernisse zur Identifizierung von Straftätern, die Umstände der offiziellen Festnahme, der Mangel an effektiven Untersuchungen und Anklagen, Festnahmen, Untersuchungen und Anklagen für die Teilnahme an oder die Organisation von Protesten, Anklagen gegen die Organisatoren von Protesten. Aufgeführt werden in dem Bericht auch Angriffe auf provisorische medizinische Kliniken, Angriffe auf Menschen, die über die Proteste berichtet haben, Protestierenden geholfen oder ihre Rechte verteidigt haben, also unter anderem medizinische Fachkräfte, Anwälte, Journalisten und Nutzer sozialer Medien (Amnesty International 2013: 9-50). 3.4, Traditionelle Medien: In den offiziellen Medien gab es vorerst in den Hauptnachrichtensendern keine Berichte über die Gezi-Proteste. Stattdessen wurden beispielsweise Dokumentationen über Pinguine und Kochsendungen gezeigt (Schmitt 2013). Umso erfolgreicher waren die wenigen kleinen Fernsehkanäle wie Halk TV, Ulusalkanal oder Kanal B, die live und vor Ort berichteten. Ebenso wichtig für Protestierende waren Online-Medien wie unter anderem bianet.org und sendika.org und soziale Medien, dank derer sich die Bewegung spontan ausbreiten konnte (Gündüz 2013: 14). Bereits über die letzten sieben Jahre hinweg hat die AKP-Regierung zunehmend eine Reihe an Taktiken genutzt, um die Medien in ihrer Rolle als Kontrollzentren von Macht zu unterdrücken, unter anderem folgende (Corke et al. 2014: 1): Einschüchterung: Premierminister Recep Tayyip Erdo?an greift häufig Journalisten mit ihrem Namen an, nachdem diese kritische Kommentare über die Regierung geschrieben hatten. In mehreren bekannten Fällen wie denen von Hasan Cemal und Nuray Mert, haben Journalisten ihren Job verloren, nachdem diese öffentlichen Angriffe auf ihre Person stattfanden. Gerichte, die auf der Seite der Regierung stehen, verhängen in diesen Fällen Urteile gegen Journalisten wegen angeblicher Diffamierung für regierungskritische Beiträge (ebd.: 1). Massenentlassungen: Mindestens 59 Journalisten wurden als Gegenschlag für ihre Berichte über die Gezi-Proteste im Sommer gekündigt oder aus ihrem Job gedrängt. Eine weitere Reihe an Entlassungen bekannter Kolumnisten folgte auf ihre Berichte über den Korruptionsskandal im Dezember 2013 (ebd.: 1-2). Aufkaufen oder Entlassung von Medien-Mogulen: Medienkonzerne, die auf der Seite der Regierung stehen, erhalten Billionen in Regierungsverträgen, oft durch Regierungsbehörden, die sich im Büro des Premierministers befinden. Medienkonzerne, die der Regierung kritisch gegenüberstehen, waren in der Vergangenheit immer wieder Zielscheibe für Steuerermittlungen und wurden gezwungen, große Geldsummen zu bezahlen, wie zum Beispiel Do?an Holding14 (ebd.: 2). Abhören: Die Nationale Sicherheitsorganisation hat Journalisten abgehört, die Berichte über die Arbeit der nationalen Sicherheit geschrieben haben (ebd.: 2). Haft: Dutzende von Journalisten bleiben unter sehr weit definierten Anti-Terrorismus-Gesetzen in Haft. Eine Mehrheit der Journalisten in Haft sind Kurden. Einige Analytiker glauben, dass die Regierung diese als Druckmittel in Verhandlungen mit der kurdischen PKK15 nutzt (ebd.: 2).
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