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Keine Posaunen vor Jericho

Die archäologische Wahrheit über die Bibel

AutorIsrael Finkelstein, Neil Asher Silberman
VerlagVerlag C.H.Beck
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl381 Seiten
ISBN9783406655395
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR

Bisher diente biblische Archäologie zum Beweis der Heiligen Schrift. Die beiden international renommierten Archäologen drehen den Spieß um und lassen die Ausgrabungen eine eigene Sprache sprechen. Ihr dramatisch neues, archäologisch fundiertes Bild von der Geschichte Israels zwingt zum Umdenken.
Der Auszug aus Ägypten, die Einnahme Kanaans, das Großreich unter König David und der Tempelbau in Jerusalem unter König Salomon galten lange auch bei den kritischsten Wissenschaftlern als gesichert. Neueste Ausgrabungen, bisher nur Experten bekannt, zeigen ein ganz anderes Bild:
• Den Auszug aus Ägypten gab es ebensowenig wie eine "Landnahme".
• Jerusalem unter David und Salomon war ein größeres Dorf - sicher ohne zentralen Tempel und großen Palast.
• Der Monotheismus hat sich viel später entwickelt als bisher angenommen ...
Das klar und anschaulich geschriebene Buch ist in zwölf Kapitel gegliedert: Auf die Nacherzählung der biblischen Geschichte folgt jeweils die archäologische Spurensuche. Im nächsten Schritt rekonstruieren die Autoren (Israel Finkelstein ist der Direktor des israelischen Instituts Tel Aviv) den tatsächlichen historischen Ablauf, um abschließend zu fragen, wann und warum die Geschichte aufgeschrieben wurde.



Israel Finkelstein, geb. 1949, ist Professor für Archäologie an der Universität Tel Aviv und Leiter eines Grabungsteams in Megiddo. Er wurde 2005 mit dem hochdotierten Dan-David-Preis ausgezeichnet, gehört zu den führenden Archäologen in Israel und gilt als "einer der wichtigsten Innovatoren" (F.A.Z.). Neil Asher Silberman , geb. 1950. Er arbeitet am "Ename Center for Public Archaeology and Heritage Presentation" in Belgien und ist in den USA Mitherausgeber des renommierten Archaeology Magazine.

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Leseprobe

Einleitung: Archäologie und die Bibel


Wie und warum die Bibel geschrieben wurde – und wie sie sich in die so besondere Geschichte des Volkes Israel einfügt –, hängt eng mit der faszinierenden Geschichte einer modernen Entdeckung zusammen. Die Suche hat sich auf ein winziges, auf zwei Seiten von Wüste und auf einer Seite vom Mittelmeer umfangenes Land konzentriert, das im Laufe der Jahrtausende immer wieder von Dürre und beinahe unablässigem Krieg heimgesucht wurde. Verglichen mit den Nachbarreichen Ägypten und Mesopotamien waren seine Städte und Bevölkerung winzig klein. Auch seine materielle Kultur war bescheiden verglichen mit deren Pracht und Extravaganz. Und dennoch entstand in diesem Land ein literarisches Meisterwerk, das sowohl als heilige Schrift als auch als Geschichtsbuch einen beispiellosen Einfluß auf die Zivilisation der gesamten Welt ausgeübt hat.

Mehr als zweihundert Jahre gründliches Studium der Bibel und die immer umfangreichere archäologische Forschung in allen Ländern zwischen Nil sowie Tigris und Euphrat lassen uns heute verstehen, wann, warum und wie die Bibel entstanden ist. Dank eingehender Analyse der Sprache und der verschiedenen literarischen Gattungen der Bibel konnten Wissenschaftler die mündlichen und schriftlichen Quellen identifizieren, auf denen der heutige Text beruht. Gleichzeitig hat die Archäologie ein erstaunliches, beinahe enzyklopädisches Wissen über die materiellen Bedingungen, die Sprachen, Gesellschaften und die historischen Entwicklungen über die Jahrhunderte hinweg beigesteuert, in denen sich die Traditionen des alten Israel im Verlauf von ungefähr sechshundert Jahren – von ca. 1000 bis 400 v. Chr. – allmählich herauskristallisierten. Aber, und das ist am wichtigsten, die aus den Texten gewonnenen Einsichten und die archäologischen Beweise zusammen haben auch geholfen, zwischen der Macht und Poesie des biblischen Textes und den handfesten Ereignissen und Entwicklungen der Geschichte im alten Vorderen Orient zu unterscheiden.

Seit der Antike war die Welt der Bibel nicht mehr so zugänglich, noch wurde sie je so gründlich erforscht. Dank archäologischer Ausgrabungen wissen wir, welche Feldfrüchte die Israeliten und ihre Nachbarn anbauten, was sie aßen, wie sie ihre Städte anlegten und mit wem sie Handel trieben. Dutzende von in der Bibel erwähnten Städten und anderen Ortschaften wurden freigelegt und identifiziert. Mit modernen Ausgrabungsmethoden und einer Vielfalt von Labortests hat man die Zivilisationen der Israeliten und ihrer Nachbarn, der Philister, Phöniker, Aramäer, Ammoniter, Moabiter und Edomiter, datiert und analysiert. In einigen wenigen Fällen wurden Inschriften und Siegel entdeckt, die man direkt mit in der Bibel erwähnten Personen in Verbindung setzen kann. Das soll aber nicht heißen, daß die Archäologie die Wahrheit des biblischen Textes in allen seinen Einzelheiten bewiesen hat. Weit davon entfernt! Offensichtlich haben sich viele Ereignisse der biblischen Erzählung nicht in der beschriebenen Zeit oder Weise zugetragen. Einige der berühmtesten Ereignisse haben nie stattgefunden.

Mit Hilfe der Archäologie können wir die Geschichte, die hinter der Bibel steht, sowohl auf der Ebene großer Könige und Königreiche als auch im Alltagsleben rekonstruieren. Und wie in den kommenden Kapiteln noch zu erklären sein wird, weiß man heute, daß die ältesten Bücher der Bibel und ihre berühmten Erzählungen über die frühe israelitische Geschichte an einem einzigen Ort und zu einer bestimmten Zeit kodifiziert (und in entscheidenden Punkten verfaßt) wurden: in Jerusalem im 7. Jahrhundert v. Chr.

Was ist die Bibel?


Vorab einige grundlegende Definitionen. Wenn wir von der Bibel sprechen, bezeichnen wir damit die Sammlung heiliger Schriften des antiken Judentums, die Christen als das Alte Testament bekannt ist. Sie wird neuerdings oft auch als «Hebräische Bibel» bezeichnet. Es handelt sich um eine Sammlung von Sagen, Gesetzen, Dichtung, Prophezeiungen, Philosophie und Geschichte, fast ausschließlich auf Hebräisch verfaßt (mit einigen wenigen Texten in einem abweichenden semitischen Dialekt, dem Aramäischen, das nach 600 v. Chr. die Lingua franca im Vorderen Orient wurde). Sie besteht aus 39, ursprünglich jeweils einem Thema oder Verfasser zugeteilten Büchern – oder richtet sich bei längeren Büchern wie dem 1. und 2. Buch Samuel, dem 1. und 2. Buch der Könige und dem 1. und 2. Buch der Chronik nach der genormten Länge einer Schriftrolle aus Pergament oder Papyrus. Die Hebräische Bibel ist die zentrale Schrift des Judentums, als Altes Testament der erste Teil des christlichen Kanons, ferner in der Wiedergabe des Koran eine reiche Quelle von Anspielungen und ethischen Lehren im Islam. Die jüdische Tradition gliedert die Bibel in drei Hauptteile (Tabelle 1).

Tabelle 1: Die Bücher der Hebräischen Bibel

Zur Tora – auch bekannt als die fünf Bücher Mose oder der Pentateuch («fünf Bücher» im Griechischen) – gehören Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri und Deuteronomium. Darin wird die Geschichte des Volkes Israel seit der Erschaffung der Welt berichtet: die Sintflut, die Geschichte der Erzväter, der Auszug aus Ägypten, der Zug durch die Wüste und die Gabe des Gesetzes am Sinai. Die Tora endet mit Moses Abschied vom Volk Israel.

Der nächste Teil, die Propheten, besteht aus zwei Gruppen. Die Vorderen Propheten – Josua, Richter, das 1. und 2. Buch Samuel und das 1. und 2. Buch der Könige – erzählen die Geschichte des Volkes Israel, angefangen mit dem Zug durch den Jordan und der Einnahme Kanaans, gefolgt vom Aufstieg und Niedergang der israelitischen Königreiche, ihrer Eroberung durch Assyrer und Babylonier und dem Exil. Die Hinteren Propheten enthalten Orakel, soziale Mahnungen, harte Verurteilungen und messianische Hoffnungen, die über einen Zeitraum von etwa dreihundertfünfzig Jahren, zwischen der Mitte des 8. und dem Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr., von einer in sich sehr unterschiedlichen Gruppe inspirierter Menschen verfaßt wurden.

Die Schriften schließlich enthalten eine Sammlung von Predigten, Gedichten, Gebeten, Sprichwörtern und Psalmen. Sie bilden den eindrücklichen, machtvollen Ausdruck der Hingabe des gewöhnlichen Israeliten in Zeiten der Freude oder der Not, von Verehrung und persönlicher Besinnung. In den meisten Fällen ist es ungemein schwierig, sie bestimmten historischen Ereignissen oder Verfassern zuzuschreiben. Sie sind eher das Ergebnis eines fortdauernden literarischen Prozesses, der sich über Hunderte von Jahren erstreckte. Wenngleich der älteste Stoff in dieser Sammlung (Psalmen und Klagelieder) vermutlich schon in der späten Königszeit oder kurz nach der Zerstörung Jerusalems 586 v. Chr. verfaßt worden sein dürfte, ist der Großteil dieser Schriften wahrscheinlich sehr viel später, vom 5. bis zum 2. Jahrhundert v. Chr., in persischer und hellenistischer Zeit, entstanden.

Das vorliegende Buch untersucht die wichtigsten «historischen» Bücher der Bibel, insbesondere die Tora und die Vorderen Propheten, die vom Volk Israel von seinen Anfängen bis zur Zerstörung des Tempels in Jerusalem im Jahr 586 v. Chr. berichten. Die biblische Darstellung wird mit der Fülle archäologischer Daten verglichen, die im Verlauf der letzten Jahrzehnte gesammelt wurden. Als Ergebnis entdeckt man eine faszinierende, komplexe Beziehung zwischen dem, was sich im Land der Bibel während der biblischen Zeit (soweit das nachvollziehbar ist) tatsächlich zugetragen hat und den wohlbekannten Einzelheiten der sorgfältig ausgearbeiteten Geschichtserzählung, die die Bibel enthält.

Von Eden bis Zion


Kernstück der Hebräischen Bibel ist das Epos über den Aufstieg des Volkes Israel und seine kontinuierliche Beziehung zu Gott. Im Gegensatz zu anderen alten nahöstlichen Mythen wie den ägyptischen Erzählungen von Osiris, Isis und Horus oder dem mesopotamischen Gilgamesch-Epos ist die Bibel in der irdischen Geschichte gegründet: Sie bietet ein göttliches Drama, das vor den Augen der Menschheit aufgeführt wird. Wiederum im Gegensatz zu den Geschichtsdarstellungen und Königschroniken anderer Staaten des alten Vorderen Orients rühmt sie nicht nur die Macht der Tradition und der herrschenden Dynastien. Vielmehr bietet sie einen komplizierten und doch klaren Ausblick, warum sich die Geschichte für das Volk Israel – und gleichzeitig auch für die gesamte Welt – auf eine Weise entfaltet hat, die direkt mit Gottes Forderungen und Verheißungen zusammenhängt. Das Volk Israel spielt in diesem Drama die Hauptrolle. Durch sein Verhalten und das Befolgen von Gottes Geboten bestimmt es die Richtung, in der die Geschichte verläuft. Es hängt vom Volk Israel ab – aber auch von allen, die die Bibel lesen –, die Geschicke der Welt zu bestimmen.

Die biblische Geschichte beginnt mit dem Garten Eden und fährt fort mit den Geschichten von Kain und Abel, von der Sintflut und von Noah, um sich schließlich auf das Schicksal einer einzigen Familie – derjenigen Abrahams – zu...

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