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E-Book

Drei Musketiere - Eine verlorene Jugend im Krieg, Band 14

AutorFrank Hille
Verlagepubli
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl126 Seiten
ISBN9783746725932
Altersgruppe18 – 99
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Martin Haberkorn hatte als Einziger den Untergang des Bootes überlebt. Der BdU hatte ihn hoch dekoriert und vor die Wahl gestellt, als Ausbilder in der Flottille zu bleiben, oder als 'Konfirmand' bei einem erfahrenen Kommandanten mitzufahren, um später selbst ein Boot übernehmen zu können. Trotz aller schrecklichen Erlebnisse entscheidet er sich für ein eigenes Boot. Fred Beyer und Günther Weber können sich zufällig mit Haberkorn treffen, da alle Heimaturlaub haben. Wieder zurück bei seiner Einheit erlebt Weber den Durchbruch der Russen bei Belgorod mit und gerät mit seinen SS-Panzergrenadieren in einen Kessel bei Borissowka. Fred Beyers Panzerkompanie wird in aller Eile vom Donez in das Gebiet von Tomarowka verlegt, um die auf Charkow vorstoßenden russischen Verbände abwehren zu können. Martin Haberkorn muss bei der Unternehmung mit dem Boot feststellen, dass die Abwehrkraft der Alliierten noch größer geworden ist. Allen drei noch jungen Männern wird klarer, dass die Überlegenheit der Gegner immer mehr zunimmt.

Frank Hille wurde 1959 geboren und interessiert sich unter anderem für Geschichte. Erzählungen seiner Großeltern über ihre Lebenszeit in Ostpreußen haben ihn inspiriert, eine fiktive Geschichte über die Flucht 1945 von dort und über den Neubeginn in beiden Teilen Deutschlands zu schreiben.

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Leseprobe

Günther Weber, 2. Juli 1943, Ukraine


 

Obwohl es in Richtung Heimat ging war die Stimmung in dem Waggon gereizt. Günther Weber hatte seinen Männern eine lockere Anzugsordnung erlaubt, es war sehr warm. Die meisten der Männer hatten ihre Uniformblusen abgelegt. Zu allem Ärger ließen sich auch viele Fenster in dem Wagen nicht öffnen, so dass sich in dem engen Raum eine Mischung von lange nicht mehr gereinigter Kleidung, ungewaschenen Körpern, miefenden Schweißfüßen und stinkenden Pimmeln ergeben hatte. Webers sexuelle Bedürfnisse waren schon lange in den Hintergrund getreten. Mit seinen 24 Jahren war er theoretisch eigentlich ein Mann in dem Alter, in denen man eine Familie begründete. Nichts lag ihm gegenwärtig ferner als das, er wollte nur noch durchkommen. Seine kurzen Liebschaften vor dem Krieg hatte er lange vergessen. Ihm war auch ziemlich klar, dass er durch seine Erlebnisse wohl kaum noch einem Menschen ohne Misstrauen entgegen treten könnte, sondern gedanklich eher immer die Hand am Pistolenhalfter haben würde, um die Waffe schnell ziehen zu können, und sie dann ohne zu zögern einzusetzen. Er wusste allerdings selbst noch nicht richtig, dass er schon hochgradig gestört war, aber es ging ihm so, wie Hunderttausenden seiner Generation. Diese jungen Männer waren mit dem Bild eines ritterlichen Krieges aus ihren vertrauten Umgebungen, der Familie, den Freunden, ihren Heimatstädten, allem, was sie umgab, und sie gewohnt gewesen waren, in eine Grausamkeit herausgeschickt worden, die ihnen früher unvorstellbar vorgekommen wäre.

 

Jetzt war es ihr Tagesablauf. Sie töteten, um nicht selbst getötet zu werden. Sie hängten Frauen auf. Sie erschossen Greise, alte Männer, die nicht einmal mehr eine Waffe halten konnten. Mit den rasend schnell feuernden MG hielten sie auf Gruppen von angreifenden Gegnern drauf und freuten sich über die vielen Toten. Männer, die sie nicht kannten, und die keine 30 Meter vor ihren Stellungen von den Geschossen zerrissen wurden. Sie hatten sich zumindest angewöhnt, die Sterbenden und Verwundeten dann schnell zu erschießen, weil sie deren Schreie und das qualvolle Stöhnen störten. Selbst nahmen sie die fast täglichen Verluste in den eigenen Reihen als gegeben hin. Insgesamt hatte sich auch eine Einstellung bei Ihnen verfestigt, die einem sauberen Kopfschuss ganz klar den Vorzug vor einer schweren Verwundung gab. Mittlerweile hatten sie erfahren, wie verletzlich der menschliche Körper war und dass es unzählige Möglichkeiten gab, zum Krüppel geschossen zu werden.

 

"Was haben die denn mit uns vor" fragte einer der Soldaten Günther Weber "geht es dann gleich wieder raus? Das können die doch nicht mit uns machen!"

"Jetzt bleib mal ruhig, Hennig. Es gibt den klaren Befehl, dass wir jetzt erst mal gemütlich nach Hause zuckeln, alle dort zwei Wochen Urlaub haben werden und unser Bataillon dann neu aufgestellt wird. Das heißt, du, ich, wir alle, die alten Hasen sozusagen, werden unseren neuen jungen Männern klarmachen, dass es nicht zum Geländespiel mit Kleinkalibergewehren zum Schießen auf Pappkameraden rausgehen wird, sondern die Sache todernst ist. Darum wird es gehen, und wir müssen sie gut vorbereiten. Wir alle wissen, dass die Lage momentan nicht einfach ist, aber die Fabriken in der Heimat laufen auf Hochtouren und es kommen immer bessere Waffen an die Front. Hast du nicht selbst gesehen, wie unsere Panzerleute den Iwan gerupft haben? Na also, irgendwann muss denen doch auch die Luft ausgehen und wir stehen weit in Russland. Mach dir mal keine Gedanken, wir kriegen das schon hin."

 

Er hatte als Kompaniechef neben seinen militärischen Aufgaben auch ganz klar die Verantwortung für die Motivation seiner Männer. Nach den letzten verlustreichen Gefechten und den ausbleibenden Erfolgen waren die Soldaten durchaus entmutigt, und dieses Gefühl würde nicht von einem Tag zum anderen verfliegen. So gesehen war der Befehl zur Auffrischung der Einheit richtig gewesen, und der Urlaub würde auch Erholung bringen. Weber bezweifelte jedoch, dass das Bataillon seine alte Schlagkraft wieder zurückgewinnen würde. Dazu waren zu viele erfahrene Männer gefallen und der Ersatz würde eine viel kürzere Ausbildung haben, als er sie früher erlebt hatte. Dazu kam auch noch, dass die Rote Armee nunmehr zu einer schlagkräftigen Kriegsmaschine herangereift war, die den deutschen Truppen materiell erdrückend überlegen war. Dass es bei den Russen immer noch erhebliche Führungsschwächen gab war bald der einzige Grund, dass sich die Deutschen überhaupt noch im Osten halten konnten. Für Weber stand fest dass die Russen alles daran setzten würden, ihre verlorengegangenen Gebiete zurückzuerobern und es nicht dabei belassen würden, denn ihr Ziel hieß Berlin.

 

Der Zug stoppte plötzlich.

„Was‘ n los“ fragte einer der Männer.

„Na was wohl“ wurde ihn geantwortet „der Iwan hat sicher wieder mal n Stück Gleise in die Luft gejagt. Mist, da werden wir ja noch länger brauchen. Und diese Scheißpartisanen treiben hier im Hinterland fast ungestört ihr Unwesen. Ist doch zum Kotzen!“

Günther Weber erinnerte sich an eine Operation zur Bandenbekämpfung. Für ihn war es vollkommen verständlich, dass der Gegner auch Zivilisten für militärische Aufgaben hinter der Front mobilisiert hatte. Wäre er in so einer Situation wie die Russen gewesen hätte es keine Frage für ihn gegeben, sich auch so einer Einheit anzuschließen, um Anschläge auf den Gegner zu verüben. Das von den Deutschen besetzte Territorium bot dafür ziemlich gute Voraussetzungen, denn die Ausmaße der eroberten Gebiete waren immer noch gewaltig und das Land vieler Orts nur dünn oder gar nicht besiedelt und von großen unüberschaubaren Wäldern geprägt. Im Zuge der Industrialisierung in den 30iger Jahren hatten die Russen vor allem weite Teile des Landes elektrifiziert und Eisenbahnstrecken errichtet. Durch die enormen Dimensionen des Landes waren diese aber vielfach nur einspurig ausgebaut worden und hatten zudem eine andere und zwar breitere Spurweite als diejenige, die in Westeuropa üblich war. Die deutschen Transporte mussten demzufolge an der ehemaligen Grenze aufwendig umgespurt werden. Die Partisanen machten sich natürlich den Umstand zunutze, dass die Besatzer gar nicht in der Lage waren, die Transportwege überall zu schützen und hatten in dieser Hinsicht relativ leichtes Spiel, Teilstücke zu zerstören. Es mussten gar keine besonders langen Strecken sein denn es ging vor allem um die Unterbrechung des Güter- und Personenflusses in beide Richtungen.

 

Günther Weber war mit seiner MPi in der Hand aus dem Waggon geklettert und zur Lok des Zuges gegangen. Einige Offiziere standen bereits dort. Weber sah, dass knapp 20 Meter vor der Zugmaschine zwei kleine Krater in das Gleisbett gerissen worden waren und Schienenstücke bizarr verbogen in die Höhe ragten. Andere Teile waren durch die Explosionen in die Gegend geschleudert worden. Glücklicherweise war der Lokführer aufmerksam gewesen und hatte das zerstörte Stück noch rechtzeitig entdeckt. Der Zug befand sich jetzt auf halber Strecke zwischen Kriwoi Rog und Winniza, also fast genau südlich von Kiew. Die für den Transport vorgesehene Route führte allerdings nicht direkt über Uman und damit auf einer nordwestlich ausgerichteten Linie direkt auf Warschau zu, sondern stieß von Süden her kommend erst auf Kiew vor, um dann wieder in südlicher Richtung auf Winniza abzubiegen. Allein für dieses mehr als 700 Kilometer lange Teilstück waren fast 16 Stunden eingeplant worden. Von Winniza bis Warschau waren noch 800 Kilometer zu bewältigen, von Warschau bis Berlin nochmals 570 zurückzulegen. Da die Eingleisigkeit dazu führte, dass der Zug auch bei planmäßiger Fahrt an Ausweichstellen auf den Gegenverkehr warten musste, waren für die Reise bis Berlin 4 Tage eingeplant worden. Von da aus sollten die SS-Männer allein am 6. Juli in ihre Heimatorte fahren und sich nach gut 14 Tagen, genau am 20. Juli 1943, einem Dienstag, in einer Kaserne in Müncheberg in der Märkischen Schweiz wieder einfinden. Das hatte keine große Begeisterung ausgelöst, denn den Männern war durch Kameraden die die Gegend kannten bekannt geworden, dass das Oderbruch ein öder Landstrich wäre und Müncheberg ein Nest mit nicht einmal 5.000 Einwohnern. Auch war allen klar, dass jegliche Verspätung des Zuges nichts daran ändern würde, dass sie am festgelegten Tag in der Kaserne zu erscheinen hatten. Noch befanden sie sich mit dem Zug tief im besetzten Gebiet und es war keineswegs unwahrscheinlich, dass es weitere Störungen geben würde. Die ohnehin durch die verlustreichen Gefechte erschöpften und gereizten Männer gerieten in eine noch schlechtere Gemütslage und standen jetzt auch vor der Aussicht, lange an dieser Stelle auf die Weiterfahrt warten zu müssen. Obwohl sie über die Kampfpause froh waren wären sie aber am liebsten zu einer Vergeltungsaktion losgezogen, um ihre angestaute Wut loszuwerden. Die Offiziere und Unterführer versuchten die aufgebrachten Männer zu beruhigen, aber die Aggressionen waren deutlich zu spüren.

 

Erst am frühen Nachmittag trafen fünf LKW mit Eisenbahnbaupionieren und Ersatzschienen und –schwellen ein. Man merkte sofort, dass es zum täglichen Geschäft der Männer gehörte, zerstörte Gleisstücke zu reparieren. Jeder Handgriff saß und die auf zwei LKW montierten Kräne leisteten wertvolle Hilfe, so dass in knapp 5 Stunden 20 Meter Strecke wieder instand gesetzt waren. Der Zug rollte vorsichtig über dieses Stück hinweg, dann nahm er wieder Tempo auf. Es waren...

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