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Nein, ich esse nicht! Therapie und Folgen von Magersucht

Therapie und Folgen von Magersucht

AutorIrene Ballmann, Janet Haertle, Larissa Schott
VerlagScience Factory
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl135 Seiten
ISBN9783656451785
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Von der Diät bis zur Magersucht ist es ein kurzer Weg. Viele junge Frauen sind von der Krankhaft betroffen. Allerdings gibt es auch immer mehr Männer, die dem Schlankheitswahn verfallen. Die Ursachen sind vielschichtig, besonders ausschlaggebend sind die Einflüsse von Gesellschaft und Familie. In diesem Buch werden die Folgen der Krankheit detailliert analysiert und unterschiedliche Therapieverfahren vorgestellt. Aus dem Inhalt: Auslöser und Ursachen der Magersucht, Gesellschaftliche Einflüsse, Familiäre Einflüsse, Körperliche Folgen, Psychische und soziale Folgen, Psychotherapeutische Verfahren, alternative Behandlungsmethoden, Psychopharmakotherapie, Magersucht bei Männern.

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Leseprobe

Auslöser und Ursachen der Magersucht


Auslöser der Magersucht


Es ist sehr wichtig für die Betroffenen die Auslöser und die Ursachen zu kennen, die die Magersucht hervorgerufen haben, denn nur wenn man über diese Bescheid weiß, kann man die Magersucht bekämpfen und auf Veränderungen hinarbeiten. Es gibt jedoch viele verschiedene Faktoren, die dabei eine Rolle spielen und sich gegenseitig beeinflussen. Die nachfolgende Übersicht zeigt die unterschiedlichen Ursachen und die Abbildung verdeutlicht, dass vor allem gesellschaftliche, familiäre, aber auch biologische Einflüsse ausschlaggebend sind.

(Quelle: http://www.magersucht-online.de/ursachen.htm)

Die unterschiedlichsten Erlebnisse können die Essstörung auslösen. Einerseits können sie durch Gewichtsprobleme auftreten. Bei Gewichtsproblemen beginnen viele Menschen eine Diät und die Diäten sind zum Beispiel ein Auslöser für die Magersucht. Diäten werden in vielen Fällen begonnen, um „ein vom herrschenden Schlankheitsideal vorgegebenes Wunschgewicht zu erreichen […]“ (Baeck 1994, S. 9; Auslassung: J.H.). Da Diäten aber anstrengend und oftmals nicht sofort der gewünschte Gewichtsverlust eintritt, werden diese wieder abgebrochen. Es werden weitere Diäten ausprobiert und erneut abgebrochen. Dies kann zu Frust führen. Einige Mädchen und junge Frauen entscheiden sich anschließend dafür, freiwillig auf Nahrung zu verzichten, auf Abführmittel zurückzugreifen oder sie probieren es mit Appetitzüglern. Dies scheint der einfachere, der schnellere Weg zu sein, um das Gewicht zu reduzieren (vgl. Baeck 1994, S. 9 f.).

Neben der Diät können auch Neckereien von Freunden bezüglich der Figur, die Ablösung von den Eltern in der Pubertät, die Scheidung der Eltern, die Geburt eines eigenen Kindes, der Verlust oder der Tod von nahestehenden Personen, Probleme in der Schule, im Studium oder im Beruf oder die Entscheidung für einen Beruf oder einen Studiengang weitere Auslöser für die Magersucht sein (vgl. Karren 1986, S. 35).

Ein einschneidendes Ereignis für viele junge Menschen ist der Schulabschluss, wie zum Beispiel das Abitur. Die Schulzeit verläuft sehr geregelt und geordnet ab, man hat feste Aufgaben, die man erfüllen muss, und ein klares Ziel vor Augen. Dies trifft nach dem Abitur nicht mehr zu, denn man muss große Entscheidungen treffen und die Initiative ergreifen und sich für einen Beruf oder einen Studiengang entscheiden. Man braucht neue Ziele. Dies führt zu Unsicherheit und Angst. Heutzutage wird die Angst durch die Ausbildungssituation und die Lehrstellenknappheit verstärkt und dieses einschneidende Ereignis kann ebenfalls die Magersucht auslösen (vgl. Gerlinghoff 1992, S. 94).

Ein weiterer Auslöser ist der sexuelle Missbrauch und sexuelle Gewalterfahrungen. „Sexueller Mißbrauch zählt zu den Kindesmißhandlungen, ist Macht- und Gewaltausübung, Verrat und Vertrauensmißbrauch“ (Gerlinghoff 1996, S. 31). Ungefähr 50 % von allen Jungen und Männern, Mädchen und Frauen, die an einer Essstörung leiden, sind Opfer von sexuellem Missbrauch. Dieses Trauma wird häufig jahrelang verdrängt und hat verheerende Folgen und dazu gehört auch die Magersucht (vgl. Baeck 1994, S. 11). Es gibt Familien, in denen ein Risiko für sexuellen Missbrauch höher ist. Diese Familien isolieren sich von der Umwelt und es gibt keine Grenzen unter den Familienmitgliedern. Weitere Merkmale dieser Familien sind das Leugnen von Intimitäten, das Fehlen von Individualität oder eine unglückliche Ehe. Die Töchter gelten als Partnerersatz für die Väter und die Kinder tun alles, um die Erwartungen der Eltern zu erfüllen. In vielen Fällen fühlen sich die Opfer schuldig, obwohl nur der Erwachsene für den Missbrauch verantwortlich ist (vgl. Gerlinghoff 1996, S. 30-33).

Alles in allem gibt es viele verschiedene Ereignisse und unvorhersehbare Faktoren, die diese Sucht auslösen können. Um die Magersucht letztendlich besiegen zu können, müssen die Betroffenen den Ursachen auf den Grund gehen. Nur so können sie ihre Situation verändern und geheilt werden.

 

Gesellschaftliche Einflüsse


Die Gesellschaft hat einen großen Einfluss auf die Menschen. Magersucht kann nur dort auftreten, wo Nahrungsmittel keine Mangelware, sondern im Überfluss und zu jeder Zeit zur Verfügung sind, denn Magersucht bedeutet ein freiwilliger Verzicht auf Nahrung und kein hungern, wie es in den Entwicklungsländern der Fall ist.

In unserer Gesellschaft werden Frauen mit Übergewicht negativ bewertet. Heutzutage muss die Frau schlank sein, um als attraktiv zu gelten. Täglich sieht man im Fernsehen oder auf Plakaten hübsche, dünne Frauen, die für Erfolg stehen und man kann diesen Einflüssen so gut wie gar nicht mehr aus dem Weg gehen. In den Köpfen hat sich eingeprägt, dass man von allein erfolgreich wird, sowohl privat als auch beruflich, wenn man nur schlank ist. Die Betroffenen beginnen darauf zu achten, was sie essen, und sie zählen akribisch die aufgenommenen Kalorien. Ihnen geht folglich ein gesundes und normales Essverhalten verloren (vgl. Harland, Siegel 1996, S. 30). In den Medien wird viel über Magersucht berichtet und dadurch wird zwar das Problem aufgedeckt, jedoch gibt es dabei einen negativen Aspekt. Einige eifern diesen Beispielen nach und werden durch die Medien erst auf die Idee gebracht, dass man sehr viel in sehr schneller Zeit abnehmen kann, wenn man freiwillig auf die Nahrung oder bestimmte Mahlzeiten verzichtet (vgl. Harland, Siegel 1996, S. 32).

Des Weiteren spielen gesellschaftliche Zwänge bei der Entstehung der Anorexie eine große Rolle. Heutzutage ist es in unserer Gesellschaft normal, wenn Frauen mit dem Essen aufhören, obwohl sie noch nicht satt sind. Sie führen Diäten durch, anstatt zu essen, wenn sie Hunger haben. Die wenigsten wählen Nahrungsmittel, die sie gerne essen oder auf die sie Appetit haben, sondern sie achten darauf, dass sie nicht allzu viele Kalorien aufnehmen. Frauen assoziieren in der heutigen Zeit Erfolg mit einer schlanken Figur. Wenn man beruflich nicht so erfolgreich ist wie erwartet, versuchen die Betroffenen auf einer anderen Ebene die Beste zu sein, sie wollen eine perfekte Figur. Dies trifft besonders auf Frauen zu, die ein geringes Selbstwertgefühl haben. Die Betroffenen werden in ihrem Verhalten bestätigt, wenn sie Lob und Anerkennung für die Gewichtsreduzierung erhalten. Jedoch entspricht dieses Schönheitsideal, was sich in den Köpfen vieler junger Mädchen und Frauen eingeprägt hat, nicht der Realität. Seit den 1950er Jahren hat sich das Durchschnittsgewicht in den Industrieländern erhöht (vgl. Harland, Siegel 1996, S. 38 f.).

Ein Grund, weshalb es immer mehr Betroffene von Essstörungen gibt, sind die geänderten Lebensanforderungen. Das Bild der Frau hat sich in der Gesellschaft verändert. Früher war die Frau für die Erziehung der Kinder und für den Haushalt verantwortlich. Die Ausbildung war eher nebensächlich. Heutzutage sind viele Frauen selbstständig und unabhängig und stehen in so gut wie allen Lebensbereichen in Konkurrenz zu den Männern. Auf der einen Seite sollen die Frauen Wärme, Herzlichkeit und Einfühlungsvermögen zeigen und auf der anderen Seite sollen sie erfolgreich, unabhängig und selbstständig sein. Die Betroffenen geraten in einen Konflikt, denn sie wollen sowohl den traditionellen als auch dem modernen Bild entsprechen. Es wird teilweise viel erwartet von Mädchen und Frauen und wenn sie die Konflikte und Probleme nicht lösen können, flüchten sie sich in die Magersucht (vgl. Harland, Siegel 1996, S. 33).

 

Soziale Schicht

Die Magersucht war früher ein Problem der Mittelschicht, hat sich heute jedoch über alle sozialen Schichten ausgebreitet. Das Wertesystem des Mittelstandes spielte eine große Rolle und Geld und Besitz waren entscheidend, denn das „Geld ist der sichtbare Gradmesser ihrer Leistung, der etwa in Form eines Hauses der Umwelt präsentiert werden kann“ (Gerlinghoff 1996, S. 26). Für die Eltern der Mittelschicht war es früher besonders wichtig, dass ihre Kinder eine gute Schulausbildung erhalten, ein Leistungsdenken stand im Vordergrund und sie waren um einen sozialen Aufstieg bemüht. In der heutigen Zeit streben die meisten Eltern aus allen Schichten für ihre Kinder den bestmöglichen Schulabschluss an und sie erwarten von ihren Kindern gute bis sehr gute Leistungen, die jedoch nicht alle erfüllen können. Insbesondere diejenigen, die ein geringes Selbstwertgefühl aufweisen, haben Selbstzweifel und können mit Essstörungen reagieren (vgl. Harland, Siegel 1996, S. 44).

 

Bildung

Anorektikerinnen haben einen sehr hohen Bildungsstand und sind sehr erfolgsorientiert. Sie wollen den Erwartungen ihrer Eltern entsprechen und sie definieren sich über ihre Leistung. Viele Magersüchtige sind Klassenbeste. Die Betroffenen haben ein geringes Selbstwertgefühl und durch ihre Leistungen wollen sie Anerkennung bekommen, jedoch fühlen sie sich anderen gegenüber weiterhin minderwertig, auch wenn sie sehr gute Leistungen erbringen. Sie können nicht stolz sein auf das, was sie erreichen. Sie wollen perfekt sein (vgl. Harland, Siegel 1996, S. 45). Eine Therapeutin schildert über einen Fall Folgendes:

Jeannette hatte sich bereits nach zwei Jahren bis an die Grenze gehungert, an der akute Lebensgefahr besteht. […] Jeannette kam um 14 Uhr zu einem Gespräch zu mir. Bis 13 Uhr hatte sie eine mehrstündige Klausur geschrieben, die später mit der Note 1 bewertet wurde. In dem Gespräch war sie dann nicht mehr in der Lage, genaue Angaben zu ihrer Person und Vorgeschichte zu machen. […] Ich brach das Gespräch nach kurzer...

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Inhaltsverzeichnis
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