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Geschichte von Florenz

Vollständige Ausgabe

AutorNiccolo Macchiavelli
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl496 Seiten
ISBN9783849631093
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Machiavelli blieb zu seiner Zeit wenig anderes übrig, als sich mit der Präsenz der Medici zu arrangieren. Im Auftrag von Kardinal Giulio de' Medici selbst schrieb Machiavelli die Geschichte von Florenz (Istorie Fiorentine). Machiavelli erhielt dafür 100 Florin. In dem Werk beschrieb er die Medici auch positiv, aber geizte nicht mit unterschwelliger Kritik an den damaligen Verhältnissen.

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Leseprobe

 

 

Papst Clemens VII. (Giulio de'Medici).

 

Deckfarbenskizze von Sebastiano del Piombo (um 1485– 1547). Neapel, Nationalmuseum

 

Nachdem Eure Heiligkeit zu einer Zeit, wo Ihr, heiligster Vater, noch in einem minder hohen Range standet, über die durch das florentinische Volk vollbrachten Taten zu berichten mir aufgetragen, habe ich, um diesem Auftrage zu genügen, allen Fleiß und alle Kunst aufgewandt, welche ich durch Natur und Erfahrung erworben. Und da ich nun mit dieser Arbeit zu den Zeiten gelangt bin, wo infolge des Todes des erlauchten Lorenzo de'Medici die italienischen Verhältnisse eine große Umwandlung erlitten; da sodann die nachmaligen Ereignisse, als wichtiger und größer, in höherem Geiste zu schildern sein werden: so habe ich passend erachtet, alles, was ich bis zu jenem Zeitpunkte aufgesetzt, in einem Buche zusammenzustellen und es Eurer Heiligkeit zu überreichen, damit Ihr in einem Teile wenigstens die Früchte Eurer Aussaat und meiner Arbeit zu genießen anfangen möget. Wenn also Eure Heiligkeit dieses Buch liest, werdet Ihr sehen, wie nach der Schwächung der Macht des abendländischen römischen Reiches, unter großem Unglück und unter vielen Herrschern Italien seine politische Gestaltung wechselte. Ihr werdet sehen, wie der Papst, die Venezianer, das Königreich Neapel und das Herzogtum Mailand den ersten Rang und die vornehmste Herrschaft auf der Halbinsel erlangten. Ihr werdet sehen, wie Eure Vaterstadt, durch Zwietracht losgerissen vom Reichsverbande, in Zwietracht zu leben fortfuhr, bis sie unter den Einfluß Eurer Familie kam.

 

Da nun Eure Heiligkeit mir anbefohlen und besonders aufgetragen hat, über die Handlungen Eurer Vorfahren in solcher Weise zu schreiben, daß man sähe, wie Schmeichelei mir fremd, indem unwahres Lob und Absichtlichkeit Euch ebenso zuwider sind, wie Ihr gerne verdientes Lob von den Menschen vernehmt: so befürchte ich, daß bei der Schilderung der Güte des Giovanni, der Weisheit Cosimos, der Demut Pieros, der Hoheit und Klugheit Lorenzos, es Eurer Heiligkeit scheinen dürfte, ich habe Euern Befehl mißachtet. Deshalb entschuldige ich mich bei Eurer Heiligkeit und bei jedem, dem solche Schilderungen, als nicht getreu, mißfallen möchten. Denn da ich die Aufzeichnungen derer, die in verschiedenen Zeiten das Geschehene erzählt haben, voll des Lobes dieser Männer fand, mußte ich solches Lob entweder, wie ichs fand, wiederholen, oder als Neidischer verschweigen. Und wenn unter ihren preiswürdigen Handlungen ein, nach mancher Ansicht, dem allgemeinen Nutzen hinderlicher Ehrgeiz verborgen lag, so liegt mir, der ich diesen nicht erkannt habe, nicht ob, ihn zu schildern. Denn in allen meinen Erzählungen habe ich nimmer eine unehrbare Handlung durch einen ehrbaren Grund bemänteln, noch ein lobenswertes Werk durch eine Hindeutung, als sei's zu schlechten Zwecken geschehen, in Schatten stellen wollen. Wie sehr ich aber Schmeicheleien abgeneigt bin, geht aus allen Teilen meines Geschichtswerkes hervor, besonders aber aus den Reden und Urteilen einzelner, so richtigen wie schiefen, in denen ich, nach Wort und Folge, den Charakter des Redenden treu zu bewahren gesucht habe. Nur vermeide ich allerwärts gehässige Ausdrücke, als wenig übereinstimmend mit der Würde und Wahrheit der Historie. Wer also meine Schriften aus dem richtigen Gesichtspunkte betrachtet, kann mich nicht als Schmeichler tadeln, namentlich wenn er sieht, wie ich von Eurer Heiligkeit Vater wenig gesprochen. Daran war Schuld sein kurzes Leben, welches ihm nicht gestattete, sich bekannt zu machen, mir nicht, durch meine Schriften seine Handlungen zu erläutern. Dennoch war dies sein Handeln groß und herrlich, da er Eure Heiligkeit erzeugt, was alle Taten seiner Vorfahren bei weitem aufwiegt und ihm mehr Jahrhunderte Ruhmes verschaffen wird, als das neidische Schicksal ihm Lebensjahre nahm.

 

Ich nun habe mich bemüht, heiligster Vater, in diesen meinen Schilderungen ohne Beeinträchtigung der Wahrheit einem jeden Genüge zu tun, habe aber vielleicht niemanden genügt. Wäre dies der Fall, so würde es mich nicht wundern; denn ich glaube, daß es unmöglich ist, über Angelegenheiten der eigenen Zeit zu schreiben, ohne bei vielen anzustoßen. Nichtsdestoweniger trete ich getrost in die Bahn, in der Hoffnung, daß, wie ich von der Geneigtheit Eurer Heiligkeit geehrt und genährt werde, so von den bewaffneten Legionen Eures heiligsten Urteils mir Hilfe und Schutz werden wird. Mit jenem Mute und Vertrauen also, womit ich bisher geschrieben, werde ich mein Unternehmen fortsetzen, wenn das Leben mich nicht verläßt und Eure Heiligkeit mir nicht Ihre Gunst entzieht.

 

Vorbericht des Verfassers


 

 

Cosimo de Medici im Kreise der Florentiner Künstler (Donatello, Luca della Robbia, Brunellesco u.a.)

 

Fresko von Giorgio Vasari (1511-74). Florenz, Palazzo Vecchio

 

Als ich zuerst den Plan faßte, die innere und äußere Geschichte des florentinischen Volkes zu schreiben, war es meine Absicht, die Erzählung mit dem Jahre des Heils 1434 zu beginnen, wo das Haus der Medici, in Folge der Verdienste Cosimos und seines Vaters Giovanni, größeres Ansehen denn irgend eine Familie in Florenz erlangte. Denn ich dachte, daß Messer Lionardo von Arezzo und Messer Poggio, zwei vortreffliche Historiker, alles was vor jener Zeit sich zugetragen, genau erzählt hätten. Nachdem ich aber ihre Schriften aufmerksam durchgelesen, um zu sehen, welche Anordnung und Darstellungsweise sie gewählt, wie um meinem Werke durch Nachahmung der ihrigen bei den Lesern geneigtere Aufnahme zu verschaffen: fand ich, daß sie in der Beschreibung der von den Florentinern mit fremden Fürsten und Völkern geführten Kriege sehr genau gewesen, während sie die häuslichen Zwiste und die Feindschaften der Parteien, wie die daraus hervorgegangenen Wirkungen, teils ganz verschwiegen, teils in solcher Kürze erwähnt haben, daß den Lesenden weder Nutzen noch Genuß daraus erwachsen kann. Die taten sie, meiner Meinung nach, entweder weil jene Vorgänge ihnen so unbedeutend erschienen, daß sie dieselben für unwürdig hielten, durch Geschichtswerke auf die Nachwelt zu kommen, oder aber aus Besorgnis, die Nachkommen derjenigen zu kränken, die in solchen Erzählungen dem Tadel unterliegen müßten. Beide Gründe – möge es ihnen nicht mißfallen – scheinen mir ausgezeichneter Männer unwürdig. Denn wenn irgend etwas in der Historie unterhält oder belehrt, so ist es die ausführliche Beschreibung; wenn irgendeine Lehre den Bürgern, welche Republiken lenken, Vorteil bringt, ist es die Erläuterung des Ursprungs von Haß und Uneinigkeit in den Städten, auf daß sie, klug geworden durch anderer Unglück, einträchtig bleiben mögen. Wirkt jedes Beispiel anderer Staaten, so wirkt zweifach, so ist zweifach nützlich das Beispiel der eignen Heimat. Waren je die Parteikämpfe in einer Republik beachtenswert, so waren es die der Stadt Florenz: denn die meisten andern Freistaaten, von denen Nachrichten auf uns gekommen, hatten an einer Veruneinigung genug, welche je nach den Umständen die Mehrung ihrer Macht oder ihren Untergang verursachte. Florenz aber, damit nicht zufrieden, hat Zwist auf Zwist gehäuft. In Rom entstand, wie jeder weiß, nach der Vertreibung der Könige, der Kampf zwischen Adel und Volk und währte bis zum Ende der Freiheit. So war's in Athen, so in den andern Freistaaten, welche in jenen Zeiten blühten. In Florenz aber spalteten sich erst die Adeligen unter sich selber, dann veruneinigten sich Adel und Volk, zuletzt Volk und Pöbel, und nicht selten geschah es, daß eine dieser Parteien, wenn sie die Oberhand behielt, wiederum in zweie zerfiel. Diese Kämpfe führten so viele Hinrichtungen, so viele Verbannungen, den Untergang so vieler Familien mit sich, wie nie in einer andern Stadt, von der wir Kunde haben. Und ich bin in Wahrheit der Meinung, daß kein Beispiel die Macht unserer Vaterstadt so sehr erläutert, wie die Geschichte dieser Fehden, welche hingereicht hätten, jede, auch die größte und mächtigste Stadt, zugrunde zu richten. Die unsere hingegen schien jedesmal blühender daraus hervorzugehen. So groß war die Tüchtigkeit jener Bürger, so groß die Kraft ihres Geistes und ihres Mutes in Erhöhung ihrer selbst und ihrer Heimat, daß die, welche von solchen Übeln befreit blieben, durch ihre Tugend eher die Vaterstadt aufrecht zu halten vermochten, als die Ungunst der Verhältnisse durch Schwächung ihrer Zahl imstande war, sie zu Boden zu drücken. Wäre das Glück Florenz so hold gewesen, daß, nachdem es sich der Obergewalt des Kaiserreichs entzogen, es eine Regierungsform angenommen hätte, durch welche Eintracht befördert worden wäre: so weiß ich nicht, welche Republik der alten und neuen Zeiten ihm hätte vorangehen oder mit ihm wetteifern dürfen an Waffenruhm und Gewerbtätigkeit. Denn man sieht, wie nach Vertreibung der Gibellinen, deren Zahl so beträchtlich war, daß sie Toscana und die Lombardei füllten, die Guelfen mit den Daheimgebliebenen im Kriege gegen Arezzo, ein Jahr vor der Schlacht von Campaldino, von eignen Bürgern zwölfhundert schwerbewaffnete Reiter und zwölftausend zu Fuß ins Feld stellten. In dem Kriege hierauf gegen Filippo Visconti, Herzog von Mailand, wo die Stadt ihre eignen Hilfsmittel zu erproben hatte, nicht aber ihre eignen Waffen, indem der kriegerische Geist damals schon untergegangen war: gaben die Florentiner in fünf Jahren drei Millionen fünfmalhunderttausend Goldgulden aus, und nachdem dieser Krieg zu Ende geführt war, begnügten sie sich nicht mit dem Frieden, sondern zogen gegen Lucca,...

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