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E-Book

Sind Frauen die besseren Mörder?

Spektakuläre Fälle einer Gerichtspsychiaterin

AutorSigrun Roßmanith
VerlagAmalthea Signum Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl190 Seiten
ISBN9783902862747
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,49 EUR
Eine Reise in die Abgründe der weiblichen Seele Frauen sind die besseren Mörder, aber nicht die schlechteren Menschen. Sie töten raffinierter, kreativer und entschlossener, aber sie sind nicht böser als Männer. Dieses Buch ist eine tiefenpsychologische Reise in die Abgründe der weiblichen Seele. Gerichtspsychiaterin Dr. Sigrun Rossmanith, die auch prominente Mörderinnen untersucht hat, zeigt, wen und warum Frauen töten und wie sie dabei vorgehen. Oft haben Frauen, die töten, eine lange Opfergeschichte, sei es durch sexuellen Missbrauch oder häusliche Gewalt. Der Tatort ist zumeist Beziehung und Familie. In spannenden Fallgeschichten aus ihrer Praxis gibt die Autorin Einblicke in den bizarren Alltag von Mord und Totschlag und berichtet über ihre außergewöhnlichen Begegnungen mit Täterinnen. Dabei wird klar: Das ganz normale Böse könnte in jeder von uns stecken, und damit auch eine potenzielle Mörderin.

Sigrun Roßmanith, Dr., ist Fachärztin für Psychiatrie, psychotherapeutische Medizin und Neurologie, außerdem hat sie Psychologie und Soziologie studiert. Als Gerichtsgutachterin hat sie mehr als dreitausend Fälle untersucht. Sie ist verheiratet, Mutter dreier Kinder und arbeitet in ihrer Privatpraxis in Wien.

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Leseprobe

Antwort


Nichts fürchtet der Mensch mehr,
als die Berührung durch Unbekanntes.
Man will sehen, was nach einem greift,
man will es erkennen oder zumindest einreihen können.
Überall weicht der Mensch der Berührung durch Fremdes aus
.

Elias Canetti

Ein Buch muss einen Spannungsbogen haben, hat man mir gesagt. Der soll mit dem ersten Satz beginnen und sich bestenfalls erst mit dem letzten wieder schließen, hat man mir erzählt. Man darf nichts zu früh verraten und nichts zu spät erklären. So gesehen ist es vermutlich nicht im Sinne der Dramaturgie, dass ich schon jetzt die alles entscheidende Frage beantworte. Ja, Frauen sind die besseren Mörder.

Deshalb sind sie nicht die schlechteren Menschen. Sie sind aber auch nicht die besseren.

Frauen sind nicht bösartiger als Männer. Aber sie sind raffinierter und entschlossener, wenn es darum geht, jemanden umzubringen. Sie sind flexibler und einfallsreicher. Sie sind geduldiger und vollkommen unauffällig. Viele werden mit einem Tötungsdelikt zum ersten Mal straffällig, ausgenommen süchtige und verwahrloste Frauen, die in einem Gewaltmilieu aufgewachsen sind. Andere wiederum planen ihr Verbrechen genau. Fehlende Körperkraft ersetzen sie durch mehr Kreativität. Oft machen sie ihr Opfer wehrlos, bevor sie es attackieren und töten. Dann haben sie ein leichtes Spiel. Wenn es darauf ankommt, hat das schwache Geschlecht ungemeine Stärke. Die Beschreibung von Frauen als Mörderinnen soll dabei keineswegs an die über die Jahrhunderte so beliebte Diffamierung des weiblichen Geschlechts anschließen.

Es geht hier nicht um die Verunglimpfung von Frauen, nicht um die Hinrichtung der weiblichen Seele.

Das hat die Geschichte oft genug und mit nicht nachlassender Begeisterung erledigt. Immer wieder hat man Frauen als hinterhältig, durchtrieben, boshaft und gemein dargestellt. Immer wieder hat man sie bloß für ihre Fähigkeiten, einfach für ihre effiziente Überlebensausstattung bestraft. Und so ganz sind wir heute noch nicht darüber hinweg. Nicht nur das Christentum prägte ein masochistisches Frauenbild in einer patriarchalen Welt. Auch die Psychoanalyse beschritt diesen Weg.

Die Feministinnen haben ihr Geschlecht schließlich aus ihrer Abhängigkeit erlöst. Gleichzeitig nahmen sie damit aber auch etwas weg. Die Emanzipation hat der Frau ihre dunkle Seite genommen, der Schweizer Psychiater C. G. Jung nannte diesen Teil der Persönlichkeit den Schatten. Die dunklen Anteile ihrer Seele wurden nach außen, auf die Männer, verlagert. Quasi um das Böse abzuschieben, zu vermeiden. Damit mutierte das ehemals schwache zum starken Geschlecht, und der Mann wurde in den femininen Schattenwinkel verwiesen.

Friedfertige Frauen, wie sie der Feminismus hervorbrachte, sind nicht stark, sie sind schattenlos. Starke Frauen haben Zugang zu ihrer hellen und zu ihrer dunklen Seite. Sie kennen beide. Sie spüren beide. Sie akzeptieren beide. Nun, da die dunkle Seite, das Böse sozusagen, auf die Männer projiziert war, stand man bald einem zwischengeschlechtlichen Kollateralschaden gegenüber. Viele waren vom Feminismus begeistert und haben gesagt: Endlich passiert etwas, endlich setzt sich jemand für die Rechte der Entrechteten ein. Keine Frage, die Frauenbewegung hat viel erreicht. Aber sie hat auch viele Männer k.o. geschlagen. Als sie wieder aufstanden, waren sie überangepasste Muttersöhnchen, die sich für ihre Stärke entschuldigten und ihre maskulinen Züge versteckten. Es entstand ein Typ Mann, den kaum eine Frau will. Ein Mann, der seinen Mann nicht stehen kann. Auch wenn Frauen vorgeben, sanfte Männer zu bevorzugen, verachten sie im Grunde die, die schwach sind. Immer wieder kommen Klientinnen in meine Praxis, die sich genau darüber beklagen. Und Männer, die nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen. Nebenwirkung: Potenzstörung.

Die Rollen haben sich also geändert. Es gibt Männer, die dem eigenen Stereotyp gar nicht mehr entsprechen. Und Frauen, die alle Vorurteile widerlegen. Und es gibt Frauen, die töten. Ihren Partner, die Freunde, die Eltern, die Kinder. Die meisten Täterinnen sind Konfliktmörderinnen, die zu ihren Opfern eine enge Beziehung haben. Der häufigste Tatort ist die Familie. Das am häufigsten verwendete Tatwerkzeug ist das Messer. Auch diverse Haushaltsgegenstände werden gerne benutzt. Und immer öfter begehen Frauen ihre Morde auch mit Schusswaffen. Wenn es um Untreue geht, töten sie eher den Geliebten als die Rivalin. Ein Beispiel für die tödliche Kreativität: Eine betrogene Frau aus Asien küsste ihren Partner innig und schob ihm dabei eine Zyankalikapsel in den Mund, die er schlucken musste. Sie verschränkte die Liebeshandlung mit dem Mord.

Im Vergleich der Geschlechter zeigt sich auch, dass Frauen zwar die kreativeren Mörder sind, aber lange nicht so fleißig. Männer töten etwa zehn Mal öfter. Was nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass auch Frauen zu brutaler Gewalt fähig sind. In der internationalen Literatur gehen Mörderinnen fast komplett unter. Auch in der Kriminalstatistik der UNO wird ihnen eher Platz als Opfer denn als Täterinnen eingeräumt. Man könnte die weibliche Gewalt geradezu übersehen, und es schleicht sich der Gedanke ein, dass man das mordende Weibliche verschleiern wolle. Frauenrechtler argumentieren, die Verbrechen würden stets aus dem Zusammenhang gerissen und Berichte darüber nur männliche Aggression rechtfertigen. Und doch gibt es Untersuchungen, die zeigen, dass zum Beispiel häusliche Gewalt von Männern und Frauen ausgeübt wird. Zu gleichen Teilen. Solche Ergebnisse werden oft als polemisch oder frauenverachtend abgewinkt. Ansinnen dieses Buches ist das nicht.

Ein vorurteilsfreier Blick auf die weibliche Gewalt, genauer gesagt: auf die körperlich angewandte, weibliche Gewalt. Den soll dieses Buch vermitteln. Die bekannte, weithin unbestrittene Domäne der Frauen ist die emotionale Gewalt. In diesem Fach sind sie Meister. Sie töten mit Blicken und Bevormundungen, mit Nörgeleien und Vorwürfen, mit Verweigerung, mit Schweigen und mitunter auch mit endlosem Kinderwunsch. Sobald die Gewalt physisch wird, sucht man den Auslöser meistens woanders. Als würden Frauen nie von sich aus aktiv. Als würden sie sich nur immer selbst verteidigen. Es mag ein jahrelanges Martyrium, eine Spirale der Demütigung, mit einem Mord enden. Bis dass der gewaltsame Tod sie scheidet. Aber Frauen können durchaus auch kräftig zuschlagen, wenn sie töten. Sie tun es seltener als Männer. Sie haben weniger Kraft als Männer. Aber sie sind nicht weniger grausam oder brutal.

Es gibt Frauen, die morden, weil sie von ihren Gefühlen übermannt werden. Wenn sie in Rage sind. Gerade in Suchtbeziehungen ist das oft der Fall. Aber üblicherweise sind sie nicht alkoholisiert, wenn sie jemanden umbringen. Zum Töten müssen sie sich keinen Mut antrinken. Die, die den Mord planen, machen sich ganz schnell ein Bild von ihrem Opfer. Sie scannen es sozusagen. Sie machen sich mit den Umständen vertraut. Und sie warten auf eine günstige Gelegenheit. Im Warten sind Frauen geübt, Warten gehört zum Leben einer Frau.

Mitunter engagieren sie einen Auftragskiller, vielleicht sogar noch vom ahnungslosen Opfer bezahlt. Ein Ehepaar hob gemeinsam Geld ab. Für eine neue Küche, wie er dachte. Für den Mann, der ihn töten würde, wie sie wusste. Unter dem Vorwand eines Verkehrsunfalles stoppte der Killer das Paar dann im Auto. Als der Ehemann ausstieg, um zu helfen, schoss er ihn in den Kopf. Der Mann verstarb an der Unfallstelle, die Ehefrau half dem Killer, die Leiche zu zerstückeln und in Plastiksäcke zu verpacken. Sie hatte das Gefühl, er habe es verdient. Jahrzehntelang hatte er sie geschlagen. Sie hatte die Tat in der Fantasie durchgespielt. Sie hatte den Tag der Erlösung herbeigesehnt. Es war eine gerechte Strafe, sagte sie vor Gericht. Gott kannte ihr Leiden und habe ihr geholfen, es zu beenden. Davon war sie überzeugt.

Viele Gewalttaten und Morde werden innerhalb von Beziehungen begangen. Nach den Gendertheorien morden Männer eher, um die Partnerschaft aufrecht zu erhalten. Frauen töten häufiger, wenn sie sich trennen wollen. Auch die Wiener Eisprinzessin, die zwei ihrer Ex-Partner umbrachte und ihre Leichen einbetonierte, sagte vor Gericht, dass sie die Beziehung beenden wollte, der Partner sie aber nicht losließ. Ihr erstes Opfer erschoss sie, weil er nicht aus der Wohnung ausziehen wollte. Das zweite musste wegen angeblicher Untreue sterben. Er hätte sie tief gekränkt und seelisch verletzt. Sie plante die Bremsschläuche seines Autos zu manipulieren oder einen Gasunfall in der Wohnung zu inszenieren. Der Mann ahnte nichts, annoncierte fröhlich weiter Kontaktanzeigen und traf sie bis ins Innerste. Sie versprach sich Rache, ging zum Schießtraining, stellte sich vor, wie es wohl sein würde, ihren Mann zu ermorden. Jede Handlung, ob gut oder schlecht, hat ihre Vorläufer in der Welt der Fantasie.

Es ist eine Parallelwelt, in der sich die Ungeheuerlichkeiten abspielen. Dort kann man tun, was man will. Da werden...

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