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Werbung und Kultur

AutorNatalie Korobenik
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl141 Seiten
ISBN9783638491440
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Psychologie - Medienpsychologie, Note: 1,0, Freie Universität Berlin, 155 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die für eine internationale Werbestandardisierung relevanten kulturellen Faktoren, nämlich die affektive Bedeutung von Positionierungskonzepten unterschiedlicher kultureller Kreise und Geschlechtsunterschiede wurden bei Rezipienten einer Sprach- und Kulturgemeinschaft anhand der Technik des Semantischen Differentials untersucht. Dafür wurde bei 103 deutschen Probanden konnotative Bewertung der Werbespots russischer, amerikanischer und eigener Kultur sowie die Idealvorstellung von Werbung erhoben und mithilfe von Korrelationen, Euklidischer Distanzwerte, Varianzanalyse, T-Tests und Faktorenanalyse auf die Übereinstimmung untersucht. Die theoretischen Vorüberlegungen konnten empirisch nur partiell unterstützt werden: Ergebnisse zeigen, dass zwar Unterschiede in der Wahrnehmung, die zu einer unterschiedlichen kulturellen Angemessenheit einer Positionierungsidee führen können vorliegen, von der kulturellen Distanz als Indikator für negative Gefühle jedoch nicht generell ausgegangen werden kann. Außerdem konnte ein Einfluß des Geschlechts auf die affektive Bewertung nachgewiesen werden.

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Leseprobe

2.1.1 Psychologische Bedeutung


In die menschliche Wahrnehmung geht ständig und grundsätzlich der ganze Reichtum subjektiver Erfahrung mit ein, eingebettet in die gesamte Persönlichkeitsstruktur eines Menschen einschließlich dessen, was ihm sein Entwicklungsgang sowie seine materielle und kulturelle Umwelt an Sicht- und Denkweisen mitgegeben haben. Beim Wahrnehmen geht der Mensch selektiv vor: bestimmte Gegenstände erlebt er bewußt, wach, aufmerksam, und diese Gegenstände sind für ihn meist hochgradig ausdifferenziert und eben diese Bedeutsamkeit variiert von Kultur zu Kultur (Maletzke, 1996). Schlägt man in einem Konversationslexikon die Seite mit den Flaggen verschiedener Nationen auf, so wird einem Deutschen trotz der wenig prägnanten Gestaltung und der großen Ähnlichkeit mit anderen Flaggen mit überdurchschnittlicher Häufigkeit die deutsche Flagge „ins Auge springen“. Dies ist vor allem auf die Bedeutung zurückzuführen, die sich aus der Sozialisation ergibt (Rosenstiel & Neumann, 1982). Sozialisation hat die Aufgabe, die Bedeutungszuschreibungen zu vereinheitlichen und geteilte Bedeutungen herzustellen und diese gemeinsamen Deutungsmuster und das Hintergrundwissen strukturieren die Wirklichkeit und kanalisieren die Gefühle (Ulich & Kapfhammer, 1991).

Für die werblichen Inhalte ergibt sich daraus die Vermutung, dass sie um so eher beach- werden, je bedeutsamer sie für den einzelnen sind. Die Werbeforschung fragt nach solchen in einer Gruppe (Teenager, Senioren, Europäer etc.) verbreiteten Bedeutungen. Psychologische Bedeutungsforschung versteht unter Bedeutung eines Reizes „(…) die Wahrnehmung bestimmter, subjektiv als besonders relevant eingestufter Merkmale dieses Reizes seitens der Konsumenten sowie die affektive Reaktion, die der Reiz bei ihnen auslöst“ (Dmoch, 1997, S. 32). „Die psychologische Bedeutung resultiert aus der Wahrnehmung des aktuell dargebotenen Reizes, basiert aber auch auf gespeicherten Informationen, die auf vergangene Wahrnehmungsvorgänge zurückzuführen sind. Dieses gespeicherte Wissen ist für die gedankliche Einordnung der neuen Informationen ausschlaggebend, denn es bestimmt darüber, welche über den Botschaftsinhalt hinausgehenden gedanklichen Reaktionen der Reiz bei den Empfängern auslöst“ (Kroeber-Riel, 1992b, S. 276). Diese beiden Definitionen betreffen zwei unterschiedliche Komponenten der Bedeutung: die affektive und die assoziative Komponente. Das Modell von Friedmann & Zimmer (1988, vgl. Abb.7) erfasst beide Bedeutungskomponenten zugleich.

II Einführung in die Thematik 26


Assoziative Bedeutung von Werbung liegt in den gedanklichen Assoziationen, die sie bei den Konsumenten auslöst. Assoziationsexperimente erfassen die Bedeutung über die Sprache. Man legt dem Konsumenten Stichworte wie ‚frisch’ oder ‚traditionell’ vor und registriert die von dem Konsumenten spontan geäußerten Assoziationen. Assoziationsnormen beschreiben die Häufigkeiten, mit der eine Gruppe von Konsumenten bestimmte Vorstellungen zu einem Stichwort assoziiert hat (vgl. Tab.: 3).

Tabelle 3: Assoziationsnormen zum Schlüsselwort traditionell


Quelle: Dmoch, 1996, S. 197.

Solche Wortassoziationstests geben Aufschluß über die kulturelle Bedeutung von Kern- sowie das kulturelle Verständnis ihrer sprachlichen und bildlichen Umsetzung in der Werbung und erlauben es, hinter die vordergründige Bedeutung von Worten

II Einführung in die Thematik 27

und Bildern zu schauen und die mit ihnen verknüpfte Erlebniswelt zu ergründen. Der Vergleich von Assoziationsnormen lässt konkrete Bedeutungsähnlichkeiten und - unterschiede erkennen. Dies erlaubt schließlich, die kulturspezifischen Reaktionen auf sprachliche und bildliche Umsetzungen einer Werbebotschaft abzuschätzen (Kroeber-Riel, 1992c).

Dmoch (1997, S. 171ff.) untersucht anhand von Wortassoziationstests, inwieweit Probanden in den Ländern Frankreich, Schweiz und Deutschland unterschiedliche Assoziationen zu emotionalen Kernbotschaften bilden. Als mögliche Einflüsse auf die Bedeutungsähnlichkeit wurden bestimmte Faktoren gesondert geprüft. Das Resultat zeigt, dass weder das Geschlecht, das Alter, die geographische Lage noch die Nationalität, sondern die Sprache und kulturelle Werte wichtige Determinanten sind. Im Vergleich zu deutschsprachigen Schweizer ist die Bedeutungsähnlichkeit der französischsprachigen Schweizern mit den Franzosen größer. Der Grad des Kollektivismus einer Gesellschaft spielt für die Umsetzung eine Rolle: Deutsche assoziieren mehr Personen und Personenelemente mit einem emotionalen Erlebnis als die Franzosen, die vergleichsweise eine stärkere Tendenz zum Individualismus aufweisen (vgl. Kap. 2.3). Die Ergebnisse der Assoziationstests, die mit französischen und deutschen Studenten durchgeführt wurden, zeigen, dass Kernbotschaften, die sich auf Länder, Gebiete und Jahreszeiten beziehen, höhere Bedeutungsähnlichkeiten aufweisen als andere Kernbotschaften (Dmoch, 1997, S. 243). Nur eine geringe Anzahl von Erlebniswerten wird kulturunabhängig mit gleichen Gestaltungselementen assoziiert. Sein Fazit: eine gestalterische Harmonisierung ist nicht unmöglich, jedoch schwerer zu realisieren als die des Erlebnisinhaltes. Müller (1997) führt Assoziationstests mit amerikanischen, deutschen und französischen Studenten durch und kommt zu dem Ergebnis, dass eine standardisierte Gestaltung der Werbung nicht möglich ist. Seine Testergebnisse zeigen große Unterschiede der interkulturellen Assoziationen hinsichtlich diverser Positionierungskonzepte. Was sich jedoch mit den europäischen Vorstellungen deckte, betraf landesspezifische Gebäude wie „Big Ben“ oder „Tower“. Festgestellt wurden ebenfalls ähnliche Assoziationsverläufe zu deutsch und französisch zwischen amerikanischen und französischen Probanden. Müller weist jedoch ein kulturell übergreifendes Verständnis von Länderadjektiven aufgrund anderer bestehender Unterschiede zurück (a.a.O., S. 159f.). Große Differenzen zeigen sich weiterhin bei den Produktattributen. Amerikanische Probanden haben deutlich posi- tivere Assoziationen zu Autos und sprechen ihnen keine ökologische Thematik zu, was

II Einführung in die Thematik 28

für die Deutschen der Grund war, Autos mit negativen Assoziationen zu beurteilen (a.a.O., S. 178).

Im Hinblick auf die Untersuchungsergebnisse ist zu folgern, dass die Gestaltung der Werbebotschaft wesentlich schwieriger als deren Inhalt zu harmonisieren ist und viele Probleme aufwirft, da unterschiedliche Vorstellungen zu gleichen Positionierungskonzepten vorliegen. Die Vermutung liegt nahe, dass eine einheitliche Umsetzung innerhalb Europas leichter als im globalen Rahmen zu realisieren sei, da europäische Assoziationsdaten von Dmoch weniger divergent sind als Assoziationsverläufe der Amerikaner und Deutschen in der Studie von Müller.

Die affektive Bedeutung entspricht den Emotionsdimensionen Intensität und Richtung. Affektive Bedeutung kann zugleich als emotionale Haltung (Einstellung) aufgefasst werden (Kroeber-Riel, 1991, vgl. auch Kap. II 3.2).

Das Semantische Differential (SD) ist sowohl eine Methode der Bedeutungsmessung als auch eine Theorie über die dahinterliegende Bedeutungsart (vgl. Osgoods Mediationstheorie; Osgood, Suci, Tannenbaum, 1957). 26 Im deutschen Sprachraum wurde das SD 1955 von Peter R. Hofstätter als „Polaritätsprofil“ eingeführt und für die Anwendung im Marketing ausgeweitet.

Nach Osgood besteht jedes Konzept (Person, Farbe, Objekt, Erlebnis usw.) aus einem „Kern“, umgeben von einer „Aura“. Diese „Aura“ ist die individuelle Prägung oder Färbung des Konzeptes. Mit dem SD soll nun die Aura eines Konzeptes - also die Eindrucksstruktur oder der affektive 27 Bedeutungsgehalt eines Reizes - quantifiziert werden. Grundgedanke dabei war, dass Gefühle weitgehend sprachgebunden sind und in der Sprache selbst zum Ausdruck kommen. Durch Befragung von Personen zu ihren Assoziationen kann somit die semantische Bedeutung des jeweiligen Begriffs - die „hinter“ dem sprachlichen Ausdruck vermuteten emotionalen Merkmale - ermittelt werden (Friedrichs, 1973).

II Einführung in die Thematik 29

Die Quantifizierung von verschiedenen Reizen passiert nun durch eine unterschiedliche Lokalisation der verschiedenen Auren im semantischen Raum. Die konnotative Bedeutungsähnlichkeit verschiedener Konzepte sollte sich also durch einen Vergleich der SD dieser Konzepte quantitativ feststellen lassen, indem man deren gegenseitige Entfernung im semantischen Raum misst. Die bipolaren Skalen des SD werden als Vektoren abgebildet, dabei wird die Korrelation einzelner Skalen durch den Winkel, in dem sich die Vektoren schneiden deutlich (Pflugfelder & Liepmann, 1997). Zur metrischen Bestimmung der konnotativen Bedeutungsähnlichkeit zweier Konzepte definierten Osgood et al. (1957) das Distanzmaß:

D jk = √∑ (x ij - x ik )², (1)

wobei für die Skalenwerte...

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