9.Wege zu einer verbesserten Besprechungskultur (S. 175-176)
Mit überkommenen Gewohnheiten brechen
In manchen Besprechungen kann man den Eindruck gewinnen, Zeuge eines uralten Rituals zu sein. Obwohl seit Jahrzehnten neue Erkenntnisse,Methoden und Instrumente für effektive Gruppenprozesse existieren, hat sich an den traditionellen Besprechungsabläufen mancherorts nichts geändert. Folgende Merkmale sind üblich:
■ förmliche Eröffnung mit redseliger Selbstdarstellung des Ranghöchsten
■ mehr oder weniger deutliche Vorgabe des von ihm favorisierten Besprechungsergebnisses
■ lebhafte Zustimmung seitens der angepassten Karrieristen
■ indirekt formulierte Bedenken einiger Vorsichtiger oder polemische Angriffe der Widerspenstigen
■ schwer durchschaubare, zeitraubende Scharmützel zur Durchsetzung von Einzelinteressen
■ vom Leiter verordneter Beschluss oder aus Ratlosigkeit oder falsch verstandenem Harmoniestreben gefundener fragwürdiger Kompromiss
Hier gilt es,manche Besprechungspraktiken kritisch zu überdenken und gelegentlich einmal Neues zu wagen. Vielleicht sollte man beispielsweise entgegen früherer Gewohnheiten
■ bestimmte Besprechungen besser durch einen neutralen Moderator leiten lassen,
■ als Vorgesetzter bei starker Betroffenheit eigener Belange die Gesprächsleitung zwischenzeitlich an einen Mitarbeiter abgeben,
■ am Beginn stets eine zielgerichtete Besprechungsstruktur vorgeben,
■ vermehrt Visualisierungs- und Moderationstechniken einsetzen,
■ sich zeitweilig in Kleingruppen mit speziellen Aufträgen aufteilen und
■ am Schluss die Teilnehmer ein Feedback zum Besprechungsverlauf abgeben lassen.
Die vorigen Kapitel enthalten hierzu zahlreiche weitere Anregungen.
8. Spezielle Besprechungsformen (S. 166-168)
Regeln für formelle Versammlungen
Sowohl in der Politik als auch in Unternehmen und im privaten Bereich gibt es Gremien, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, zum Beispiel des Vereinsrechts, oder aufgrund ihrer Geschäftsordnungen, zum Beispiel Satzungen von Verbänden, regelmäßig oder aus aktuellen Anlässen Besprechungen abhalten. Sie werden im Allgemeinen als Versammlungen bezeichnet und haben nach mehr oder minder strengen Regeln abzulaufen.Hierzu gehören unter anderem:
- ,Abgeordnetenversammlungen
- ,Parteitage
- ,Gesellschafterversammlungen
- ,Hauptversammlungen
- ,Verbandstage
- ,Mitgliederversammlungen
- ,Elternausschusssitzungen
Die hierfür geltenden Grundsätze basieren entweder auf den sogenannten parlamentarischen Regeln, die in Parlamenten verbindlich vorgegeben sind, oder sie sind in den Satzungen beziehungsweise Geschäftsordnungen der Gremien festgeschrieben. Viele der im Folgenden beschriebenen Regeln werden üblicherweise – ohne ausdrücklich vereinbart zu sein – auch in weniger formellen Besprechungen angewendet. Auch in formellen Versammlungen darf die freie Meinungsbildung nicht unnötig eingeschränkt werden. Dennoch ist ein gewisser Rahmen einzuhalten, damit es nicht zu unproduktivem »Palaver« kommt und keine gesetzlichen oder satzungsgemäßen Bedingungen verletzt werden.
Versammlungsleitung
Selbst Versammlungen mit kleineren Gruppen erfordern einen Versammlungsleiter. Entweder gibt die Satzung vor, wer das zu sein hat, oder er wird vom Gremium gewählt. Er kann die Leitung aber auch einer anderen Person übertragen. Zu den Aufgaben des Leiters zählen juristische, ordnende und lenkende Funktionen. Er hat:
- ,für einen gesetz- oder satzungsgemäßen Ablauf und rechtswirksame Beschlüsse zu sorgen,
- ,das Wort zu erteilen oder auch zu entziehen,Abstimmungen zu leiten sowie unsachliche oder verletzende Angriffe und sonstige Ablaufstörungen zu verhindern,
- ,die Diskussion inhaltlich auf die Versammlungsziele hinzulenken.
Der Leiter eröffnet und schließt die Versammlung und hat darüber hinaus das Recht, sie jederzeit zu unterbrechen.
Einladung und TagesordnungUnter welchen Voraussetzungen, in welcher Form und mit welcher Frist einzuladen ist, kann in der Satzung vorgegeben sein. Die Einladung hat unter anderem die Tagesordnung zu enthalten. Es kann den Teilnehmern das Recht eingeräumt werden, innerhalb einer Frist gegen bestimmte Tagesordnungspunkte (TOP) Einspruch zu erheben oder Zusatzanträge zu stellen. Oder es wird vorgesehen, die Tagesordnung erst am Beginn der Versammlung vom Gremium beschließen oder gegebenenfalls ändern zu lassen.
Wortmeldungen
Bei Versammlungen ist es üblich, dass sich die Teilnehmer erst nach Wortmeldungen äußern.Wortmeldungen erfolgen normalerweise durch Handzeichen. Eine andere Variante ist das Hochstellen des Namensschilds. (Das macht es überflüssig, sich immer wieder durch Handzeichen in Erinnerung zu bringen.) In größeren Versammlungen kann es angebracht sein, schon vorher oder zu Beginn schriftliche Wortmeldungen einreichen zu lassen, anhand derer eine Rednerliste aufgestellt wird. Für Geschäftsordnungsanträge melden sich die Teilnehmer durch das Erheben beider Arme und den Zuruf: „Zur Geschäftsordnung!“
Anträge
Anträge sind mündlich oder schriftlich vorgetragene Begehren, die durch Abstimmung des Gremiums zu verbindlichen Vereinbarungen führen sollen. Die Zulässigkeit und Form von Anträgen können in der Satzung beziehungsweise in der Geschäftsordnung verbindlich geregelt sein. Anträge sollen als Aussagesatz und in der Gegenwartsform formuliert sein, zum Beispiel: „Zur Überarbeitung unserer Satzung wird eine Arbeitsgruppe gebildet.“
Anträge zur Geschäftsordnung der Versammlung selbst haben Vorrang gegenüber Sachanträgen. Sie sollen aber den aktuellen Redner nur in dringenden Fällen unterbrechen.